Erste Reiseeindrücke von Rapolda Rhododendrona Reitgras
Als wir fertig sind, sickert eine Menge Blut in den Boden und bei Tageslicht würde das deutliche Dunkelrot schon nicht mehr so lecker wirken. Aber es muss schon Mitternacht sein und in der Dunkelheit könnte lediglich der Geruch etwas erahnen lassen.
Es ist wieder einer dieser Wälder, die von außen und auch noch am Rande sehr einladend und heimelig wirken und je tiefer man in ihn vordringt und dieses Knarren und Knarzen fast wie ein Gespräch zwischen den Bäumen wirkt, desto mehr wünscht man sich, dass man NICHT auf ihn hineingefallen wäre.
Abenteuer – völlig überbewertet. Ein lauschiges Plätzchen unter freiem Himmel, nur getrennt durch das sich ständig bewegende, raschelnde Blätterdach, Unmengen an unheimlichen, knurrenden Geräuschen verursachenden Viechzeugs aus der Richtung, in der die Leichen begraben sind, so dass ich kaum schlafen kann. Und Wache am Lagerfeuer halten, trägt nun auch nicht zu meiner Beruhigung bei. So sehr ich ein zu Hause im Kamin loderndes Feuer zu genießen weiß, entpuppen sich die Flammen hier zu durchaus gruseligen Fratzen, die lechzend an jedem noch so kleinen Zweig emporkriechen und um es herumtanzen, bis es letztendlich kraftlos mit lauten Knacken zerbirst und Funken spuckend in sich zusammenfällt.
Und währenddessen jagen mir die in meinem Rücken lauernden Schatten einen Schauer nach dem anderen über den Körper. Ich bin froh, als es anfängt zu dämmern und ich endlich beginnen kann, mich um unser leibliches Wohl zu kümmern. Ich soll mich aber zu früh gefreut haben, denn auf einmal entdecke ich eine etwa 30-40 Sommer zählende Frau im Wald stehen, die wie Rianva gekleidet ist. Sie begrüßt mich, während ich gerade dabei bin das Frühstück abzuschmecken und gesellt sich nach meiner Einladung gerne zu uns.
Nachdem ich meine Begleiterinnen geweckt habe, scheint Rianva in der Fremden Haleth zu erkennen und unterhält sich mit ihr. Ja, wir waren beteiligt an diesem Scharmützel. Aber was es mit dieser Krähe auf sich hat, kann sie uns in der Kürze der Zeit nicht erklären. Sie selbst dürfe die Fährte der Verfolgten nicht aus den Augen verlieren, die ebenso wie die Wölfe ihr Lager wohl bei den Mückenwassermooren haben sollen, also Richtung Osten.
Rianva fragt nach dem im Wald eine Schneise der Verwüstung hinterlassen habenden Troll. Haleth hat die Idee, dass es sich um ein sehr altes, verschlagenes Biest handeln könnte, das sich seit 20 Jahren nicht mehr um den Breeberg habe blicken lassen. Sie selbst war damals bei der Vertreibung dieses Wesens dabei und rät uns zur Vorsicht, falls wir ihm begegnen sollten, da der verschlagene Troll die alten Zaubertricks aus Angmar nutzt.
Vor 20 Jahren trieb der Alte Troll hier sein Unwesen, als Haleth mit weiteren Waldläufern den jungen Timeas Heidening aus den Mückenwassermooren rettete. Damals war dieser dort mit einigen Schatzsuchern unterwegs, kehrte jedoch als einziger aus den Mooren zurück, halb tot fanden sie ihn an deren Rand. Seine Gefährten schienen den Weg nicht mehr hinaus gefunden zu haben.
Haleth rät uns, in hügeligen Geländen besonders vorsichtig zu sein und auf tiefe Schluchten zu achten. Eine lichtlose Klamm und aufgeschichtete Knochenhaufen können ein Hinweis auf den Alten Troll sein, der übrigens in der Nähe seiner Unterkunft besonders mächtig ist. Zwar erfahren wir, dass die Spezies der Trolle im Allgemeinen nicht sonderlich schlau seien, aber ausgerechnet dieses Exemplar macht dort eine Ausnahme.
