Am Abend erreichte die Gruppe abermals den kleinen Ort Bornstein. Am Fluss erfuhren sie von Kapitänin Nadeschja, dass die Reparatur des Treidelkahns noch mindestens zwei bis drei Tage in Anspruch nahm. Im Gasthaus, bei einem zünftigen Essen, malten sich die Gefährten aus, wie schön es doch sei, ein wenig Freizeit zu haben und sich auszuruhen. Doch sowohl Rowin als auch Styrvake hatten ein seltsames Ziehen im Schritt, das darauf hindeutete, dass es bald mit der Ruhe vorbei sein würde. Und wie auf Kommando betraten Mirhiban und der Ritter Ruschjew von Erlenbruch den Schankraum. Am vergangenen Abend noch war der Mann betrunken am Tresen gesessen, heute wirkte er viel aufrechter aber auch irgendwie besorgt. Die beiden setzten sich mit an den Tisch, und kamen sofort zum Thema. In seiner Funktion als gräflicher Ausbilder für Kampf und Jagd war Ruschjew gestern mit dem Spross der Herrscherin, einem siebzehnjährigen Jüngling namens Tuljoff, in den nahen Bornwald gegangen.
Während sich der Junge in einer Köhlerhütte ein wenig ausruhte, wollte Ruschjew einige Kräuter sammeln. Als er nach zwei Stunden wieder an der Hütte war, fehlten Teile der Rückwand, der Junge war weg und am Boden waren riesenhafte Fußspuren zu sehen. Nun hatte der Ritter Angst, dass er einen Kopf kürzer gemacht würde und bat um Hilfe, die die Gefährten ihm natürlich gewährten. Die ganze Geschichte klang allerdings ein wenig sonderbar, so dass Rowin nochmal unter vier Augen mit dem Mann sprach. Er räumte ein, dass sich der Junge nicht zum Ausruhen in der Hütte befunden hatte, sondern sich mit einer Magd aus dem Dorf dort vergnügen wollte. Ihr Name war Firnjascha. Würde die Gräfin, Valeska von Bornstein, davon erfahren, gäbe es ein Problem, zumal das Mädchen vermutlich schwanger war. So gab es also zwei Entführte, die mit ziemlicher Wahrscheinlichkeit in der Gewalt des Riesen Milzenis waren. Also begaben sich alle frühzeitig zu Bett, um morgen bei Sonnenaufgang mit der Suche beginnen zu können. Fenew ging es an dem Abend gar nicht gut, er hatte hohes Fieber und fühlte sich erschöpft.
Am nächsten Morgen ging es dem Norbarden noch nicht besser, so blieb er mit Balthasar, der noch einige Behandlungen durchführte, im Dorf zurück. Der Druide wollte bald zur Gruppe aufschließen, wenn es Fenews Gesundheitszustand erlaubte. Die anderen machten sich mit dem Ritter auf den Weg. Ruschjew versuchte zwar, sich aus der Affäre zu ziehen und einen Vorwand zu finden, im Dorf zu bleiben, wurde aber rüde von Styrvake an seine Pflichten erinnert und genötigt mitzukommen. Während des Fußmarsches berichtete Rowin von einem Traum, den er in der vergangenen Nacht gehabt hatte. Er hatte die alte Burgruine bei Leufurten gesehen. Es war eine dunkle, nebelige Vollmondnacht. Dort waren neun Korsmalbundjünger versammelt und bildeten einen Kreis um eine Rondra-Geweihte, die auf ihren Knien im Gebet versunken schien. Sowohl die Frau als auch die Kultisten trugen im Nacken die Tätowierung einer neunfingrigen Klaue. Dann betrat eine Gestalt in einem öligen schwarzen Mantel den Kreis und der Traum endete. Schnell stellte sich heraus, dass auch die anderen Gefährten Träume gehabt hatten. Tsaekal träumte vom Riesen Milzenis, bei dem einige Wölfe waren, unter anderem ein großer Silberfarbender und auch die Gestalt in dem öligen schwarzen Mantel. Styrvake hatte vom badenden Riesen geträumt, und am Ufer war ebenfalls besagte seltsame Person. Lyoscho hatte Milzenis umringt gesehen von den Tiergeistern, die symbolisch für die Gruppe standen und auch die Gestalt im Mantel. Er war sich sicher, dass es sich dabei um den Mantel des Richters handelte, dem Artefakt, dass Lystramon gestohlen haben sollte.
