Gedanken von Alanus vom Fischteich über die Ereignisse vom 15. Mai 2512
Herrjemine, herrjemine, wo soll das noch alles hinführen. Ich weiß nicht, ob ich noch weiter so viel Tod und Übel ertragen kann. Vor gar nicht so langer Zeit wären meine gegenwärtigen Erlebnisse ein sehr, sehr schlimmer Alptraum gewesen. Monster, Tote, Diebe, überall Gewalt und schlechte Menschen. Wo bin ich hier nur reingeraten. Und dann diese quälenden Gedanken, dass keine Besserung in Sicht ist. Aber ich darf es nicht zeigen… ich muss den anderen zeigen, dass es mich nicht schwächt. Aber wenn sie wüssten, dass ich schon einige Male lieber weggelaufen wäre.
Hmmm, Alanus, aber andersrum habe ich die Kämpfe auch ein wenig genossen… ein wenig? Das Gefühl in mir, wenn man eine gewisse Macht über jemanden hat… Egal, ich muss weiter machen und funktionieren. Irgendwann ist das alles zu Enden und dann…
Wie schlecht diese Stadt ist, zeigte sich bereits mittags, durch die Tatsache, dass wir wieder einmal verfolgt wurden. Dieses Mal aber nicht die Schmuddelkinder, doch Gleichaltrige. Unser Ziel war eigentlich Orban Geldrecht zu treffen, um den Tod von Tilo Bärmarder weiter zu untersuchen. Die Kinder waren irgendwann nicht mehr zu sehen und so gingen wir weiter und trafen zuerst unseren Rudi und anschließend wirklich Orban, der mit einer kleinen Truppe seiner Getreuen unterwegs war. Bei Rudi hatten wir alle sofort wieder ein Gefühl, dass er über unser Treiben gut informiert war. Orban eröffnete uns die Möglichkeit, in dem Zimmer von Tilo im Turm nach Spuren zu suchen.
Dieser Turm war ein wahrer Augenöffner. Sie groß, so hoch, so eine Festung. Ich fühle mich bei so einem Anblick schwach und klein wie eine Kirchenmaus. Orban schwärmte auf dem Weg über seinen toten Freund Tilo: „Er konnte alle vereinen, in ihrem komischen Club waren alle gleich, blabla…“ Als ob wir nicht andere Probleme haben! Konrad erfuhr aber noch, dass Tilo oft mit dem Hauptmann Erwin Blucher gespeist hat und sein Zimmer dann für ein weiteres Verweilen nutzte. Und dass es viele Frauen in seinem Umfeld gab, die ihm nachstellten.
Und dann standen wir nah am Turm und sahen seine Befestigung und auf den Zinnen ein Dutzend Armbrustschützen. Willkommen sein sieht anders aus… Doch auf einmal – eine Stimme und die Schützen entspannten sich. Wir gingen wie durch ein Labyrinth aus Mauern zum imposanten Eingang und das riesige Tor öffnete sich. Dort sah ich zum ersten Mal Erwin Blucher. So bekannt und angesehen wie mein Vorbild Rudi. Nachdem wir uns vorgestellt und unser Anliegen vorgetragen haben, führen wir mit einer Vorrichtung den Turm nach oben. Soweit vom Erdboden war ich noch nie entfernt. Und ich merkte, dass einige meiner Gefährten damit Probleme hatten. Sonderbar!
Und von oben sahen wir die Umgebung und noch mehr Waffen zur Befestigung des Turmes. Dann gingen wir in Tilos Eckkammer und das Erste, was auffiel, war das Loch im Fenster. Dieser feine Rand, wie eingearbeitet. Ich schaute durch das Fenster und sah in der Entfernung zwei Berge. Konrad untersuchte den Rest des Raumes und außer „verdampften Resten“ von Wein in Karaffen und Rückstände am Schrank war nichts zu sehen. Wir beschlossen das durchschossene Teil des Fensters auszubauen und mitzunehmen.
Und dann, wie man es kennt, wurde es um uns wieder laut und chaotisch. Tumulte im Flur. Orbans Truppe und Übersreiker Soldaten bepöbelten und schubsten sich. Ich sah es und da kam wieder dieses komische Gefühl. Ich wollte und konnte mich nicht zurückhalten oder die Situation bereinigen. Ich wollte den Kampf, ich wollte zuschlagen. Konrad und ich hielten uns auf der Seite von Orban. Das Vergnügen war aber kurz, da der Hauptmann diesen Kampf mit einem lauten Befehl beendete.
Orban hatte unsere Unterstützung registriert und bat uns ihn und seine Truppe zu begleiten. Wir gingen in ein Art Lagerhaus. Das war wohl so etwas wie ein Treffpunkt für ihre Gruppe. Auch wenn es nachmittags war, hatte ich ein unheimliches Gefühl in der Umgebung. Drinnen war so etwas wie eine Theke und eine Art von Kampfkreis. Dann floss viel Altdorfer Bier und Orban erzählte wieder über Tilo. Langsam wird mir das Geschwafel zu viel. Und nach ein paar Humpen erschienen wir uns gegenseitig als Art Kumpel.
