15. Mai 2951 D.Z.
Östliche Bucht
Wir zögern nicht lange, diesen Banditen Einhalt zu gebieten. Wir ziehen die Waffen und werden sofort angegriffen. Anfangs noch ausgeglichen, wendet sich das Blatt gegen die Masse der Angreifer recht schnell. Zudem sind das hier keine einfachen Strauchdiebe, sondern gelernte Kämpfer.
Nach kurzer Zeit haben wir schon etliche Treffer bekommen und Narvi wird nach schweren Treffern durch zwei der Schwertkämpfer bewusstlos. Kurz danach falle auch ich nach einigen Treffern des Anführers Beldir bewußtlos zu Boden. Zwar sind schon viele Gegner gefallen (ihre Moral ist für Söldner erstaunlich hoch), doch die Überzahl ist erdrückend.
Auch Ferdibrand ist schwer angeschlagen, Earendil und Roderic, ebenfalls angeschlagen, stehen auf verlorenem Posten. Als ich zu Boden sinke, höre ich noch Earendil, der irgendetwas wie: “… seht nicht in das Licht …” ruft. Ich weiß nicht, wie lange ich ohnmächtig war, aber es war wohl nur kurz, als ein Horn mich aus meinen unfreiwilligen Träumen reißt. Narvi rappelt sich ebenfalls wieder auf, auch die anderen sehen erfrischter aus. Die Valar waren in diesem Moment mit uns!
Ein kurzer Blick in die Runde offenbart, dass Earendil mit einem Zauber die Gegner verwirren konnte. Viele stehen nicht mehr, der Anführer Beldir steht aber noch, wenige seiner Leute ebenfalls. Einige der Bogenschützen sind in den Nahkampf gegangen, Valdis scheint geflohen zu sein. In diesem Moment kommen die Söldner, auch angefeuert von Beldis, wieder zu sich. Ohne Bogenschützen und jetzt nicht mehr in Überzahl haben wir nach kurzer Zeit gesiegt. Als Beldir fällt, fliehen die letzten vier Söldner. Einer von ihnen liegt bewußtlos am Boden.
Nachdem wir uns kurz erholt haben, durchsuchen wir die Gefallenen. Großes Gepäck oder Rationen hat keiner dabei, woraus wir schließen, dass ihr Lager nicht weit weg sein kann. Beldir hat sehr gut gearbeitete Waffen und sein ebenfalls gut gearbeiteter Helm und Rüstung tragen ein Zeichen, dass wir schon in Dol Guldur gesehen haben. Des weiteren finden wir erstaunlich viel Geld, 10 Goldmünzen. Und zu guter Letzt auch noch ein Stück Leinen mit einer darauf eingezeichneten Karte. Diese zeigt die Östliche Bucht und man sieht einige Symbole. Diese zeigen Positionen von Höfen, einige Symbole könnten Ortschaften sein, andere wahrscheinlich Lager der Söldner. Im Süden sieht man noch das Symbol eines Turmes.
Wir wecken nun den bewußtlosen Söldner, um ihn zu befragen. Sein Name ist Baeren und zunächst ist er relativ trotzig. Nachdem wir ihm freundlich, aber bestimmt seine Situation erklärt haben, entscheidet er sich für den vernünftigen Weg: er gibt uns möglichst viele Informationen, dafür lassen wir ihn laufen. Die Informationen sind recht gut und umfangreich, soweit wir das beurteilen können. Wir erfahren einiges über die Söldner und ihre Organisation, nicht aber über ihre Ziele. Es scheint sich zum Teil um die Söldner von Valbrand zu handeln.
Worüber wir auch nichts erfahren ist, woher diese Bande vom Helm wusste. Dazu kann unser Gefangener nichts sagen, wohl aber weiß er, dass in einigen Gehöften Spitzel aktiv sind. auf dem ersten Gehöft hatten wir über den Helm gesprochen, wahrscheinlich war dort tatsächlich ein Informant aktiv. Wir sind in Zukunft vorsichtiger. Danach lassen wir ihn wie versprochen laufen, zerstören die Bögen und nehmen die restlichen Waffen mit. Abends übernachten wir in einem Gehöft. Die nächsten Tage verlaufen ereignislos.
18. Mai 2951 D.Z.
Sonnstatt
Heute erreichen wir endlich Sonnstatt. Darum sind etliche Äcker bestellt und auch einige Pferdekoppeln sieht man. Die Stadt selber ist durch eine recht große Palisade umgeben, die durch einige Türme unterbrochen ist. Dahinter erkennt man den Düsterwald, der hier vielleicht eine halbe Meile entfernt ist. Die Fläche dazwischen ist gerodet. Wir werden am stabilen Tor von Gonthar empfangen und eingelassen, Thorhild ist auch anwesend. Nach kurzem Gespräch werden wir durch die Stadt zur großen Versammlungshalle geführt.
