Wenn Blicke töten könnten I

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20. Oktober des Jahres 2512

Christoph setzt vor der Abfahrt noch schnell ein Schreiben an die Kanalwächter- und Rattenfängergilde auf, in dem steht, wir wären zur Zeit leider nicht in der Stadt, würden uns aber nach unserer Rückkehr um ihr Anliegen kümmern.

Wir gehen an Bord der Trandafir und Kapitän Reiko bringt das Schiff sicher in die Fahrrinne des Flusses, während Vadoma auf Deck sitzt und wie in Trance vor und zurück wippt. Das schwere Flussgatter hebt sich und endlich verlassen wir zum ersten Mal seit langer Zeit die Stadt Übersreik. Bis nach Grausee sind es nur etwa zwölf Meilen, eine Strecke, die das Schiff problemlos in einem Tag zurücklegen kann. Wir spüren und genießen die herrlich klare Luft, während die Landschaft gemächlich an uns vorbeizieht.

Nach einiger Zeit biegt die Trandafir in den Nebenfluss Verfel ein, der von Süden her in den Teufel mündet. Wir packen hier und da auf dem Schiff mit an, dass den Eindruck macht, als könne es durchaus einmal wieder eine Überholung und ein paar Tage in der Werft gebrauchen. Reuter redet leutselig über die bevorstehenden Aufgaben mit uns und bietet uns an, uns mit seinen guten übersreiker Kontakten bei Bedarf hilfreich zur Seite zu stehen.

Vadoma reißt plötzlich die Arme gen Himmel und proklamiert mit weit aufgerissenen blinden Augen: „Oh lobet sie, Ehre den Ahnen, denn sie haben uns vor dieser boshaften Flussbiegung und der Bestie aus dem Ortschlamm gerettet. Lob sei ihnen! Und doch kein Nachlassen, denn wir wandeln weiteren großen Gefahren entgegen!“ Nach einer kleinen Pause. „Das Ende naht, macht euch bereit!“ Dann verfällt sie wieder in ihre übliches Murmeln.

Reuter fragt fast stündlich mit ausgesprochener Höflichkeit den Kapitän, ob wir denn nun schon fast da seien und hat offensichtlich wenig Vorstellung vom Wo und Wie der Reise.

Am späten Nachmittag geht aus heiterem Himmel plötzlich ein heftiger Ruck durch das Schiff, ein Krachen und Knacken ist zu hören und jedermann hat Mühe auf den Beinen zu bleiben. Die Trandafir ist auf versteckte Felsen aufgelaufen! Vorne am Bug schreit Vadoma auf, als sie von dem Ruck über Bord geschleudert wird. Auch Christian wird von den Füßen gerissen und stürzt über Bord.

Christoph hat Glück und bleibt sicher auf den Beinen, orientiert sich kurz, ruft nach einem Seil und springt dann zur Rettung Vardomas in den Fluss. Karl hechtet hinter Christian her, der bereits von der Flusströmung erfasst wird und versucht ihn zu erreichen. Baldur indes sieht von vorne ein etwa drei Meter langes Raubtier auf Vadoma und Christoph zuschwimmen. „Ein Stierhecht!“, schreit einer der Flusszigeuner entsetzt auf. Christoph gelingt es, zur strampelnden Hellseherin zu kommen und sie zu packen, während Baldur mit seinem Bogen auf den nahenden Raubfisch schießt. Christian, Christoph und kurz darauf auch Karl versuchen mit vereinten Kräften, die sich windende Strigani Richtung Ufer zu zerren.

Es entbrennt ein verzweifelter Kampf gegen den Raubfisch, wobei Karl versucht den Fisch abzuwehren, während die Zwillinge mit vereinten Kräften die hilflose Vadoma ans rettende Ufer zu bringen trachten. Karl erleidet inzwischen einen bösen Treffer von dem gut drei Meter langem Stierhecht, der seinen rechten Arm für den Augenblick unbrauchbar macht und Christian stürzt sich daraufhin zurück in den Fluss, um ihm zur Hilfe zu eilen.

Christoph sprintet am Ufer in Richtung Schiff und Baldur schaut sich nach Alexander Grün um, den er noch immer eingeschlossen in seinen Verschlag findet, doch in der aufkommenden Panik gelingt es ihm nicht, den verzweifelten Grün aus dem volllaufenden Schiff zu befreien. Am Ufer hat Christian den verwundeten Karl gerettet und bringt ihn zu Christoph, damit dieser sich um dessen Verletzungen kümmern kann.

