Reisebericht von Meister Gorombolosch groscho Agrimmar, welcher von Elenvina den großen Fluss nach Osten bereiste, um in seine Heimat, dem Amboss zu gelangen. Ihn begleiteten der Adeptus Minor Kolja Turleff, ein windiger und noch sehr junger Magus, Don Marco di Adante, verbriefter Krieger aus dem horasischen Reich, der Gelehrte Ninjo Lattanziani und Erian Tappenbeg, welcher bei den Frauen wohl gelitten war.
Am Abend nach der Befreiung der Kinder aus den Kellern des Edlen und nunmehr Toten von Sturzenstein trafen wir in Appelquell ein. Das Dorf an sich war sehr ärmlich, aber man bereitete uns ein Fest, von dem man sich hüben noch lange erzählen würde – ka roboschan hortiman Angroschin!
Der nächste Morgen war einer diese Morgen, die getragen waren von einer wohligen Erschöpfung nach rauschender Feier. Wir schrieben den 21. Praios 1017 BF.
Wir wuschen uns und frühstückten ausgiebig, beschlossen dann, zeitig aufzubrechen. Zu unserer Freude führte ein Fußweg parallel zum Fluss nach Osten. Acht bis neun Tage sollte es dauern, bis wir Albenhus erreichen würden. Man packte uns also für diese Zeit Proviant zusammen, und obwohl ich mit Alveranerzungen auf den Dorfältesten einredete, wollte er dafür keinen einzigen Heller haben (selten hätte ich mich leichter von meinem Geld getrennt, als für diese freundlichen Leute, die sich uns so dankbar zeigten).
Bevor wir gingen, versammelte sich das ganze Dorf, um uns zu verabschieden.
Brinwehn, das Mädchen, dass wir aus dem Fluss gerettet hatten, brachte eine kleines Kind herbei, welches uns zum Abschied einen Stein überreichte, ein Drachenauge, hübsch anzusehen. Sie hatte es noch auf der Burg in ihrem Brei gefunden und wollte es uns unbedingt zum Geschenk machen. Diese Menschen!
Der erste Reisetag war sehr angenehm im Vergleich zu unserer Seefahrt. Gutes Wetter, fester Boden unter den Füßen und ein fröhliches Lied auf den Lippen ließen uns gut voran kommen.
Einmal möchte ich hier noch erwähnen, dass uns Reike begleitete. Sie war, wie berichtet, die Magd auf Burg Sturzenstein, die uns von den seltsamen Vorgängen dort erzählte. Nunmehr schien sie sehr verliebt in Erian zu sein und wollte uns unbedingt begleiten. Da wir ihr etwas schuldeten, versprachen wir, sie sicher nach Albenhus zu bringen. Man kann allerdings nicht sagen, dass dies eine Freude war. Es würde diesen Bericht zu sehr ausschweifend machen, würde ich von allen Schrulligkeiten dieser Frau schreiben müssen. Dem geneigten Leser sei aber gesagt, dass sie in der Lage war, wirklich Alles und Jeden zu kommentieren in einer Art und Weise, wie sie einfältiger und selbstverliebter kaum sein könnte. Doch nun genug von diesem Weib.
Am Abend schlugen wir ein geschütztes Lager auf, und ich bereitete einige Spieße am Feuer zu. Ich muss gestehen, sie waren mir nicht all zu gut gelungen, kein Vergleich mit dem legendären Eintopf „Quer durch die Höhle“, den meine Mutter immer zubereitete.
Ich lernte in dieser Nacht jedoch nicht nur, dass meine Kochkünste noch ein wenig der Schulung bedurften sondern auch, dass keiner meiner Gefährten darauf vorbereitet war, in der Wildnis zu lagern. Es fehlte an einfachsten Dingen, wie ausreichend Decken und wärmende Kleidung. Außerdem schien niemand bisher Wache gehalten zu haben. Man weckte mich allen Ernstes um Mitternacht zur Letzten!
Am Morgen waren alle ein wenig übellaunig. Kaum einer hatte gut und ausreichend geschlafen, und als es kurz nach dem Aufbruch auch noch anfing zu regnen, war selbst Reike zu verstimmt um noch etwas entblödendes zu sagen.
Es regnete, Angrosch sei Dank, nicht den ganzen Tag, so dass wir an diesem Abend ein einigermaßen trockenes Lager aufschlagen konnten. Meine Gefährten zeigten sich auch gewillt, etwas dazu zu lernen und das Beste aus der Situation zu machen.
So hätte die Reise bis Albenhus gut gehen können, wäre am nächsten Tag nicht ein Troll vom Himmel gefallen.
