Aus Styrvakes Journal – 13. Rahja 1022 BF – Abends – Der Frostwurm hatte es tatsächlich nicht weit, denn er war just über die nahe gelegene Bergkette geflogen, als auch schon ein unablässiges Brüllen einsetzte. Der Wurm musste tatsächlich im Nachbartal gelandet sein. Immerhin hatte er uns nicht bemerkt. Zu meiner Verdutzung sprach Faenwulf, dass es sich bei dem Brüllen um Paarungsrufe handelte. Darauf antwortete Ulfgard trocken, dass es ja dann nur zwei wären.
Ich traute meinen Ohren nicht so richtig, aber die anderen Thorwaler sprühten regelrecht vor Tatendrang, und dass es doch eine gute Idee wäre, sich jetzt einfach mal darum zu kümmern. Die Zuversicht und Gelassenheit, die sie dabei ausstrahlten war ansteckend und ich kam mir feige vor. Also sperrte ich das Zaudern weg, gab mich optimistischer als ich mich fühlte und wir begannen Pläne zu schmieden. Zunächst suchten wir noch in der einbrechenden Dunkelheit nach einem Pass über die Berge. Als der gefunden war, sandten wir Tsaekal und Teliriyon aus die Lage auszuspähen. Als sie nach zwei bis drei Stunden wieder kamen, berichteten sie, dass der Wurm vor einem großen Höhleneingang saß und unablässig brüllte. Wir fielen alle in einen unruhigen Schlaf. Die Thorwaler voller Vorfreude, der Rest aber doch eher voller Sorge.
Die Nacht verstrich ereignislos. Eine der Nachtwachen hatte wieder einmal einen Gletscherwurm gehen, vielleicht sogar den gleichen. Wurden wir etwa verfolgt. Aber auch ein dritter Wurm ließ Faenwulf nicht zögern und so beschritten wir den Pass. Auf der anderen Seite angekommen, sahen wir die Höhle, aber kein Wurm davor. Ulfgard trennte sich von uns und wollte nach eine Zugang von oben suchen. Lyoscho wirkte eine Stille um uns herum und so näherten wir uns vorsichtig dem Höhleneingang.
Im ersten Raum war kein Wurm zu sehen. Dafür aber gab es eine gewaltige aufrecht stehende Eisplatte, die von den Würmern vor einen Durchgang geschoben worden war. Zum Glück hatten sie die Platte nicht ganz an den Fels gerückt, so dass wir uns einzeln daran vorbei quetschen konnten. Das nächste Höhlenabteil hatte drei weitere Abgänge. Wir verhielten uns sehr behutsam und lokalisierten das Weibchen im rechten Teil. Vom brüllenden Männchen gestern, war keine Spur. Wir brachten uns in Position. Ich und die anderen Thorwaler bildeten eine Front, den Rest positionierten wir auf einer Flanke. Und als wir die schützende Stille von Lyoscho verließen, wurde das Weibchen auch in der Tat sofort ziemlich lebendig und griff uns an. Ihr Brüllen in dieser Höhle ließ uns die Ohren klingeln. Und leider weckte es auch das Männchen, dessen wohlbekanntes Gebrüll aus einer anderen Richtung kam.
Die Kälte der Würmer war abartig. Meine Finger waren schon nach wenigen Augenblicken taub und ich hatte ständig Sorge, dass mir die Axt aus den Händen glitt. Aber Äxte waren hier genau das richtige. Wir schlugen klaffende Wunden in die Schuppen des Weibchens und mit unseren Schilde hielten wir das meiste ab. Doch bevor wir es erschlagen konnten, stürmte der erzürnte Liebhaber hinein. Lyoscho und Balthasar zauberten irgendwelche Geschossen gegen ihn, die der Wurm mit Eislanzen quittierte. Doch die verpufften wie durch Geisterhand bevor sie die Zauberer erreichten. Faenwulf und Swafnild nahmen den Kampf mit ihm auf, während der Rest auf das Weibchen einschlug.
Endlich knickten die Beine des Weibchens ein, der schwere Leib krachten herunter und blieb dort reglos liegen. Der andere Wurm geriet jetzt allerdings völlig außer Rand und Band. Sein Kopf zuckte blitzschnell auf Faenwulf herab, der seinen Schild nicht mehr rechtzeitig hoch bekam und mit einem hässlichen Schmatzen biss der Wurm ihm den Kopf ab. Fast im gleichen Augenblick splitterte Eis von der Decke auf uns herunter. Ulfgard hatte sich irgendwie durch das Eis gehackt und ließ sich von oben auf den Wurm fallen. Seine Axt drang tief in den Leib ein, doch die Kräfte des Männchens waren noch nicht gebrochen. Mit einem Schulterzucken flog Ulfgard vom Körper quer durch die ganze Höhle. Trotzdem gab es auch für diesen Wurm keine Chance mehr. Wir waren einfach zu viele und ein platzierter Pfeil von Telerion brachte ihn zu Fall.
Mit einer Mischung aus höchster Euphorie gepaart mit dem Entsetzen über Faenwulfs Tod durchsuchten wir den Höhlenkomplex. In einem Abteil gab es eine kleine Sammlung schwarzer Gegenstände, die ja bekanntlich von Frostwürmern gern gesammelt werden. Einer der Expeditionsteilnehmer nach denen wir suchten, stand auch dort. Nur leider zur Eissäule erstarrt. Und bevor wir den gesamten Komplex durchsuchen konnten, tauchte noch ein Frostwurm auf. Ich konnte es nicht fassen und zückte schon die Axt, doch dieser Wurm machte keine Anstalten uns anzugreifen. Dafür sagte er, dass sein Meister draußen auf uns warten und sich mit uns unterhalten wollen würde.
Draußen war Shirr’Zach mit einer Leibgarde von einem guten Dutzend weiterer Frostwürmer. Er war sehr betrübt über den Tod des alten Verturrach und den seiner Gefährtin, aber Vergeltung wollte er nicht üben, wenn wir uns denn auf einen Handel einlassen würden. Wenn wir ihm Halman von Gareth brächten, würde er meinen alten Mentor Thorulf im Gegenzug freilassen. Aber wegen dem ganzen Tamtam mit Verturrach bräuchte er darüberhinaus auch noch einen Pfand als Versicherung. Die Erpressung machte mich wütend aber auch ratlos was ich sonst tun sollte, außer auf den Handel einzugehen. Swafnild meldete sich freiwillig als Pfand, da es mein Schicksal wäre mit Ulfgard zusammen nach einem Weg zur Rettung zu suchen. Wir begruben Faenwulf und mit Sheannas Grabsegen bildete sich ein Eissarg um ihn.