Die Quelle des Nagrach X – Die Grabstätte am Nagrach

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Endlich befanden wir uns am Ziel. Wir hatten das Plateau vor der Höhle erreicht, die die Grabstätte des Al’Nuad und die Schwanenfeder enthalten sollte, die ich für Ifirn bergen sollte. Außerdem erwarteten wir, die Schwarmseele zu finden, die unter keinen Umständen in die falschen Hände geraten durfte.

Dennoch konnten wir nicht in die Höhle gelangen, denn sechs Figuren, die gewaltige Jetis darzustellen schienen, erwachten immer dann zum Leben, wenn wir die Höhle betraten. Was sie mit den Söldnern der Eishexe gemacht hatten, ließ uns ahnen, dass ein Kampf mit ihnen fordernd gewesen wäre. Lyosho untersuchte daher den magischen Mechanismus dieser steinernen Wächter und fand ein zaubermächtiges Wort auf Alveran, das die Belebung auszulösen schienen. Doch das war ein Irrtum. Tsaekal kam auf die Idee, das Wort beim Übertreten der Schwelle zur Höhle zu sprechen – und tatsächlich bannte das den Zauber und verhinderte die Belebung der Steinwesen.

Im Inneren des Eises erwartete uns eine Überraschung. Statt des Sarges des Al’Nuad fanden wir drei Tore: ein schwarzes, ein steinernes und eins aus Eis. Jeweils zwischen zwei Toren stand lebensgroß eine schimmernde Eisfigur. Ein weiblicher Theaterritter, Rondragabund von Riedemer, und – was für eine seltsame Fügung – Rondramir von Jekdisit. Im Eis eingeschlossen war eine Feder sichtbar, doch es war die falsche, das wusste ich sofort. Mich zog es zu dem Eistor, das in Ifirns Welt führen würde. Ich berührte die kalte Oberfläche und sofort überzog eine Eisschicht meine Hand. Erschrocken brach ich den Versuch, das Tor zu öffnen, ab. Ich umfasste mein Schwanenamulett und nun hatte ich genug Kraft, mich vom gefrorenen Element Ifirns umfassen zu lassen. Das Tor wich nach hinten und verschwand einfach. Der Weg in die Kammer war frei. Ich stieg hinab in Ifirns kalte Welt und fühle mich ihr endlich nah. Mein Inneres wurde erfasst von einem Gefühl der Verbundenheit mit ihr, es wurde erfüllt von der Wärme, die ich als die Liebe einer Mutter verstand. Es füllte die Leere, die ich oft empfunden hatte, wenn mir bewusst geworden war, dass jedes Wesen eine Mutter hat, nur ich nicht.

Auf einem Altar lag, unter einer leuchtenden Kuppel, die Feder Aidaris, die ich gesucht hatte. Ich nahm sie behutsam an mich und verwahrte sie bei der anderen, die sich bereits in meiner Obhut befand. Nach mir suchten Wolfsmond und Tsaekal die Nähe Ifirns an ihrem Schrein und Lyosho untersuchte mit seinem Stab die mittlere Tür, da erschütterte plötzlich etwas das Eismassiv, in dem wir uns befanden. Styrvake und Shéanna liefen hinaus, während Lyosho ungerührt seinen Stab über das Tor bewegte und dann in einem beschwörenden Ton die drei Namen rief, deren Anrufung den Eingang zu öffnen vermochte: Al’Nuad, Danutja, Henija.

Lyosho entzündete aus dem Nichts ein Feuer an seinem Stab, der dennoch nicht verbrannte, und stieg hinab in ein Grab. Zwei schmucklose steinerne Särge standen dort bewacht von neun skelettierten Toten, die die verstorbenen Führerinnen ihres Volkes, die Königin und die Zauberpriesterin, die hier wahrscheinlich ruhten, an diesen Ort hatten begleiten müssen. Lyosho und Tsaekal öffneten die Sarkopharge und wir fanden, wie erwartet, die Schwarmseele, einen langen Stab, den Lyosho zusammen mit einem Behälter Theriak an sich nahm. Shéanna verwahrte ein Schwert, das vor langer Zeit ein gewisser Sildrojan geschmiedet hatte. Möglicherweise handelte es sich um eins von zwölf berühmten Löwinnenschwertern. Doch noch während meine Gefährten die Sargdeckel wieder schlossen, rief Hagen aus der Halle.

