Prolog: Die Geister die ich rief IV

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Aus dem Tagebuch Flammbarts:

Beim Barte Angroschs, war das ein Tag! Und was für ein Kampf! Endlich bekamen meine Axt und ich mal wieder etwas zu tun. Aber ich fange am besten mal vorne an …

7. Ingerimm 1032 BF
Der Morgen begann mal wieder viel zu früh. Meine Gefährten weckten mich, als das erste Licht des Tages langsam über den Horizont kroch. Aber den beiden Zauberlehrlingen Talbert und Olderich missfiel das frühe Aufstehen wohl noch mehr als mir. Sie wirkten nach ihrem nächtlichen Saufgelage ziemlich verkatert. Sind halt keine Zwerge, die jungen, schmächtigen Burschen.

Nach einem kurzen Frühstück sah ich Petea draußen umherstreifen, während sie konzentriert auf den Boden blickte.

»Morgen Petea, was machst du da?«, fragte ich.

»Ich untersuche die Spuren, die ich entdeckt habe.«

»Und konntest du schon etwas herausfinden?«

»Sie führen Richtung Westen«, entgegnete Petea, »und ich bin mir sicher, dass sie von Goblins stammen.«

»Vermaledeite Rotpelze!«, stieß ich aus, während die anderen zu uns stießen und ebenfalls einen Blick auf die Spuren warfen.

Larja hatte inzwischen scheinbar die Jünglinge unter ihre Obhut genommen. Ich habe mir sagen lassen, dass diese als Scholaren (oder so ähnlich) bezeichnet werden.

Wir diskutierten darüber, ob wir unseren Weg Richtung Gut Kairanbart fortsetzen oder zunächst einen Abstecher Richtung Westen machen sollten, um die Spur der Goblins zu verfolgen. Es dauerte nicht lange und wir einigten uns auf letzteres.

Nach einem nicht weiter erwähnenswerten Marsch durch den Wald stießen wir auf eine Lichtung. Inmitten dieser erblickten wir einen Hügel aus Kalkstein, an dem ein kleiner Wasserfall hinab in einen kleinen See mündete. Auf dem Hügel erspähten wir einen der Rotpelze, während ein weiterer um den Hügel herum patrouillierte.

Nach kurzer und möglichst lautloser Abstimmung untereinander schlich Erich an der Waldgrenze entlang, um den wachenden Goblin besser ins Visier nehmen zu können. Wir anderen verschanzten uns im Dickicht, um nicht vorzeitig entdeckt zu werden.

Ich vernahm ein leises Pfeilsurren, ersticktes Stöhnen und anschließend wieder Stille. Wir bewegten uns an den Waldesrand und sahen Erich, wie er den Leichnam des Goblins aus dem Wasser zog und anschließend bäuchlings auf den Boden legte. Das Pfeilende ragte aus dem Kopf der Kreatur hervor.

Wir gingen zu ihm und ich klopfte Erich anerkennend ob des brillanten Treffers auf die Schulter. Er sah recht blass um die Nase aus und zitterte leicht. Vermutlich hatte er neben dem Erlegen von Wild noch nicht viel Erfahrung im Töten.

Wir gönnten ihm eine kurze Pause, um sich wieder zu sammeln und anschließend war es wieder an Erich, die Hügelkuppe unbemerkt näher in Augenschein zu nehmen.

Am oberen Ende des Pfades angelangt, robbte er die restlichen Schritte auf dem Boden voran und sah sich aufmerksam um. Anschließend kam er in Sichtweite zurück und machte uns durch seine Gestik deutlich, dass er sechs weitere Rotpelze erspäht hatte und wir zu ihm kommen sollten.

Wir begaben uns sogleich schleichend zu ihm hin und tauschten uns flüsternd darüber aus, ob wir die Gruppe angreifen oder weiterziehen sollten. Die Rotpelze hatten ein Lager aufgeschlagen und brieten Fleisch auf einer Feuerstelle. Sie waren nur spärlich bewaffnet und nicht in Alarmbereitschaft.

So entschlossen wir uns, sie nicht anzugreifen, um Kräfte zu sparen. Lautlos kehrten wir zurück in den Wald und marschierten zum Gut Kairanbart, unserem eigentlichen Ziel.

Dort angekommen, entdeckten wir nur noch verwilderte und überwucherte Steinruinen, die wohl einst die Heimat von Barturion Kairanbart gewesen waren – vermutlich jedoch damals in einem weitaus besseren Zustand.

Wir hörten Stimmen und noch bevor der Rest der Gruppe reagieren konnte, stürmten die beiden Jünglinge direkt in deren Richtung und riefen erleichtert »Meister Wiesenwanderer!«.

Daraufhin holten sich beide erstmal eine gehörige Standpauke ab, während wir anderen draußen warteten. Eine Weile später lugte der Wiesenwanderer aus seinem provisorischen Lager heraus und bat uns hinein.

Im Inneren des Raumes, insofern man diesen als solchen bezeichnen konnte, kauerten zwei weitere Zauberlehrlinge in der Ecke, offensichtlich verängstlicht und einer der beiden verletzt. Sie wurden uns als Faran und Borkfriede vorgestellt.

