Die Depesche des Schildfürsten

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02.07.358 a. c. – Dem Karrenweg folgend, erreichen wir zur Mittagsstunde eine Stelle, von der aus wir eine große Meeresbucht überblicken können. Die Straße führt an der Bucht entlang. Weit in der Ferne fahren zwei Karren in südlicher Richtung die Straße entlang. Sie haben ungefähr einen halben Tag Vorsprung. Anhand der Spuren stelle ich fest, dass die Karren von zwei Pferden gezogen werden und nur leicht beladen sind. Zudem werden sie von vier Personen begleitet, die barfuß gehen.
Wir folgen ihnen, bis wir spät in der Nacht ein Lager aufschlagen.

01.07.358 a. c. – Als die Sonne über der Insel aufgeht, siehe ich noch die dünne Rauchfahne des anderen Lagers in den Morgenhimmel aufsteigen. Am Südende der Bucht meine ich ein größeres Bauwerk erkennen zu können. Als wir wenig später die Verfolgung wieder aufnehmen, ist von der Rauchsäule nichts mehr zu sehen. Doch als die Sonne ihren Zenit erreicht hat, sind die Karren nur noch zwei Wegstunden von uns entfernt.
Entschlossen beschleunigen wir unsere Schritte und holen langsam aber stetig auf. Ich nehme die Gestalt einer Möwe an. Rasch habe ich im Fluge die Verfolgten eingeholt und kann mir ein Bild von ihnen machen: Auf jedem der beiden Karren sitzen zwei Gestalten auf dem Bock und lenken die Wagen, die so gut wie nicht beladen sind. Voraussichtlich sollen sie in Port Schallsea Proviant und Ausrüstung für die Galeere abholen. Links und rechts der Karren laufen je zwei kräftige Stammeskrieger, deren Haut mit weißer Farbe bemalt worden ist, was ihnen ein geisterhaftes Aussehen verleiht. Nur an ihren nackten Füßen und rund um ihre Augen ist ihre natürliche schwarze Hautfarbe erkennbar. Ihre Schädel sind rasiert, ihre Oberkörper unbekleidet. Jeder von ihnen führt einen Speer als Waffe. Die Männer müssen Krieger der Wemitowok sein. Hoch vom Himmel kann ich jetzt auch klar erkennen, dass sich am Ende der Bucht tatsächlich eine Burg erhebt. Sie wurde oberhalb von Port Schallsea in den Klippen erbaut. Ich fliege zu Gotrek und Murgrosch zurück. Wir verfolgen die Karren weiter, bis erneut die Nacht über Schallsea hereinbricht.

04.07.358 a. c. – Wir erreichen die Wehrburg. Im Morgenwind flattern Banner, die einen gekrönten Eisvogel mit Rose und Schwert zeigen: ein Wappen der Ritter Solamnias. An den Fußspuren erkenne ich, dass sich die Wemitowok vom Rest der Gruppe getrennt haben. Offenkundig wollen die Krieger Port Schallsea nicht betreten.
Wir beschließen, bei den Rittern vorzusprechen, da diese Khadras feindlich gegenüberstehen. Auf dem Weg hinauf zur Burg erhaschen wir einen Blick auf Port Schallsea. Die Stadt ist kleiner als Neuhafen und der Baustil der Gebäude ein anderer. Vor der Stadt ankert ein großes Kriegsschiff, das die Zufahrt in den Hafen überwacht. Auch hier wurde das Banner des Ordens gehisst. Es gibt noch eine weitere Flagge, die aber unbekannt ist. Gotrek schlussfolgert, dass die Galeere von Khadras wegen der Galeone nicht direkt in Port Schallsea anlanden konnte.
Am Burgtor halten zwei Soldaten und ein Ritter im Ornat Wache. Weitere Bewaffnete patrouillieren auf den Zinnen. Auf die Frage hin, was wir auf der Feste wollen, berichten wir, dass wir entflohene Sklaven von Khadras’ Galeere sind. Der Ritter entscheidet, dass dies eine Geschichte ist, die seinen Kommandanten interessieren wird. Nach kurzer Wartezeit kehrt er zurück und führt uns in die Amtsstube von Sir Edmund di-Caela, Ritter der Krone und Schildfürst von Port Schallsea.
Sir Edmund ist ein stattlicher Mann in den Dreißigern mit dunklem, vollen Haar und einem Schnurrbart. Der Ritter trägt einen Waffenrock, auf dem neben dem Wappen von Solamnia auch sein eigenes Hoheitszeichen prangt: eine rote Blume in einer weißen Wolkenrosette auf blauem Grund. Über seinen breiten Schultern liegt ein blauer Umhang, der mit mehreren goldenen Kordeln verziert ist. Sir Edmund sitzt hinter einem wuchtigen Schreibtisch, seine Rüstung ruht daneben auf einem Ständer.
Wir erzählen unsere Geschichte, beginnend mit dem Überfall auf die Zwergensiedlung Lot, der von Khadras angezettelt wurde, dem Mordauftrag an Caramon Majere, wie wir seiner Spur nach Neuhafen folgten und enden mit unserer Versklavung auf der Galeere des „Erleuchteten“. (Nur unsere Mondfahrt nach Lunitari verschweigen wir.) Während dieser epischen Erzählung lässt Sir Edmund ein Frühstück aus Brot, Käse, Speck und Spiegeleiern zu unserer Stärkung servieren.
Als wir fertig sind, erklärt Sir Edmund, dass er bereit ist, uns nach Schwur und Codex zu unterstützen. Allerdings kann er hier in Port Schallsea nicht direkt gegen Khadras vorgehen.
Der „Erleuchtete“ hat eine Machtbasis hier in der Stadt und die Bevölkerung ist auf seiner Seite. Würde er Khadras festsetzen lassen, würde es zu einem Aufstand kommen. Zwar verfügt Sir Edmund über die Burg und das Kriegsschiff, doch nur über wenige Männer. Die Ritter werden in der Hafenstadt bloß geduldet, regieren sie aber nicht. Dafür erklärt Sir Edmund uns, dass es sich bei dem Heckenlabyrinth, zu dem Khadras unterwegs ist, um einen magischen Ort im Norden der Insel handelt. Es heißt, die Hecken dort würden sich stetig verschieben und so Menschen in die Irre führen. Sir Edmund gibt uns eine Weisheit seines Ordens mit auf den Weg: „Kenne deinen Feind und schmiede deinen Plan!“ Außerdem will er es uns ermöglichen, nach Neuhafen zurückzukehren.