Dann kam der Ring zum Einsatz. Es gab wohl ein Ritual, dass das älteste Mitglied und das neueste in den Ring gehen und so lange kämpfen, bis einer von den beiden aus den Ring gedrängt wird. Wenn man sonst nichts hat. Aber gut, ich spürte wieder dieses wohlige Gefühl. Aber Konrad der Spielverderber ist schneller. Mist. Und dann gewann er auch noch. Viel Jubel und Trubel bei allen, mehr Bier. Wir wurden in den Zirkel aufgenommen. Dafür betete Orban auch für Tilo. Ich hörte immer wieder das Wort „SHORNAAL“. Und es machte was mit mir – und das war wieder mal nichts Gutes…
Und dann, wie gesagt, wenn man meint, es wird nicht mehr Schlimmer…
Wir gingen mit vielen Bieren im Bauch durch einen Vorhang in einen hinter liegenden Raum, um uns mal den Rest dieses Treffpunktes anzuschauen. Dieser sollte Tilos Rückzugsort gewesen sein. Schon bevor wir eine Kerze entzündeten und sehen konnten, stieg uns ein komischer Fleischgeruch in die Nase. Und dann sah ich das Widerlichste und Unheimlichste, was ich in meinem Leben gesehen hatte. Eine Art von mannshohen Gemälde, also irgendwie ein Bilderrahmen mit Fleischstücken, die drangehämmert waren. Und in dem Bild schienen in den Schatten schreiende Gesichter zu sein. Wieder wäre ich gerne einfach weg gerannt. Aber irgendetwas hinderte mich.
Auf dem Tisch stand ein verdeckter Gegenstand. Ich zog das Tuch weg. Und wieder dieses Gefühl von Angst. Eine schwarze Statue, halb Mann, halb Frau, mit einer Schlange um den Körper, gruselig. Auch die weiteren Dinge, die wir fanden, waren von einem kranken Menschen gemacht. Ekelige Zeichnungen, was war dieser Mann? Jedenfalls ein kranker Kopf… Wir fanden auch noch einen Zettel mit einer Notiz über Heske Glazner („Sie weiß etwas, ich muss was unternehmen, ich werde sie töten, bevor sie mich tötet, Orban soll es tun…“). Ich nahm alles an mich. Endlich wird mein Lederbeutel für Schriftrollen mal benötigt… Aber ob Orban weiß, was sein Freund vorhatte?
Und dann, natürlich, wieder Tumult. Wir schauten in den großen Raum und sahen aufgebrachte Bürger, wahrscheinlich mit Söldnern und einer Hexenjägerin. Irgendjemand hatte etwas gegen die Versammlung oder … wieder gegen uns? Wir entschließen uns zu fliehen und schaffen es nach einer kurzen Zeit, werden aber getrennt. Ich höre in meinem Versteck von einem Söldner den Namen „Ursula“. Und vergesse ihn auch wieder schnell. Puhh, zum Glück wurden wir nicht geschnappt.
In der Dämmerung trafen wir uns, wie vorher abgemacht, bei Heske Glazner und zeigten ihr die gefundene Notiz. Sie war nicht sehr beeindruckt über den Mordplan und lenkte das Gespräch schnell auf Rubens Greifen. Da es schon spät war und ich sehr mitgenommen von dem ganzen Bier und den Erlebten, verstand ich nur noch Bruchstücke.
Irgendwie gibt es noch andere Figuren von einem Steinmetzmeister Guiseppe Celline, dem Meister von Holger Maurer und diesem komischen Elfen, dem ich das Wurfmesser gezeigt hatte. Irgendwie sollte das ein Auftrag von der Magisterin Sybilla von Hagerdorn sein. Die leitet in den Bergen einen Turm, ein Astrolabium des Himmelsordens.
Sie erzählte uns von großen Linsen, die es dort für Gerätschaften gibt. Berge? Linsen? Die Berge, die ich gesehen hatte? Kam von dort das Geschoss? Oh Mann, ich muss unbedingt schlafen, sonst platzt noch meine Rübe. Heske hatte am Schluss noch eine Warnung für uns. Ein Mann namens Hans Jinkers, die rechte Hand von Andreas von Bruner, observiert uns. Hah, so eine Nachricht kratzt mich nicht mehr.
Wir verließen den Laden und gingen mit dem Plan zu den Türmen im Gebirge zu reisen. Wenn es die Baronin erlaubt. Und mal sehen, wenn ich außerhalb der Stadt bin, vielleicht laufe ich dann endlich wirklich davon…