Haleth kommt nicht umhin uns vor Wegelagerern und anderem unerfreulichem Gesocks zu warnen, macht uns aber aufmunternd lächelnd Mut, dass uns bestimmt ein großartiges Abenteuer bevorstehen wird. Zwinkernd macht sie sich auf den Weg. WER will denn das??? Und das alles auf nüchternen Magen. Völlig übermüdet muss ich außerdem noch an diesem Morgen erfahren, dass es sich bei der vergangenen um eine ereignislose Nacht ohne besondere Vorkommnisse gehandelt haben soll.
Rianva drängt uns zwar nicht direkt zum Aufbruch, aber ein sehr ausgedehntes Frühstück scheint nicht in ihrem Sinne zu sein. In meinem dafür umso mehr.
Endlich wacht Tom dann auch mal auf. Wenn dem Jungen daran gelegen sein sollte, dass sein leibliches Wohl auf dieser Reise nicht zu kurz kommt, würde ich ihm zum Einen raten früher aufzustehen und zum Anderen NIEMALS WIEDER Scherze über meine ganz eigenen mit Liebe und Herzblut kreierten Gaumenfreuden zu äußern, nicht einmal daran zu denken. Auch nicht bezüglich der dargebotenen Menge, ganz dünnes Eis Freundchen!!!
Um nicht wieder so weit zurücklaufen zu müssen, sucht Rianva querwaldein nach den Spuren des Trolls, nach etwa 2 Stunden treffen wir auf solche und nachdem ich anmerke, dass es doch bald wieder Zeit für eine kleine Stärkung sein müsste. Gesagt, getan und danach geht es weiter Richtung Nord – Nordost, mitten hinein in die Untiefen des Chetwaldes.
Es werden immer mehr Gewächse, manchmal hat man das Gefühl, dass sich der Wald einen Spaß daraus macht, uns mit seinem Gestrüpp das Weiterkommen zu erschweren. Ich bin mir ziemlich sicher, dass die ein oder andere Pflanze mit ihren tentakelartigen Auswüchsen gezielt Jagd auf unsere Knöchel macht. Ich verstehe gar nicht, warum Rianva jedes neue Pflänzchen, jedes unbekannte Blatt, jeden noch so knorrigen Zweig so ausgiebig studieren muss, ich will hier nur schleunigst weg.
Etwa 1-2 Stunden vor Dämmerung bemerken Raidriel und ich, dass die Gegend hier deutlich hügeliger wird, die Luft wird frischer, es riecht feucht, leichter Bodennebel kommt auf und da sehe ich voller Schrecken auf dem nahe gelegenen Hügel einen Knochenhaufen aufgeschichtet. Erschrocken halte ich inne und auch meine Gefährten wissen beim Anblick dieses Knochentürmchens sofort Bescheid. Meine Sinne spielen mir in diesem Augenblick einen Streich, denn anstatt unsere Waldfrau, die sich eigentlich nur geduckt hat, sehe ich nur einen großen, moosbewachsenen Stein. Und oben auf dem Knochenhaufen thront ein Tierschädel, dessen Augenhöhlen genau in unsere Richtung starren. Das wird mir gerade zu viel…
Rianva ruft uns noch einmal ein paar Fakten über den Troll ins Gedächtnis, z.B. dass er in der Nähe seiner Behausung besonders mächtig ist. Ahhhh, das macht gerade nur alles schlimmer, dazu zieht noch Nebel auf und trotz des Waldes kann man keine Tierlaute vernehmen.
Rianva klettert auf einen Baum, um die Lage einmal von oben zu überblicken und Raidriel schlägt vor, ein Stückchen des Weges zurück ein Nachtlager zu suchen, als der Nebel zügig immer dichter wird, so dass wir uns gegenseitig fast nicht mehr sehen können. Also aufgerückt und um den Baum versammelt, auf dem unsere Waldläuferin späht. Sie kann an sich nichts Ungewöhnliches an dem Nebelaufkommen feststellen, außer dieser extremen Konzentrierung auf den Bereich, in dem wir stehen.
