30 Travia, abends in Dreiseenbroich
Das weitläufig Tal, in dem das unbefestigte Dorf Dreiseenbroich liegt, ist idyllisch anzusehen mit seinen zwei kleineren und einem größeren See. Auf unserer Mission wenden wir uns zunächst der Wehrmotte zu und sprechen mit dem Haushofmeister Gosthelm, der um die 50 Sommer zählen mag. Da sich Karakal und Agrawan kurz vor unserer Ankunft im Dorf ein hitziges und langes Wortgefecht geliefert haben (worum es genau ging, hat kein anderer verstanden), sind beide sehr heiser und nicht gut bei Stimme, weshalb nun Einskaldier den Brief des Königs vorzeigt.
Gosthelm berichtet uns, dass der Freiherr Adomar schon seit etwa drei Wochen verschwunden ist, was uns noch mehr in Sorge versetzt. Zunächst erfahren wir aber keine weiteren Details, da Gosthelm darauf besteht, Karakal und Agrawan in der Burg mit einem heißen Tee mit Honig zu versorgen. Wir anderen unterhalten uns derweil mit Mispert, dem Waffenmeister des Dorfes, der uns gegenüber zum Glück etwas aufgeschlossener ist.
Von Mispert erfahren wir, dass der Haushofmeister schon dem alten Freiherrn diente und sich Hoffnungen machte, eines Tages selbst in diesen Stand erhoben zu werden. Dies geschah jedoch nicht, da der jetzige Freiherr Adomar durch den König Efferdan 1022 BF in dieses Amt eingesetzt wurde. Wahrscheinlich hegt Gosthelm daher einen Groll gegen den Freiherrn. Mispert zeigt sich ebenfalls besorgt durch die Geschichte vom verschwundenen Bruder Karakals. Da er aber gerade noch über zwei verbliebene Büttel befehligt, konnte er nach dem Verschwinden der Gruppe um den Freiherrn (dies waren der Freiherr selbst, Karakals Bruder Marik sowie drei Büttel) keine weitere Suchexpedition losschicken und entsandte daher einen Boten nach Andergast, um um Hilfe zu bitten. Mispert dachte zunächst, wir seien die Verstärkung, aber möglicherweise hat dieser Bote sein Ziel nicht erreicht. Als ortskundigen Führer für unsere Ermittlungen empfiehlt er uns Edelbrecht, eine Art Verwalter des Forstbezirkes.
Wir kehren zunächst in das Gasthaus “Dorfkrug“ ein, den der Wirt Arnbrecht und seine Gattin Trautgold führen. Der Gasthof ist schön und geräumig und macht seinem Namen alle Ehre, denn er wurde um die gesamte Eiche herumgebaut. Die blonde Trautgold (etwa Mitte 30) bewirtet uns gut und erweist sich als informative Gesprächspartnerin. Von ihr erhalten wir wertvolle Anhaltspunkte, während sich ihr Sohn Tornbrecht um unsere Pferde kümmert und wir unser (eichelfreies) Abendessen (Kohlsuppe) essen. Alle Bewohner des Dorfes glauben demnach an den Eichenkönig und verehren ihn. Es gibt sogar eine kleine Opferstelle etwa zwei Stunden des Weges entlang, an der die Bewohner jedes Jahr einen Tribut an diese Kreatur entrichteten. Der Eichenkönig ist ein sehr altes Wesen und hat augenscheinlich einen Pakt mit den tiefer im Wald lebenden Goblins vermittelt. Danach mischen sich die Goblins nicht in die Angelegenheiten der Menschen ein und halten ihre als heilig verehrten Wildschweine von den Feldern der Menschen fern. Im Gegenzug überlassen die Menschen den Goblins und dem Eichenkönig die Tiefen der Wälder. Den Eichenkönig beschreibt die Wirtin als große Eiche mit ausladenden Ästen und knorrigen Gesicht.
Vor nun sechs Monaten tauchte ein Elfen-Mann mit silbernem Haar auf (sehr wahrscheinlich der von uns gesuchte Islarin Silberhaar!) und stellte sich als Priester und Gesandter des Eichenkönigs vor. Obwohl er sehr freundlich war, stellte er auch Forderungen. Der Eichenkönig forderte nunmehr jeden Monat eine Abgabenzahlung. Die Dorfbewohner gingen auf diese merkwürdige und ungewöhnliche Forderung ein, sei es aus Angst oder Ergebenheit zum Eichenkönig. Bis vor einigen Wochen bekam der Freiherr Adomar nichts von diesen zahlreichen Zahlungen mit – er tolerierte bis dahin die nur jährlichen Opferdarbringungen mit symbolischem Wert. Erbost über diese neue Situation brach er unüberlegt und überstürzt mit Karakal und seinem kleinen Gefolge auf, um den Eichenkönig und seine Dieser zu stellen, da er an eine Scharlatanerie glaubte. Von dieser Expedition kehrte bisher noch niemand zurück und man begann sich Sorgen zu machen, war aber nicht überrascht, da der Eichenkönig im Dorf als übermächtiges Wesen verehrt wird.
So wie sich die Dinge nun darstellen, vermuten wir eine Schurkerei des Islarin Silberhaars, um die arglosen und naiven Dörfler auszupressen.
Beim Essen treffen wir auch den etwa 30 jährigen, kräftigen Edelbrecht. Edelbrecht stottert stark, ist aber hilfsbereit. Er selbst will uns nicht tiefer in den Dämmerwald führen, verweist uns aber an einen Köhler und angeblichen Sumu-Priester Adalbrandt, der abgeschieden lebt und den tiefen Wald nicht fürchtet. Morgen wird uns Edelbrecht den Weg zu seiner Hütte weisen.
