Der weisse Berg: Der Fluch von Burg Dragenstein – Teil 8

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12. Efferd (abends)

In der großen Halle der Burg beraten wir uns, wie wir am besten den Magus Turolfus Tricorius stellen können. Die Freiherrin erzählt uns, dass seit Jahren niemand außer Turolfus selbst den Turm betreten hat. Alle Bediensteten haben Angst vor dem Magus und dem Turm und brachten das Essen nur bis zum Tor. Auch können uns Clagunda und Leaja nicht sagen, ob es einen zweiten Eingang in den Bergfried gibt. Der Turm ist etwa 16 Schritt hoch und besitzt drei Stockwerke. Ab dem zweiten Stockwerk gibt es einige kleine Schiessscharten, die Licht hinein lassen. Wir untersuchen die Tür, die mit einem schweren Balken verriegelt ist, der nicht einfach zu öffnen ist. Sie scheint wohl mit Magie verschlossen worden zu sein.

In der Hoffnung, dass uns der Geist von Maraleis von Eschental einen zweiten Eingang in den Bergfried zeigen kann, begeben wir uns erneut in das finstere Gewölbe mit dem Steinsarkophag. Wir rufen den Geist der Maraleis an und tatsächlich erscheint Sie uns erneut. Sie ist allerdings immer noch sehr verwirrt und weiß nicht, dass sie schon lange tot ist (ihren Selbstmord hat sie wohl auch vergessen) und Kono ebenfalls nicht mehr auf Dere weilt. Sie verdächtigt uns sogar, Kono getötet zu haben und so kann auch sie uns nicht helfen. Uns bleibt nichts anderes übrig, als das schwere Turmtor zu öffnen, was Naramis nach einiger Zeit gelingt. Es ist nun Nacht und dunkle Wolken ziehen sich über dem Bergfried zusammen.

Wir werfen einen Blick in den ersten Raum des Bergfrieds. Er ist kreisrund und hat keine Fenster. In der Dunkelheit kann ich gerade so ein Schreibpult und einige Regale erkennen. Latu und ich schleichen hinein und beleuchten den Raum mit unseren Laternen, die wir von den Bediensteten der Freiherrin erhalten haben. Wir versammeln uns im Raum und sehen uns um. In den Regalen lagern allerlei alchimistische Gegenstände und magisches Inventar. Überall zwischen den Gegenständen grinsen uns Orkschädel aus leeren Augenhöhlen an. Die Luft riecht muffig und verbraucht. Eine Holztreppe führt hinauf zum ersten Obergeschoss und am Fuß der Treppe findet Xargrosch eine offene Luke, die über einen engen Schacht in die Tiefe führt. Wir entscheiden uns zunächst dafür, die Obergeschosse zu untersuchen, entdecken dort aber wenig nützliches und ziehen uns zurück, als wir mehrfach von einer kalten Präsenz angegriffen werden. So bleibt uns nur noch der Weg in die unteren Gewölbe. Xargrosch wartet auf uns an der Luke.

Der Schacht führt senkrecht in die Tiefe, aber wir können keinen Boden sehen, da die Sicht nur 7 oder 8 Schritt beträgt. Xargrosch befestigt sein Schild auf dem Rücken und beginnt, die Sprossen hinabzusteigen. Nach einigen Schritt bleibt er jedoch stecken, weil sich sein Schild an den engen Wänden verkeilt. Naramis bindet eine Laterne an ein Hanfseil und lässt die Lampe zu Xargrosch hinab. Leider verschätzt er sich mit der Entfernung und trifft mit der Lampe Xargrosch´ Helm. Es scheppert laut und blechern. Da er nun besser sehen kann, gelingt es dem Zwerg, sich zu befreien und auf eine kleine Plattform zu gelangen, die sich in großer Höhe in einem riesigen Raum befindet, der über und über an den Wänden mit seltsamen wabenähnlichen Mustern verziert ist. Die Plattform ist so klein, dass nur jeweils drei Mitglieder der Gruppe dort stehen können. Von dieser Plattform aus kann man über eine weitere freie, an der Wand befestigte Stiege auf den Boden dieser Kaverne gelangen. Xargrosch steigt als erster hinab und so können wir nach und nach den engen Gang zur Plattform hinunter steigen.