08.07.358 a. c. – Sir Edmund verabschiedet uns persönlich, nachdem wir die letzten Tage Gäste auf seiner Burg sein durften. Er versichert uns, dass wir hier weiterhin willkommen sein werden. Der Schildfürst bringt seine Hoffnung zum Ausdruck, dass wir uns eines Tages gemeinsam dem Problem „Khadras“ stellen können. Wir sind dankbar für seinen Worte und auch für die Waffen und Ausrüstung, die er uns im Rahmen seiner Möglichkeiten hat zukommen lassen. Zusammen haben wir den Entschluss gefasst, zunächst Eldoril von Gadars Geist befreien zu wollen. Zu diesem Zweck überreicht uns Sir Edmund neben einigen Münzen noch eine Depesche. Sie ist an die rote Robe Hieronymus Delafaire gerichtet. Wir wollen den Magier als Verbündeten im Kampf gegen den Renegaten gewinnen. Das Siegel eines Ritters der Krone soll unseren Worten mehr Glaubwürdigkeit verleihen. So ausgestattet gehen wir an Bord eines Seglers, der uns von Schallsea wieder zurück aufs Festland bringen wird.

12.07.358 a. c. – Am frühen Nachmittag läuft das Segelschiff in Neuhafen ein. Voller Tatendrang begeben wir uns direkt zur Villa von Delafaire, um dem Magier unser Vorhaben darzulegen. Etwas widerwillig führt uns seine Haushälterin Kunigunde in den Salon. Wir überreichen Delafaire den Brief und berichten, wie wir Gadars Zitadelle fanden, vom Tod des Drak (Nr. 2), der Erweckung der Seele des Renegaten und der Inbesitznahme von Eldorils Körper.
Nachdem Hieronymus diese Neuigkeiten verarbeitet hat, erkundigt er sich, ob das Phylakterium, das Seelengefäß, in dem Gadras Geist überdauerte, noch intakt ist. Wir vermuten, dass es sich dabei um den Edelstein handeln muss, vor dem Nr. 2 Selbstmord begann und bejahen dies. Delafaire ist bereit uns im Kampf gegen den Renegaten zu unterstützen. Er rät zu folgender Vorgehensweise: Gemeinsam dringen wir in die Zitadelle ein und töten Eldorils Körper. Gadras Geist wird nach einem neuen Leib suchen müssen. Doch Delafaire wird verhindern, dass er jemanden von uns in Besitz nimmt. Daher wird es ihm nur möglich sein, sich in sein Phylakterium zurückzuziehen. Ich soll Eldorils Körper heilen, während Gotrek und Murgrosch den Kristall zerstören. Dann wird die verderbte Seele des abtrünnigen Magiers von dieser Ebene verbannt sein. Soweit klingt dies nach einem simplen, durchführbaren Plan…

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