11.10.2946 Der Sumpftroll schien von weiter weg zu kommen. So zumindest sagte Leudast, nachdem er die Spuren untersucht hatte. Es machte für uns also keinen Sinn, ihm tiefer in den Wald zu folgen – und wie es der Zufall so wollte, war das eine gute Entscheidung, denn etwas flussabwärts konnte man erahnen, dass die beiden vermissten Zwerge, Balin und Oìn, zu ihrem Boot zurück gekehrt waren, um weiter Richtung Waldtor zu reisen. Also packten wir unsere Sachen und brachen gegen Mittag auf, um ihnen zu folgen.
12.10.2946 Wir hatten am Nachmittag das Boot der Vermissten am Westufer des Flusses gefunden! Es lag kieloben zwischen einigem Schilf versunken. Der Rumpf war von Krallen zerkratzt. Als wir das Boot geborgen hatten und angelandet waren, folgte Leudast den Spuren. Plötzlich umschlang eine der zahllosen Lianen seinen Hals und riss ihn in die Höhe. Noch während wir versuchten, ihn zu befreien, tauchten aus dem Wasser zwei Abscheulichkeiten auf. Die Kreaturen gingen vornübergebeugt und wären aufgerichtet vielleicht eine gute Zwergenlänge groß gewesen. Sie hatten nadelspitze Zähne und lange Krallen. Einem von ihnen habe ich den Kopf gerade gerückt, den Zweiten hatte der Elb (Earendil) erschossen. Leudast konnte sich mit der Hilfe von Ferdibrand von der Liane befreien. Er hatte jetzt ein paar hübsche Striemen am Hals.
Bis zum Abend folgten wir weiter den Spuren. Sie führten in die Ruinen einer alten, von Zwergen errichteten Stadt. Soweit man zwischen den Bäumen etwas erkennen konnte, sahen wir Mauerreste und überwucherte Wege. Der Elb sagte, dass dieser Ort seit mindestens tausend Jahren verlassen sei. Wir hatten unser Lager gedeckt in den Trümmern errichtet und hielten Doppelwachen. Ich war etwas in Sorge, denn Leudast konnte den Spuren entnehmen, dass es hier in den Ruinen wohl zu einem Kampf zwischen den Zwergen und einigen Orks gekommen war. Die Orks hatten gewonnen und die beiden Gesandten tiefer in die Ruinen verschleppt.
13.10.2946 In der Nacht war nichts außergewöhnliches geschehen. Ferdibrand meinte, einmal eine Glocke schlagen zu hören, konnte aber nur ungefähr eine Richtung angeben. So folgten wir den Orks tiefer in die Ruinen. Überall auf den Bäumen saßen Blutkrähen, doch zunächst beachteten sie uns nicht. Nach einiger Zeit erreichten wir einen Tümpel, aus dessen Mitte sich die Ruine eines alten Gebäudes erhob. Als wir an das Ufer traten, erwachten die Krähen plötzlich zum Leben, schlugen mit den Flügeln und krächzten infernalisch laut. Leudast sagte zu allem Unglück noch, dass die Spuren der Orks hier im See verschwanden.
Wir machten uns also auf, den Tümpel am Rand zu umrunden. Sofort waren die Krähen still. Doch plötzlich konnten wir alle das Leuten einer Glocke hören. – Danach hatte ich eine kurze Erinnerungslücke. Als ich wieder wach wurde, stand ich mitten im Tümpel und wurde von Leudast gerüttelt und geschüttelt. Er und Ferdibrand berichteten, dass direkt nach dem Leuten der Elb, Ingvar und ich wie Golems in das Wasser gegangen waren. Es war den beiden nur gelungen, mich vorm ertrinken zu bewahren, die anderen waren vollständig versunken. Leudast tauchte sofort hinterher, konnte sie aber nicht retten. Dafür fand er zu Füßen der Hausruine in der Mitte des Tümpels einen Eingang auf dem Seegrund. In der vagen Hoffnung, unsere Gefährten doch noch zu retten, machten wir uns auf den Weg. Und tatsächlich gelangten wir in die Ruine, und dort waren der Elb und Ingvar. Unbeschadet, nur etwas durchnässt und wieder ganz bei Sinnen.
Fluchs etwas Licht gemacht. Dann folgten wir einer Treppe hinauf in eine riesige Halle. Mehrere Gänge führten davon ab. Im ersten Gang rechts fanden wir sechzehn Schlafkammern für vielleicht doppelt so viele Kreaturen. Es stank nach Exkrementen. Die meisten der Monster waren augenscheinlich unterwegs, nur sechs von ihnen – erbärmliche aufgedunsene und stinkende Sumpflinge – trafen wir an. Es war ein Leichtes, sie zu erschlagen. – Das verspricht, ein erfolgreicher Tag zu werden.
Ein kurzer Auszug aus den Reiseaufzeichnungen von Gaìn, Sohn des Groìn, der mit seinen Gefährten Leudast der Stille, Ingvar, Sohn von Ulric, Ferdibrand Goldwert und einem Elb ausgeschickt wurde, die Gesandten des Königs zu finden.