Schriftliche Aufzeichnungen von Alanus vom Fischteich vom 26. und 27. Oktober 2512
Wir trafen uns wieder in einer Gasse nahe dem Waisenhaus. Konrad hörte Geräusche und meldete uns, dass er sicher war, beobachtet zu werden. Daher ging er an die Ecke eines Hauses und schaute in die Gasse. Ruben folgte ihm. Sie sahen nichts, mussten aber ihrem Drang folgen, die möglichen Laute irgendetwas zuzuordnen. Also ging ich auch hinterher. Als wir in der Gasse waren, folgte noch ein Geräusch und dann sahen wir auch schon eine Person aus der Finsternis hervorkommen. Aber welch‘ Überraschung, diesmal keine Horde Meuchelmörder oder Monster, sondern ein älter aussehender Mann mit guter Kleidung. Er fragte uns, warum wir seit geraumer Zeit das Waisenhaus beobachteten? Nach dem wir seinen Namen, er hieß Gustav Grabbe, erfragten, erzählten wir erst einmal eine erfundene, aber plausible Geschichte. Man sah ihm an, dass sie ihn nicht ganz überzeugte, sodass wir ihm einige kurze ehrlichere Informationen gaben.
Daraufhin erzählte er uns, dass auch er an den Leiter des Waisenhauses kommen wollte. Er meinte, dass er ein Geheimnis hätte. Was für ein Zufall in dieser Stadt. Der Leiter erpresste wohl seit geraumer Zeit ehrenwerte Bürger dieser Stadt mit ihren Fehltritten, welche nicht für die Öffentlichkeit bestimmt waren. Daher war Frederich Gewinder die Person, die Gustav überführen wollte. Und dafür müsste er unbedingt an das Geheimnis kommen, welches hinter dem Beschaffen der ganzen geheimen Informationen lag. Daher wollte er wohl, welch‘ Überraschung, unsere Dienste in Anspruch nehmen. Trotz der Tatsache, dass er in unseren Augen keine große Lust an Kooperation sah, gab er uns weitere Informationen. Gewinders Treiben sollte sich immer im Keller abspielen und in dem sollten wir nach seinen Vorstellungen einsteigen. Moment, wäre das nicht ein Einbruch. Wäre das gut gewesen für unser Ansehen? Aber natürlich sagten wir nach kurzem Überlegen zu. Ein dunkler Keller, keine Ahnung, was uns dort erwartet, aber egal, wir haben schon irrsinnigere Aufträge angenommen.
Daher schlug Konrad 11 Uhr nachts für die Umsetzung des Planes vor. Danach trennten sich unsere Wege. Wir holten unser Schriftstück zur Auflösung des Vertrages mit Rudi ab und gingen zum Krächzenden Raben, um dort Rudi zu treffen. Er entdeckte uns schnell und wir folgten ihn in einen separaten Raum. Ein opulentes Essen wartete dort auf uns. Da hat der alte Schurke sich aber nicht lumpen lassen. Der Rudi weiß, wie man lebt. Was für ein Vorbild! Er war sehr erstaunt, dass wir das Geld schon zusammen hatten. Daraufhin erzählten wir, auch mit ein wenig Stolz, von den Aufträgen, die uns die Einnahmen beschert hatten. Er schien wirklich etwas beeindruckt zu sein, gab uns aber auch schnell das Gefühl, dass unser Erfolg natürlich nur auf seine sehr kompetente Ausbildung zurückzuführen ist. Darüber hinaus gab er uns die Information, dass uns inzwischen sogar der Baron aus Dunkelfeucht wahrgenommen hatte.
Anschließend übergaben wir ihm das geforderte Geld, natürlich nicht ohne vorher noch von uns eine Vorfälligkeitsentschädigung zu verlangen. Diese war mit der Übernahme der Bezahlung des üppigen Mahles beglichen. Dann bekam er und wir jeweils ein unterschriebenes Exemplar des vorbereiteten Auflösungsvertrages. Rudi Klumpenkrug sagte mit zufriedener Miene, dass wir jetzt „quitt“ seien, er aber auch in Zukunft gerne wieder Geschäfte mit uns machen würde. Wir aßen und tranken noch etwas von unseren bezahlten Speisen und Getränken. Dann verließen wir um etwa 10 Uhr abends die Kneipe.
Wir erhielten von Kruger die Nachricht, dass er zum Ulricpriester beordert wurde und uns nicht unterstützen konnte. Wir gingen also, ausreichend für einen Einbruch in den Keller des Waisenhauses vorbereitet, zum ausgemachten Treffpunkt. Alles war in der Gegend dunkel und ruhig. Gustav kam wieder, wie beim ersten Aufeinandertreffen, plötzlich aus der Dunkelheit. Diesmal waren aber ein paar düstere Gestalten als Unterstützung dabei. Aber mehr als Rumstehen war bei ihnen nicht zu beobachten. Ich dachte aber kurz bei ihrem Anblick, dass wir wieder mal in eine Falle gelaufen waren. Aber dem war nicht so.