Die Häuser sind stabil gebaut, die Stadt mag 300 bis 400 Einwohner haben. Ulfar erwartet uns hier und ein zünftiges Mahl. Wir berichten von Beldir und dem Zerschlagen seiner Bande, was Gonthar, den Hauptmann von Sonnstatt, sehr freut. Als wir ihm die Karte von Beldir zeigen, erwähnt er einen Turm namens Minas Raug, den Dämonenturm. Vielleicht ist das der Turm, der auf der Karte eingezeichnet ist. Dort soll eine Hexe leben, bei der es sich um Zimraphel, die aus Dol Guldur entkommene Schwarze Numenorerin aus Umbar, handeln könnte.
Auch erfahren wir mehr über die “Halle der Geister”. Dabei soll es sich um ein von Geistern bewohntes Haus handeln, dass an verschiedenen Orten auftaucht. Vor kurzem sind vier Jäger im Wald gefunden worden. Drei von ihnen waren tot, allerdings gab es keine Spuren von Wunden sie sahen aus wie durch Schrecken gestorben und ihre Leichen waren merkwürdig entstellt. Einer von Ihnen lebte und sprach im Wahn: Halle der Geister, bevor auch er starb.
Die Leichen fand man in der Nähe der alten Hügelgräber, nur etwa eine Tagesreise entfernt.
Irgendwann kommt dann auch Ceawin der Freigiebige. Auch er begrüßt uns freudig und ist noch erfreuter, als wir von unserer Begegnung mit Beldir berichten und ihm auch den Helm überreichen können. Wir sprechen mit ihm auch über die Karte von Beldir. Ceawin deutet auf einen Punkt, der Leichenwald genannt wird, ein riesiges Gräberfeld, auf dem Eiben gepflanzt wurden. Darunter soll es Höhlen geben, in denen Geister spuken. Auf der Karte erkennen wir etwas weiter westlich davon ein Spinnennetz, können das aber nicht weiter zuordnen.
Wir beraten noch etwas und beenden dann unser Mahl. Danach bekommen wir noch eine Stadtführung, bei der wir zwar eine blühende Stadt erleben, aber auch eine sehr gedrückte Stimmung. Man weist uns Schlafplätze zu und wir legen uns schlafen.
19. Mai 2951 D.Z.
Sonnstatt
Ceawin möchte so schnell wie möglich zu den Hügelgräbern der Ahnen aufbrechen. Also machen wir uns alsbald mit leichtem Marschgepäck auf den Weg, der keine Tagesreise lang sein soll. Uns begleiten noch vier der Kämpfer Sonnstatts.
Nach wenigen Stunden erreichen wir den Waldrand. Zunächst noch etwas lichter, wird dieser bald dunkel und äußerst ungemütlich. Ab Mittags sieht man praktisch keine Nadelbäume mehr, nur noch Laubbäume, die zum Teil uralt sein müssen. WIr sehen Baumstämme mit mehreren Metern Umfang. Gegen Abend, den Himmel kann man durch den Wald kaum noch erkennen, sehen wir zwischen den Bäumen die ersten Hügelgräber. Das heißt zwischen den Bäumen, die Bäume sind zum Teil hunderte Jahre alt und stehen auf den Gräbern, die Wurzeln tiel in selbige gegraben.
Über den Tag wurde es immer kälter, hier wird uns richtig kalt. Auf manchen Gräbern kann man Frost erkennen und es ist totenstill. Wir erreichen ein sehr großes Grab, auf dem ein gewaltiger Baum mit sieben bis acht Metern Durchmesser steht. Die Wurzeln sind tief in das Grab des Urahnen der Nordleute gewachsen und man erkennt am Fuße des Grabes einen engen Zugang.
Ceawin entzündet eine Fackel und besteht darauf, alleine ins Grab zu gehen. Ohne dass es die vier Begleiter hören, weist er uns an, diese unter keinen Umständen ins Grab zu lassen, da eine Seherin ihm geweissagt hatte, dass sie sonst dem Tode geweiht seien. Während er hinab in die Dunkelheit steigt, warten wir draussen.
Nach kurzer Zeit hören wir das Schieben eines wuchtigen Steins und dann Ceawin, wie er mit fester Stimme eine ehrfürchtige Rede an die Geister seiner Urahnen hält. Nachdem er geendet hat, ist es einige Sekunden totenstill und wir spüren plötzlich einen eiskalten Hauch, der aus dem Grab kommt. Mit diesem Hauch hören wir eine Stimme, die ein paar Worte spricht:
Kalt sei Hand und Herz und Bein,
Kalt sei Schlaf unter dem Stein,
Aus steinernem Schlaf erwachst du nicht,
Bis die Sonne erlischt und des Mondes Licht.
Dann erlischt das Licht der Fackel und hören wir einen angsterfüllten Schrei von Ceawin!