Geschätzter Freund,
ich schreibe Dir von meinen Erlebnissen als ich noch eine junge Albin war.
Wie ich Dir zuvor aus dem Jahr 991 Lunare Zeitrechnung im 8. Wassermond berichtete, trafen Dawon und ich in einem unwirtlichen Gebirge genannt Kynhold an der westlichen Grenze auf eine andere Albin und drei unzivilisierte, lebensunwillige Wesen die erstaunlicher Weise eine schwere Bedeutung für mein späteres Leben gewinnen würden.
Nach den dramatischen Ereignissen rund um den Kahlen Haken befanden wir uns nun am Fuße des gespaltenen Turms. Während Filliam und Mor das Innere des Turms durchsuchten, begann das zuvor gleißend helle violette Licht langsam zu erlöschen. Eine bedrückende Stille begann sich auf den Ort zu legen.
Obwohl ich darauf hinwies, führten meine unsensiblen Begleiter weiter irre Gespräche ohne auf ihr Umfeld zu achten, welches stetig unwirtlicher und kälter wurde. Ich bot an, den Ort schnellstmöglich mit uns zu verlassen, doch sie weigerten sich!
Es begann zu nieseln und wabernder Nebel bildete sich am Fuße des Hügels. Wie ein kalter Ring begann dieser uns zu umschließen. Ein starkes Gefühl von Bedrängung machte sich in mir breit.
„Da ist etwas – es kommt auf uns zu“ rief ich warnend.
Filliam führte unsere Flucht an, während der Nebel unsere Füße umspielte und dunkle Wolken über dem gespaltenen Turm den silbrigen Mond verhüllten. Lautlose Blitze erhellten die Finsternis am Fuße des Turms. Als wir zurück blickten, sahen wir in diesem bizarren Licht unbekannte Symbole und eine dunkle Gestalt mit glühenden Augen, welche beim nächsten Blitz schlagartig vom Nebel verschluckt wurde.
Im plötzlichen Dunkel stolperten wir hinter Filliam, unserem erfahrenen Führer durch das Gelände, als Mor erneut stehen blieb. „Es stinkt nach Magie“ stammelte er und blickte zurück. Trotz meiner Einwände ließen sich der übermütige Varg und Haarok nicht davon abhalten, zum gespaltenen Turm zurück zu kehren um sich erneut waghalsig fremder Magie auszusetzen.
Dalariah, Filliam, Dawon und ich führten unsere Flucht weiter fort. Als wir nach Mitternacht endlich zum Gasthaus Eichelhäher zurückkehrten war das Gewitter vorbei. Nach den verstörenden Erlebnissen der Nacht suchte der Gnom im Alkohol seine Erlösung doch Dalariah und mich bestrebte es Umbrius von Teben zu den Geschehnissen zu befragen – wer sonst könnte wissen welche neuen Gefahren uns noch drohen sollten?
Als Filliam den Gelehrten Umbrius geweckt und sicher in den Schankraum gebracht hatte, berichteten wir diesem gemeinsam vom Turm, dem Sarkophag und der finsteren Gestalt. Ich hatte die Tasche mit den Schriftrollen, Aand sei Dank, heil mit mir zurück gebracht – zu diesem Zeitpunkt glaubten wir unsere Gefährten sicher in den Händen des Todes – wer weiß welches Ungemach den Dokumenten in den Klauen des Vargs wiederfahren wäre! Obwohl mich Zweifel bezüglich von Tebens eigener Interessen plagten, überließ ich ihm nun den Almanach und die Schriftrollen zum Studium.
Wir hatten uns schon zur Ruhe begeben als Mor und Haarok unglaublicherweise zurückkehrten. Sie berichteten, dass nach Rückzug des Nebels Turm, Rattlinge und Ihre Spuren verschwunden waren, als hätten sie nie dort existiert.
Wie es seiner Natur entspricht hatte der Varg anscheinend den Sarkophag noch vorher geplündert! Glücklicherweise präsentierte er uns nun Schwert und Siegelring – beides alt und mit Symbolen bedeckt. Darauf zu erkennen – ein Greif.