Während wir anderen klettern, durchsucht Naramis in der Einganghalle vorsichtig die Schriftstücke. Er findet einen höchst aufschlussreichen Vertrag, der zwischen Kono und Turolfus geschlossen wurde. Offensichtlich hat Turolfus Kono einen Liebestrank gebraut, damit dieser Maraleis von Eschental betören konnte. Als Gegenleistung sollte der ganze Besitz der Dragensteins an Turolfus fallen und er Leaja zur Frau bekommen, wenn einige obskure Bedingungen erfüllt wären. Eine dieser Bedingungen war, dass der Drachenhelm zum Vollmond nicht mehr in der Burg sein sollte. Kono betrachtete diese mysteriösen Bedingungen wohl offensichtlich als so unwahrscheinlich, dass er auf den Handel einging.

Ein törichter Entschluss. Aus den geschichtlichen Ereignissen können wir nun folgern, dass Turolfus diese Bedingungen so manipulierte, dass der Besitz der Dragensteins offensichtlich tatsächlich drohte an ihn zu fallen. Der Helm war inzwischen verschwunden und Kono ausgeschickt worden, ihn zu suchen. In Ihrer Not wusste sich Clagunda wohl nicht anders zu helfen, als die Sumen um Beistand zu bitten. Wie die Antwort der Sumen aussah, wissen wir bereits: Sie entrückten die Burg und verhinderten so die Abwesenheit des Helmes zum Vollmond. Clagunda verhinderte damit zwar, dass Turolfus Leaja zur Frau nehmen konnte und die Burg an sich bringen konnte, verurteilte Kono aber damit unwissentlich dazu, zur gestrandeten tragischen Figur in dieser Geschichte zu werden. Erst die Rückführung des Helmes zur Burg durch uns hat nun offensichtlich diesen teuflischen Vertag zunichte gemacht und auch die Entrückung der Burg beendet.

Während Naramis die Dokumente liest, hat Xargrosch Probleme, die Stiege hinabzusteigen. Auf halben Wege bricht eine Stiege, er kann sich nicht mehr halten und stürzt bis zum Grund. Wieder scheppert es markerschütternd laut und sehr blechern. Zum Glück prellt sich Xargrosch nur die Schulter. Durch dieses Ereignis alarmiert (sind die Stiegen absichtlich manipuliert worden?), gehen wir dazu über, uns beim Abstieg zu sichern. So schaffen wir es alle bis auf den Grund der Kaverne. Die Kaverne ist etwa 30 Schritt im Durchmesser und besitzt drei Ausgänge in Gänge, die unmöglich natürlichen Ursprungs sein können. Die Wände sind glatt und sehen nicht bearbeitet aus. Fast scheint es, als ob diese Gänge von gigantischen Kreaturen in den Fels hineingefressen wurden. Auf dem Boden finden wir im Sand eigenartige Chitinpanzer wie von riesigen Insekten. Das ganze Gewölbe scheint wesentlich älter zu sein als die Burg.

Wir wenden uns einem Gang zu, aus dem ich einen leisen, seltsamen Singsang höre. Am Ende des Ganges finden wir jedoch nur ein  kleines Fenster welches in einen weiteren riesigen Raum führt. Weiteres erkennen wir nicht. Zurück in der Kaverne finden wir Spuren an einem zweiten Gang, dem wir folgen. Immer weiter führt uns dieser Gang der sich auf merkwürdige Art durch das Gestein zu schlängeln scheint. Endlich erreichen wir einen etwas 20 Schritt durchmessenden Raum, in dem neun steinerne Throne stehen. Auf jedem Thron sitzt ein grausig anzuschauender, skelettierter Ork, wahrscheinlich damals ein hoher Priester dieses Volkes. Als wir uns dem einzigen Ausgang zuwenden, kommt plötzlich Bewegung in die toten Orks. Alle neun richten sich auf und greifen uns an!

Es zeigt sich schnell, dass diese Gestalten keine ernst zu nehmenden Gegner darstellen, denn dazu sind sie viel zu behäbig und langsam. Der Kampf ist allerdings mühsam, da die Untoten nur mit Schlägen zu zerstören sind. Mein perfekt gezielter Pfeil saust zwischen den Rippen eines Orks hindurch und richtet keinen Schaden an. Meine gerüsteten Kameraden jedoch zertrümmern mit Freude jeden einzelnen Gegner bis nur noch kleine Knochensplitter, Lederreste und Metallteile übrig sind. Die Axt von Xargrosch saust auf dem letzten bleichen, schon am Boden liegenden, jedoch immer noch beißenden Orkschädel herab und lässt ihn in kleine, staubige Stücke zerspringen.