Die Trandafir indes liegt aufgelaufen und halb gekentert mitten im Fluss und es bleibt fraglich, ob sie noch gerettet werden kann. Die Strigani bergen von Bord, was zu bergen ist und Kapitän Reiko ist zwiegespalten zwischen Erleichterung, dass niemand getötet wurde und Verzweiflung über den Verlusst seines Schiffes.

Der Händler Rutger Reuter, der sich schon die ganze Fahrt über als sehr optimistisch erwiesen hat, bittet uns für eine gute Belohnung von einer zusätzlichen Goldmünze, seine Waren zum Lager zu bringen, wo die Mühle aufgebaut werden soll. Durch einen plötzlich aufziehenden und immer höher hinaufkriechenden Nebel gehen wir am Flussufer entlang zum Lager und erreichen es unbehelligt, wo wir als erstes einen Pfeife rauchenden älteren Zwerg sehen, der dort wartet und uns von Reuter als Baumeister Thulgrim vorgestellt wird.

Das Lager wirkt irgendwie unorganisiert, einige der Baugruben sind zu nahe am Wasser gelegen und vollgelaufen, manches Werkzeug wirkt billig und liegt einfach herum und auch das Material liegt recht durcheinander. Thulgrim rülpst Reuter fast ins Gesicht und scheint von der Vorstellung uns zusätzliches Geld herauszurücken, nicht besonders begeistert. Baldur bemerkt einen schmierigen Kerl mit Lederkappe, der aus dem Wagen der Frau Johanna Stiegler herauskommt.

Diese stellt sich als erschöpft und übermüdet wirkende Vierzigerin mit schmalen Lippen heraus, die zudem auch keine hohe Meinung von Reuter zu haben scheint. Schließlich entschuldigt sie sich für den etwas schlechten Start den wir hatten und verabschiedet sich um etwas offenbar dringend benötigten Schlaf zu bekommen.

Die Zwillinge gehen noch in der Nacht zum nahen Steinkreis, schrecken jedoch vor der unheimlichen Aura zurück, die von dem mittleren, säulenartigen Stein auszugehen scheint, um den herum eine kreisrunde Zone ohne Nebelschwaden ist. In der Nacht haben alle schwere Träume von Tod, Verzweiflung und schlimmen Ereignissen. Besonders bemerkenswert ist ein Traum von einer brennenden Hütte und Krallenhänden, die uns fesseln und dann, wie unser Rücken auf eine kalte, schwere Steinplatte gedrückt wird.

Am nächsten Morgen fühlen sich manche von uns erschöpft und müde. Thulgrim bringt uns ein Tablett mit einem einfachen Frühstück und weist uns unsere erste Aufgabe zu. Wir sollen die Steine des Steinkreises ausgraben, umwerfen und dann abtransportieren. Wir nehmen uns Werkzeug und begeben uns dorthin. Während die kleineren sechs äußeren Steine von zottigen Flechten überwuchert sind, ist der mittlere Stein aus dunkelbraunem Basalt völlig frei von Bewuchs. Auf ihm schienen sich Zeichen zu befinden, die jedoch größtenteils weg gemeißelt wurden. Baldur erfühlt mithilfe seines zweiten Gesichtes eine schwache Präsenz des schwarzen Windes Dhar, eines dunklen Windes, der der Chaosmagie zugeordnet wird.

Beherzt packen wir zu und graben zunächst die äußeren Steine aus, bevor wir uns dem mittleren widmen. Als wir diesen auszugraben beginnen sehen wir, dass unterhalb der Erdoberfläche die Symbole noch nicht entfernt wurden. Man erkennt seltsame und unheimliche, echsenhafte Kreaturen, deren Matriarchin offenbar hier bestattet wurde. Offenbar ist dies die Grabstätte eines archiaischen Echsenvolkes!

Christoph paust die Symbole ringsherum ab, bevor die vier Brüder den Stein umlegen und in zwei Teile zerteilen. Baldur erspürt und überprüft mit der Schaufel, dass sich unterhalb der Mittelstele noch etwas Weiteres befindet, dass offenbar auch aus Stein besteht und größer ist. Wir tragen dies Thulgrim vor und er befiehlt, das Objekt auszugraben. Nach weiteren Grabungsarbeiten legen wir einen etwa drei Meter großen, steinernen Sarkopharg frei und finden in dessen Inneren neben sterblichen Überresten auch noch sechs goldene Armreife, die pro Stück bestimmt zwei Goldstücke wert sein mögen. Thulgrim bietet uns zehn Schilling pro Reif, also insgesamt drei Goldkronen als Finderlohn an. Die Ringe gehören natürlich den Bauherren Reuter und Stiegler.

