Ankunft in Übersreik

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Wir kamen mit dem Bauern Dietmar Leiber in Übersreik an. Er zahlte für uns den Zoll, dafür sollten wir ihm beim Aufbau seines Verkaufsstandes auf dem Markt helfen.

Kaiser Karl Franz III. hatte gerade den Grafen Sigismund von Jungfreud aus der Stadt vertrieben und scheinbar viele seine Anhänger an der Stadtmauer aufhängen lassen. Für unsere erste Nacht quartierte der Bauer uns in einem Gasthaus ein. Die Stadt selbst wirkte wie ein Schlachtfeld. Schwelende Brände, Dreck und Siechtum an vielen Ecken, aber auch Reichtum und Festivitäten eines großen Herbstmarktes. Wir sollten offenbar sehr vorsichtig sein.

Auf dem Marktplatz entdeckten wir Waren und Leute, die ich noch nie in meinem Leben gesehen hatte. Dietmar baute mit unserer Hilfe seinen Stand auf, da kamen schon Gaukler und Musiker. Betsie Soßter und die wundersame Kavalkade zeigten ihre Kunst. Es gab Leute, die Feuer aus ihrem Mund spuckten und Halblinge, die Kunststücke vorführten.

Neugierig machten wir uns auf den Weg in die Menge. Nur Fjell bleib bei Dietmar Leiber. Er konnte beobachten, wie ein Mann uns zu folgen schien. Mit einem Blick zum Händler erhob er sich dann doch und lief hinter dem Mann und damit auch hinter uns her.

Ein Stand mit wunderschönen Glasskulpturen fiel besonders auf. Die Verkäuferin Heske Glazner, eine Glasbläsermeisterin, sah zu uns herüber. Magnus schien besonders von einem kleinen Greifen aus Glas regelrecht fasziniert zu sein und die Händlerin schenkte ihm diese kleine Kostbarkeit einfach. Sie war aus besonderem Drachenglas gefertigt.

Plötzlich kam Fjell und gestikulierte wild herum und irgendwie entwickelte sich um uns herum in erstaunlicher Geschwindigkeit eine riesige Prügelei. Die Männer stellten sich in einer seltsamen Formation auf und kämpften. Fjell schien uns alle schützen zu wollen. Nur Mortemus hielt sich aus dem Gerangel heraus. Konstanze und ich versuchten uns aus der Menge zu lösen. Aber in dem Chaos war das kaum möglich. Magnus wehrte sich erfolgreich gegen einen Angreifer, half diesem aber auch wieder auf, was mich beruhigte. Obwohl er ziemlich harttat, hatte er wahrscheinlich doch das Herz auf dem rechten Fleck.

Auch Johann und Fjell schienen gute Kämpfer zu sein. Von irgendwoher schwappte Essen zu unseren Füßen über den Boden und ein Schwein rannte wild durch die Menge. Doch dann fuhr eine riesige Flamme aus dem Mund eines Feuerspuckers in das Menschengewirr. Sofort darauf brach der Feuerspeier zusammen, ein Bolzen steckte in seiner Kehle. In was für einen Moloch waren wir da geraten?

Neben der Bühne stand eine Frau bei einem weinenden Kind, die von drei Männern mit Messern bedroht zu werden schienen. Da brüllte Fjell los und stürmte mit gesenktem Kopf auf die Frau zu. Er riss seine Axt vom Rücken und donnerte den Schaft der Waffe auf den Boden. Magnus ging auf einen der Männer zu und schlug mit seinem Stab auf ihn ein. Schädelknochen knackten und der Mann brach tot zusammen. Johann griff brüllend einen weiteren Dolchträger an. Darauf stach der andere ihm sein Messer in die Seite. „Man bedroht keine Wehrlosen mit dem Messer“, rief Magnus ihm zu und schlug ihn nieder. Der Mann brach zusammen und Magnus erbrach sich neben ihm.

Da fiel plötzlich ein Schuss. Zwei weitere folgten. Eine laute Frauenstimme rief: „Ihr seid alle verhaftet!“ Von allen Seiten näherten sich Wachen und nahmen alle Personen fest, die sich auf dem Markt befanden. Auch wir wurden verhaftet. Fjell schlugen sie nieder, weil er den Schwerverletzten nicht dem Tod überlassen wollte.

Man führte uns über den Teufel in den Distrikt und sperrte uns zusammen mit den Gauklern in eine Gefängniszelle. Auf dem Weg dorthin fiel uns eine Person auf, die sich mit den Wachen unterhielt und die in unsere Richtung deutete. Den gleichen Mann hatte Fjell vorher hinter uns hergehen sehen. Wäre ich doch direkt zu der Apothekerin gegangen!

Johann begann ein Gespräch mit den Gauklern und erkundigte sich nach dem Beginn der Prügelei. Die Artisten hatten den Eindruck, dass die verschiedenen Soldaten gemeinsam die aggressive Stimmung angeheizt hatten und es besonders auf die Künstler abgesehen hatten.

Am nächsten Morgen hörten wir Lärm von draußen. Kurz darauf kamen Soldaten, die Namen verlasen und die Aufgerufenen herausführten. Minuten später knallten draußen mehrfach Schüsse. Kurze Zeit später wurden weitere Menschen nach draußen geführt. Stunden später als aller letzte, wurden wir geholt. In Gelenkeisen gelegt wurden wir unter lautem Geschrei der Menge zurück auf den Marktplatz und dann ins Rathaus geführt.

Einem älteren Richter, Reinfried Mellert, fiel die Aufgabe zu, über unser Schicksal zu entscheiden. Das Gericht kannte seltsamerweise bereits unsere Namen. Wir wurden neben anderen Verbrechen tatsächlich des Mordes beschuldigt, da ertönte plötzlich ein lautes „Nein!“. Eine junge Frau in einer Robe trat in den Saal und behauptete, dass wir ihre Mandanten wären. Missmutig unterbrach der Richter die Verhandlung und wir folgten der Rechtsgelehrten, um uns mit ihr zu besprechen.

Die Advokatin Rosanna Winandus schien überzeugt davon, dass wir unschuldig waren. Sie glaubte, dass es jemand auf uns abgesehen hatte. Nur weil die Männer Josephine Karstadt, das reiche Mädchen, gerettet hatten, hatten wir nun eine Verteidigerin. Sie glaubte jedoch nicht, dass wir unter diesen Umständen freigesprochen werden würden. Sie schlug vor, weder die Schuld einzugestehen noch alles abzustreiten. Wir könnten dann vielleicht eine milde Strafe erhoffen, zum Beispiel für einige Zeit in einem Zwangsdienst der unterbesetzten Wache zugeteilt zu werden.

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