Der König in Rot 2 – Lange dürre Finger

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Dienstag, der 3. Tag des VII. Monats im Jahre 888 nG – Nach wir in Wilburs kleinem Häuschen ein gemeinsames, leichtes Frühstück verzehrt haben, macht sich der Halbling auf den Weg zum Archivar Brayan. Er will mit dem Geistlichen nochmal über die Expedition zur geheimen Höhle tief im Alten Wald sprechen. Während Jeannie sich sich um den Haushalt und ihren Sohn Pell kümmert, brechen auch Krätze, Melina und ich auf. Der Goblin will herausfinden, was aus Aldemar Kemp geworden ist, nachdem wir Pfeilersruh im Frühjahr in Richtung Kreutzing verlassen haben. Melina und mich hingegen zieht es in den Alten Wald. Wir wollen auskundschaften, ob sich die Dunklen Schriftzeichen, die in die Rinde eines Baumes eingebrannt wurden, dort noch immer finden.
Als Wilbur bei Brayan anklopft, ist der Priester durchaus erfreut, den Gelehrten wiederzusehen. Der Archivar bietet dem Halbling Tee an. Als sie über die geplante Exkursion zu jener Höhle reden, in welcher der Priester hofft, in die Sphäre des Göttlichen spähen zu können, fallen dem Halbling kleine Schnittwunden an dessen Händen auf.
Doch Brayan tut diese als unbedeutend ab. Viel wichtiger ist ihm, dass sie im frühen Morgengrauen aufbrechen und noch vor Nachteinbruch wieder im Dorf sein werden.
Der Alte Wald ist unheimlicher Landstrich und Brayan will dort auf keinen Fall übernachten müssen. Wilbur willigt ein und verabschiedet sich von dem Priester. Auf dem Rückweg zu seinem Haus schlendert Wilbur durch Pfeilersruh und hält die Ohren offen. Doch er erfährt wenig Neues. Ein Teil der Dörfler tut Brayan als verkopften Spinner ab, der dubiosen Gedanken nachhängt. Andere Leute hingegen finden, dass der Priester einen interessanten neue Blickwinkel bietet, was die Vereinbarkeit der Alten Götter und dem Neuen Glauben angeht. Und einigen Dörflern ist schlicht egal, was Brayan predigt. Dafür erfährt der Halbling noch Besorgniserregendes: Ein Händler verschwand auf dem Weg von Pfeilersruh nach Kaltwasser auf der Straße durch den Alten Wald. Sein Karren wurde eine Stunde entfernt von einem befestigen Gasthaus gefunden. Von dem Händler selbst und seinem Pferd jedoch fand man keine Spur. Außerdem gilt ein Jäger aus Pfeilersruh im Alten Wald verschollen…
Krätze findet unterdessen heraus, dass Aldemar damals von seinem Vater Olmor Kemp unter Arrest gestellt worden ist. Warum wissen die Leute aus Pfeilersruh nicht genau. Gerüchte über kleinere Vergehen während seines Studiums in der Stadt und eine Frauengeschichte machen die Runde. Aber niemand spricht über Schwarze Magie, Totenerweckung und Priestermord. Interessant ist, dass sich Aldemar seit einem Monat nicht mehr unter Arrest befindet. Sein Vater, der Bürgermeister, soll schwer erkrankt sein. Welches Leiden Olmor Kemp befallen hat, ist nicht bekannt. Manche sprechen von Gicht, andere meinen, er habe ein schwaches Herz. Jedenfalls kümmert sich seither Aldemar um die Geschäfte auf dem elterlichen Hof.
Melina und ich suchen im Dickicht des Alten Waldes nach dem Baum mit den Symbolen der Dunklen Sprache. Leider können wir den Baum nicht wiederfinden. Dafür entdecken wir tief in Wald einen mehr als zwei Meter hohen Monolithen, der dicht mit Moos und Efeu bewachsen ist. Als ich mit meinem Dolch das dicke Moos abschabe, finde ich darunter verwitterte Symbole und eine eingravierte Elfengestalt. Der nur mit einem Lendenschurz bekleidete Elf reckt ein großes Schwert in die Höhe. Bei den Symbolen handelt es sich um elfische Schriftzeichen. Melina macht sich daran, die Felsgravur abzuzeichnen.
Ich erkunde die nähre Umgebung rund um den Monolithen. Gibt es hier noch weitere Spuren des Elfenvolkes, das Legenden nach schon vor langer, langer Zeit die heutigen Länder des Imperiums verlassen hat? Doch stattdessen kreuzt ein Fuchs mit buschigem Schweif meinen Weg. Als ich ihn folge, steht vor mir ein Mann, dessen Gesicht tief im Schatten seiner Kapuze verborgen liegt. Der Fremde warnt mich davor, den Alten Wald zu erkunden. Etwas Gefährliches streife zwischen den knorrigen Bäumen herum und töte wen es treffe, berichtet der Mann. Bevor ich ihn fragen kann, was genau er für ein Wesen meint, verschwindet der Fremde genau so rätselhaft, wie er aufgetaucht ist. In der Ferne meine ich ein dunkles Heulen zu hören …
Ich vermute, dass es der Mann jener Druide ist, der auch schon mit Wilbur gesprochen hat und gehe zu Melina zurück. Sie hat inzwischen ihre Zeichnung vollendet wir machen uns auf den Rückweg nach Pfeilersruh. Damit wir später dem Monolithen wiederfinden können, hinterlasse ich auf dem Rückweg an einigen Baustämmen Waldläuferzeichen.
Als wir Wilburs Haus wieder erreicht haben, möchte Melina die Taschenuhr, die sie in Avelten unter Jeannies Bett gefunden hat, zurückgeben. Doch Jeannie erklärt, dass diese Uhr nicht ihr gehört und wirkt dabei etwas peinlich berührt …
Wilbur und Krätze sind auch schon da. Wir tauschen unsere Erfahrungen aus. Da wir noch Zeit haben, suchen wir den Dorfbüttel Harald Krey auf. Krey bietet uns Bier an und bestätigt uns, dass ein Händler und ein Jägersmann im Alten Wald verschwunden sind. Auch die Berichte über die Erkrankung des Bürgermeisters stimmen. Zwar sei ein Heiler aus Kreuzing gekommen, doch der Medicus habe Kemp nicht helfen können, brummt Krey. Wilbur bietet an, mal auf dem Hof von Olmor Kemp vorzusprechen. Vielleicht können seine Heilkräfte dem Bürgermeister Linderung verschaffen. Harald Krey berichtet uns noch von furchteinflößendem Geheul, dass einige Leute im Wald gehört haben wollen. Zudem habe man seltsame Spuren von Hufen, Tatzen und Klauen gefunden. Da diese jedoch zu groß für gewöhnliche Tiere waren, wird nun befürchtet, dass Fumore im Wald umhergehen. Verdrießlich meint Krey, dass diese seltsamen Ereignisse vor etwa einem Jahr begannen, als der Imperator auf dem Alabasterthron ermordet wurde.
Da es schon spät geworden ist, bedanken wir uns für das Gespräch und verabschieden uns.