Tom versteht unsere umsichtige Vorgehensweise nicht, er möchte am liebsten sofort in die Trollhöhle stürmen, warum haben wir ihn gleich mitgenommen? Richtung Schlucht hören wir einen Knochenhaufen in sich zusammenstürzen, Rianva kann von ihrer erhöhten Position noch ein folgendes Fluchen vernehmen und unten am Baumstamm bemerken wir Toms Fehlen.
Die Freude auf unserer Seite ist natürlich riesengroß und unsere Bereitschaft diesem Tölpel zu helfen noch um ein Vielfaches größer, als wir auch noch einen lauten Schrei von genau diesem dummen Jungen hören. Und – oh Wunder – dringt eine weitere, sehr tiefe Stimme laut zu uns herüber „Na, wer schleicht sich denn da an mein Haus heran?“ Der nun folgenden Unterhaltung zwischen ihm und dem wahrscheinlichen Troll können wir entnehmen, dass Letzterer schlau genug scheint, zu wissen, dass der von ihm Aufgegabelte ganz sicher nicht allein unterwegs ist und fragt deshalb lautstark, ob wir unserem Gefährten nicht zu Hilfe eilen wollen.
Und um den Druck zu erhöhen ertönt ein gequälter Schmerzensschrei von Tom. Das ist kein schönes Geschrei, aber trotzdem hält sich unser Mitleid in Grenzen. Rosabella überlegt laut, ob sie es mit sich vereinbaren könnte, wenn wir ohne Tom zurück im Dorf erscheinen. Sie gibt zu bedenken, dass wir bei unserer Abreise zusammen mit ihm gesehen wurden, ihrem Ruf wäre es sicherlich nicht zuträglich, wenn wir ihn hier zurückließen…
Der Alte Troll lässt nicht locker und versucht uns durch leicht durchschaubare Sprüche zu provozieren, endlich unser Versteck zu verlassen. Rianva sind die Sprüche zu dumm, so dass sie ihrerseits Provokationen erwidert. Ich möchte am Liebsten wegrennen, so schnell mich meine kurzen Beine tragen und auch Raidriel und Rosabella sehen alles andere als gut zufrieden aus.
Die Androhung des Riesen, Tom erst einmal ein Beinchen auszureißen, sicherlich um es genüsslich zu verspeisen, veranlasst Raidriel nach entsprechenden Konditionen zu fragen, zu denen wir ungehindert weiterreisen dürften. Ich fühle mich an ein altes Märchen aus Kindertagen erinnert, als Raidriel aufgefordert wird näher zu kommen, damit das Ungetüm sie besser hören könne. Und auch Rosabella scheint an diese Geschichte zu denken, denn sie fragt nach den großen Augen der Großmutter.
Wir hören weitere Schmerzensschreie von Tom, der Troll scheint Spaß daran zu haben, mit ihm zu spielen. Unsere Elfin ist mutig genug, mit dem Ungeheuer diplomatisch in Verhandlung zu treten, allerdings ist er wirklich kein dummes Exemplar seiner Art. Was wir ihm denn anbieten könnten, dass er uns ziehen lässt, was denn für ihn rausspringe und Ähnliches.
Rianva erklärt laut, dass wir einen Schatz bergen werden, unabhängig von Toms Gesundheitszustand und Anwesenheit. Vielmehr verdeutlicht sie, dass unser Herz nicht an dem Bürschchen hängt, mit dessen Knochen der Troll gerade spielt. Er solle ruhig damit weitermachen oder er könne einen Teil von dem Schatz abbekommen. Dieser kluge Zug wäre mir niemals eingefallen, meine Knie schlottern so laut, dass ich keinen klaren Gedanken denken kann.
Mit dem Wort „Schatz“ scheint sie ihn erreicht zu haben und er lädt uns zu Verhandlungen an sein Lagerfeuer ein. Raidriel und Rianva schicken sich an loszugehen, nicht ohne Rosabella und mich noch zu überreden ebenfalls zu folgen. Was bleibt uns anderes übrig, etwa hier alleine im Nebel auf das Ende warten?
