Aus dem Brief Ew. Gnaden Gregor von Angenburg, Prior und Ritter Rondras an Ew. Hochwürden Julius Leonherz, Ritter vom heiligen Orden zur Wahrung aller Taten zu Ehren unserer Frauwen und Göttin Rondra zu Rhodenstein
Rondra zum Gruße Hochwürden!
Ein trauriger Anlass ist der Grund meines Schreibens an Euch: Ew. Gnaden Jasper Leuintreu Dobelsteen ist tot.
Vor einigen Wochen bat ich Bruder Jasper, dem Obristen von Angenburg zu Diensten zu sein. Bis zu dem Tag gab es nicht all zu viel aus unserer kleinen Stadt zu berichten, so dass es mir schien, als sei Bruder Jasper erfreut über die neue Aufgabe. Über seine Reise führte er gemäß den Statuten der Rhodensteiner gewissenhaft Buch. Seine Aufzeichnungen bis zu jenem verhängnisvollen Tag habe ich dem Schreiben beigefügt. Nachfolgend möchte ich Euch von der letzten Nacht und dem Kampf am Morgen berichten, in dem Bruder Jasper starb, so wie es mir von einigen Männern angetragen wurde, die selbst dabei zugegen waren.
Die Aufzeichnungen unseres Mitbruders endeten mit dem Kampf gegen einige Orks am Abend des 19. Rondra 1030 BF.
Während die Schwarzpelze knapp außerhalb eines Bogenschusses drei Lager um das Baumhaus der Elfen errichtet hatten, versorgte Meister Retus die Verwundeten der Schlacht. Bruder Jasper, selber schwer verwundet, betete für die Männer in seinem Gefolge, und Rondra erwies sich als Gnädig und heilte zahlreiche Wunden. Auch den meisten Elfen ging es, dank des Gegenmittels und der sachkundigen Arbeit Meister Retus’, schon deutlich besser. Dennoch würde es einige Tage dauern, so Elenia Morgentau, bis ihre Leute kampf- und reisebereit wären.
Und während man noch die Möglichkeiten bedachte, waren in der Dunkelheit Hörner zu hören, Orkhörner, im Lager, aber auch weiter weg. Die weitesten mussten aus den Bergen bis hierher schallen. Bald war allen klar, dass die Orks Verstärkung erhalten würden. Spätestens am kommenden Abend, so Elenia, könnten Krieger aus den Bergen hier am Dorf sein. Bruder Jasper und den Männern und Elfen blieb nur, einen Ausfall zu wagen, denn in dem Baumhaus saßen sie in der Falle.
Bei der Planung der Strategie erwiesen sich die Elfen als recht starrsinnig. Man ist von diesen, höflich formuliert, hilflosen Wesen ja einige Sonderbarkeiten gewohnt, in dieser Nacht schienen sie aber jegliches Interesse an ihrem Überleben verloren zu haben. Wenn ich die Berichte richtig verstanden habe, und ich habe mehrfach nachgefragt, weigerten die Elfen sich zu kämpfen, weil sie die Schlacht verloren sahen. Lieber würden sie lethargisch in ihrer Behausung sitzen und den Tod erwarten, als aufrecht und ehrvoll in der Schlacht zu kämpfen.
Nach längerer Diskussion teilte Elenia Bruder Jasper mit, dass die Elfen beschlossen hatten, am Morgen in den Wald zu fliehen. Zwar würden es nicht alle schaffen, aber immerhin würde man so einige Retten. Bruder Jasper entwarf daraufhin einen Plan, möglichst vielen Elfen zur Flucht zu verhelfen. Während Elenias Leute nach Westen fliehen sollten, wollte Bruder Jasper mit seinen Söldnern das Lager des Kommandanten der Orks im Osten angreifen.
Nachdem der Plan beschlossen war, begaben sich alle zur Ruhe, um Kraft für das bevorstehende Gefecht zu sammeln.
Am nächsten Morgen berichtete Gargrimmsch von einer Nachricht, die während seiner Wache mit einem Pfeil hinauf geschossen worden war. Auf dem Zettel waren nur einige Bilder zu sehen. Ein Wagenzug und zwölf Bewaffnete, vermutlich auf der Straße im Süden unterwegs. Vermutlich stammte die Nachricht von einem Späher namens Stefan, der im Wald bei den Tieren zurück geblieben war, als das Elfenhaus von den Orks belagert wurde. Da über den Inhalt der Nachricht nur spekuliert werden konnte, beschloss man, sie nicht bei den Planungen zu berücksichtigen.
Nach einem Gebet, welches Bruder Jasper zu allen sprach, verließ man das Haus, und während die Elfen nach Westen flohen, griffen die Söldner gemeinsam mit Bruder Jasper das Orklager im Osten an.
Sechs Schwarzpelze stürmten ihnen entgegen, die, wie die Orks aus den anderen Lagern, den fliehenden Elfen hinterher wollten. Kurze Zeit später, preschte ein Reiter hinter den Angreifern vor, und mit ihm einige Kampfhunde. Der Berittene, augenscheinlich der schwer gerüstete Ork des gestrigen Tages, lenkte sein Pferd direkt den Elfen hinterher. Bruder Jasper brach aus der Formation aus, um den Anführer zu stellen, und während die Hunde weiter den Elfen hinterher jagten, wandte sich der Ork hoch zu Ross unserem Mitbruder zu. Er stieg vom Pferd, Bruder Jasper erbot ihm seinen Schwertgruß. Der Ork stürmte an.
Der Kampf, den die beiden führten, war kurz. Der Orkanführer brauchte nur zwei mächtige Hiebe, die Bruder Jasper niederstreckten, danach ritt er den Elfen hinterher, die aber durch diese Ablenkung genug Zeit hatten, den sicheren Schutz des tiefen Waldes zu erreichen.
Die Söldner konnten die restlichen Orks bezwingen, nicht zuletzt wegen der eintreffenden Hilfe von einigen weiteren Männern eines Wagenzuges auf der südlichen Straße, denn es war wirklich der Späher gewesen, der nachts die Nachricht „überbracht“ hatte und nun diese Männer zu dem Elfenhaus führte.
Obwohl Bruder Jasper rasch Hilfe erhielt, konnte keiner der Heiler noch etwa für ihn tun. Sein Leichnam wurde bei dem Schlachtfeld begraben. Sein Schwert und seine Fibel übersende ich Euch mit diesem Schreiben.
Nach allem, was mir berichtet wurde, war der letzte Kampf Bruder Jaspers ein gerechter und ehrenvoller, unserer Herrin zum Wohlgefallen. Ich möchte Euch dennoch meine Tiefe Bestürzung und Trauer zu seinem Dahinscheiden übermitteln und verbleibe mit besten Wünschen ergebendst Euer Gregor.