Schriftliche Aufzeichnungen von Alanus vom Fischteich vom 23. Oktober 2512
Nachdem der Kampf mit dem Troll sowie meine Kräfte am Ende waren, untersuchten wir die abscheuliche Bestie, schlugen ihr den Kopf ab und entnahmen die wichtigsten Teile seines stinkenden Körpers. Als wir anschließend seine Waffe genauer untersuchten, sahen wir auf dem gewaltigen Anker eine Gravur. Sie stammte von Anatoli Karamasur. Mir fiel sofort das Wurfmesser des Attentäters wieder ein. Was muss er für ein vielseitiger Meister seines Faches sein und was hat er doch für einen großen Kundenstamm.
Nachdem wir alle groben Dinge in den Teufel geschmissen hatten, nahmen wir den Anker, den Kopf sowie die Innereien und verließen den Schauplatz. Mir fiel auf, dass besonders Ruben sehr mitgenommen aussah und so ging er als Erster los, um sich schlafen zu legen. Danach, erzählt er uns, wollte er die Trollinnereien in Cordelias Apotheke zu den Tränken machen, welche wir zu unserer Durchführung von Lohners „Geburtstag“ brauchen würden.
Wir gingen dann alle in unsere Unterkünfte und versuchten zu schlafen. Aber wie schon in den letzten Nächten war es durch die komischen Träume sehr schwierig, einen gesunden Schlaf zu finden.
Bevor Konrad sich schlafen legte, wollte er noch den Trollkopf und den Anker bei Lohner im Kohlekeller verstecken. Das arme, von uns präparierte, Schaf verschenkten wir auf dem Weg im Armenviertel.
Am Mittag trafen wir uns alle am Roten Mond. Wobei alle, stimmte nicht. Ruben war nicht dabei. Daher nutzten wir die Zeit des Wartens, um mit Franz Lohner über die weiteren Ereignisse zu sprechen. Nach etwa einer halben Stunde kam dann jemand total hektisch in das Gasthaus und lief auf uns zu. Es war Etzel. Er erzählte uns in seiner eh schon immer hektischen Art und Weise, dass Cordelia und Ruben nicht in der Apotheke seien und einige Räume verwüstet waren. Er forderte uns auf, ihm zu folgen und rannte los. Was blieb uns also übrig, als ihm zu folgen.
Wir kamen zur Zaubergasse und sahen erst einmal nichts Verdächtiges. Als wir die Apotheke betraten, sahen wir, dass Etzel etwas übertrieben hatte, was die Verwüstungen anging. Trotzdem war es schon zu sehen, dass hier jemand Fremdes eingedrungen und etwas nicht Gutes passiert war. Besonders in den Schlafkammern war die Verwüstung zu sehen. Es sah dort sogar etwas nach einem Kampf aus. Beim genaueren Untersuchen entdeckten wir auch einige Blutspritzer. Auch Rubens Rucksack war ausgeräumt und wir konnten nirgendwo die Trollinnereien finden. Nachdem wir sie aber im Labor der Apotheke entdecken konnten, wussten wir, dass die Eindringlinge nicht nach diesen Sachen gesucht hatten.
Uns fiel auch sofort die aufgebrochene Hintertür auf. Konrad untersuchte in dem Bereich genauer den Boden und er entdeckte schnell auffällige Fußabdrücke. Er sagte uns, dass es demnach etwa 3 bis 4 Leute gewesen sein mussten. Wir begannen den Spuren zu folgen. Auf dem Weg sah ich manchmal etwas Blut oder Ähnliches auf dem Boden. So kamen wir durch das Folgen dieser Spuren zur Pfeifenbeinallee. Hier fiel uns sofort auf, dass ein Zaun zur Seite gedrückt war. Sonst war es beunruhigend still und keine Menschenseele war auf den Straßen zu sehen. Als ob die Einwohner dieses Viertels vor etwas Angst hätten. Ich machte mir keine großen Gedanken, da wir in der Vergangenheit immer solche Situationen erlebten. Man könnte ja fast behaupten, dass solche Orte uns regelrecht anzogen.
