Die Hexen von Trackenborn

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Aus den Aufzeichnungen von Zahir Errant von Boron, welcher auf seiner Reise begleitet wurde vom Adeptus Minor Kolja Turleff, dem horasischen Krieger Don Marco di Adante, dem Gelehrten Ninjo Lattanziani und Erian Tappenbeg, einem Hallodri und Frauenschwarm.

Noch am Tag der Urteilssprüche (siehe »Der Dachs«), bat uns der Weibel Ottmar Seiler zu sich. Wir holten Erian im »Einhorn« ab und gingen zur Garnison. Zunächst druckste der Soldat ein wenig herum, sagte dann aber, dass ihm ein Hilfegesuch vorläge. Der Herr Ugolf von Trackenborn bat die Wache von Albenhus um Unterstützung gegen den »Braunen Harro«, einem berüchtigten Dieb und Wegelagerer, der seit geraumer Zeit die Gegend unsicher machte. Auf die Ergreifung des Harro Erlinger, so hieß der Gauner mit bürgerlichem Namen, war eine Belohnung von zehn Dukaten ausgesetzt. Weibel Seiler dachte nun, dass uns das vielleicht interessieren könnte, da wir uns ja bereits um die Stadt verdient gemacht hatten. Außerdem war es ihm nur schwer möglich, einige Männer zu dem abgelegenen Dorf des Herrn Trackenborn zu entsenden. Da wir eigentlich vorhatten nach Gareth weiter zu reisen, lag das Dorf nicht direkt auf unserem Weg, wir wollten den Weibel aber nicht völlig im Regen stehen lassen, so versprachen wir ihm, zumindest mal die Augen offen zu halten.
Am Abend zog ich mich in den Tempel zurück und betete. Bishdariel sandte mir Bilder, die den alten Mann vom Markt (siehe »Purpurblitz und Sharisad«) und den Braunen Harro zeigten. Irgendetwas mussten die beiden miteinander zu tun haben. Ich nahm mir vor, die Gruppe dezent dahin zu lenken, den Wegelagerer ausfindig zu machen.

