Wylan Lichtträger

Schreibe eine Antwort

Wylan, ein einfacher Bauernjunge aus einem verschlafenen Dorf der Nördlichen Weite, war stets von Fernweh geplagt. Die monotonen Tage auf den Feldern ließen ihn von Abenteuern träumen, und als sich die Gelegenheit bot, schloss er sich einer Piratencrew an. Das raue Leben auf See lehrte ihn mehr, als er je in seinem Heimatdorf hätte lernen können. Mit dem Säbel in der Hand und Pulverdampf in der Nase entdeckte er seine Faszination für Sprengstoff und Artillerie. Doch sein jugendlicher Leichtsinn ließ ihn die Gefahren der See unterschätzen.
Während eines gewaltigen Sturms, als donnernde Wellen das Schiff wie ein Spielzeug hin- und herwarfen, erkannte Wylan die Hilflosigkeit seiner Situation und die der Besatzung. In seiner Verzweiflung rief er zum Einen Gott – ein Gebet, das aus tiefster Seele kam. Als er die Hoffnung bereits aufgegeben hatte, wurde er von einer gewaltigen Welle über Bord gespült und sank bewusstlos in die Tiefe.

In der Dunkelheit erschien sie ihm: die heilige Margarethe, umgeben von strahlendem Licht. Ihre sanfte Hand zog ihn aus dem Abgrund, und ihre Stimme flüsterte Worte, die er nie vergessen würde: “Das Licht, das in dir brennt, kann Dunkelheit vertreiben. Lebe, um die Welt zu erhellen.” Als Wylan erwachte, lag er durchnässt und unterkühlt zwischen Trümmern des Schiffes und den Leichen seiner Crew am Strand von Porta. Dieses Wunder prägte ihn zutiefst.

Als er von einer Pilgerreise zu Ehren Margarethes hörte, schloss er sich den Gläubigen an. Er hoffte, durch seine Taten seine Dankbarkeit zu zeigen und den Sinn seines Überlebens zu finden. Doch die Reise wurde von Schrecken überschattet: Tote erhoben sich aus ihren Gräbern, und dämonische Kreaturen rissen Löcher in den Schleier zwischen den Welten. Wylan erkannte, dass das Böse keine Gnade kannte – und dass es jemanden brauchte, der sich ihm entschlossen entgegenstellte.

Doch Wylan trägt die Schatten seiner Vergangenheit mit sich. In stillen Momenten plagen ihn Schuldgefühle, die ihn nie ganz loslassen: die Bilder der ertrunkenen Crewmitglieder, die seinetwegen auf See geblieben waren. Er fragt sich oft, ob es nicht seine jugendliche Leichtsinnigkeit war, die ihre Schicksale besiegelt hat. Diese Gedanken nagen an ihm, doch sie spornen ihn auch an. Das Licht der heiligen Margarethe und ihre Botschaft, in der Dunkelheit Gutes zu bewirken, ist der einzige Anker, der ihn davor bewahrt, an sich selbst zu zweifeln.

Die Worte der heiligen Margarethe hallten in seinem Geist wider. Sie hatte ihm nicht nur das Leben, sondern auch eine Aufgabe geschenkt. Sein Säbel, einst ein Werkzeug der Gewalt, wurde nun zu einem Instrument des Schutzes.

Das Buch, das er eines Tages bei sich fand, betrachtet Wylan als ein heiliges Relikt, ein Rätsel, das die heilige Margarethe ihm hinterlassen haben muss. Obwohl er Analphabet ist, spürt er, dass dieses Buch eine wichtige Bedeutung hat, vielleicht sogar Antworten, die ihm noch verschlossen bleiben. Der fein verzierte Einband, die unleserlichen Symbole – all das scheint ihm wie ein Hinweis darauf, dass Margarethe ihn auf einen noch größeren Pfad führen will. Er trägt es stets bei sich, geschützt vor Wind und Wetter, und hofft, eines Tages die Geheimnisse zu entschlüsseln, die in den Seiten verborgen sind.

Als er nach der Pilgerreise zum Grab der heiligen Margarethe Julius Hendrik Abel kennenlernte und ihn um Hilfe bei der Übersetzung des Buches bat, verschmolz sein Buch mit dem von Abels Vater zu einem neuen Artefakt. Dies sah Wylan als ein weiteres Zeichen, dass seine Bestimmung größer war, als er sich vorstellen konnte.