An der Markthalle, welche das größte Gebäude an diesem Platz war, hing ein Schild, worauf auf die Neueröffnung durch die Bernsteinloge Bögenhafens hingewiesen wurde. Über dem Eingang konnte man ein Schild mit der Aufschrift „Panoptikum der 1000 und 1 Kuriositäten“ lesen. Wir gingen zu der mächtigen Eingangstür und konnten die Doppeltür ohne weiteres öffnen. Als wir eintraten, roch es sehr bestialisch. In dem Raum war es sehr kalt und dunkel. Überall hingen Felle von der Decke. Es waren Hunderte. Ein sehr komischer und bedrückender Anblick. Was man grob sehen, aber besonders riechen konnte, waren Eimer mit Farbe und Beize. Und was wäre es für ein geheimnisvoller Raum gewesen, wenn nicht die Dielen geknarrt hätten.
Wir hörten von weiter hinten seltsame Geräusche, die wir nicht sofort zuordnen konnten. Sie waren sehr leise und ließen die Größe diese Halle erahnen. Um etwas mehr sehen zu können, knackte Konrad ein Schloss an einem Fenster. Licht schien herein. Ich ging ein paar Meter in den Raum hinein und sah, dass die Felle alle etwa in zweieinhalb Meter Höhe angebracht waren und sie kurz vor dem Fußboden aufhörten. Beim Gehen bemerkte ich, wie rutschig und schmierig der Boden war. Er musste mit Kernseife oder ähnlichem eingeschmiert worden sein. Kruger zog an einem Fell und es zerriss. Um nicht durch die ganzen Felle gehen zu müssen und dadurch eventuell gute Zielscheiben zu sein, nutzten wir einen freieren Weg an einer Wandseite. Nach einigen Metern sah Kruger weiter hinten eine hängende Schweinehälfte, die aber keine weitere Bedeutung haben sollte. Denn Hunger verspürte man bei diesem Gestank nicht.
Und jetzt begann es. Wer in diesem Raum sein Unwesen trieb, musste ein sehr intelligenter und kreativer Kopf gewesen sein.
Kruger ging vor. Er berührte am Boden etwas und sofort schnellte ein Gegenstand von der Seite in seine Richtung. Aber mit einer katzengleichen Bewegung, konnte er ausweichen. Er hatte eine Falle ausgelöst. Er suchte sofort nach weiteren. Bei einer Box etwas weiter vorne, bemerkte er wieder einen Auslösemechanismus. Diesmal musste er nicht ausweichen, da er die Falle vorher bewusst auslöste. Dann kamen wir zu einer Treppe. Hier hörten wir wieder das seltsame Geräusch, welches wir schon an der Eingangstür gehört hatten. Diesmal hatten wir aber den Eindruck, dass es sich um ein Geräusch eines Menschen handeln könnte. War es vielleicht Ruben oder Cordelia?
Kruger ging dann auf die Treppe und löste, welche Überraschung, eine Falle aus. Dabei rutschte er weg, schaffte es aber erneut, sich nicht zu verletzen. Was für eine Körperbeherrschung oder doch eher nur Glück? Auf der linken Seite gab es eine weitere Treppe und auch dort sah man einen Faden auf einer der ersten Stufen. Und als weitere Absicherung war die nächste Stufe angesägt. Wir schnitten den Faden durch und sofort brachen die Stufen weg. Als weiterer Teil dieser Falle kam dann auch noch ein mannsgroßer Holzstamm von oben.
Beim weiteren Durchschreiten des Ganges und dem nachfolgenden Betreten eines Raumes bemerkten wir Druckplatten auf dem Boden. Das waren wirklich viele Fallen für einen Tag.
In dem Raum sahen wir vier Personen von der Decke hängen. Und wir kannten sie alle. Zu unserer Sorge bewegten sie sich nicht mehr viel. Es waren Cordelia, Ruben und die Kopfgeldjäger, die in der Vergangenheit vor Cordelias Apotheke standen. Besonders die beiden sahen eher tot als lebendig aus. Sie hingen an einer Konstruktion aus Haken und Seilen. Auf einen Tisch lagen Werkzeuge, die man nicht zum Handwerken brauchte, sondern eher, um von Menschen etwas zu erfahren.