Trotz meiner Angst stelle ich fest, dass der Troll sich hier durch Alarmsysteme sehr gut abgesichert hat. Die Knochenhaufen sind so drapiert, dass Eindringlinge kaum eine Chance haben unbemerkt in das Lager einzudringen. Die Gerüche nach Blut, frisch gebratenem Fleisch, Schweiß und Wein übermannen meine Sinne fast. Angekommen sehen wir Tom, der von Schmerzen gepeinigt an einem Arm und einem Bein festgehalten durch die Luft geschwenkt wird, im inneren der Höhle sehe ich etwas aufblitzen, Trolle sind doch bekannt dafür, dass sie einen Schatz besitzen oder?
Und nun sehe ich erst, wer oder was da vor uns steht. Dieses Ungetüm ist sicherlich 3 Schritt groß, ein Koloss von was auch immer, seinen Kopf trägt er zwischen den Schultern und sein Fell ist von grauen Strähnen durchzogen. Rosabella scheint sich ebenso unwohl zu fühlen, wie ich. Wenn ich nicht vor Angst völlig starr wäre, würde ich mich sicherlich nach dem nächsten Mauseloch umschauen können, in das ich hineinkriechen kann.
Unglaublich, wie unbeirrt Rianva und Raidriel von seiner Gestalt scheinen. Zwar mit zittriger Stimme, aber mutig wie der größte Bär von dem ich je gehört habe, spricht unsere Waldläuferin den Troll an und bringt ihn durch ihr forsches Auftreten dazu, den bewusstlosen Tom wieder auf dem Boden abzusetzen. Wir erfahren, dass er der Alte Troll genannt wird. Ich brauche allen meinen restlichen Mut, um dem Troll meinen Namen zu sagen und ihm zu widersprechen, mich als Mitglied eines Kindervolkes zu betiteln.
Auf seine Nachfrage erzählen Rianva und Raidriel, warum wir mit Tom unterwegs sind, dass wir auf der Suche nach dem Schatz des Onkels sind, an dem dieser sich jahrelang bedient hat. Auch dass wir durch den Besuch des Trolls letzte Nacht auf dem toten Acker darauf gekommen sind, hier bei ihm nach der Schatzkarte des toten Onkels zu suchen.
Was wir mit so einer Schatzkarte machen würden, will er wissen. Wahrheitsgemäß sagt Raidriel, dass wir den Schatz suchen und dann auch bergen wollen. Das scheint sein Interesse zu wecken und er verhandelt mit uns, wie groß sein Anteil sein wird. Unseren Vorschlag von einem Drittel handelt er in die Hälfte um und Rosabella erkennt, dass er diese Abmachung mit einem in der schwarzen Sprache gesprochenen Zauberwort besiegelt. Es ist insgesamt schon eine schaurige Situation, aber ich habe das Gefühl, dass dieses seltsame Wort noch einen Extraschauer auf meinem Rücken erzeugt.
Der Koloss holt aus seiner Höhle den vollen Leichensack und überlässt ihn und Tom uns nicht ohne uns davor zu warnen, jemals wieder ungebeten hier zu erscheinen. ER wird es wissen, wenn wir seinen Anteil vom Schatz haben. Er erwähnt auch seinen Freund, einen mächtigen Hexenmeister.
Wir machen uns auf den Weg, diesen doch eher ungastlichen Ort zu verlassen. Rumpelbeere schultert Tom und mit dem Leichensack verlassen wir das Lager des Alten Trolls, die Schlucht und das ganze Hügelgebiet. Nach etwa einer halben Stunde sehr anstrengenden Marsches durch die Dunkelheit halten wir kurz an, damit ich dem immer noch bewusstlosen Tom den gebrochenen Arm wieder in eine normale Position biegen und schienen kann, anschließend sind wir fast nochmal so lange unterwegs, bis Rianva und Rosabella einen passenden Lagerplatz für uns finden.
Die unheimlichen Geräusche, die glücklicherweise von weit her an unsere Ohren dringen, sind uns so fremd, vollkommen exotische Geräusche. Wahrscheinlich sind es irgendwelche Tiere, aber auch die werden uns dann völlig unbekannt sein.
