In diesem Jahr wollte der Frost nicht gehen. Manche munkelten schon vom Fimbulwinter, der der Legende nach den Beginn der Götterdämmerung ankündigte. Jedenfalls war es kurz vor der Tag- und Nachtgleiche, an der ein Fest geplant war. Der Jarl der Kjari, Hrolf von Rohald, wollte dort verkünden, dass seine zweitgeborene Tochter Jorun nach seinem Tod seine Nachfolge antreten sollte. Sie war die Einzige, die übrig war. Seine beiden Söhne waren bereits gestorben, und seine älteste Tochter war verheiratet mit einem schwedischen Prinzen.
Der strenge Winter hatte dazu geführt, dass die Vorräte knapp waren. Also entsandte der Jarl alle, die dazu geeignet waren, auf die Jagd. Eine dieser Gruppen, vier Männer, die erst seit wenigen Jahren in Rohald waren, gab er noch einen weiteren Auftrag mit auf dem Weg. Wölfe trieben im Norden, am Grenzfluss zum Gebiet des verfeindeten Arnkel-Clans, ihr Unwesen. Der Dorfvorsteher aus Holmgang, welches zwei Tage entfernt an der Brücke über dem Fluss lag, hatte um Hilfe gebeten. Hrolf wollte, dass dieses Problem gelöst wurde. Entweder indem man die Wölfe nach Norden auf das Gebiet der Arnkel vertrieb, oder indem man sie erschlug.
In den frühen Morgenstunden bei klirrender Kälte brachen Haldor Vidarson, ein Skalde und Schiffsbauer aus Schweden, Riskir, ein Runenmeister vom Clan der Eiskrähen und aus Uppsala nach Rohald entsandt, Sten, ein Birni Rekkar Berserker des Jarls und Tjalf Tjalverson, ein Huskarl aus Norwegen, gemeinsam auf.
Trotz des Schnees kamen sie gut voran. Bei der Mittagsrast entdeckten sie Pferdespuren, die nach Westen zum Meer führten und ein paar Tage alt waren. Sicher war es klug, herauszufinden, wer sich hier herumtrieb. Also folgte man der Spur, die in einen kleinen Mischwald führte. Beim Betreten des Waldes saßen zwei fette Raben auf einem Baum, und es machte den Eindruck, als würden sie die Eindringlinge verspotten. Fast hätte Tjalf mit einem Speer nach ihnen geworfen, doch die unheilschwangeren Worte des Runenmeister, dass er dabei kein gutes Gefühl habe, hielten ihn ab.
Nach drei Stunden fanden die Männer eine Lagerstätte. Hier hatten vermutlich vier Personen für mindestens einen Tag gelagert. Danach war einer zu Fuß nach Süden und die anderen mit den Pferden nach Norden aufgebrochen.
Die Spur nach Süden führte nach einer weiteren Stunde zu einer kleinen Schutzhütte im Wald. Sie war verlassen, aber hier hatte jemand vor zwei Tagen eine Nacht verbracht. Im Inneren hingen zwei Hasenpelze von der Decke. Eine Schale mit Knochen und Eingeweiden stand auf dem Tisch. Die Tischplatte war mit seltsamen Runen zerkratzt, und am Türpfosten waren mit Blut und einem Messer zwei weitere Zeichen eingeritzt. Riskir war sich sicher, dass hier ein Ritual durchgeführt worden war, auch wenn er nicht genau wusste, zu welchem Zweck.
Sten suchte außerhalb nach Spuren, die fortführten und fand welche in Richtung Süden. Eine Person war hier einige Meter durch das Unterholz bis zu einer alten Eiche gegangen. Dann waren die Fußabdrücke plötzlich fort. Nur die beiden fetten Raben saßen spottend auf dem Baum.
Da es noch zwei bis drei Stunden hell sein würde, folgten die Männer dann den Pferdespuren nach Norden. Kurz vor Einbruch der Abenddämmerung kamen sie an eine Lichtung. Auf ihr war eine riesige schwarze Sau, die grunzend an einer Leiche fraß. Zahlreiche Narben aber auch neue Wunden zierten ihren Pelz. Es steckte sogar noch ein Speer in ihrer Flanke.
Die Überraschung nutzend griffen die Männer das Monstrum an. Nach einem kurzen aber heftigen Kampf erschlugen sie es. Der Tote schien ein Söldner aus der Fremde zu sein, vermutlich einer von den Vieren, der kein Glück hatte und der Sau nicht entkommen war. Er hatte ein Beil, ein wenig Hacksilber und einen Schwurring bei sich. Der Ring würde sicher Auskunft über seine Herkunft geben können, den Männern aus Rohald sagten die Symbole allerdings nichts. Tjalf steckte sich den Ring ein. Vielleicht konnte jemand in Holmgang ihn identifizieren.