Im Bann des Eichenkönigs – Teil 3

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Während wir aufbrechen, um den Ort des Überfalls zu suchen, beraten wir uns, wie wir die Schurken zur Strecken bringen könnten. Eine Idee wäre, sich absichtlich als gute Beute darzustellen und sich von Ihnen überfallen zu lassen, um dann die Räuber zu überraschen, indem einige von uns aus Verstecken hervorspringen. Letztendlich verwerfen wir diese Idee aber, weil Sie uns angesichts der Anzahl der zu erwartenden Gegner (die Rede war von einem Dutzend) zu riskant erscheint. Wir werden nach der Untersuchung des Tatorts (sofern wir ihn finden) weiter nach Dreiseenbroich reisen, um dem Freiherrn zu berichten und, so hoffen wir, weitere Verstärkung gegen die Räuberbande zu bekommen.

Tatsächlich gelingt es uns, nach zwei bis drei Stunden Reise und aufmerksamer Suche, den Ort des Überfalls zu finden. Es ist eindeutig eine tiefe Furche neben dem Weg zu sehen, die entstanden sein muss, als der Kutschenlenker dem Hinterhalt ausgewichen ist. Latu und ich finden sehr viele Spuren der Räuber (die Anzahl von einem Dutzend erscheint uns nicht übertrieben zu sein), die sich nach missglücktem Überfall offensichtlich wieder gesammelt und nach Westen abmarschiert sind. Angesichts der Übermacht geben wir die Möglichkeit auf, Ihren Spuren zu folgen und reisen weiter.

Wir erreichen die weite Marschlandschaft um Egelingsfenn, als Latu eine hünenhafte Gestalt im Nebel vor uns etwas abseits des Weges zu erkennen glaubt. Ich habe zwar nichts gesehen, habe aber einen merkwürdigen Geruch wahrgenommen. Schnell verschluckt der Nebel die Gestalt wieder und wir pirschen uns vorsichtig heran. Anhand der Spuren, die wir an einem alten, übergroßen Baum finden können wir vermuten, dass es sich bei der Gestalt um einen Ork mit seinem Kampfhund gehandelt haben könnte. Ein Späher vielleicht? Die Umtriebe der Orks bereiten mir mehr und mehr Sorgen in diesen Tagen. Eine Verfolgung der Gestalt erscheint uns in diesem unwegsamen Gelände und im dichten Nebel wenig aussichtsreich, besonders da meine Gefährten Agrawan und Xargrosch mit ihren schweren und behäbigen Metallrüstungen nur schwerlich vorankommen würden. Nein – wir hätten wohl keine Aussicht darauf, die Gestalt einzuholen.

Am Abend erreichen wir Egelingsfenn, ein Dorf von etwa 300 Einwohnern und kehren im einzigen Gasthaus mit Namen Seeblick ein. Während wir speisen, verlässt uns Karakal, um den Junker des Dorfes, Kamaro, aufzusuchen. Wir er uns später erzählt, ist eine seiner Schwestern, Marissa von Stondau, Kammerfrau von Sumuda, der Frau des Junkers. Karakal und Marissa sorgen sich verständlicherweise sehr um ihren Bruder Marik, dessen Schicksal wir noch nicht aufklären könnten.

Vom Wirt erfahren wir, dass die Bande aus Andergast vor einem Tag hier war, denn er hat offensichtlich die rothaarige Nelle und den Weibel erkannt. Also halten sich diese Spießgesellen auch in der Umgebung auf? Ob sie sich doch wieder mit der Räuberbande um Islarin Silberhaar treffen wollen? Sie reisen weiter in Richtung Thurana, was auch unsere Reiseroute sein wird. Einen (Halb) Elfen oder eine größere verdächtige Bande hat der Wirt aber nicht gesehen. Die Verbrecher werden sich also nicht einfach in Dörfer aufhalten, was für sie wohl auch zu gefährlich wäre. Der Wirt erzählt weiter von Elfen, die im Dämmerwald (oder Grenzwald (zu Nostria) wie er hier auch genannt wird) leben sollen.