Wir lassen diesen grausigen Ort hinter uns und folgen dem Gang weiter bis zu einer Tür, die einen Spalt weit offen steht. Hier hören wir auch wieder diesen seltsamen Singsang. Wir bereiten uns auf einen harten Kampf vor. Latu schleicht sich an die Tür an uns späht hindurch. Er sieht einen großen Raum, in dessen Mitte ein Steinaltar steht. An den Wänden stecken Fackeln in eisernen Halterungen. Hinter dem Altar steht barfuss und mit wildem, zerzausten Haar Turolfus Tricorius und murmelt weiter seinen Singsang. Er hält seinen Magierstab in der einen Hand und eine Knochenkeule in der anderen.

Fürs erste haben wir genug gesehen. Karakal schafft es alleine nicht, die Tür zu öffnen, also geht ihm Einskaldir zu Hand. Sie können die Tür so weit auf schieben, dass wir einzeln in den Raum gelangen können. Einskaldir und Karakal schleichen sich in den Raum hinein. Als Xargrosch den Raum ebenfalls betreten will, wird er durch die zuschlagende Tür eingeklemmt. Wir anderen eilen ihm zu Hilfe und als Angrawan, der noch immer den Reif auf dem Kopf trägt, sich der Tür nähert, ertönt ein wütender Aufschrei und die Tür zersplittert in winzige Splitter. War die Tür gar von einem Dämon besessen?

Als wir anderen den Raum betreten, sehen wir bereits Einskaldir und Karakal im Kampf mit zwei Heshthotim, die aus einem auf den Boden gemalten Pentagramm gekommen zu sein scheinen. Nun hat auch Tricorius uns entdeckt und regiert sofort. Er zeigt mit dem Stab auf Agrawan, der sich sofort in eine Steinstatue verwandelt, wie es schon vor der Burg mit Karakal geschehen ist. Xargrosch stürzt sich wütend auf den Magus, während Naramis ruft: “Zerstört das Pentagramm!“. Ich lege einen Pfeil auf die Sehne und mache mich schussbereit.

Schon zeigt Turolfus mit der Knochenkeule auf Latu und wenig später scheint Latu nicht mehr unser Freund und Gefährte zu sein, denn er legt auf Einskaldir an und trifft ihn mit einem Pfeil in die Seite. Xargrosch holt zu einem mächtigen Schlag mit seiner Axt aus, doch die Axt verwandelt sich vor seinen Augen in eine Schlange und er lässt entsetzt die Waffe fallen. Weiss er nicht, dass dies nur eine Illusion sein kann? Karakal und Einskaldir gelingt es, die Heshthotim zurück zu drängen und das Pentagramm zu verwischen, obwohl sie weiter von Latu beschossen werden. Naramis will die Heshthotim umgehen und sich von hinten an den verrückten Magus heranschleichen, um ihn mit einem Zauber zu blenden.

Der Zauber gelingt und Turolfus ist zeitweise geblendet, doch da trifft Naramis ein Pfeil des besessenen Latu und er taumelt schwer getroffen und stark blutend rückwärts. Der Pfeil hat seine dünne Kleidung mit Leichtigkeit durchschlagen und steckt tief in seiner Schulter. Xargrosch stürzt sich ohne Waffe auf den Magus, als mitten im Raum eine Feuersäule emporschießt und uns alle mit enormer Hitze verbrennt. Ein Heshthotim löst sich getroffen in stinkenden, grünen Raum auf und verweht. Als ich mich wieder dem Kampfgeschehen zuwende, ist die Lage unübersichtlich, denn es ist ein Kampfgetümmel entbrannt. Aufgeregt rufe ich “Schussfeld freimachen!“, doch keiner meiner Gefährten kann sich von seinem Gegner lösen und so kann ich nicht riskieren, auf gut Glück in die Menge zu schießen.

Turolfus ist noch lange nicht geschlagen. Obwohl auch der zweite Heshtot besiegt wurde, wird unsere Lage immer aussichtsloser. Der Magus zeigt erneut mit seiner Knochenkeule auf uns – diesmal auf Einskaldir, der wie vom Blitz getroffen vom Magus ablässt und sich Karakal zuwendet. Xargrosch hat mittlerweile seinen Dolch gezogen, und ringt mit Turolfus. Karakal kommt hinzu und es gelingt ihm mit letzten Kräften, dem dämonischen Magier seinen Rondrakamm tief in den Leib zu stoßen. “Für Rondra!“ ruft er dabei. Turolfus sinkt sterbend zu Boden und Magierstab und Knochenkeule fallen zu Boden, rollen einige Spann weit und liegen dann still. Eine düstere, vielfarbige Aura geht von diesen Gegenständen aus. Xargrosch schlägt noch einmal auf den regungslos liegenden Turolfus ein. Blut sammelt sich unten seinem geschundenen Körper und benetzt den Boden.