Ihr habt recht gelesen und ich erfreue mich all meiner Sinne. Wir passierten gerade eine Steilwand, als es einen grollenden Schrei über uns gab und eine baumgroße Keule zu Boden stürzte, gefolgt von einer noch größeren Kreatur grob menschlichem Aussehens aber sicher zweieinhalb Schritt groß. Das Monstrum schien ähnlich erschrocken wie wir. Es brüllte und ruderte mit den Armen. Ein Bein zog es lahm hinter sich her. Langsam wichen wir vor der Kreatur zurück, unschlüssig was zu tun war, als der Boden erzitterte unter rhythmischem Stampfen.
Den Weg hinab eilten zwei weitere monströse Gestalten auf uns zu. Beide fast doppelt so groß wie der „kleine“ vor uns. Wir wichen weiter zurück, während der gerade herab gestürzte Riese zu den beiden Neuankömmlingen humpelte.
Alle drei waren in Felle gekleidet, der größte von ihnen, ein Mann von gut über vier Schritt Höhe, hatte wallendes Haar und einen wuchernden Bart. An seiner Seite, nur unwesentlich kleiner, war eine Frau. Der Kleine schien ihr Sohn zu sein. Alle drei hatten sie dicke braune borkige Haut und stierten jetzt mit großen Augen zu uns herüber.
Wenn es nach mir gegangen wäre, wäre dass eine gute Gelegenheit gewesen, sich zurück zu ziehen, Kolja Turleff hingegen, begann auf die Gestalten einzureden. Er versuchte ihnen klar zu machen, dass wir ihnen nichts böses wollten und er gerne versuchen würde, die Verletzung des kleinen Monsters zu heilen.
Bis heute bin ich mir nicht sicher, ob Kolja in diesem Moment sehr mutig war oder aber eine an lebensmüder Dummheit grenzende Naivität an den Tag legte, aber das Wunder geschah: Einer der Monster, das große Weibchen, sprach zu uns. Ihr Garethi war radebrechend und von Groll- und Knartzlauten durchzogen, es war aber schnell klar, dass sie bereit war, unsere Hilfe anzunehmen.
Kolja wirkte einen Zauber und heilte das Bein.
Danach erfuhren wir, dass die drei Trolle waren. Sie stellten sich uns als Krschmerg, das war der große Bärtige, und Krschtil, seine Frau, vor. Der kleine, von oberhalb der Klippe gestürzte Troll, war ihr Sohn Krschton.
Weiter knartzend und grollend (es sprach ausschließlich Krschtil), versuchten die Trolle uns etwas mitzuteilen. Kolja glaubte, sie wollten uns einladen, aber vielleicht wollten sie uns auch höflich bitten, ihre nächste Mahlzeit zu sein. Wie dem auch sei, vier Meter hohen Monstern mit Bäumen als Waffe, schlägt man keine Bitte ab, also begleiteten wir sie zu ihrem nahen Rastplatz.
Oberhalb der Klippe war ein Hain, einige Brombeerbüsche, ein kleiner Teich mit einem plätschernden Wasserfall. Dort hatten die Trolle ihre Unterstände aufgebaut. Noch drei weitere ihrer Art trafen wir dort an: Krschwasch und Krschar, Sohn und Tochter von Krschtil und Krschmerg, sowie einen weiteren Troll namens Krikon. Dieser hatte eine schwärende Wunde am Bein, und nun war klar, was sie von uns wollten, also machte sich der Adeptus Magus wieder ans Werk.
Die Trolle waren sichtlich erfreut, als es Kolja gelang, auch diese Wunde zu heilen. Nun luden sie uns wirklich ein, die Nacht an ihrem Lager zu verbringen und mit ihnen zu Abend zu essen.
Was wir am Feuer sprachen, beschränkte sich auf kurze Sätze und viel Hand- und Fußarbeit, und hätte man mir vor einigen Tagen noch gesagt, dass ich mit Trollen speisen würde, ich hätte es nicht geglaubt. Während der Unterhaltung (ich nenne es mal so), erfuhren wir, dass die Trolle eigentlich in einer Höhle in einem nahen Tal lebten. Dort wurden sie aber vor ein paar Wochen vertrieben. Die Trolle sprachen in ihren Schilderungen von „bösem Wasser“, „bösem Stein“ und „bösem Holz“, konnten aber nicht erklären, was genau sie damit meinten. Außerdem erzählten sie von anderen Wesen, Wimmelmännern, die mit ihnen im Tal lebten. Erst nach einigem nachfragen fanden wir heraus, dass es sich bei Wimmelmännern augenscheinlich um einen Oberbegriff der Trolle für alle anderen Rassen handelte. In dem Tal lebten demnach schon seit langer Zeit eine Frau und ein Mann und einige Goblins friedlich miteinander. Doch dann veränderte sich etwas und vertrieb die Trolle.