Kaum haben wir uns zur Ruhe und Umbrius zum Studium der Artefakte begeben als es erneut klopfte. Ein älterer Priester des Eugos betrat die Herberge. Sein Name war Corino vom Orden der Bewahrer aus Ioria und war auf dem Weg nach Sarnburg.
Erneut wurden wir geweckt. Nachdem Corino uns erklärt hatte, dass er ein Wahrheitsfinder sei, der die Prophezeihungen über ein gewahrsagtes Kind untersuche, eröffnete er uns, dass unsere Gemeinschaft, Worte und Taten eine große Bedeutung für eben dieses Kind haben würden. Wir würden die Entwicklung dieses Kindes beeinflussen. Hier muss ich einwenden, dass mich seine Aussage damals schwer erschütterte, da wir unfähig, blind und wie wahnsinnige umherstolpernd gerade eben den Gefahren am Turm entgangen waren. Auch dass ein VARG Einfluss auf ein unschuldiges Kind nehmen solle, stürzte mich in großes Entsetzen!
Doch Corino beharrte darauf, dass 5 sogenannte Splitterträger an einem Ort sehr ungewöhnlich seien und bat uns, unsere Talente zu verbessern um das Kind zu unterstützen und damit Dragoreas Schicksal zu bewahren.
Ich hegte große Zweifel an seiner Ehrlichkeit. Doch – sah er in irgendwie in uns hinein. So wusste er meinen wahren Namen. Jeden durchschaute er und gab uns einen Rat für unsere Zukunft.
Dann prophezeite er: „Es beginnt mit einem Beben und Zittern der Erde…“. Er sprach davon, dass es zwei Familien gäbe und eine Stadt nahe der Berge aus der der Hort des Todes würde, Tote würden durch die Straßen wandeln….
Nach dieser erlebnisreichen Nacht legten wir uns dann endgültig schlafen. Während am nächsten Tag Karawane um Karawane die Herberge verließ, fanden wir uns wieder in der Schenke ein und verabschiedeten Corino.
Herr von Teben der, Aand-sei-Dank, ein Mann des Wissens war, er glaubte an Morkai, stieß zu uns und besprach mit uns seine Erkenntnise aus den nächtlichen Studien. Demnach stammte die Chronik aus Brynntal und beschrieb die Geschichte von zwei Familien, den Felsentals mit dem Zeichen der Berglöwen und der Dunkelgrunds mit dem Zeichen der Kynhold Adler. Weiterhin waren auf den Karten Zeichen alter Drachlingsruinen zu erkennen.
Die Gruppe beschloss den nekromantisch-magischen Geschehnissen in Brynntal auf den Grund zu gehen – dies wohl aus den unterschiedlichsten Einstellungen heraus. Während die anderen sich, äußerst käuflich, dem Abenteuer von Herr von Teben auf Basis einer Zahlung von 1 Lunar am Tag und einen zusätzlichen Bonus anschlossen, hegte ich weiterhin großes Misstrauen, da Macht selbst die besten Seelen verderben kann.
Etwas Unerklärliches ging vor sich und es schien so als solle es bald Einfluß auf Tod oder Leben vieler Lebewesen nehmen. Und obwohl ich dem Kreislauf der Natur nicht im Wege stehen wollte, so sah ich es doch als Pflicht dem Unnatürlichen Einhalt zu gebieten – auch wenn es meinen Tod bedeuten sollte.
So reisten wir mit Herr von Teben und dem Gnom auf einem Maultierkarren bis Falkenwacht wo wir am 10. Wassermond übernachteten und anschließend 3 weitere Tage bei wechselhaftem Wetter bis Brynntal zogen.
