3. Firun 1025 BF – In der Hö(h)lle
Nach langen Diskussionen entschlossen wir uns endlich, dass Styrvake und Tsaekal Lyosho von oben herab vor den Wächterstatuen abseilen sollten, damit er diese untersuchen könnte. Die drei schlichen nachts zur Höhle hinunter und trotz des Eises gelang es ihnen, Lyosho so abzuseilen, dass er die Eisstatuen magisch analysieren konnte. Das nagrachverfluchte Eis der Statuen ist von mächtigen fünfgehörnten Dämonen beseelt, die erwachen, wenn Personen den Eingang passieren, die nicht von Nagrach bemächtigt sind, die Höhle zu betreten.
Tsaekal und ich beschlossen, in der Nacht darauf in die Höhle zu gehen. Wir würgten das Laurerfleisch in uns hinein und kletterten zum Eingang hinunter. Als der Eisgang uns umhüllt, fühle ich mich schrecklich. Die Höhle schien mich und die verschlungenen Eislaurer wieder ausspeien zu wollen. Alles in mir schrie danach, diesen verdammten Ort wieder zu verlassen. Aber ich konnte Wolfsmond nicht einfach dort im Stich lassen!
In den Höhlen sahen wir die Kristalle aus unseren Visionen. Dämonische Fratzen bewegten sich im Eis hin und her und blickten auf uns. Es gab drei Gänge. Wir wählen den mittleren, der seltener benutzt zu werden schien. Er öffnete sich nach einiger Zeit zu einer Kuppel, in ich die „Waffe“, die wir suchten, vermute.
Tsaekal schien etwas gehört zu haben. Er bedeutete mir, ihm zu folgen. Wir schlichen zurück und in den rechten Gang. Dort gab es eine Verbindung zu der nächsten Höhle, wo wir Wolfmond und andere fanden, die von den Nagrach-Anhängern in Eisblöcken eingefroren und mit tausenden ornamentartigen Wunden verunstaltet worden waren. Tronde Torbenson, Lyoschos Bekannte Volanda, Ulfgard und andere.
Als Tsaekal meine Schwester erblickte, traf es ihn wie mich selbst. Er verlor offenbar die Kontrolle und verwandelte sich wieder in einen übergroßen, furchterregenden Wolfsmenschen, der auf das Eis um Wolfsmond herum einschlug, bis seine Knochen bloß lagen und brachen. Sein Blut rann an der Eissäule herab. Obwohl die Gefahr bestand, dass Olgerda uns bemerken würde, spürte ich doch einen Hauch der Erleichterung. Er liebte sie wirklich – so sehr, dass es uns alle in Gefahr brachte. Und dieses Wesen schien auch nicht schlecht zu sein, obwohl diese wild wütende Wolfskreatur so fremd und gefährlich aussah. Er wollte nur seine Liebe aus dem Eis befreien. Doch das war nicht möglich. Das Eis nahm auch von seinen groben Pranken keinen Schaden. Ich musste ihn beruhigen. Wir mussten überlegter an die Sache herangehen, sonst konnten wir hier niemanden retten.
Nach einiger Zeit, die mir wie eine Ewigkeit erschien, gewann diese Schimäre aus Tsaekal und einem Riesenwolf die Fassung zurück. Nun schien er Olgerda zu suchen. Er durchkämmte schnell die Höhlen und ich versuchte ihm so gut es ging zu folgen. Der Gedanke, allein in dieser Hölle zu stecken, war furchterregender, als diesem Wesen zu folgen.
Wir entdeckten Opfertische und seltsame Stühle. Aber Olgerda schien diese Unterwelt schon wieder verlassen zu haben. Ich erkunde noch den Gang, der aus der Höhle mit den Eissäulen abging, weil ich das Gefühl hatte, alles über diesen Ort in Erfahrung bringen zu müssen, um einen Weg finden zu können, Wolfsmond und die anderen in Sicherheit zu bringen. Doch der Gang war eingestürzt. Nur einige Leichen waren dort im Eis eingeschlossen: Elfen und Thorwaler. Ein Thorwaler hielt noch eine Axt in seiner Faust, die starke Magie ausströmte – ich warf einen Blick durch das ewige Eis in eine vergangene Zeit.
Ich lief zurück und zog Tsaekal aus dem Höhlensystem, weil ich es einfach nicht mehr ertragen konnte, an diesem verfluchten Ort zu sein. Tsaekal trug mich die Eiswand hinauf. Das Monster in ihm ist nicht böse – und Wolfsmond lebt. Das sind wahrscheinlich die wichtigsten Erkenntnisse dieser Nacht.
Die anderen erwarteten uns schon. Styrvake kannte sogar die Axt des toten Thorwalers, die von Alfen aus einem Meteor geschmiedet worden sein soll und den Namen Askil der Göttliche Keil trägt.
Jetzt brauchen wir nur noch einen Plan.