Als die Gruppe die Köhlerhütte erreichte, machte sich Tsaekal daran, nach Spuren Ausschau zu halten. Schon bald war klar, dass der Riese Tuljoff und Firnjascha von hier fortgetragen hatte. Ob freiwillig oder nicht, blieb allerdings unklar. Die Spur durch den Wald war einfach zu verfolgen. Gegen Mittag erreichte die Gruppe eine Lichtung. Es schien so, als hätte Milzenis beide Menschen hier kurz „abgestellt“, die Magd dann aber wieder aufgenommen, um mit ihr nach Norden zu verschwinden. Tuljoff schien ein wenig orientierungslos auf der Lichtung umhergelaufen zu sein, um dann nach Westen in den Wald zu rennen. Dabei wurde er offensichtlich von drei Schraten verfolgt, die ihn nach kurzer Flucht erwischten und davonschliffen. Die Gefährten berieten sich kurz über das weitere Vorgehen und beschlossen dann, den Schraten zu folgen. Noch bevor sie sich in Richtung Westen aufmachen konnten, wurde Styrvake auf der Lichtung beschossen. Sofort begaben sich alle in Deckung. An den Pfeilen konnte man erkennen, dass die Angreifer wohl Elfen waren. Durch gezieltes Sperrfeuer drängten die Schützen die Gruppe nach Osten ab und verhinderten so eine weitere Verfolgung des Grafensohns. Dadurch blieb den Gefährten nur noch die Spur des Riesen, die man wieder aufnahm und der man bis zum Abend folgte.
In der Nacht zum 22. Boron 1022 BF hörte Rowin plötzlich recht nah das Heulen von Wölfen. Bald schon sah man in der mondbeschienenen Nacht gar nicht weit von der Lagerstelle einige der Biester. Also wurde Alarm gegeben. Als der Nivese seine Artverwandten in Augenschein nahm, wurde rasch klar, dass es sich bei den Kreaturen nicht um Wölfe handelte. Dies schien nur die äußere Hülle für weitaus dämonischere Kreaturen zu sein. Vor allem ein gewaltiges Exemplar mit silbernem Fell stach besonders hervor. Als dann noch ein Werwolf an der Seite des Rudels auftauchte, war die Sache klar. Schnell entbrannte ein mörderisches Gefecht. Styrvake wurde von dem Werwesen angegangen, während Tsaekal sich dem Silbernen zuwandte und mit zwei schnellen Bissen an den Rand des Todes gebracht wurde. Plötzlich schlugen Flammen zwischen die Wölfe und der Druide Balthasar schloss sich dem Kampf der Gefährten an. Er hatte die halbe Nacht versucht, die Gruppe einzuholen und kam gerade rechtzeitig zu dem Angriff. Doch trotz aller Bemühungen gelang es nicht, die Oberhand zu gewinnen. Gerade der Silberwolf, aber auch das Werwesen, waren den Gefährten bei weitem überlegen. Der Nivese, der schon blutspuckend am Boden lag, kramte mit letzter Kraft den Knochenstab mit der Wolfsfratze, den Stab des Weißen Wolfes, aus seinem Gepäck, welchen er in Festum von den Draconitern erhalten hatte. Erst reckte er ihn dem silbernen Ungetüm entgegen, schließlich schlug er ihn mit letzter Kraft auf den Waldboden. Und siehe da, alle Wölfe lösten sich in schwarzen Rauch auf. Der Silberwolf jaulte schmerzerfüllt und verschwand im Wald. Der Werwolf brach zusammen und verschrumpelte wie Dörrobst. Zurück blieb der Leichnam eines Nivesen.
Wie durch einen Zufall überlebten alle Gefährten den Angriff. Ritter Ruschjew, der zunächst so furchtsam gewesen war, überstand den Kampf sogar, ohne eine einzige Blessur davon getragen zu haben. Nach einigen Zaubern und Erster Hilfe war klar, dass das Schlimmste überstanden war. Tsaekal berichtete, dass er anstatt des silbernen Wolfes für einen kurzen Moment ein Untier mit fünf Hörnern gesehen hatte. Gemeinsam machte man sich dann daran, den toten Nivesen zu bestatten. Rowin sprach einen Grabsegen. In dem Moment sahen die anderen Gefährten ein Licht in der Dunkelheit des Waldes. Neugierig begaben sich alle in die Richtung. Gerade als Lyoscho das Leuchten als Irrlicht erkannte, knackte es unter den Füßen der Vorderen und Rowin brach mit einem Bein durch eine Eisschicht ins Wasser des darunter gelegenen Tümpels. Das war genug. Die Gefährten kehrten umgehend zum Lager zurück. Der Rondra-Geweihte machte sich noch Gedanken darüber, ob das Irrlicht vielleicht der verdammte Geist des Werwolf-Nivesen war, was eigentlich nach einem Grabsegen nicht möglich sein konnte. In dem Moment hörte man vom Lagerfeuer die enervierende Stimme des Elfen Lindion, der mit einer scharfzüngigen Beleidigung die Gruppe begrüßte. Auch Lahalee, seine ständig entrückte Begleiterin, war anwesend. Am Lagerfeuer entspannte sich ein anstrengendes Gespräch mit den Beiden, das neben zahlreichen Beleidigungen Lindions und wagen Andeutungen Lahalees nur zum Ergebnis hatte, dass Lystramon vor kurzem bei der Quelle des Riesen Mizenis gewesen war. Wobei unklar blieb, was er dort gemacht hatte. Außerdem entstammten die Elfen, die die Gefährten beschossen hatten, wohl aus der gleichen Sippe wie die beiden Anwesenden.