Ich lasse den Bogen sinken und will die vom Mandra durchwirkten Gegenstände außer Reichweite des Magus bringen. Vielleicht ist er ja noch nicht tot und könnte die arkane Kraft der Gegenstände erneut nutzen? Also hebe ich Stab und Knochenkeule auf. Die Umgebung verschwimmt vor meinen Augen. Ich spüre die Präsenz eines mächtigen Orkschamanen in meinen Geist eindringen! Und er ist stärker als ich! Da ist auch noch etwas anderes: Eine zutiefst bösartige Präsenz – die Essenz Blakharaz´ hat mich ebenfalls berührt. Gegen meinen Willen richte ich die Keule auf Karakal und breche seinen Willen. Auf meinen Befehl hin greift Karakal, der sich kaum noch auf den Beinen halten kann, den ebenfalls schwer verletzten Einskaldir an. Die beiden Präsenzen in meinem Geiste jubeln auf. Ich befehle Karakal durch reine Gedankenkraft: “Töte den Thorwaler! Töte sie alle!“. Karakal schwingt sein mächtiges Schwert hoch über seinen Kopf und holt zum tödlichen Streich gegen Einskaldir aus. Da trifft mich ein harter Schlag am Kopf und die Welt versinkt in gnädigem Schwarz.

Als ich wieder zu mir komme, wird mir mein törichtes handeln bewusst. Die Knochenkeule ist vom Geist eines Orkschamanen durchwirkt und höchst gefährlich! Offensichtlich wurde auch Turolfus von seinem Geist geleitet. Meine Kameraden haben mich gerettet, indem sie mich niederschlugen. Wir rappeln uns auf und treten den gefahrvollen Weg zurück in die Burg an. Völlig übernächtigt erwarten uns Clagunda, Leaja und Oswin von Otternpfot. Alle sind überglücklich und froh, dass wir dem Spuk ein Ende gesetzt haben. Wir werden versorgt und verpflegt und können uns erst einmal eine Zeit lang auf Burg Dragenstein ausruhen. Am 20. Efferd wollen wir dann wieder aufbrechen.

Da der Fluch nun von der Burg genommen wurde, steht einer Eingliederung von Burg Dragenstein in den Verbund der Andergaster Burgen nichts mehr im Wege. Clagunda bietet uns sogar an, Dragensetin als Hauptquartier für unsere weiteren Abenteuer nutzen zu können. Wir erhalten einige Aufgaben und ein regelmäßiges Einkommen. Dieses Angebot nehmen wir natürlich gern an. In den folgenden Tagen ruhen wir uns aus und lassen unsere Wunden behandeln. Clagunda und der von seiner Verletzung genesene Oswin machen sich auf, um König Efferdan von diesen denkwürdigen Ereignissen zu berichten.

Alles wäre wunderschön, wenn da nicht in einigen Nächten, in denen ich kaum ein Auge schließen kann, eine dunkle innere Stimme zu mir sprechen würde: “Ich bin Blakharaz – gehorsche mir oder vergehe!“. Mit Mühe kann ich der Stimme widerstehen: “Verschwinde! Du hast keine Macht über mich!“ Die Stimme röchelt: “Wir werden sehen…“ und zerstreut sich in den Geräuschen der Nacht…

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2 Kommentare zu “Der weisse Berg: Der Fluch von Burg Dragenstein – Teil 8

  1. Latu

    ‘Vielen Dank’ auch von mir für Deinen unermüdlichen Einsatz im Zusammenfassen unserer Spielabende. Ich finde ebenfalls, daß Du ruhig weiter solange unser Chronist sein solltest, wie Du Lust daran hast.

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  2. thdthd

    Wie immer, sehr eindrücklich zusammengefasst. Ich bin dafür, dass Du weiter schreibst 🙂 .
    Meinst Du mit “die Geschichte etwas weiter gesponnen” deine Zwiesprache mit Blakharaz?

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