6. Juni 2955 DZ – Auszug aus den Reiseberichten von Cornifera Grünblatt
Nachdem der Troll die Höhle geräumt hatte, und wir uns den Rest der Nacht ausgeruht hatten, packten wir den Leichnam und die Karte, sowie ein paar liegengebliebene Wertgegenstände ein und machten uns auf den Rückweg. Eigentlich kannte ich ich den Weg recht gut, und war zuversichtlich, uns rechtzeitig zum Abendessen ins „Tänzelnde Pony“ zu leiten. Aber die Aufregung über das bestandene Abenteuer und vor allem über die Schatzkarte, lenkten mich doch zu sehr ab, so dass ich einen klitzekleinen Bogen schlug, der uns dann doch noch eine weitere Nachtruhe im Freien bescherte. Aber die anderen haben das wohl gar nicht bemerkt. Naja, vielleicht haben sie auch einfach nix dazu gesagt…
Tom Heidening fragte uns, ob wir den Schatz suchen wollten, und ob er mitkommen dürfte. Aber wir sollten seinem Vater bloß nichts davon erzählen. Wir sagten ihm, dass wir das in Bree entscheiden würden.
7. Juni 2955 DZ
Heute erreichten wir dann aber wirklich Bree. Wir sorgten dafür, dass Timeas Überreste wieder ordnungsgemäß bestattet wurden. Dann quartierten wie uns im „Pony“ ein, reinigten erst unsere Ausrüstung und dann uns selbst und gingen nach einem anständigen Abendessen zufrieden in die warmen Federbetten.
8. Juni 2955 DZ
Beim Frühstück setzte sich Tom zu uns, und jammerte erst einmal über die Anstrengungen der letzten Tage. Dabei haben WIR doch das meiste getan! Na gut, er ist noch jünger als ich, und das war das erste Mal, dass er „auf Abenteuer“ war. Trotzdem, ICH bin kleiner und schwächer als er und noch dazu eine Frau! Der soll mir mal was erzählen. Er hat dann auch schnell gemerkt, dass er damit nicht gut ankam und Ruhe gegeben. So konnten wir uns dann der Karte widmen und mit den Planungen beginnen.
Wir hatten ja schon die Himmelsrichtungen und zwei Markierungen identifiziert. Tief in den Mückenwassermooren galt es einen „schwarzen Grabhügel“ und einen „Königsstuhl“ zu finden. Letzterer sollte in den Überresten eines alten Gemäuers liegen. Nach längerem Nachsinnen erinnerte sich Annungildor, dass es dort, wo heute die Moore liegen, ein Fürstengut der Menschen gab. Es müsste wohl von der Wetterspitze aus ca. 50 Meilen gen Westen gelegen haben. Das war ja schonmal ein Ansatz.
Die Streckenplanung war ziemlich einfach, auf der Alten Straße in Richtung Wetterspitze, dann zwischen Mückenwassermooren und Gebirgsrand nach Norden bis zu dem Punkt, an dem wir nach den Erinnerungen des Elben nach Westen ins Moor müssten. Alles in allem rechneten wir mit 2-3 Wochen Reisezeit. Tom reagierte darauf mit ungläubigem Staunen, weil doch die Mückenwassermoore gar nicht weit weg von Bree liegen. Der hat doch wohl nicht ernsthaft geglaubt, dass wir geradenwegs ins Moor latschen und so im Handumdrehen mal eben die Punkte auf der Karte finden!?
Aber trotzdem wollte er uns unbedingt begleiten. Annungildor nahm in daraufhin mit auf den Hof, um zu testen, ob der Junge sich überhaupt in der Wildnis verteidigen könnte. Schließlich hatten wir von den Wirtshausgästen Berichte über ein unheimliches Wolfsrudel in den Mooren gehört. Der Test lief wohl zufriedenstellend, denn Annungildor meinte anschließend, dass er mitkommen könnte. Also war soweit alles klar. Wir nahmen uns vor, den Rest des Tages mit Einkäufen und Vorbereitungen zu verbringen und am nächsten Tag aufzubrechen.
20. Juni 2955 DZ
Nach 11 Tagen erfreulich ereignisarmer Reise hatten wir heute den Rand der Moore erreicht. Von hier aus wurde es dann deutlich mühsamer. Matsch, Wasser, Luftfeuchtigkeit, Mücken und der ununterbrochene und nervtötende „Gesang“ der Zirperkirper, wie diese übergroßen Zikaden genannt werden, setzten uns arg zu. Auch das folgende Nachtlager bot da keine große Erholung.
21. Juni 2955 DZ
Heute haben wir den „Königsstuhl“ gefunden. Ein Hügel im Moor mit mehreren Kuppen und einer Senke dazwischen. Das erste was wir darüber hinaus noch fanden, waren reichlich Wolfsspuren um und auf dem Hügel. Aber es schien zunächst alles ruhig, daher bestiegen wir vorsichtig eine der Kuppen und sahen uns um. In der Senke stand ein Stein, der tatsächlich wie eine Art Sitz oder Thron geformt war. Von hier oben sah es sogar so aus, als säße jemand darauf.
Auch hier gab es viele Wolfsspuren und in den Kuppen des Hügels gab es mehrere Spalten und Öffnungen. Aber immer noch war alles ruhig, also gingen wir hinunter. Auf dem „Stuhl“ saß tatsächlich etwas. Ein echt großes Insektennest mit echt großen Viechern darin! Die ganze Umgebung wirkte seltsam bedrückend auf uns, so dass der Waldläufer einen Einfluss des dunklen Bösen vermutete.
Um weiterzukommen mussten wir die Insekten beseitigen. Wir schlugen sie mit Rauch und Feuer in die Flucht. Die ganze Zeit war ich mir schon sicher, dass sich jemand einfach nur auf den Stein setzen müsste, um einen Hinweis zu bekommen. Als also Sigmar und der Damrod das Nest wegräumten, kletterte ich sofort auf den Stein… und landete auf Annungildors Schoss, der natürlich genau dasselbe gedacht hatte. Wir grinsten uns kurz an, und sahen dann zusammen in die Richtung, die sich aus dem Sitz ergab. Ungefähr eine Tagesreise entfernt erhob sich dort ein weiterer Hügel, in dem wir den „Grabhügel“ vermuteten. Zügig brachen wir in die Richtung auf, um vor der Abenddämmerung noch möglichst viel Abstand von diesem „Königsstuhl“ zu bekommen.
Die folgende Nacht war sternenklar und so konnten wir beobachten, wie auf dem Steinhügel ein Rudel Wölfe erschien. Ein besonders großer Wolf schien der Anführer zu sein. Mit zunehmendem Unbehagen sahen wir, wie das Rudel den Hügel verließ und in unsere Richtung zog…