Fuchsohr

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Schon Generationen vor meiner Geburt hatten die Götter ganz Krynn verlassen. Nur ihre Sterne wachten weiterhin blass am Nachthimmel. Die Welt war im finsteren Zeitalter der Verzweiflung versunken. Jedoch gelang es meinem Stamm, den Que-Shu, zu überleben. Zwar gewährte uns Habbakuk keine Wunder mehr und sprach nicht mehr in Visionen zu uns. Dennoch konnten meine Vorfahren noch immer ihre Weisheiten aus den unzähligen Verflechtungen der Natur ziehen, die alle Geschöpfe untereinander und mit dem Land selbst zu einem großen Miteinander verknüpften. So überdauerten wir diese dunkle Epoche, während die übrigen Menschen, Elfen und Zwerge ihre eigenen Wege fanden.

Fuchsohr

Mein Leben änderte sich an dem Tage, an dem Nachtpirscher, ein wortkarger und eigenbrötlerischer Wanderer, in unser Lager kam. Er war ein Stammesmitglied, das als Einsiedler ein Leben allein in der Wildnis, abgeschieden von uns anderen, führte. Doch in Notzeiten war er bereit, uns mit seinem Wissen über die Natur zu helfen. An diesem Tag war Nachtpirscher zu uns gekommen, um nach jemandem zu suchen, dem er dieses Wissen weitergeben konnte. Alle Kinder wurden ihm vorgeführt, seine Wahl fiel auf mich. Warum hat er mir nie gesagt. Ich musste mein Leben im Stamm aufgeben und mit ihm fortgehen. Die erste Zeit war schwer für mich und von Heimweh geprägt. Doch ich gewöhnte mich daran, und mit den Jahren lernte ich viel von Nachtpirscher über die Geheimnisse der Natur und die Götter, die uns verlassen hatten.
Während wir uns in die Wildnis zurückgezogen hatten, brach der Krieg der Lanze aus, der abermals viel Elend und Leid mit sich brachte. Zwar hörten wir von dem neuen Krieg, gingen den Kämpfen jedoch aus dem Weg. „Unsere Aufgabe ist es, unsere Traditionen und das Land zu schützen“, beharrte Nachtpirscher auf seinem Standpunkt, sich nicht in den Krieg einzumischen. Dennoch oder vielleicht auch deswegen gewährte uns Habbakuk seine Gnade. Denn die Götter kehrten zurück und ihre Sterne erstrahlten am Nachthimmel in neuem Glanz. Die Kräfte aus alter Zeit, von denen Nachtpirscher mir immer nur aus Legenden berichten konnte, erwachten wieder in uns. So wurden wir zu wahren Druiden, zu Priestern Habbakuks. Der Krieg der Lanze endete, die Mächte des Bösen wurden zurückgeschlagen. Die Götter wachten am Himmel und wir in der Wildnis. Nachtpirscher und ich unternahmen weite Streifzüge, auch über die Berge Abanasinias hinweg. Auf der anderen Seite des Gebirges stießen wir auf einen düsteren Sumpf, in dem die Ruinen einer alten Steinstadt versanken. Im Krieg der Lanze war sie eine Bastion der Dienerschaft der bösen Götter gewesen. Als wir die Ruinen umwanderten, stießen wir an einem tiefen Brunnen auf eine gewaltige Kreatur. Blitz, ein mürrischer Drache mit bronzefarbenen Schuppen und Schwingen. Er war als Wächter hierher entsandt worden, um über die leere Stadt zu wachen. Wenn der Drache sein Maul aufriss, umspielte Elmsfeuer seine dolchartigen Zähne. Nachtpirscher erkannte jedoch, dass Blitz auf der Seite der gleichen Götter stand, zu den auch Habbakuk gehört. In den folgenden zwei Jahren suchte mein Lehrmeister den Drachen immer wieder auf, um sich mit Blitz auszutauschen. Manchmal durfte ich ihn begleiten, oft ging Nachtpirscher auch allein. Dann blieb ich im Lager zurück, damit das Land weiterhin einen Wächter hatte, während Nachtpirscher auf Reisen war. Dieses Mal verspätete sich Nachtpirscher auf dem Rückweg. Als er schließlich im Lager eintraf, erreichte er mich mit letzter Kraft. Verwundet brach mein Mentor in meinen Armen zusammen, ächzte: „Blitz ist fort … das Böse ist zurück … such Caramon … er weiß, was zu tun ist …“ und starb. Nachdem ich seine Seele verabschiedet und seinen Körper dem Kreislauf der Natur überlassen hatte, machte ich mich auf den Weg nach Solace, voller Trauer um Nachtpirscher und in großen Sorgen, was seine unheilvollen letzten Worte für eine neue Bedrohung ankündigen mochten. Ich kann nur hoffen, dass Habbakuk mir helfen wird, meine Mission zu erfüllen.

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