Kettenrasseln IV – Gedenkt der Toten

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… und wieder steht Mor am Tresen einer Taverne und erzählt dem Wirt sein Leid, während er ein Bier nach dem anderen runterstürzt.

„Ich nehm noch eins, noch einen großen Humpen von dem süßen Bier. Das brauch ich jetzt, weißt du. Ich hab’s nämlich nicht leicht, sag ich dir. Die denken alle nie nicht und sind unfähig. Da oben die, weißte?!

´s war erst vor ein paar Tagen, da ham wir draußen auf der Sonnenfeld-Lichtung etliche Untote erschlagen. Ja, glaubste mir nicht, war aber so. Die haben da so zwischen den Leichen der Leute aus Sturzbach gelegen, nur auf uns gewartet. Haste wahrscheinlich von gehört…“ Nachdenklich nimmt er einen tiefen Schluck des süßen Gebräus. Noch ganz in Gedanken an die vergangenen Erlebnisse schüttelt er angetrunken sein Haupt, um dann plötzlich umso lebhafter weiter zu erzählen.

„War ne Falle, und wir sind wie die letzten Dummköpfte reingetappt. Drei von den 15 Wächtern, die wir begleiteten, haben’s nicht überlebt, war nen harter Kampf. Hatte noch nie Untote gesehen. Dreckspack! Und die ganze Truppe, die wir begleiteten, war ganz hystor, hester, also ganz durch den Wind. Ich sag noch so, daß da jemand die wohl gesteuert hat, die Untoten. Aber hört die „hochwohlgeborene Durchlaucht“ Iriane auf uns? Ne, nich nix.  Aber ich denk mir, ich bin hier um zu helfen und so eine Priesterin wird wohl wissen, was sie tut.

Wir gehen also mit ihr und 5 verbliebenen Wächtern weiter, nachdem wir die restlichen Stadtwachen mit den Verletzten zur Stadt zurück geschickt haben. Meine Mutter sagte mir immer, daß jeder Stadtwache werden kann, man muß nur eine Hellebarde halten können und gegenüber den Vorgesetzten immer ja sagen… Recht hat sie. Naja, im Morgengrauen kommen wir also an diesem Wehrhof an, diesem wo der Weg sich nach Sturzbach und Hohenlinden teilen tut. Alles ruhig da, aber draußen sind Spuren von den Sturzbachern. Wurden aber nicht von den Untoten verfolgt. Ich denk das ist wichtig, aber Iriane hört gar nicht richtig zu. Ich sag ihr, daß dann die Untoten doch wohl vor der Stadt denen aufgelauert haben und daß die Stadt doch wohl deren Ziel und vor allem das Ziel der Person ist, die die gelenkt hat. Aber auch das interessiert sie nicht. Wir machen also kurz Rast und Filli heilt mich schon wieder. Kann der echt gut. Sollte ihm öfter ein Bier ausgeben… Er meint auch, wir sollten zur Stadt zurück. Wir diskurt, diksku, also streiten darüber, wohin wir gehen sollten. Am Ende gingen die 5 Wächter nach Sturzbach und wir mit Iriane nach Hohenlinden. Unterwegs keine Untoten oder sonstige Begegnungen. War schon seltsam, wie ausgestorben die Gegend war und daß es niemanden überraschte. Kurz vor Hohenlinden bat Iriane um den Ring ihres Vorfahren. Hab ihn ihr natürlich gegeben, ist ja ihr Vorfahr und nicht meiner.

In Hohenlinden war alles ganz ruhig, aber wir warnten die Dorfälteste vor Untoten. Diese Alamina, so hieß die, machte sich Sorgen um die Gruppe, die von dort nach Brynntal gegangen war. Endlich gingen wir dann auch in Richtung Brynntal. Immerhin schweben dort mehrere tausend Leute in Gefahr. Eine Gefahr, die niemand ernst zu nehmen scheint. Sag mal, Wirt, sind Untote hier normal? Ne? Hab ich mir gedacht. Aber irgendwie scheint das keinen zu stören, daß die sich jetzt da draußen tummeln. Wir haben sogar noch welche getroffen. Aber vorher haben wir die Gruppe aus Hohenlinden gefunden. Hingen in einer Felswand und wurden von so riesigen Frauenvögeln angegriffen. Ja, wenn Du meinst, das wären Harpyien, heißen die vielleicht so. Wir haben die getötet und noch 10 junge Leute aus Hohenlinden retten können. 2 hatten es nicht geschafft und wurden begraben. Die Kinder erzählten, daß sie erst von Untoten angegriffen worden seien und sich deshalb in die Felswand gerettet hätten. Ihre Anführerin hieß Malina, kennste die? Dumm wie Bohnenstroh, wennste mich fragst. Nachdem die Untoten weg waren, blieben die doch tatsächlich in der Felswand, anstatt die Beine in die Hände zu nehmen und sich in Sicherheit zu bringen. So schnell sind diese Untoten nämlich nicht. Sind ja alle aneinander gekettet. Naja, und dann wurden sie irgendwann von diesen häßlichen Frauengeiern angegriffen. Nur gut, daß wir vorbei kamen.