Im Laufe des Abends gesellen sich auch wieder unsere Gefährten Karakal und Agrawan zu uns, denen der Honigtee tatsächlich Ihre Stimme zurückgegeben hat. Wir alle unterhalten uns noch mit Trautgold und dem Wirt, bevor wir im nun leeren Schankraum nächtigen.
1. Boron
An diesem Tag ist Schlachttag im Dorf und die meisten Dorfbewohner nehmen daran in der ein oder anderen Weise daran teil. Außerdem wird heute der Toten gedacht und die Fenster der Häuser mit Kerzen und Tannenreisig geschmückt. Während wir auf Edelbrecht warten, besucht Xargrosch die Schmiede, trifft aber nur die Tochter des Schmiedes an.
Latu verbringt derweil einige Zeit allein am See.
Bevor wir gegen Mittag aufbrechen, befragt Xargrosch die Wirtin nach Höhlen in dieser Gegend. Es gibt wohl einen Felsüberhang und eine Ruine in der Nähe, die man sich bei Gelegenheit ansehen könnte. Latu berichtet von seiner Idee, die Goblins nach Ihren Erfahrungen mit dem Eichenkönig zu fragen.
Mit Edelbrecht marschieren wir etwa zwei Stunden den Pfad nach Norden entlang, bevor wir auf den Opferplatz auf einer kleinen Lichtung treffen. In der Mitte ruht ein etwa drei Schritt großer Findling mit recht glatter Oberfläche. Um den Findling wachsen Blumen und etwa ein Dutzend Fackeln (brennen derzeit nicht) wurden um den Stein gruppiert. Es gibt keinen Zweifel: an diesem Ort finden die Übergabe der Abgaben statt. Latu findet einige übergroße Fußspuren die tatsächlich so aussehen, als ob hier ein riesiger Baum entlanggelaufen wäre. Sollte der Eichenkönig tatsächlich existieren? Uns fällt auf, dass die umgebenden Bäume um die Spuren herum keinerlei Schäden aufweisen, wie man es erwarten könnte, wenn etwas derart großes sich durch den dichten Wald bewegt – ganz so als seinen die übrigen Pflanzen dem Wesen ausgewichen. Interessant.
Wir folgen weiter dem Pfad, als ich ein Rauschen vernehme und kurz darauf auch schon die ersten aufgeschreckten Vögel über uns fliegen. Etwas kommt schnell auf uns zu. Ich lege einen Pfeil ein und ziele in diese Richtung, während sich meine Kameraden kampfbereit machen.
Doch es kommt anders! Nach fliehenden Kaninchen, Füchsen, Wildschweinen und Wild ist das aus dem Wald stampfende, gigantische Wesen zwar der wahrhaftige Eichenkönig – eine gut 12 Schritt hohe Eiche mit dichtem, prachtvollem Herbstlaub – doch es stampft einfach zwischen uns hindurch und verschwindet wieder im Wald, wobei sich die übrigen Pflanzen tatsächlich aus seiner Bahn bewegen! Unglaublich. Ich lasse den Bogen sinken und rufe: “Wir sind Freunde des Waldes!“, was aber ebenso wenig eine andere Reaktion als ein tiefes Brummen hervorruft, wie das von Agrawan gerufene “Mächtiger Geist des Waldes, halte ein!“.
Mein impulsiv fließendes Mandra gibt mir zu erkennen, dass der Eichenkönig eine elementare Kreatur ist. Doch irgendetwas ist seltsam! Es scheint, als sei der gesamte Baum von einem Zaubernetz fest umspannt, welches nicht von ihm stammt. Wird er von äußeren Kräften beeinflusst oder gar beherrscht? Welches Taubra ist hier nur am Werk? Ich muss mehr darüber in Erfahrung bringen. Ich berichte meinen Freunden von dieser bestürzenden Möglichkeit. Latu findet hier dieselbe Art Spuren wie schon am Opferstein.
Wir beschließen, die Kreatur erst einmal nicht zu verfolgen, sondern uns erst einmal mit Adalbrandt zu beraten und Unterschlupf für die kommende Nacht zu suchen.
Wir finden den etwa 60 Sommer zählenden Köhler an seinen drei Meilern und werden freundlich empfangen. Er verneint, ein Priester der Sumu zu sein; er sei nur ein einfacher Köhler mit einer Faszination für die Gestalt des Feuers. Angeblich hat er Erkenntnisse, was die Welt im Innersten zusammenhält. Auf den Eichenkönig angesprochen erzählt er uns, ihm sei ebenfalls aufgefallen ist, dass dieses Wesen seit einiger Zeit einen verwirrten Eindruck macht.
Adalbrandt lädt uns für die Nacht in sein Haus ein, die ein kleines Stück Fußmarsch von der Köhlerlichtung entfernt liegt. Als wir das Haus betreten, erleben wir eine Überraschung. Mit dem Worten: “Haben Gäste, heute?“ begrüßt uns ein Goblinweibchen.
Zu gegebener Zeit werde ich noch über die Vorkommnisse am Seeufer in Dreiseenbroich berichten. Wir haben in dieser runde doch alle unsere Leichen im Keller, oder?
Name korrigiert
Feine Zusammenfassung. Was Latu noch erzählen möchte, bleibt ihm überlassen. Zwei Anmerkungen:
1. Das Gasthaus heißt “Dorfkrug”
2. Ihr mögt es zwar so aufgefasst haben, und ein wenig war das sicher auch Adalbrandts Intention, aber er hat nie bestritten, Druide bzw. Sume zu sein, er hat es nur nie bestätigt. 😉
Vielleicht mag uns Latu noch erzählen, was denn am See passiert ist?