Meister Wiesenwanderer berichtete uns von Mindergeistern, mit denen sie sich herumscheren mussten und wies uns daraufhin, dass in dieser Gegend der Gebrauch von Magie scheinbar zu unerwünschten Nebeneffekten führe. Zudem seien noch zwei weitere Scholaren, Rulerich und Lindgard, spurlos verschwunden und er konnte sich noch nicht auf die Suche nach ihnen begeben, da er Faran und Borkfriede nicht allein und ohne jeglichen Schutz zurücklassen wollte. Er murmelte auch etwas von irgendwelchen Kraftlinien. Irgend so ein Zauberergeschwafel, von dem ich nichts verstanden habe …

Während ich eine kurze Mahlzeit und einen ordentlichen Schluck meines Bieres zu mir nahm, verließen Larja, Rubinion und Erich das Versteck, um die restlichen Ruinen näher zu untersuchen.

Ich wollte gerade den Wiesenwanderer zu diesen mysteriösen Kraftlinien ausfragen, als die anderen uns zu sich riefen. Bei ihnen angekommen sahen wir, dass sie eine Falltür entdeckt hatten, hinter der eine verstaubte Treppe in einen dunklen Raum hinabführte. Auf dieser sowie im Innern des Raumes zeichneten sich deutliche Fußspuren ab – unverkennbar die der beiden vermissten Lehrlinge.

Bei dem Raum stellte sich direkt heraus, dass es sich um eine geheime Bibliothek von Barturion Kairanbart handelte und neben vielen zerfallenden und verrottenden Büchern und Pergamenten entdeckte Larja scheinbar auch ein äußerst wertvolles Buch, welches die Position des versteckten Laboratoriums von Kairanbart offenbarte. Offensichtlich haben die beiden Vermissten sich auf den Weg gemacht, dieses Labor auf eigene Faust aufzusuchen.

Nachdem auch der Rest der Gruppe noch etwas Proviant zu sich nahm, verfolgten wir die Spur der Jünglinge Richtung Nordosten. Inzwischen war es schon spät am Nachmittag und wir mussten uns beeilen, wenn wir die beiden noch vor Einbruch der Dunkelheit finden wollten.

Wir stießen auf eine Reihe von umwucherten Statuen, die mal auf hellen und mal auf dunkleren Platten standen. Offenbar handelte es sich hier um ein riesiges Schachbrett. Nebenan stand eine winzige und ebenfalls durch die Zeit gezeichnete Holzhütte.

Noch bevor wir uns näher umsehen konnten sauste ein Pfeil an uns vorbei. Larja warf sich auf den Boden, während mich ein weiterer Pfeil streifte. Ich suchte schnell Deckung hinter einer der Statuen und sah, dass auch die anderen sich so gut wie möglich verschanzten, während ein ganzer Pfeilhagel aus unterschiedlichen Richtungen auf uns niederging. Ein Hinterhalt!

Petea schrie auf und ich sah, wie ein Dolch in ihrem Bein steckte, während sie zu Boden sank. Nachdem ich einen Goblin in meiner Nähe ausmachte, der seinen Bogen auf mich gerichtet hielt, war es mir klar – Zuuk Toku, der Sechsmesserige, hat uns entdeckt und eine Falle gestellt.

Lyn kümmerte sich um die verletzte Petea, während der Rest von uns sich aufteilte, um die Angreifer zurückzuschlagen. Ich stürmte mit meiner Axt voran auf den nahen Bogenschützen zu und streckte diesen mit ein paar wuchtigen Hieben nieder, während ein weiterer aus dem Gebüsch hervorsprang und mich mit seinem Schwert zu beharken versuchte.

Aus meinen Augenwinkeln sah ich, wie Zuuk Toku sich langsam Larja näherte und weitere Dolche in ihre Richtung warf. Zwischendurch verzog er schmerzverzehrt das Gesicht und krümmte sich, als würde er von unsichtbaren Geschossen in die Brust getroffen.

Ich konzentrierte mich wieder auf meinen verbliebenen Gegner und noch bevor ich ihn tödlich verwunden konnte, hörte ich einen lauten gequälten Aufschrei. Ich drehte mich herum und sah, wie der Sechsmesserige beide Hände mit aller Kraft vor die Brust presste und eine grausame Grimasse schnitt, bevor sich seine Pupillen nach oben verdrehten und nur noch das weiße seiner Augen gezeichnet von einigen roten Blutlinien sichtbar war. Sekunden später sackte er in sich zusammen und lag regungslos im Gras. Tot.

Die anderen Rotpelze leisteten noch kurzen Widerstand, liefen aber kurz darauf davon, als sie erkannten, dass sie den Kampf ohne ihren Anführer nicht mehr gewinnen konnten.

Wir ließen von ihnen ab und Rubinion versorgte unsere Wunden, während Larja den Brautschmuck entdeckte, auf dem Runen zum Vorschein kamen, die allmählich zu glühen begannen.

Scheinbar durch ihre Neugier angetrieben setzte Larja den Brautkranz auf. Die Runen brannten sich in ihre Stirn und sie verlor plötzlich jegliche Farbe in ihrem Gesicht. Aus ihren Augen trat nun keine Neugier mehr, sondern unermessliche Furcht …

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