Ich möchte nach Hause, in mein gemütliches Bett oder vorm Kamin ein spannendes Buch lesen. Das scheint mir die einzig richtige Art und Weise für mich zu sein, große Abenteuer zu erleben. Ich kann nur froh sein, dass ich jetzt viel zu erschöpft bin, um mir noch irgendwelche sinnvollen Gedanken um oder über irgendetwas zu machen.
Selbst als jetzt noch der Leichensack geöffnet wird, schockt es mich für den Moment nicht. Der süßlich verwesende Geruch dringt zwar in meine Nase, aber ich nehme die Dinge nur noch wie durch einen dämpfenden Schleier wahr. Meine Gefährten untersuchen die Leiche, schauen überall nach, ob irgendwo in der Kleidung eine Karte verborgen ist. Bevor sie sich daran machen, den Körper nach einer vielleicht tätowierten Karte abzusuchen, macht Raidriel in einem der Stiefel eine Entdeckung. Sie zieht ein sehr klammes und glitschiges Stück Ziegenlederhaut hervor, dessen Ränder teilweise angekohlt scheinen.
Auf der Haut kann sie verblasste Zwergenrunen erkennen, laut Rumpelbeere steht dort:
– am linken Rand der Karte: „In alter Zeit war hier Arthedains letzter König“,
– am rechten Rand „Von hier kam die Gemeinschaft auf Schatzsuche“,
– am oberen Rand: „In alter Zeit war hier die Straße zu den Toren Durins“
– am unteren Rand: „Hier gibt es eine Vielzahl von Halblingen“
Sie stutzt und fragt, ob Timeas in der Lage war Zwergenrunen zu schreiben, was schon eine Seltenheit wäre, da Zwergenrunen ein sehr gut gehütetes Geheimnis seien. Vielleicht handelt es sich hierbei um eine alte Zwergenkarte, die irgendwie in die Hände von Timeas Heidening gelangt war. Aber wie und wo soll der Schatz sein? Eine solche Markierung lässt sich auf der Karte nämlich nicht finden.
Die Halblinge im Auenland finden sich westlich, die alten Städte von Arthedain liegen eher nördlich, die Tore Durins könnte ein Hinweis auf das östlich liegende Moria sein und dann bleibt nur noch südlich für die Schatzsuchergemeinschaft.
Rosabella kommt der nicht nach Norden, sondern nach Osten (Moria) zeigende Pfeil recht seltsam vor. Irgendwelche Informationen fehlen uns noch, um hiermit einen Schatz zu finden. Rosabella hält die Ziegenhaut ans Feuer. Zwar scheint die Hitze keine Auswirkungen auf die Karte zu haben, aber als versehentlich etwas Rauch über sie wabert, meint Rumpelbeere einige Dinge in Rauchschrift erkennen zu können.
Sie steckt ihre Pfeife an uns bläst sanft den Rauch über die Karte, auf der nun zwei Markierungen und Runen sichtbar werden. An der einen Markierung steht geschrieben: „Hier steht der Königsstuhl“ und bei der zweiten „Hier liegt der schwarze Grabhügel“. Beide scheinen nur wenige Tagesreisen von Bree entfernt und, wenn wir die Karte richtig deuten, mitten in den Mückenwassermooren.
Rianva kommt der Begriff Königsstuhl bekannt vor, ältere und erfahrenere Waldläufer haben davon berichtet, dass zu der Zeit, als die Mückenwassermoore noch keine Sümpfe waren, soll es dort einen alten Herrensitz eines früheren Königs von Arthedain gegeben haben und laut Legenden sollen große Teile dieses Herrensitzes im Sumpf versunken sein, lediglich ein Gebilde, das aussieht wie der Stuhl des Königs, rage nach wie vor aus diesem heraus. Das Gebilde soll in der näheren Umgebung sichtbar sein.