Mein Freund, ich füge Dir eine kurze Notiz von Umbrius bei, darauf fasst er die Chronik von Brynntal zusammen:
> Die Stadtgründung liegt über 1000 Jahre zurück in der Drachlingzeit
> Zu Beginn gab es eine Festung und die Stadtgründer hielten Menschen als Sklaven
> Ein Anführer der Menschen begann einen Sklavenaufstand
> Niederschlagung des Aufstandes und Tötung aller Sklaven durch Sturz in den Abgrund
> Zerstörung der Stadt während des Splittermonds durch Mondsplitter
> Neugründung der Stadt durch die zwei Söhne des Rebellenführers
> „Tag des Dunkelsturzes“ wird bis heute gefeiert und in Ehren gehalten
Brynntal lag umgeben von einer hölzernen Palisade auf einem hohen Berg und wurde auf einer Seite von einer tiefen Schlucht begrenzt. Die im Bau befindliche Mauer war 3 Meter hoch und wurde von 2 Wachtürmen und der Flagge mit dem Berglöwen gekrönt.
Leider musste Dawon vor der Stadt zurückbleiben, während wir in der Stadt eine Herberge suchten und in der Gaststätte „Quellwasser“ unterkamen.
Auf dem Marktplatz bei einem großen Tempel mit Schmiedehammer und Amboss, vor dem eine Statue von einem Mann in Lumpen und ein Springbrunnen zu finden waren, hatte sich eine Menschenmenge zusammengefunden. Anscheinend fand dort ein Streit zwischen zwei jungen reichen Männern statt. Wie ich später erfuhr sollten ihre Namen Perwin und Robar aus den Häusern Felsental und Dunkelgrund sein. Natürlich stürzten sich meine Gefährten erneut in den nächsten Tumult…
Ich hingegen ließ Umbrius und Dalariah in der Herberge zurück und begann die Stadt zu durchstreifen um einen Überblick über die Lage zu bekommen. In dem Moment in dem ich einen interessanten Laden entdeckt hatte, durchfuhr ein Zittern und Beben den Boden unter unseren Füßen. Minutenlag wurde die Stadt in ihren Grundfesten erschüttert. Glücklicherweise konnte ich mich retten während viele andere unter den Trümmern begraben wurden.
Stadtmauer, Türme und Statue waren eingestürzt. Ich begab mich zum „Quellwasser“ zurück so schnell ich konnte und half allen Wesen die meine Hilfe benötigten und denen noch zu helfen war – sei Aand der Seele derer gnädig, die an diesem Tag der Gewalt der Ereignisse erlagen.
Dort angelangt traf ich den unglücklichen Umbrius mit einem zerquetschten Fuß, meine Gefährten und eine Priesterin des Gottes Gunwar, dem Gott des Lebens und des Todes mit dem Namen Iriane Dunkelgrund. Sie bedankte sich bei Haarok für seine Hilfe, obwohl Filliam und Mor unwirsch darüber wirkten. Doch als sie um unsere Hilfe bat stimmten alle zu.
Wir sollten zu den Silberminen ihrer Familie reisen, um dort nach dem Rechten zu schauen. Diese Mienen seien einen halben Tagesmarsch entfernt. Nachdem wir alles geklärt hatten und Herr von Teben sich bereit erklärt hatte, die Herren frei zu stellen – dies ist der Vorteil sich nie fest über Lunare an andere zu binden – man kann immer selbst frei entscheiden – verließen wir gegen Abend die Stadt, um den Bergarbeitern beizustehen. Dalariah blieb zurück, um auf Umbrius aufzupassen und mehr über die mysteriöse Schwester von Iriane herauszufinden.
Als wir nach 4 Stunden den Eingang der Minen erreichten, fanden wir acht Arbeiter vor von denen die Hälfte verletzt war. Der Vorarbeiter – sein Name war Fingorn – berichtete uns von den letzten dramatischen Stunden und Tagen.