Wir liefen hinauf und sahen, dass sich das dritte Tor geöffnet hatte. Es musste durch einen Mechanismus verschwunden sein, den wir beim Öffnen der Särge ausgelöst hatten. Hagen berichtete, dass Phex Symbole erschienen seien, die sich dann in dämonische Fratzen verwandelt hätten. Daher waren wir unschlüssig, ob wir die dahinterliegende Höhle betreten sollten. Eigentlich hatte wir alles, wovon die Visionen erzählt hatte, bereits gefunden.

Styrvake und Shéanna fanden uns noch unentschlossen, als sie in das Innere zurückkamen. Styrvake hatte in der kurzen Zeit offenbar einen Verbündeten gefunden. Ein Frostwurm namens Shirr’Khan, was – wenn ich das richtig verstanden habe – ein echter Drache ist. Wie er das angestellt hat, ist mir ein Rätsel.

Zu diesem Zeitpunkt hätten wir diesen Ort einfach wieder verlassen sollen, doch die Neugierde meiner Begleiter war groß und ohne Neugier wäre wohl niemand von uns je aufgebrochen in die Welt, in der wir uns nun zurechtfinden mussten. Wir stiegen also auch in diese Höhle hinunter. Es empfing uns eine unnatürliche Dunkelheit und ein fauliger Gestank, der uns eigentlich hätte warnen müssen. Doch da lagen auch auf einem riesigen Haufen unendliche Reichtümer aufgeschichtet – Gold, Silber, Edelsteine und riesige steinerne Schatztruhen schienen darauf zu warten, von uns in Besitz genommen zu werden. Tsaekal bestieg den Berg aus Kostbarkeiten und weckte dabei eine stinkende Bestie auf – den Dämonen Balkhabul – und zahlreiche Dämonenratten – die Kidmakhabul. Gemeinsam gelang es uns jedoch, die Wesen zu besiegen, die sich in einen ekelerregenden ätzenden Schleim verwandelten. Dabei schienen Shéanna und Albin auch einen Schutz für uns von ihren Göttern erwirkt zu haben.

Die anderen nahmen sich von den Schätzen. Sogar die Truhen konnten wir mit einem Schlüssel öffnen, den Hagen gefunden hatte. Dann verließen wir die Höhle. Doch das Plateau, das wir betraten, war nicht das, das wir zuvor verlassen hatten. Es war umwölkt von einem Nebel, den wir aus den Globulen kannten, die wir bereits erlebt hatten. Wolfsmond bestätigte unseren Verdacht. Dieser Ort hatte keine Verbindung zu der Welt, aus der wir kamen. Tsaekal schlug vor, die Dinge zurückzulegen, die wir an uns genommen hatten, und erneut die kleine Hochebene zu betreten. Er hatte Recht. Wir waren gemeinsam mit Wolfsmond wieder in der Welt, in der wir noch einige Aufgaben zu erledigen hatten. Doch es erschien mir falsch, die Feder zurückzulassen. Ich lief zurück und holte sie. Ifirn hatte es so gewollt. Es konnte nicht falsch sein. Auch Tsaekal und Wolfmond holten sich ihre Tasfaralel Schätze aus der Höhle zurück. An der Schwelle nach draußen hatte ich jedoch plötzlich Zweifel. Nur mit Tsaekal Hilfe gelang es mir, wieder aus der Höhle zu treten. Doch ich war, trotz der Feder in meiner Tasche, in der richtigen Welt.

Es war bereits Nacht geworden. Wir warteten auf die anderen. Tsaekal und Wolfsmond fühlten sich indes immer schwächer. Als auch die anderen endlich zurückkamen, konnten wir sie überzeugen, die Dinge zurück in die Kammer zu bringen. Dann flogen wir mit Hilfe der Hexen hinab und Tsaekal bereitete uns auf wunderbare Weise mit Firuns Winterspeer ein wohliges Lager, so dass dieser Tag ein Ende fand, mit dem wohl niemand von uns gerechnet hatte. Wir hatten die Artefakte geborgen, die wir gesucht hatten. Dhana war befreit. Wir befanden uns an einem warmen Ort, an dem es Essen und Ruhe für uns gab. Styrvake hatte überraschend Hilfe von einem Drachen angeboten bekommen, Tsaekal von einem Firunsbären und ich wusste nach meiner Vision, dass auch Aidari an unserer Seite wäre, wenn es zum Kampf in der Drachenhöhle kommen würde. Ich hatte Hoffnung für uns und die Welt, die wir zu schützen versuchten.

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