Am nächsten Tag, es war der 8. Rondra 1017 BF, verabschiedeten wir uns von Al-Fessir. Dabei deutete der Novadihändler an, dass wir uns unsere Belohnung ja schon genommen hätten. Keiner von uns konnte damit etwas anfangen, aber wir waren ja auch nicht vollständig. Erian hatte es weiterhin vorgezogen, im »Einhorn« zu übernachten. Als wir ihn dort zur Rede stellten, räumte er ein, dass er damals bei dem Gift einen Beutel Edelsteine »gefunden« hatte. Wir redeten ihm so lang ins Gewissen, bis er bereit war, mit uns zu Al-Fessir zu gehen und sein Vergehen zu gestehen.
Der Novadi zeigte sich eher erheitert und schenkte uns die Steine, außerdem gab er Erian noch eine Abschrift der »99 Gesetze Rastullahs«.
Als wir das Anwesen verließen, verabschiedete ich mich noch persönlich von Delila. Ihr Sharisad hatte mich immer noch in den Bann gezogen.
Wir übernachteten im Gasthaus und brachen erst am nächsten Tag auf. Nach einer kurzen Unterhaltung mit Kolja Turleff, der sich am Abend vorher noch wissbegierig auf die Abschrift der 99 Gesetze gestürzt hatte, überließ er mir das Buch, welches ich rasch entsorgte.
Wir kamen gut voran und überquerten an einer Furt den Fluss, um von dort einem Weg Richtung Trackenborn zu folgen. Am Abend machten wir Lager im Wald.
Es war um die Mittagszeit des nächsten Tages, als wir auf dem Weg Spuren sahen. Weil diese recht klein waren, konnte man sie für Kinderfüße halten. In Wahrheit handelte es sich aber um Goblins, die uns auch prompt am Nachmittag auflauerten und Wegzoll forderten. Nach etwas hin und her gaben wir ihnen einige Münzen und mussten feststellen, dass sie wirklich so dumm waren, wie man landläufig sagte. Sie hielten sechs Kreuzer für wertvoller als zwei Heller, einfach weil es mehr Münzen waren.
Wir zogen weiter. Plötzlich setzte heftiger Regen ein, der uns bis auf die Knochen durchnässte. Erst nach einer geschlagenen Stunde klarte der Himmel wieder auf. Dann hörten wir das brechen von Holz. Etwas näherte sich dem Weg. Noch während wir unschlüssig überlegten, was zu tun war, hastete ein Mädchen in völlig durchweichten und schmutzigen Kleidern aus dem Wald. Sie hatte sich den Rock am Unterholz aufgerissen und war tränenverschmiert. Sie hatte fürchterliche Angst, war aber so außer Atem, dass sie kaum etwas sagen konnte. Just in diesem Moment kamen auch schon sechs Reiter aus dem Wald geritten. Voran ein Mann in Kettenhemd und roten Gewändern. Das Sonnenmedallion wies ihn als Praios-Geweihten aus. Die Männer in seinem Gefolge wirkten wie ein Haufen Söldner. Der Geweihte erhob herrisch die Stimme. Er stellte sich als Inquisitor Praioshilf Sonnacker vor und forderte die Herausgabe des Mädchen. Ihr wurde Hexerei vorgeworfen, und man wollte sie »ihrer gerechten Strafe zuführen«. Das Mädchen, wieder etwas zu Puste gekommen, bestritt die Vorwürfe vehement. Da der Praios-Geweihte augenscheinlich nicht bereit war, mit uns diese Angelegenheit zu diskutieren, stellte ich das Mädchen bis zu einem rechtmäßigen Richtspruch unter meinen Schutz. Praioshilf schien einen Moment zu überlegen, ob er uns angreifen sollte, lies dann aber ab und verschwand sichtlich verstimmt im Wald.
Das Mädchen stellte sich als Madalea vor. Sie war die Tochter des Müllers von Trackenborn. Sie wurde gestern von zwei Soldaten des Freiherrn, Zorgo und Winharr, belästigt. Als sie sich nicht willig zeigte und sich ihrem Zugriff entwand, wurde einer der beiden verletzt, woraufhin sie Madalea der Hexerei bezichtigten. Zunächst stritt das Mädchen ab, überhaupt etwas mit Zauberei zu tun zu haben, als Kolja aber feststellte, dass sie latente Begabungen aufwies (er nannte es »Magiedilettantismus«), räumte Madalea ein, dass ihr schon mehrfach seltsame Dinge geschehen seien, wenn sie wütend war.
Natürlich fragten wir sie auch nach dem Geweihten. Praioshilf Sonnacker war laut dem Mädchen seit etwa einem halben Jahr immer wieder zu Gast bei dem Herrn von Trackenborn. Er hatte vor einiger Zeit den Braunen Harro gefangen, welcher dann im Dorf auf dem Richthügel gehenkt worden war. Das erstaunte uns natürlich sehr, aber obwohl bei der Hinrichtung viele Dorfbewohner anwesend waren, war beim eigentlichen Prozess niemand dabei gewesen.
Madalea wollte aus verständlichen Gründen nicht zurück in das Dorf. In einem Tal in der Nähe sollte aber eine alte Kräuterhexe namens Tihka leben. Zu der wollte sie gebracht werden.
Wir ließen uns also führen und kamen zu einer Hütte auf einer Lichtung. Dort trafen wir Tihka an, die sich bereit erklärte, auf Madalea aufzupassen. Wir wollten in der Zwischenzeit nach Trackenborn gehen, um einiges über den Geweihten und den Braunen Harro sowie der Vorwürfe gegen das Mädchen herauszufinden.