Mittwoch, der vierte Tag des VII. Monats im Jahre 888 nG – Kurz nach dem ersten Hahnenschrei bricht Wilbur Weinberger zur kleinen Kirche von Pfeilersruh auf. Priester Brayan ist bereits reisefertig und gemeinsam machen sie sich auf den Weg zur der geheimnisvollen Höhle. In der Manteltasche des Halbings verborgen befindest sich ein Beutel mit kleinen, hellen Steinchen. Mit ihnen möchte Wilbur den Weg markieren, auf dem Brayan ihn durch den Wald zur Höhle führen wird.
Aus sicherer Entfernung beobachten Melina, Krätze und ich die beiden und folgen ihnen heimlich wie abgemacht.
Wilbur und Brayan kommen an dem Hof von Bauer Schinke vorbei. Eine große, feuchte Suhle, vielstimmiges Grunzen aus den Stallungen und der unverwechselbare Schweinegeruch kündigen von Schinkes Gewerbe. Die Gebäude wirken etwas heruntergekommen. Hier und da müssten ein paar kleinere Reparaturen durchgeführt werden, eine neuer Anstrich wäre ebenfalls überfällig. Doch der Bauer ist noch immer bekannt dafür, die besten Würste weit und breit herzustellen. Wilbur und der Priester beschließen, Schinke einen Besuch abzustatten. Als Landwirt ist es dieser gewohnt, früh aufzustehen. Auf ihr Klopfen hin öffnet der alte Halbling die Hoftür. Er ist fast vollständig kahl, nur am Hinterkopf hat er noch einen dünnen Kranz lichten Haares. Dafür spannt sich sein schwerer Bauch unter einem zu knappen, schmuddeligen Leinenhemd und kleine Fettwülste schieben darunter hervor. Aus dem dunklen inneren des Hauses schlägt den beiden Wanderern muffige, abgestandene Luft entgegen. Als Schinke Wilbur erkennt, breitet sich ein Ausdruck milder Freunde über seinem roten, feisten Gesicht aus. Die beiden Halblinge wechseln ein paar Worte. So erfährt Wilbur, dass zu Schinkes Verdruss dessen beste Zuchtsau Susi mitten in der Nacht aus dem Stall geraubt worden ist. Während er berichtet, wird Schinke von einem Husten geschüttelt und würgt bräunlichen Auswurf hoch, den er in die Wiese spuckt.
Wilbur macht sich etwas Sorgen um den alten, fetten Halbling und verspricht, in den nächsten Tagen erneut vorbeizukommen. Dann kaufen er und Brayan noch vier Würste von Schinke und setzen ihre Wanderung fort. Bald erreichen sie eine Stelle, in der Brayan in den Alten Wald abbiegt. Unbemerkt lässt Wilbur zwei Steine zu Boden fallen, dann folgt er dem Archivar in den dunklen Forst.