Christoph möchte eigentlich mit Vadoma sprechen, um ihre Intuitionen hinsichtlich der kommenden Ereignisse zu erfahren, doch die Geschehnisse Tags zuvor waren zu viel für sie und sie ist zu erschöpft, sodass er nicht vorgelassen wird. Immerhin laden uns die Strigani zu sich ans Feuer und zum Essen ein, da nun, da die Steine fort sind, sie sich alle viel besser und nicht mehr bedrückt fühlen. Sie alle scheinen im positiven Sinne wie ausgewechselt und wir scheinen einen guten Eindruck bei ihnen hinterlassen zu haben.

Irgendwann kommt Thulgrim zu uns und berichtet, er könne Reuter nicht finden, dessen Schlüssel er jedoch für die Auszahlunf unseres Finderlohns für die goldenen Armreife brauche. So machen wir uns kurz darauf auf, um der Spur von Reuters Stiefeln, die im Uferschlamm entlang führt, zu folgen. Eine halbe Meile flussab findet Karl neue, riesige Fußabdrücke, die offenkundig nicht menschlich sind und drei Zehen haben. Daneben liegt der tote Reuter, dem ein Arm abgerissen wurde, in einer großen Blutlache. Das ausgefranste Fleisch an seiner Schulter deutet auf dutzende kleiner und scharfer Schnitte hin, doch sein Gesichtsausdruck ist friedlich, ja geradezu gelassen.

Die unmenschlichen Spuren führen in den Fluss hinein. Die linke Hand der Leiche zeigt keinerlei Abwehrverletzungen und auch der Rest des Körpers zeigt ebenfalls keine Wunden. Thulgrim kommt mit einigen Strigani herbei und kurz darauf wird auch Stiegler herbeigerufen. Es entbrennt ein Streit zwischen Thulgrim, Christoph und Stiegler um den Schlüssel Reuters, doch letztlich sitzt Stiegler am längeren Hebel und erhält den Schlüssel.

Mit der Behauptung, wegen des Monsters sei die Baustelle nicht mehr sicher und deshalb könne sie niemanden bezahlen, solange dieses Biest lebe, stapft sie davon. Sie setzt 15 Goldkronen Belohnung auf den Kopf des Monsters aus und bald darauf setzen wir vier Brüder über den Fluss, wo wir sofort die deutlich erkennbaren Fußspuren finden. Christian aber glaubt zu erkennen, dass die Spuren wie absichtlich gelegt wirken und nicht wie eine natürliche Fährte.

Der Pfad steigt langsam an und wird zunehmend mehr überwuchert. Irgendwann erkennt Baldur hinter einer Hügelkuppe Feuerschein und glaubt menschliche Stimmen zu hören. Christoph schleicht sich lautlos an und sieht ein Lagerfeuer, an dem sich drei Männer halblaut unterhalten. Wir sprechen uns kurz ab sie zu umzingeln, um dann in den Feuerschein zu treten und verteilen uns.

Christian, der auf der dem Sumpf zugewandten Seite des Lagers verborgen liegt, hört plötzlich hinter sich aus dem Sumpf schweres Stampfen und seltsame Geräusche. Er erkennt ein achtbeiniges echsenhaftes Wesen von drei Metern Schulterhöhe, dass durch den Sumpf wandert. Erschrocken erstarrt er für einen Moment.

Karl tritt schließlich aus seinem Versteck in den Feuerschein und Christoph und Baldur tun es ihm gleich. Plötzlich kommt Christian mit dem Ruf „Das Monster! Lauft“ den Hügel herunter geschossen, doch Christoph versucht alle anderen zum Standhalten zu bewegen, zu siebt könnten wir eine Chance haben das Untier zu besiegen.

Ein heftiger Kampf entbrennt, in dem die drei Fremden sofort fliehen. Mit knapper Not gelingt es uns jedoch, das Untier zu erschlagen, doch Christoph geht schwer getroffen bewusstlos zu Boden. Immerhin gelingt es seinem Zwillingsbruder nach einiger Zeit seine Blutungen zu stoppen und eine halbe Stunde später kommt Christoph wieder zu Bewusstsein, ist jedoch noch immer dem Tode nahe.

Die Fremden haben in ihrer Panik ihre Ausrüstung zurückgelassen und an den Enden ihrer Stäbe entdecken wir Gestelle aus Holz und Drähten, mit denen man die Abdrücke von drei Zehen erzeugen kann. Das Untier jedoch hatte vier Zehen, doch nach seinem Tod ist seine Leiche bis auf das Skelett zu Staub zerfallen. Christoph gelingt es nach seinem Erwachen sich selbst zu heilen.

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