Nach diesem ereignisreichen Tag verbrachten wir eine ruhige Nacht bei unseren neuen Freunden. Wir stellten zwar Wachen auf, um nicht vielleicht doch als Mitternachtshappen zu enden, diese Sorge war aber unbegründet. Am Morgen fragten die Trolle uns, ob wir nicht mal in dem Tal nach dem rechten schauen könnten, wozu wir uns gerne bereit erklärten.
Krschtil brachte uns bis an den Eingang des Tals und zeigte in die ungefähre Richtung der Höhle, in der sie lebten. Von hier konnte man erahnen, dass bis zum anderen Ende des schmalen aber langgezogenen Talkessels es etwa zwei Meilen waren. Der Wald war dicht, es gab aber einen Pfad, der parallel zu einem Bachlauf verlief.
Diesem folgend trafen wir nach einiger Zeit auf eine völlig überwucherte Statue. Nachdem wir sie ein wenig von Farn und Efeu befreit hatten, erkannten wir auf einem Podest eine übermannsgroße steinerne Statue eines gerüsteten Angroschim, der grüßend die Hand hob. Meine Neugierde war geweckt. Der Stein der Statue war alt und verwittert und sie stand schon lange hier. Fast schien es, als hätten hier vor langer Zeit Kinder des Schmiedes gelebt.
Wir drangen weiter in das Tal vor. Immer wieder gingen von unserem andere Pfade ab. Wir folgten dem Bachlauf und trafen unterwegs noch auf eine seltsame, dornige Hecke, die sich entlang des Wassers einige Dutzend Meter erstreckte.
Schließlich waren wir am Ende angelangt. Dort befand sich zu Füßen der Steilwand ein See, gespeist von einem kleinen Wasserfall.
„Böses Wasser“, so hatten die Trolle den See genannt. Wieder war Kolja unerschrocken und bestenfalls naiv, als er sich dem See näherte. Gerade noch lies er sich überreden, sich ein Seil um zu binden. Kaum war er am Ufer und hatte sich hingekniet, sprang eine riesige, wässrige Hand vor ihm hoch auf, fuhr herunter und zog ihn in den See. Es sah aus, als hätte das Wasser selbst nach ihm gegriffen, um ihn zu verschlingen. Wir sprangen herbei und zogen an dem Seil, doch der Widerstand war enorm. Nur langsam konnten wir Kolja aus dem Sog des Sees befreien.
Plötzlich löste sich das Seil auf. Wir stürzten übereinander und fluchten. Kolja, erschöpft aber unversehrt, stand hinter uns am Ufer. Er faselte etwas von „selbst gerettet“ und „Telepopaklon“.
Den Schock noch in den Knochen, beschlossen wir, etwas weiter den Weg zurück, einem Kanal zu folgen, der vom Bach einige Meter abging und dann unvollendet versickerte. So kamen wir zu einigen Ruinen. Hier hatte mal ein Dorf gestanden, jetzt sah man nur noch Mauerreste. Nur zwei Gebäude waren noch intakt. Bei beiden schien es sich um Tempel zu handeln. Bei dem einen sah man das Bildnis des Löwen, dem Zeichen Rondras, der andere wurde von einer Statue geziert, die einen Handwerker zeigte – Ingerimm, der Schutzgott des Handwerks bei den Menschen. Manche halten ihn zugleich auch für Angrosch, dem Schöpfer und Schmied der Welt. Wie die Menschen halt so sind. Nun, ich schweife ab. Neben dem guten Zustand der beiden Häuser war noch auffällig, dass aus dem Ingerimmtempel das Hämmern eines Schmiedes auf Metall zu hören war.
Neugierig betraten wir die Tempelhalle und trafen dort auf Norrigea, einer Menschenfrau von vielleicht 40 Jahren. Sie war wenig erschrocken, eher erstaunt und vor allem verärgert, Fremde zu sehen. Sie blaffte uns an und versuchte uns mit ihrer Unfreundlichkeit zu verscheuchen, stellte aber bald fest, dass sie uns mit Kooperation wahrscheinlich schneller loswerden würde.
Wir erzählten ihr von den Trollen und dass diese von seltsamen Dingen berichtet hätten, die in diesem Tal vor sich gehen sollten.
Norriega schien dies alles nicht neu zu sein, und nach einigem hin und her fanden wir schließlich heraus, dass der andere Mensch der hier im Tal lebte, ein Druide namens Daliseon, wohl eines längeren Streits über Glaubensfragen wegen, ihr schließlich einige Elementare auf dem Hals gehetzt hatte. Über den genauen Grund schwieg sich Norriega zunächst aus, wies uns aber den Weg zu einem Steinkreis, an dem wir den Druiden finden würden.