Aus einiger Entfernung beobachten wir, wie die beiden im Wald verschwinden. Als wir über die Wiese auf den Waldsaum zugehen, fallen Krätze im hohen Gras frische Blutstropfen an den trockenen Halmen auf. Als ich mir die Sache ansehe, entdecke ich den Abdruck eines nackten Fußes in der Wiese. Die Spur führt nach Norden und scheint vom Hof von Bauer Schinke zu kommen …
Wir beratschlagen uns kurz, dann beschließen wir, dass es wichtiger ist, Wilbur und dem Priester zu folgen. Der Spur von Wilburs Steinen folgend, dringen wir tief und tiefer in den Alten Wald hinein.

Gegen Mittag erreichen Brayan und Wilbur einen begrünten Hügel in dessen Flanke sich ein niedrigere Höhleneingang auftut. Aus dem Loch steigt ein leichter Dunst auf.
Brayan erklärt, dass sie ihr Ziel erreicht haben und sich nun darauf vorbereiten müssen, dass Göttliche zu sehen. Hierzu sei es wichtig, alle metallischen Objekte abzulegen. Geschmiedetes Metall würde die Aura im Inneren der Höhe stören. Sorgsam bettet Brayan eine Laterne, ein Messer und sein Schlangenmedaillon in eine Kuhle zwischen den Wurzeln eines Baumes. Wilbur fügt sich und legt unter anderem sein Hilfswachtmeisterabzeichen und die Singalpfeife, die ich ihm am Morgen überlassen habe, dazu. Dann deckt der Archivar alles mit seinem Mantel ab und wendet sich dem Höhleneingang zu. Der Mensch muss sich tief bücken, um in den Hügel hineinzukriechen. Wilbur folgt ihm und stellt fest, dass sich hinter dem Höhleneingang ein Schacht verbirgt, der ein kleines Stück in die Tiefe führt. Im Innern der Höhle ist es stickig, feucht und warm, alles ist voller Wasserdampf. In der Dunkelheit ist das träge Blubbern einer heißen Quelle zu hören und ein leichter, rötlicher Schimmer hängt in der Luft.
Doch da ist noch etwas anderes, ein unangenehmer, süßlicher Gestank, faulig und kränklich. Brayan schnuppert verwirrt und fragt „Was ist das?“
Nicht Gutes ahnend lässt Wilbur seinen Wanderstecken magisch aufleuchten und pirscht vorwärts, den irritierten Archivar im Schlepptau …