Auch hier oben wollten die Verantwortlichen natürlich nicht auf Fallen verzichten. Wir gingen um die Ecke und es wurde wieder etwas ausgelöst. Zwei Armbrustbolzen rasten auf Konrad und Kruger zu. Auch hier konnten die Beiden aber zum Glück wieder ausweichen. Dann der nächste Schritt und der Boden brach weg. Gleichzeitig hörten wir ein Spannen. Es war wohl eine Armbrust. Kruger konnte sich zum wiederholten Male ducken. Aber Konrad hatte dieses Mal nicht so viel Glück. Er wurde getroffen. Da es aber nicht so schlimm war, setzen wir unseren Weg fort. Wir wollten unbedingt die vier Gefangenen befreien. Dafür rannten wir zur anderen Seite an die Wand. Wir hörten dabei alle ein Geräusch, als ob ein großer Mechanismus ausgelöst wurde.
Auch bei der nächsten Treppe suchte Kruger wieder nach Fallen und wurde natürlich auch fündig. Trotz der Unsicherheit versuchte Kruger auf die Treppe zu steigen, doch sie brach. Doch nicht er, sondern wieder Konrad verletzte sich leicht. Dann kletterte Kruger die Treppe weiter hoch und er sah, wie die vier Gefangenen durch die Mechanik über die Seite nach oben gezogen wurden. Da wir keinen offensichtlichen sicheren Zugang zu dem Raum sehen konnten, fing Kruger an, nach einer Geheimtür zu suchen. Konrad und ich versuchten gleichzeitig zu der Mechanik auf der anderen Seite zu kommen. Nach geraumer Zeit fand Kruger einen Schalter, um eine Tür in der Wand zu öffnen.
Konrad und ich hörten wieder ein Spannen. Wieder flogen Bolzen in unsere Richtung, aber diesmal von vorne. Sie blieben aber in unseren Schildern stecken. Wir gingen weiter und hörten diesmal andere Geräusche. Es schienen Schritte zu sein. Aber von Freunden konnten sie nicht kommen. Warum musste es auch noch dunkel sein. Aber naja, warum sollte mal etwas leicht gehen. Kruger ging wohl zeitgleich in seinem Geheimgang auch auf einen Gegner zu.
Aber was war das bitte schön! Dieser ganze Aufwand mit den Fallen, die uns irgendwie stoppen oder schwächen sollten und dann hat man solche Gegner vor sich. Wir waren noch nicht einmal richtig aufgewärmt und schon lagen sie zu unseren Füßen. Das waren mit Sicherheit nicht die Erbauer der Fallen. Oder sie hatten nur ihre Stärken im Denken und nicht im Kämpfen!
Danach war es endlich so weit, dass wir unsere Kameraden retten konnten. Cordelia und Ruben waren irgendwie betäubt. Aber die Kopfgeldjäger waren in einem erbärmlichen, körperlichen Zustand. Wir schafften alle mit vereinten Kräften aus dem Gebäude zu bringen. Die Kopfgeldjäger lieferten wir bei der Medicusgilde ab. Um Cordelia und Ruben kümmerten wir uns selbst.
Um dieses Erlebnis begreifen zu können, sprachen wir noch an diesem Tag mit Heske Glazner darüber. Die erzählte uns, dass die Bernsteingilde, deren Inhaber Franz Steinhäger, ein Handelsfürst aus Bögenhafen, der Technicus Zindri Grotisson und der Schmiedemeister Anatoli Karamasur dafür bekannt waren, dass sie Gegenstände erschaffen wollten, die Magie, Technik und Mechanik miteinander verbinden. Sie fand es aber sehr seltsam, dass sie sich jetzt gerade in Übersreik niederlassen.
Nach dem Gespräch informierten wir auch Ursula Marbad über diese Geschehnisse. Nach ein paar Stunden waren Ruben und Cordelia wieder fit. Sie kümmerten sich sofort um die Tränke. Die Kopfgeldjäger sollten in ein paar Tagen wieder auf den Beinen sein.
Diese Aufzeichnungen sollen mir oder anderen Leuten später einmal zeigen, wie ein ganz normaler Tag in Übersreik ablief. Man könnte ja fast schon sagen, dass er langweilig war…