Noch waren acht Arbeiter in den Minen verschollen und niemand traute sich in die Dunkelheit der verschütteten Stollen hinab. In den letzten Tagen waren merkwürdige Dinge geschehen. So hatte der Minenleiter einen neuen Tunnel graben lassen an dessen Ende sich ein Portal befand welches er zerschlagen ließ. Die in solchen Minen üblichen Grabbeißer hatten ihre dunklen Ecken verlassen und die Arbeiter angegriffen. Alle Arbeiter hatten verstörende Träume von aneinander geketteten Geistern…
Als ich diese Worte hörte erinnerte ich mich sofort an Corinos Worte wie er sagte:“….und dort ist eine Stadt, die ein Hort des Todes werden würde. Tote begannen zu leben….“
Erek, ein Minenarbeiter begleitete uns auf unserem Weg in den Abgrund. Obwohl ich Zweifel hegte ob Dawon uns in den engen Stollen würde helfen können ließ ich ihn mitkommen. Schon kurz nach Eintreten in den Schacht wurden wir von zwei dieser finsteren Kreaturen angegriffen.
Filliam traf den ersten tödlich mit seinem Speer, obwohl dieses Unwesen beinahe größer in der Höhe und bestimmt schwerer im Gewicht war! Nachdem ich das zweite mit meinem Pfeil schwer verletzt hatte konnte Mor diesem auch ein Ende setzen.
Kaum hatten wir aufgeatmet als Haarok eine Steintür beiseite schieben musste und weitere zwei Grabbeißer über uns herfielen. Mit Hlfe von Filliam, seinem treffsicheren Speer und Dawon konnten wir uns der zwei Riesenasseln entledigen, ohne schwer verletzt zu werden.
Am Ende des Ganges fanden wir einen Lagerraum vor. Während Filliam nach Verbandszeug suchte fanden wir den verschütteten Minenleiter – in seiner Jacke immer noch ein Notizbuch. In diesem stand „Die Träume lassen nicht mehr nach.“ und arkane Zeichen waren hineingekritzelt.
Als wir weiter in die Mine eindrangen wurden wir von einer Einsturzstelle aufgehalten und weitere Grabbeißer stürzten auf uns ein, welche wir nun durch die vorherige Kampferfahrung schnell dem Tode zuführen konnten. So kamen wir nach mehreren Stunden am Ende des Tunnels zu einem beschädigten Kran mit Transportkorb.
Nachdem Haarok das rudimentäre Konstrukt wieder repariert hatte, beschlossen wir in die überflutete untere Ebene hinabzufahren. Schweren Herzens musste ich Dawon zurücklassen, der mit Erek oben beim Gewindemechanismus die Stellung hielt.
Mutig stürzten wir uns in die Strömung des unterirdischen Wassers. Glücklicherweise wurde der Gang nach kurzer Strecke wieder höher so dass wir bald wieder auf dem Trockenem anlangten. Dort befand sich eine schnell verbarrikadierte Nische mit 3 Überlebenden. Die Vargin Salma berichtete uns von weiteren Grabbeißern und dass diese zu ihrem Kummer schon 5 Männer verschleppt hätten. Trotz ihrer Sorge erreichten die Verwundeten den Krankorb im Wasser und konnten sich so in Sicherheit bringen, während wir weiter in den Stollen vordrangen.
Als wir gerade durch einen weiteren Engpass gehen wollten überfuhr mich ein kalter Schauer. Ich riet meinen tollpatschigen und lauten Gefährten zur Vorsicht und schlich selbst als Späher vor. So entdeckte ich hinter einem Vorsprung ungesehen die gewaltige Königin der Grabbeißer mit ihrem Gelege und ihrem Hofstaat an Arbeiterinnen, die fleißig mehrere Bündel Wesen einsponnen…
An diese Stelle lieber Freund will ich für heute rasten. Die Erinnerungen sind trotz all der Jahre noch leuchtend hell, stark und haben mich sehr aufgewühlt. Beim nächsten Mal werde ich Dir weiter berichten wie es mit unseren Abenteuern weiter ging.
Aand sei mit Dir – alle Tage – dein Leben lang.
ADHARA CITLALI – man nannte sie Iye