Wylans Nachname, der einst unwichtig schien, wurde durch die Pilgerreise zu einem Symbol seines neuen Lebens: Lichtträger. Ein einfacher Bauernjunge, ein gescheiterter Pirat – und doch ein Mann, der sich dem Kampf gegen die Dunkelheit verschrieben hat, angetrieben von einem göttlichen Licht.

Doch Wylan blieb keine Zeit, sich lange mit den Geheimnissen seines Buches oder der Botschaft der heiligen Margarethe zu beschäftigen. Dunkle Vorzeichen kündigten eine neue Bedrohung an. Gerüchte machten die Runde von einem Mann, der ein gefährliches Artefakt in seinem Besitz hielt – den sogenannten Leerenstein, ein Relikt von unvorstellbarer Macht, das das Gleichgewicht der Welt ins Chaos stürzen könnte. Es hieß, der Leerenstein sei in der Lage, den Schleier zwischen den Welten zu zerreißen und Dämonen freien Eintritt zu gewähren. Wylan wusste, dass er diesem Mann und seiner finsteren Absicht Einhalt gebieten musste, koste es, was es wolle.

Schon bald wurde ihm klar, wie gefährlich seine Reise werden würde. Eines Nachts, während er in einem Wirtshaus Rast machte, spürte er die eisige Klinge eines Dolches, die auf seinen Hals zielte. Ein Attentäter, gekleidet in dunkler Robe, hatte sich in sein Zimmer geschlichen. Doch Wylan war vorbereitet. Mit einer schnellen Bewegung entriss er dem Angreifer die Waffe und überwältigte ihn. Doch konnte der elfisch, aber doch menschlich anmutende Angreifer, der auch zwei Hörner an der Stirn trug fliehen. Dieses Ereignis ließ Wylan keinen Zweifel: Seine Mission hatte ihn ins Visier mächtiger Gegner gebracht, und von nun an würde er jedem Schritt mit erhöhter Wachsamkeit begegnen müssen.

Seine Reise führte ihn zunächst zu den legendären Kreuzfahrerfestungen: Nimmerfall, Vorwerck und Hochenwacht. Diese uralten Bastionen waren nicht nur Bollwerke gegen die Dunkelheit, sondern auch Orte, an denen Wissen und Kampfkünste über Generationen hinweg weitergegeben wurden. Wylan wusste, dass er stärker werden musste, um gegen die Bedrohung bestehen zu können. In Hochenwacht begegnete er einem Waffenmeister, der als Meister des Derwischkampfstils bekannt war. Diese elegante, tödliche Technik verband Schnelligkeit, Präzision und die Kunst, den Kampf in fließender Bewegung zu führen. Der Waffenmeister erkannte Wylans Entschlossenheit und nahm ihn als Schüler an.

Die Ausbildung war hart und entbehrungsreich. Wylan verbrachte Monate damit, die komplizierten Techniken des Derwisch zu meistern – das Spiel von Säbel und Bewegung, das Ausnutzen des Schwungs, das Tanzen zwischen Gegnern, als wäre man ein Sturm. Jeder Schnitt seines Säbels sollte gezielt und durchdacht sein, jeder Ausfallschritt eine Symbiose aus Verteidigung und Angriff. Die Tage waren lang, die Nächte kurz, doch Wylan hielt durch. Es war Margarethes Licht, das ihn in seinen dunkelsten Momenten antrieb, und der Gedanke, dass sein Scheitern die Welt in den Untergang reißen könnte.

Als seine Ausbildung abgeschlossen war, fühlte sich Wylan stärker und schneller, doch der Weg vor ihm war noch lang. Er verließ die Festungen nicht als einfacher Pilger, sondern als ein Mann, der das Werkzeug in der Hand hatte, die Dunkelheit zurückzuschlagen. Die Reise zum Leerenstein hatte erst begonnen, und Wylan war bereit, alles zu riskieren, um die Welt vor dem Abgrund zu bewahren.

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert

Datenschutzhinweise: Die E-Mailadresse wird an den Dienst Gravatar übermittelt (ein Dienst der Wordpress Entwickler Auttomatic), um zu prüfen, ob die Kommentatoren dort ein Profilbild hinterlegt haben. Zu Details hierzu sowie generell zur Verarbeitung Deiner Daten und Widerrufsmöglichkeiten, verweisen wir Dich auf unsere Datenschutzerklärung. Du kannst gerne Pseudonyme und anonyme Angaben hinterlassen.