Die Kannibalen von Neu England 3 – Der Götzenkult

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Als wir uns mit der Kutsche immer weiter vom Dorf entfernten, hörten wir ein tiefes Donnergrollen hinter uns. Über dem Ort hatten sich dunkle Wolken zusammen gezogen. Wir trieben die Pferde an. Doch nach einer halben Stunde hatte uns das Unwetter fast erreicht. Wir brauchten einen Platz, der uns Schutz bieten würde. Glücklicherweise konnte ich eine Höhle ausmachen. Wir parkten die Kutsche abseits der Straße und banden die Pferde an, dann machten wir uns auf in die Höhle. Kurz darauf brach ein wahrhaftiges Inferno über uns herein.

Die Höhle schien sich weiter in den Berg zu erstrecken, als es auf den ersten Blick den Anschein hatte. Wir besprachen zunächst einmal unsere Situation und wie wir nun weiter fort fahren sollten, allerdings ohne richtiges Ergebnis. Da wir glücklicherweise daran gedacht hatten, eine Lampe von der Kutsche mitzunehmen, beschlossen wir, das Licht zu nutzen, um die Höhle weiter zu erforschen. Ein Gang führte tiefer ins Erdreich und verzweigte sich mehrfach. Wir folgten ihm einige Zeit, als ein grauseliges Geräusch die Stille durchbrach. Es klang so, als würde jemand mit Klauen über eine Tafel kratzen, immer und immer wieder, in unterschiedlichen Tonhöhen. Wir wollten nicht wissen, was das ist und liefen zurück. Obwohl ich mir den Weg gemerkt hatte, fanden wir den Ausgang nicht mehr. Wir probierten verschiedene Gänge aus, kamen aber nirgends weiter. Stattdessen stießen wir auf eine Kaverne mit einem kränklichen grünen Leuchten. Das Licht kam von einem Bach, der durch die Höhle floss. Die Wände waren übersät mit seltsamen Zeichen. Auch das Zeichen, dass wir im Dorf am den Häusern sahen, fand sich hier. Denton schaute sich das genauer an. Es schien sich um kultische Symbole zu handeln, die sich mit Wiedergeburt und Verjüngung befassten.
Als ich nach dem Leuchten Ausschau hielt, fand ich feuchte Klauenspuren, die zu einem Götzenrelief an der Höhlenwand führten. Das Bild zeigte eine Kreatur, halb Mensch, halb Echse, die sich gerade häutete. Die Spuren führten weiter durch die Höhle. Denton untersuchte das Relief und löste einen Mechanismus aus. Eine Schublade öffnete sich. In ihr fanden wir einen Knochendolch. Beim herausnehmen schnitt sich Denton in den Finger und kippte bewusstlos um. Konnte er kein Blut sehen? Oder lag es an dem Gegenstand?
Wir nahmen den Dolch mit und folgten der Krallenspur. Bald war das quietschend-kratzende Geräusch wieder zu hören. Die Kreatur schien sich durch die Gänge zu bewegen, wir versuchten ihr zu folgen. Nach geraumer Zeit hörten wir in der Ferne einen rituellen Singsang. Wir näherten uns leise an. In einer Kaverne sahen wir zahlreiche Kuttenträger, die einen Götzen aus schwarzem Granit anbeteten, der eine größere Version des Bildnisses war, dass wir bereits an der Kavernenwand gesehen hatten. Links in der Dunkelheit hockte eine Kreatur, ein Echsenwesen, das auf einer Knochenflöte eine verzerrte Melodie spielte. Wir beobachteten die Versammlung. Irgendwann endete das Ritual und die Kultisten wurden von geflügelten Echsen abgeholt. Auch der Flötist verschwand auf diesem Weg. Als die Gestalten fort waren untersuchten wir die Götzenstatue. Wir fanden eine Text im Stein eingelassen. Tommy war sich sicher, dass man damit die Flugechsen rufen konnte. Da uns das als einziger Ausweg erschien, führten wir das Ritual durch. Tatsächlich kamen die Wesen und ließen uns aufsteigen. So gelangten wir nach draußen. Allerdings wollten uns die Echsen zurück zum Städtchen bringen. So gerade gelang es uns, die Kreaturen zum Landen zu zwingen. Über dem Städtchen erhob sich inzwischen eine dunkle, wirbelnde Säule, einem Tornado gleich, bis hinauf in den Himmel. Nichts zog uns dort hin, also liefen wir zu Tommys Automobil. Dort klaubten wir unsere wichtigsten Habseligkeiten zusammen und schleppten diese zur Kutsche. Gott sei dank waren die Pferde unversehrt. Wir spannten sie an und fuhren die Nacht durch bis zum nächsten Ort. Dort buchten wir uns in ein Hotel ein, und ruhten uns bis zum darauf folgenden Tag aus. Denton und Tommy suchten einen Arzt auf und ließen ihre Verletzungen behandeln.

Wir waren uns nicht sicher, was genau wir in den letzten Tagen erlebt hatten, klar war aber, dass man uns das wenigste davon glauben würde, also beschlossen wir, zunächst nichts publik zu machen. Vielleicht gelang es uns ja, ein wenig mehr über diesen Kult, den Kannibalen und den Gegenständen, die wir bei uns hatten, heraus zu finden. Jedenfalls würden wir einige Zeit brauchen, um uns von den Eindrücken zu erholen, sowohl körperlich als auch seelisch. Am Morgen fuhren wir mit dem Neunuhrdreißig-Zug heim.

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Über thd

1984 DSA 1 zum Geburtstag gewünscht und wider Erwarten die Basis-Box bekommen. Nachdem ich Silvana drei mal befreit hatte, merkte ich, dass ich Mitspieler brauchte, um mit der Box weiter etwas anfangen zu können. Glücklicherweise sah ein Freund aus der Nachbarschaft die Bücher bei mir herum liegen und meinte, sie würden in einer Runde etwas ähnliches Spielen, ob ich nicht Lust hätte, mitzumachen. Klar hatte ich das, und so bin ich mit Dungeons & Dragons angefangen. Zahlreiche Runden, Systeme und eine Vereinsgründung später, findet sich auf THORNET ein ziemlich großer Ausschnitt meiner Rollenspielerlaufbahn.

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