Ich muss ehrlich gestehen, dass ich Tihka für eine Hexe hielt, der ich zutraute, das Mädchen zu beschützen. Als wir allerdings eine halbe Stunde gegangen waren und vom Talrand zur Hütte zurück blickten, sahen wir sechs Reiter sich dem Haus nähern. Wir waren viel zu weit entfernt, um eingreifen zu können. Und so mussten wir tatenlos zusehen, wie Tihka und Madalea vom Inquisitor und seinen Männern verschleppt wurden.
Am Abend erreichten wir Trackenborn. Unser erster Weg führte uns zu dem Müllerehepaar, das wir über die Ereignisse unterrichteten. Beide waren natürlich verzweifelt, der Müller wollte aber gleich am nächsten Morgen beim Herren vorsprechen und für seine Tochter um Gnade bitten.
Wir kehrten im Dorfgasthaus ein, wo zahlreiche Menschen versammelt waren. Der Wirt Odo empfing uns freundlich und richtete Nachtlager her. Beim Abendessen hörten wir den Gesprächen zu. Es hatte sich wohl schon herum gesprochen, dass die beiden Frauen von dem Praios-Geweihten gefangen gesetzt wurden. Im Gasthaus war ein Mann, der lautstark über Madalea herzog und sie als Hexe bezichtigte. Ich dachte schon, dass sei einer der Büttel, die von ihr verletzt worden waren. Wir erfuhren aber später, dass es sich bei dem Mann um ihren Bruder Fredrick handelte. Warum er allerdings so schlecht auf seine Schwester zu sprechen war, konnten wir nur vermuten.
Am nächsten Morgen stand ich schon früh auf und schaute auf dem Boronanger nach dem Rechten. Bald nach dem Frühstück gingen wir dann zum Peraine-Geweihten des Dorfs. An der Hütte trafen wir in entsprechenden Gewändern einen alten, tauben und nahezu blinden Mann an. Gerade als wir schon umkehren wollten, kam eine junge Frau aus dem Haus. Sie stellte sich als Wilja vor und war die Novizin des Geweihten. Wir berichteten ihr von den Vorkommnissen. Ein Teil war ihr schon bekannt, außerdem bestätigte sie noch einmal die seltsame Geschichte des Braunen Harro. Als man ihn zum Galgen geführt hatte, war er geknebelt und gefesselt gewesen. Im Dorf wurde aber gemunkelt, dass er auf der Burg alle Anschuldigungen gegen sich vehement abgestritten hatte. Außer dem Wegelagerer war sonst niemand aus der Bande gefangen worden. Wilja riet uns, zur Burg zu gehen, da der Herr Ugolf heute Hof hielt und uns empfangen würde.
So machten wir uns also dorthin auf. Oben trafen wir dann auch auf Zorgo und Winharr, die uns zwar finster musterten aber zum Wartesaal durchließen. Einige Zeit verstrich. Gerade als wir vom Seneschall aufgerufen wurden und man uns in den Audienzsaal führte, bemerkten wir hinter uns einen Tumult. Nach kurzer Beratung wurde eine Frau in Reiterkleidung an uns vorbei zum Herrn Ugolf geführt. Der Seneschall kündigte sie als Botin des Barons von Liepenstein  an. Als die Frau zu sprechen begann, überbrachte sie aber keine Botschaft des Lehnsherrn, vielmehr stieß sie einen Fluch aus, den ich gerne wörtlich wiedergegeben hätte, an den ich mich aber wegen all der Aufregung nicht mehr genau erinnern kann. Mit ihrem Zauber verhexte sie den Herrn Ugolf von Trackenborn und schlug ihn mit eitrigen Wunden. Dieser Fluch sollte solange andauern, wie er sich an den Hexen des Waldes vergehen und unschuldige inhaftieren würde. Danach nahm sie ihren Wanderstecken, setzte sich darauf und flog aus dem Fenster davon (ich mache keine Scherze).
Panik brach in der Halle aus. Wir versuchten noch, mit dem Herrn Ugolf zu reden, dem wuchsen aber eine Eiterbeule nach der Anderen, so dass er schnell hinaus geleitet wurde. Dann trat Praioshilf Sonnacker vor uns und schmiss uns raus.
Wir gingen zurück zum Dorf und berichteten Wilja von den Geschehnissen auf der Burg. Sie wollte hinaufgehen und ihre Hilfe anbieten. Ich bat sie, zu schauen, ob man vielleicht auch mich vorlassen würde. Außerdem sollte sie Augen und Ohren offen halten und herausfinden, was nun geschehen würde.

thd

Über thd

1984 DSA 1 zum Geburtstag gewünscht und wider Erwarten die Basis-Box bekommen. Nachdem ich Silvana drei mal befreit hatte, merkte ich, dass ich Mitspieler brauchte, um mit der Box weiter etwas anfangen zu können. Glücklicherweise sah ein Freund aus der Nachbarschaft die Bücher bei mir herum liegen und meinte, sie würden in einer Runde etwas ähnliches Spielen, ob ich nicht Lust hätte, mitzumachen. Klar hatte ich das, und so bin ich mit Dungeons & Dragons angefangen. Zahlreiche Runden, Systeme und eine Vereinsgründung später, findet sich auf THORNET ein ziemlich großer Ausschnitt meiner Rollenspielerlaufbahn.

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