Prolog: Der Leichnam erwacht

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7. August 2946 Drittes Zeitalter

Gespannt wagte ich es nicht, meinen Blick von dem milchig leuchtenden Augenpaar zu lösen und nur am äußersten Rande meines Bewusstseins nahm ich links von mir die Bewegung des Zwerges wahr, welcher versuchte die Tür, hinter der wir die zwei Zwerge vermuteten, unter gewaltiger Kraft zu öffnen. Aus der Dunkelheit des Ganges blitzten nacheinander weitere grausige Augen auf, die sich bedrohlich näher schoben. Als das schwache Licht die Kreaturen aus dem erdigen Gang traf, starrten uns mindestens ein Dutzend Sumpflinge mit schleimig grünen Fratzen an.

Mutig und wild entschlossen seine Kameraden zu schützen und die Wesen vor dem Hereinbrechen zu hindern, stellte sich Herr Olvard der Gefahr. In diesem Augenblick sirrten Elwens und meine Pfeile scharf und zielstrebig an unseren tapferen Gefährten vorüber und durchstießen erbarmungslos das Fleisch zweier Sumpflinge, von dem einer mit einem Gurgeln, ohne übermäßiges Leid, zu Boden ging. Na Athienel, habe ich doch etwas von dir gelernt! Zu großen Dank bin ich dir verpflichtet, für diesen und jeden weiteren Pfeil, den ich zu einem Feind schicke! Doch für Dank ist später Zeit genug, da nun der volle Kampf entbrannte.

Mutig und voll Kraft schlugen wir die Sumpflinge zurück in den Gang, wo sie herkamen. Dabei erstach Herr Roderic Rotschopf mit mächtigen Angriffen viele dieser erbärmlichen Kreaturen, neben diesem Schauspiel flog das dreckige grün gräuliche Blut unter den Hieben des gut geführten Schwertes, der starken Axt und vielen geschwinden Pfeilen.

Doch auch in unseren Reihen spürten wir die Schmerzen des Kampfes, von dem Elwen und ich am wenigsten betroffen waren. Während die Gruppe zu verschnaufen begann, schlug Herr Olvard vor, den Flüchtenden zu einem späteren Zeitpunkt zu folgen. Kurz darauf kümmerten sich meine Gefährten um die Wunden, nur ich wanderte rastlos umher, voll Unruhe. Plötzlich spürte ich den dunklen durchbohrenden Blick von Augen auf mir. Jener Blick zog und zerrte, und versuchte einen Schatten über mich zu werfen. Es muss mit einer großen Finsternis verbunden sein, die in diese Hallen eingekehrt ist. Wie erstarrt stand ich da als mich die Gewissheit durchzuckte: Große Gefahr bedroht das Leben der Zwerge, nicht fern, in dem verschlossenen Raum verborgen hinter der schweren eisenbeschlagenen Tür!

Wir durften nicht länger verweilen, oder sonst wäre all die Mühe, der gesamte Weg, zwecklos gewesen. So kurz vor dem Ziel durften wir die kleinen bärtigen Männer nicht ihrem Tod überlassen! Über das Ausmaß dieser Entscheidung wohl bewusst reichte ich, in Sorge um meine Kameraden, dem Zwerge die Hand zur Stütze, und Einer nach dem Anderen erhob sich, noch erschöpft und geschunden von dem letzten Gefecht.

Nach einem unbeantworteten Ruf von Thurim, in seiner sehr fremdlichen Zwergensprache, entriegelte Herr Olvard mit einer flinken Bewegung die schwere große Tür. Knarzend schwangt sie auf und gabt den Blick auf ein großes altes Weinlager frei, ohne ersichtliche Lichtquelle. Große Fässer und viele Regale füllen den Raum, zusammen mit dem schwachen, jedoch sehr vertrauerten, Geruch von Wein. Das Geflüster der Schwarzen Sprache durchzog abermals leise die Luft, und scheint mit einem unbekannten Leuchten, von einer verwinkelten Ecke, tief im Raum, zu stammen.

Entschlossen bewegten wir uns auf die Ecke zu, wobei sich meine Wenigkeit etwas Abseits vor schlich. Was ich sah jagt mir bis zu dieser Stunde einen kalten Schauer über den Rücken. Ein ungefähr zwei Meter großer Ork beugte sich über ein Etwas am Boden. Er hob es hoch und mein entsetzter Blick fiel auf zwei gefesselte Bündel abseits, sowie zwei leuchtende Augen, die aus einem bereits verderbenden Leichnam, mit teilweise skelettiertem Kopf starrten, welcher in diesem Moment von dem Ork zurechtgerückt wurde. In einer Sprache, die nie hätte sein sollen, (und in unserer Gemeinschaft nur von Herr Roderic verstanden wird) sprach der Ork: ,,Wir haben den Schlüssel und die Karte mein Galgenkönig.’’ Und die Leiche antwortet: ,,Quetscht die Zwerge aus und kümmert euch um die Eindringlinge. Und nehmt wenn möglich die Elben gefangen’’ und bewegte mit diesen Worten den fauligen, knochigen Arm in meine Richtung.

Mit rasendem Herzen drückte ich mich an die Regale und sah gerade noch, wie sich der Ork mit dieser Bewegung zu meinen Gefährten drehte, und kurz darauf, abermals eine Schlacht losbrach, bei der wir all unsere Angriffe auf das riesige Unwesen mobilisierten und die Sumpflinge, die in den Schatten hockten, und ebenfalls zum Angriff stürzten, unbeachtet ließen. Doch Hass und eine dunkle Kraft hielt den Ork, trotz der gebündelten Stärke, verbissen bei Kräften. Viele seiner hackenden Schläge waren auf Thurim gerichtet, der ebenfalls fixiert, noch unerbittlicher kämpfte als in jedem vorherigen Gefecht. Bereits erschöpft und vor verletzt war dies ein harter Kampf, dem keine Sekunde zu früh, von Elwens Pfeil ein Ende gesetzt wurde.

Der graue, nun von Wunden überzogener Ork fiel Blut spritzend zu Boden und die Sumpflinge stoben angesichts des wilden mit Blut besudeltem Herrn Roderic zum Ausgang fort. Der Leichnam, der bereits zwei Mal versuchte irgendein schwarzes Zauberwerk über mich zu legen, deutet nun mit dem zitterigen Arm zu Herr Roderic, welcher eine Sekunde etwas erblasst und in der Nächsten seinen Speer in die Mitte des Etwas stößt. Doch die scheußlichen grünen Augen leuchten weiterhin ungetrübt, bis Herr Roderic einen Dolch zückt und den Kopf vom Rest des Körpers trennte und die Augen allmählich erloschen.

Ohne weitere Überlegungen sank Thurim nieder, offensichtlich vollkommen geschafft, und wie Olvard und Roderic auch, über und über mit Wunden bedeckt. Das war sehr gefährlich und ist gerade so gut gegangen, aber war es nicht das was getan werden musste? Wir werden sehen…

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