Wir schlichen also zum Hintereingang des Waisenhauses und sahen das erste Hindernis in Form von einer 2m Mauer. Bevor wir alle katzenartig über die Mauer kletterten, vereinbarten wir mit Gustav noch ein Notsignal. Durch den Garten gingen wir fast lautlos zur Kellertür. Sie war abgeschlossen. Ruben konnte sie aber komischerweise ohne Schlüssel öffnen. Merkwürdig, in diesem Moment aber nicht zum weiteren Nachdenken wichtig. Drinnen machte er dann irgendwie auch Licht. Mir fiel sofort ein Geruch von Schwefel auf. Aber komische Gerüche in Kellern sind ja nichts Außergewöhnliches.
Wir gingen durch den ersten Raum in einen Gang. Links führte wohl eine Treppe in das obere Erdgeschoss. Auf der anderen Seite war eine stärkere Tür. Man hörte hinter ihr nichts. Bevor wir uns versahen, hatte Ruben sie schon wieder ohne Schlüssel geöffnet. Da die Tür bei langsamem Öffnen quietschte, stießen wir sie auf und sahen in einen wohnlich eingerichteten Raum. Er war wohl so etwas wie ein Aufenthaltsraum. Beim Durchsuchen fanden wir nichts.
Wieder im Gang nach etwa zehn Schritten zwei neue Türen links und rechts. Konrad entschied sich für die linke Tür und konnte sie lautlos öffnen. Der Raum war um einiges größer als der Letzte und schien noch um die Ecke zu gehen. Da wir Schlafgeräusche hörten, gingen wir leise und unbemerkt wieder heraus. Ich fand es wieder einmal bemerkenswert, wie wir wieder eine neue Rolle, diesmal als Einbrecher, bis zu diesem Zeitpunkt optimal erfüllten. Wir öffneten dann die andere Tür, auch sie war nicht verschlossen. Hier wurde der Schwefelgeruch wieder stärker und Ruben sagte den beängstigen Satz, dass in dem Raum Magie wirke. Konrad vernahm ein komisches Geräusch und bevor wir noch etwas machen konnten, verschloss sich die Tür hinter uns von alleine.
Das war es also mit der optimalen Umsetzung unserer neuen Rolle. Wieder einmal eine Falle!? Es schoss uns ein grelles Licht entgegen und wir waren geblendet. Wir hörten eine Stimme eines Mannes. Er fragte uns, wer wir seien und was wir wollten. Das Licht wurde etwas weniger. Aber etwas aus Schatten fesselte uns. Doch wir sahen, dass es nicht der Mann tat, sondern ein kleiner Dämon auf einem Beschwörungspentagramm. Was für ein Anblick. Ich staune jeden Tag wieder von Neuem, was ich hier außerhalb meines Dorfes schon alles erlebt habe.
Da wir in dieser aussichtslosen Situation nicht lügen wollten, erzählte Konrad von unserer Suche nach Dreiheit und unserem Auftrag von Gustav Grabbe. Als weitere Überraschung erzählte er uns dann, dass Gustav zu den Gesichtslosen zähle und ein Kultist höheren Standes sei. Da war mir wieder klar, dass Menschenkenntnis nicht zu unseren Stärken zählte.
Von sich erzählte Gewinder, dass er kleine Dämonen beschwöre, um an Wahrheiten oder Geheimnisse von Menschen zu kommen. Mit den Erpressungen finanziere er das Waisenhaus und seinen Lebensunterhalt. Über Dreiheit berichtete er, dass er freiwillig in seinem Haus sei und er ihn unterstützen wolle. Ein Lehrer des Waisenhauses, vermutlich Wolfram Weißmann, schien die Kinder zu misshandeln, das hatte Dreiheit ihm berichtet und gemeinsam wollten sie ihn entlarven und zur Strecke bringen.
Nachdem wir von ihm über mögliche Lösungen aus unserer derzeitigen Situation informiert wurden, erschien über uns eine Art von Kuppel aus Schatten. Nach einer kurzen Aussprache und des Abwägens entschieden wir uns für den Vertrag mit einem Zauber, der uns das Geheimnis des Kellers nie preisgeben ließ. Nach unserer ausgesprochenen Entscheidung verschwand die Schattenkuppel und sahen zu unserer Überraschung Dreiheit auf einem Schreibtisch neben Frederich Gewinder sitzen.
Er ging in das Pentagramm und komischerweise hatten wir den Eindruck, dass der Dämon von ihm zurückwich. Gewinder sagte uns, dass er telepathisch von Dreiheit die Aufforderung erhielt, dass wir Annika sagen sollten, dass es ihm gut erginge und sie sich keine Sorgen machen sollte. Dann schrieb der Dämon den Vertrag mit einer Art von Magie und wir mussten alle einzeln in den Kreis treten.
Anschließend verschwanden wir, wie wir gekommen waren. In der Gasse warteten Gustav und seine Kumpanen. Wir berichteten ihm die, für ihn bestimmten, Geschehnisse und berichteten ihm, dass wir leider keine Beweise gefunden hatten. Nachdem wir ein paar alternative Vorgehensweisen für die Zukunft vorgeschlagen hatten, gingen wir mit unseren erlebten Eindrücken in unsere Unterkünfte und versuchten wieder einmal, sie irgendwie zu verarbeiten.