Warum ist Timeas alleine aus den Sümpfen zurückgekehrt? Während wir über diese Frage grübeln, erwacht Tom aus seiner Bewusstlosigkeit. Hocherfreut entdeckt er die Karte, wird dann aber nach und nach von uns allen mehr oder weniger enttäuscht, als Rianva und Rosabella ihm eindeutig und unmissverständlich klar machen, dass für ihn das große Abenteuer Schatzsuche an dieser Stelle endet. Wir werden ihn nach Bree zurückbringen und uns dann selber um den Rest kümmern. Das wäre die Stelle, an der ich dann vielleicht doch noch aus dieser Nummer herauskomme.
Wir legen uns an einem kleinen Feuer zur Ruhe, nachts ist sehr weit südlich einmal ganz leise bestimmt ein Dutzend Orks zu hören, die durch den Wald jagen, wahrscheinlich von West nach Ost, vielleicht sogar die gleiche Strecke, die sie gestern schon gegangen sind. Da sie aber so weit entfernt scheinen, halte ich es nicht für nötig, die anderen jetzt zu wecken.
Tom geht es am nächsten Morgen deutlich besser, wenn er starke Schmerzen haben sollte, kann er diese gut verbergen. Sein Interesse gilt der Karte, aber es ergeht ihm genau wie uns, ohne Rauch kann er hierauf kaum etwas erkennen.
Ich frage ihn, ob er weiß, wer die Begleiter seines Onkels waren. Tom ist sich nicht sicher, er meint, dass sie wohl zu dritt unterwegs und lange Freunde waren, sich aber lange wieder getrennt hatten, bevor sein Onkel zurück nach Bree kam. Und immer wenn es der Familie in der Zukunft finanziell schlecht erging, verschwand sein Onkel für ein paar Tage und kam mit ausreichend Geld wieder zurück.
Irgendwie kämen ihm zwei Personen in den Sinn, ein Mensch mit Namen Egil und der Zwerg Gorn. Das Ganze sei aber auch schon 20 Jahre her, so alt sei er selber ja noch gar nicht. Vielleicht wisse sein Vater mehr über die Begleiter. Aber diesen brauchen wir wohl nicht nach diesen Begleitern fragen, sein Vater halte nichts von dieser ganzen Schatzsucherei. Tom vermutet sogar, dass dieser eher die Schatzkarte verbrennen würde, als ihr Glauben zu schenken.
Es dauert, bis wir den passenden Weg zurückfinden, es ist eher ein gestolpertes Umherirren, was wir heute zustande bringen. Wir beschließen, den Wald zu verlassen und dann außerhalb über die Straßen nach Bree zu laufen. Das dauert zwar noch einen Tag länger, dafür ist es sicherer. Bevor wir in Bree ankommen, machen wir noch einen Abstecher am Friedhof vorbei und vergraben den deutlich müffelnden Leichensack im Erdboden. Durchs Osttor betreten wir die Stadt gerade vor Einbruch der Dämmerung und Torschluss.
Tom geht alleine nach Hause, seinem Vater wird er erzählen, dass er, als er am Grab seines Onkels trauern wollte, dort den Leichenraub bemerkte. Er konnte den Grabräuber noch in einiger Entfernung sehen und verfolgte diesen zusammen mit uns. Auf der Flucht vor uns ließ der Räuber den Leichensack irgendwann zurück, wir sammelten ihn auf und haben ihn nun wieder zurückgebracht.
Wir machen uns auf in das sehr gut besuchte Pony, lassen unsere dreckige, stinkende Wäsche reinigen und nehmen erst einmal ein schönes, warmes, wohltuendes Bad, sooooo geht Entspannung.
Danach gibt es endlich mal wieder etwas leckeres zu Essen und zu trinken, das wir in Ruhe genießen können, ohne wieder mit Hast im Nacken weiterreisen zu müssen. Und danach freue ich mich auf ausgiebig langen Schlaf im Bett. Mein letzter Gedanke ist: „Ein oder zwei Tage durchschlafen, nur unterbrochen von der ein oder anderen stärkenden Mahlzeit, dann geht es uns bestimmt auch bald wieder gut.“, bevor ich in einen tiefen Schlaf falle.