Und dann ging diese Disskru, Disskusto, also wir haben uns wieder gestritten, wohin wir jetzt gehen sollten. Wir wollten alle nach Brynntal, war ja klar. Aber Iriane nicht. Was ich dir jetzt sage, darfst du aber nicht weitersagen. Mein Kumpel, dieser kleine bauernschlaue Filliam, schrie Iriane plötzlich an, sie wäre doch wohl besessen. Der kennt sich halt mit so magischen Sachen aus. Die Priesterin rollte auf einmal mit den Augen, dann fiel se um. Filli ist ein richtiger, wart mal, wie hieß das…“ Er grübelt kurz, dann hellt sich seinen zotteliges Gesicht auf: „EXORZIST!“ grölt er. Erschrocken zucken einige andere Gäste der Taverne zusammen. Leiser fährt Mor fort: „Als die Iriane dann wieder wach wurde, wußte die gar nicht, was seit der Abreise in Brynntal geschehen ist. Hab den Ring wieder an mich genommen. Werd wohl drauf aufpassen müssen. Die Priesterin hatte Angst, aber Filliam hat sie beruhigt. Aber dann, du glaubst es nich, wollten diese dummen Kinder wieder allein ohne Waffen zurück nach Hohenlinden. Dabei waren wir nur noch einen halben Tag von Brynntal entfernt, hatten Waffen und hatten sie grad erst vor dem sicheren Tod gerettet. Mann, wie blöd. Meine Mutter hat mal gesagt, wenn man einem das Leben rettet, ist man irgendwie ein wenig für den verantwortlich.

Da hab ich mir diese Malina geschnappt und zu Iriane gebracht, damit die sie zur Besinnung bringt. Und was macht diese dumme Kuh? Die will auf einmal auch nochmal nach Hohenlinden. Glaubt man kaum, war aber so. Da ist die erst von ihrem Urahn oder so besessen, wird von uns exortiert oder wie man das nennt und ist danach ganz schön fertig, was ich ja verstehe. Und dann will die unbewaffnet mit einer Horde Kinder ohne unseren Schutz durch die Wildnis rennen, in der sich Untote und Geierfrauen tummeln.

Da hab ich erkannt, daß man nicht für jemanden verantwortlich ist, der einfach zu dumm ist. Man könnte ja glatt anfangen, an den Göttern zu zweifeln, daß sie so viel Dummheit auf Lorakis zulassen. Sogar Iye, die Albin mit der Narbe, versuchte auf ihre Art die Jugendlichen von ihrer Dummheit abzubringen und hetzte ihr großes Katzenvieh auf sie, um sie nach Brynntal zu scheuchen. Hat alles nix genutzt. Am Ende ist Iriane mit diesem zwielichtigen Zwerg Haarok und den Kindern nach Hohenlinden aufgebrochen.  Ich traue diesem Zwerg nicht richtig, aber kämpfen kann er. Aber warum Iriane nicht Brynntal retten will, bleibt mir schleierhaft.

Wir haben noch 6 Untote gefunden, die uns aber nicht bemerkten. Wir haben sie verfolgt, da sie plötzlich wie auf einen Befehl hin in Richtung Gebirge aufbrachen. Den Weg markierten wir, und nach einer Weile trafen „unsere“ Untoten auf 12 weitere, mit denen sie weiter Richtung Kynhold aufbrachen. Wir eilten hier in die Stadt, sind gestern Abend angekommen.

Und dann hätten wir uns zum Schlafen aufs Ohr hauen sollen, aber ham wir nicht. Wir sind zur Stadtvögtin gegangen, zum Treffen mit den hohen Tieren der Stadt. Der Oberpriester des Drugontempels war da und so einige andere. Die haben alle viel Unsinn geredet und keiner hat auf unsere Warnungen gehört. Hab ich schon gesagt, daß ich manchmal an den Göttern zweifle, weil sie so viel Dummheit zulassen? Oh, tschuldigung, ich wiederhole mich.

Dann haben wir uns noch mit diesem Sumar, der ist der Irianes Vorgesetzter im Gunwartempel und einem Gelehrten, den wir begleiten, getroffen. Der Priester will Vorkehrungen treffen, um Iriane vor weiteren Besessenheiten zu schützen. Sollte er mal lieber für alle Nachkommen dieses Arenvalds machen, aber auf uns hört ja keiner. Dieser Gelehrte, den wir begleiten, meinte, er bräuchte noch Unterlagen aus dem Drugontempel und wollte diesen Ring und das Schwert, die ich verwahre, noch mal haben. Hab isch aber lieber behalden. Morgen wollen wir schauen, wodie Untoten vor der Stadt stecken. Ham uns entschlossn, so viele wie geht su retten. Nee, nisch Untode retten, EUSCH HIER!“

Wieder zucken die anderen Gäste links und rechts nervös zusammen, als der Varg dabei mit seinen krallenbewehrten Händen in die Runde zeigt. Schwankend an den Wirt fügt er leiser hinzu: „Abba vielleicht erscht ma nach der Gruft suchen. Ne, nicht aufm Leichenacker. Die Gruft, in der die Toten nach dem Dunkelsturz eingemauert wurden wolln wir suchen. Weisd dunich evenuell, wo die is? Würd misch nich wundern, wenns die unterm Tembel von Drugooon is. Boah, dein Süßbier is echt guut. Isch glaub, isch geh mal bessa schlafen. ´tschuldigung fürs Schwafeln, aba hat gut getan, diesn Kram mal einem szu erzähln . Sonst schlaf isch imma so schlecht. G´nacht!“

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