Draußen haben auch wir den Hügel erreicht. Melina findet Brayans Mantel unter einem Baum und darunter die zurückgelassenen Metallgegenstände. Krätze und ich nähern uns der Höhle an. Mir fällt ein rötlicher Schimmer im aufsteigenden Kondenswasser auf. Ich streiche mit den Fingern durch das nasse Gras vor der Höhle und rieche daran. Verdammt: Blut…

Im Inneren des Hügels erreichen Brayan und Wilbur einen kleinen Schlammtümpel, auf dessen Oberfläche aufsteigende Blasen zerplatzen. Hier ist die Luft besonders schwül. An den Höhlenwänden spießen kleine Kristalle, die leicht phosphoreszieren und einen schwaches, rötliches Licht verbreiten.
Am Rand der unterirdischen Quelle jedoch wartet eine böse Überraschung auf Wilbur und Brayan. Dort liegt die Ursache des Gestanks: eine feucht glänzende, vollständig gehäutete menschliche Leiche, deren nässendes Fleisch vor Maden wimmelt.
Während der Priester sich schockiert abwendet, versucht Wilbur Einzelheiten zu erkennen. Offenbar wurde dem Opfer die Kleidung vom Leib gerissen. Anscheinend war ein gewaltiger Biss in die Kehle die Todesursache. Die Haut des Toten befindet sich nicht in der Höhle, dafür prangen an den Wänden blutige Handabdrücke. Doch die Finger sind zu lang, um von einem Menschen zu stammen …

Krätze ist bereits im Höheneingang verschwunden, als ich Melina zurufe, dass hier überall Blut ist. Wir folgen dem Goblin in den Hügel hinein. Bald haben wir Krätze eingeholt. Anders als meine Gefährten kann ich nicht in der Dunkelheit sehen. Doch ich erkenne den Geruch und höre vor mir den Priester angsterfüllt stammeln. Wilbur bemerkt Krätze und gestikuliert, wir sollen verschwinden, bevor Brayan uns sieht.
Wir treten den Rückzug aus der Höhle an und verstecken uns im Wald, damit dem Archivar nicht auffällt, dass wir Wilbur und ihn verfolgt haben.
Wenig später kommen der Halbling und der Priester aus er Höhle gekrochen. Dabei bemerkt Wilbur einen Zettel, der in der Nähe des Höhleneingangs liegt und steckt ihn geistesgegenwärtig ein. Brayan ist wegen dem Leichenfund sichtlich mitgenommen. Er berichtet erschüttert, dass er am Tage vor Mittsommer das letzte Mal hier war. Damals sei die Leiche noch nicht dort gewesen. Wilbur und Brayan verlassen den Hügel und kommen an dem Monolithen vorbei, den Melina und ich zuvor im Wald entdeckt haben.
Der Anblick der elfischen Felszeichnung lenkt den Archivar etwas von dem Schock ab, den er in der Höhle erlitten hat. Es gelingt dem Priester die Worte zu übersetzen:

„Geschmiedet im Feuer brennender Trolle
und dem Blut unseres Volkes.“

Am späten Nachmittag erreichen Priester und Druide wieder den Hof von Bauer Schinke.
Sie gehen weiter nach Pfeilersruh, wir anderen untersuchen die mittlerweile getrocknete Blutspur. Nach etwa 10 Metern zweigt die Spur von der Wiese in den Alten Wald ab. Wir entdecken eine zweite Fährte, die aus Nordwesten kommt. Beide führen zum Waldsaum. An einem der Baumstämme finden wir den blutigen Abdruck einer Hand mit langen, dürren Fingern…

Als er nach dieser aufwühlenden Wanderung wieder sicher Zuhause ist, betrachtet Wilbur das Stück Papier, dass er gefunden hat. Es handelt sich um eine Karte, die anscheinend aus einem Buch herausgetrennt worden ist. Sie erinnert ihn an eine der Karten aus den Kreuzfahrerburgen und zeigt die Gegend um Pfeilersruh mit einem Teil des Alten Waldes. Tief im Wald, ein ganzes Stück südwestlich von der Höhle entfernt, hat jemand eine Stelle mit einem eingekreisten X markiert. Was mag sich dort nur befinden?

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