28. Travia

Wir setzen unseren Weg weiter in Richtung Thuranx fort und müssen unter dem immer düsterer und dämmriger werdenden Wetter leiden. Am Rande des Weges sehen wir ein seltsames Symbol: ein gebrochenes, halbes Rad. Wie mir meine Gefährten erklären, ist dies ein Boronrad, ein Symbol des Totengottes der Menschen und kennzeichnet ein Grab aus dem Jahr 1010 BF als der letzte erbarmungslose Krieg zwischen Andergast und Nostria tobte. Welche arme Seele hier wohl die letzte Ruhe fand? Außer der Jahreszahl und dem Namen einer Frau können wir nichts entziffern, so verwittert ist die Ruhestätte schon.

In Thuranx angekommen, werden wir weniger freundlich empfangen, sondern müssen gleich wieder einen Wegezoll entrichten, was besonders Einskaldier erbost. Karakal allerdings zahlt gelassen für uns alle den geforderten Betrag an Meister Krück, der sich Voigt des Königs nennt und mächtig aufträgt in seinem edlen Pelzmantel. Er hat Glück, das es keine Wölfe waren, die für seinen Mantel sterben mussten!

29. Travia

Wir nächtigen im Gasthof und erholen uns etwas von der Reise und dem schlechten Wetter. Beim Frühstück erfahren wir vom Wirt, dass seit Monaten keine Fremden hier gewesen sein sollen, obwohl dies im Vergleich zu unserem Reiseziel noch ein “zivilisierter“ Ort sein soll. In Dreiseenbroich (wo der Hund verfrohren sein soll – was auch immer das heißen soll!?!) soll es noch viel einsamen sein! Manche hier sagen, so erzählt er uns, der Eichenkönig selbst (die Legende vom Eichenkönig haben wir an der Tafel des Freiherrn von Sicherlingen gehört) soll hier in den Wäldern des Dämmerwaldes seinen Hof halten. Ein König der Eichen – das klingt auf jeden Fall interessant.

Da der Weg ab hier immer sumpfiger wird, müssen wir den Karren hier zurück lassen und unseren Weg zu Fuß neben unseren Pferden gehend fortsetzen. Wir sind weitere zwei Stunden durch den Nebel und die Kälte gelaufen, da erschrickt Karakal neben mir plötzlich und zuckt zusammen. Wir halten an und machen uns kampfbereit, doch es erwartet uns kein Feind sondern eine schaurige Entdeckung: Einige Meter neben dem Weg treibt im sumpfigen Wasser der Leichnam eines Ritters auf dem Rücken dahin. Der skelettierte Schädel steckt noch in seinem Helm und hohle Augenhohlen starren ins Nichts. Der Ritter ist augenscheinlich schon lange ins Reich der Toten (in Borons Hallen, wie die Menschen wohl sagen würden) eingegangen. Wir versuchen, den Leichnam aus dem Wasser zu fischen, doch der Abstand zum festen Weg ist zu groß. So webe ich einen Zauber und schreite die wenigen Meter durch den Sumpf, ohne zu tief einzusinken. Ich kann die Leiche bergen, doch der Kopf trennt sich dabei vom Rumpf und ich muss noch einmal zurück, um auch diesen zu holen.

Während ich mich an den Füßen abtrockne, untersuchen meine Gefährten den toten Ritter und seine Rüstung. Wie Xargrosch feststellt, wurde er wohl von hinten mit einer schweren Waffe (einer Orknase vielleicht?) erschlagen, denn in der Rückenpanzerung klafft ein fast faustgroßes Loch. Welch feige Tat! Wir beerdigen den Ritter so gut es geht an einer etwas festeren Stelle unter einem kleineren, blattlosen Baum und Karakal spricht den Grabsegen, als in der Ferne ein Rabenschrei ertönt. Wie uns Karakal nach beendeter Zeremonie erzählt, hat er sich erschrocken, weil es für einen Moment erneut das Gesicht des Turolfus Tricorius anstatt des Totenschädels der Leiche gesehen hat. Turolfus – er oder sein Geist werden wohl noch eine Rolle für uns spielen.

Unser Weg endet an einem Bachlauf, da der Weg vom vielen Regen der letzen Monate weggespült wurde. Uns bleibt nichts anderes übrig, als hindurch zu reiten, was uns in mehreren Anläufen auch gelingt. Unsere nächste Station, Seggenhorst, gehört zur Freiherrschaft von Thuran und untersteht einem gewissen Seggenmund von Seggenhorst, mit dem sich Agrawan und Karakal einige Zeit lang unterhalten, während wir anderen im Stall “bewirtet“ werden. Auch wenn mir mein Flötenspiel schon einmal besser gelungen ist, so kann ich die sehr einfachen Telora doch in meinen Bann ziehen.