Schon etwas angesäuert gingen wir zu dem Steinkreis und fanden dort wirklich einen kleinen, dicklichen Mann mit Kopfmittelglatze vor, der ähnlich aufgebracht von seinem Streit mit Norriega berichtete. Demnach begann alles vor einigen Wochen, als die Frau den Fluss umleiten wollte und mit Worten nicht davon abzubringen gewesen war. Daraufhin hetzte der Druide Norriega eine Rotte Wildschweine auf den Hals, worauf sie hier am Steinkreis einen Baum fällen wollte, den der Druide als heilig betrachtete. Das wiederum führte dazu, dass Daliseon zu seinem Schutz und zur Bewachung des Heiligtums die Elementare beschwor. Er gab vor zu bedauern, dass einer der Trolle dabei zu Schaden gekommen war, zeigte sich aber nicht bereit, daran etwas zu ändern. Erst als wir uns schon mit den Worten: „Wir werden es den Trollen genau so berichten.“, verabschieden wollten, lenkte er ein. Wir sollten zu Norriega gehen. Falls sie davon absieht, den Kanal weiter zu bauen und sich entschuldigt für den Angriff auf den Baum, würde er die Elementare fortschicken.
Eigentlich wollte ich mich in das Gezänk dieser beiden Menschen nicht weiter einmischen, aber meine Begleiter hatten ein weiches Herz und ließen es auf einen Versuch ankommen.
Flugs also zurück bei Norriega, tobte diese natürlich, als wir von unserer Begegnung und dem Gespräch mit Daliseon erzählten. Verwunderlich war all die Zeit, dass beide offensichtlich jahrelang hier zusammen gelebt hatten und fast befreundet waren. Was sie so entzweit hatte, fanden wir nicht heraus, dafür erzählte Norriega eine interessante Geschichte, wie sie hier in das Tal gekommen war.
Es war einige Jahre her, da war sie, eine Schmiedin und Glücksritterin, mit fünf Gefährten zu diesem Ort gereist, weil sie von einer Zwergenstadt gehört hatten, in der es unermessliche Schätze geben sollte. Tatsächlich fanden sie am Nordende des Tals ein altes Tor in den Berg, welches sich aber nicht öffnen lies. Nach längerer Suche stießen sie auf einen Krater im Wald, der einen Abstieg in die unterirdische Anlage bot. Sie machten sich daran, hinunter zu klettern und die Gänge zu erforschen, doch die Zwerge hatten heimtückische Fallen errichtet, so dass einer nach dem anderen ihnen zum Opfer fiel. Zuletzt lebte nur noch Norriega. Von Schätzen war bisher keine Spur, als sie einen Raum erreichte, in der plötzlich die steinernen Statuen zum leben erwachten. Voller Furcht warf Norriege ihre Waffe fort und floh mit knapper Not aus der Zwergenstadt. Seit diesem Tag tat sie hier nun Buße und diente ihrer Göttin Rondra, der sie es zuschrieb, dass sie als einzige überlebte. Ihr Gottesdienst bestand darin, das zu tun, was sie am besten konnte: Waffen schmieden.
Nachdem sie mit ihrer Geschichte zu Ende war, passierte etwas seltsames. Ich hatte dem Gespräch nicht recht zugehört, aber plötzlich erbot sich Erian, die Axt zu holen, die Norriega damals in den unterirdischen Gängen zurück lies. Woraufhin sie bei Rondra schwor, wenn es uns gelingen würde, die Waffe dort zu bergen, würde sie dies als Zeichen sehen und wäre bereit, mit dem Druiden Frieden zu schließen.
Da hatte ich einmal nicht aufgepasst, und schon war ich mit im Boot!
Zumindest lies Norriega sich nicht zwei mal bitten und half uns, so gut es ihr möglich war. Sie stellte uns einige Ausrüstung zur Verfügung und zeichnete einen Plan der Gänge, die sie damals erforscht hatten.
Wir kehrten auch noch einmal zu Daliseon zurück um ihm von der aktuellen Entwicklung zu berichten. Auch er wirkte nun milder gestimmt und half uns, indem er ein paar Tränke zur Verfügung stellte.
Wir brachen nicht sofort auf, sondern beschlossen, den morgigen Tag, zu rasten, damit sich Kolja ein wenig von den kräftezehrenden Heilzaubern erholen konnte. Wir wollten die Zeit nutzen, um nach den Goblins zu suchen. Vielleicht hatten auch die etwas hilfreiches zu berichten.