Währenddessen werden Kararal und Agrawan mit der Mentalität der andergastischen Provinz (eigentlich ja die Provinz der Provinz des Hinterlandes) konfrontiert. So nennt der Herr Seggenmund Zwerge “Runkelbolde“ und “Wurzelmänner“ und auch für meine Rasse hat er merkwürdige, aber wohl nicht beleidigend gemeinte Namen. Seggenmund berichtet unseren Freunden von Händlern, die in der Nähe von Dreiseenbroich einen Ritualplatz gesehen haben wollen, an dem der Eichenkönig höchstselbst von Zeit zu Zeit erscheint. Nun hören wir also zum zweiten Mal auf dieser Reise weitere Gerüchte über den mysteriösen Eichenkönig. Nur, was hat dies mit unserer Suche nach der Räuberbande, den Betrügern um den Weibel oder mit Karakals Bruder Marik zu tun? Vermutlich nichts?!?

30. Travia

Auf immer beschwerlicher werdenden Wegen reisen wir weiter, als Latu und ich ein Wimmern etwas abseits des Weges hören, was ich zunächst für Schweinequicken halte. Wir beide schleichen uns an das Geräusch heran, als es erneut erklingt und sehen ein rotbepelztes Wesen, dessen Bein in einer gemeinen Falle gefangen zu sein scheint. Das Wesen schreit erneut schmerzerfüllt auf und Latu und ich haben Mitleid mit dem verletzten Goblin. Dies ist das erste Mal, dass ich einen Goblin sehe. Sie sollen sehr zahlreich sein in Ihren Heimatlandstrichen, aber nicht so bösartig, wie die Orks. Latu und ich reden gut auf den Goblin ein, der nach einer Weile unsere guten Absichten erkennt und seinen Speer zur Seite legt. Nachdem Xargrosch die Mechanik der Falle gründlich in Augenschein genommen hat, gelingt es uns gemeinsam, die Falle mit dem Speer aufzuhebeln und den Goblin zu befreien. Da sein Bein durch das Zuschnappen der Falle gebrochen wurde, schneide ich einen Ast zurecht und wir schienen es notdürftig. Der Goblin, der sich uns gebrochen in der Allgemeinsprache als Gorwan vorstellt, ist uns dankbar für die Hilfe, aber nach wie vor sehr scheu. Er wird versuchen, sich zu seiner Sippe durchzuschlagen. So lassen wir ihn ziehen und kehren zur Gruppe zurück.

Am späten Nachmittag erreichen wir endlich Dreiseenbroich, ein Dorf mit etwa 250 Einwohnern, die Landwirtschaft betreiben und auch Vieh halten. Hier also werden wir nach der Bande um den badoc-Halbelfen Islaril Silberhaar suchen. Ich frage mich nur, was die Bande ausgerechnet in diese einsame Gegend verschlagen könnte. Viele Reisegruppen werden hier bestimmt nicht zu überfallen sein. Vielleicht nutzen Sie diese unwegsame Gegend fern der Städte als Rückzugsort und für die Vorbereitungen Ihrer Raubzüge?

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4 Kommentare zu “Im Bann des Eichenkönigs – Teil 3

  1. Jotun BirkenbogenJotun Birkenbogen Beitragsautor

    Jahreszahl auf dem Grabstein korrigiert.

    Viele Halbelfen (besonder die angepassten) sind in den Augen der konservativen Elfen, besonders der Waldelfen, ansich schon moderat badoc. Was ich aber zum Ausdruck bringen wollte ist, dass Wegelagerertum und Verbrechen nichts mit den Halbelfen an sich zu tun haben, sondern auch unter dieser Rasse als verwerflich und “vom Menschen stammend” angesehen sein wird.

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  2. thdthd

    Das Datum auf dem Boronrad war 1010 BF, in der Zeit des letzten (15./16.) Andergast/Nostria Konflikts. Am Abend wusste ich das nicht genau, habs jetzt aber nochmal nachgeschlagen.
    Ansonsten habe ich nichts auszusetzen ;). Wie immer eine gute und ausführliche Zusammenfassung.

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