15. Praios – nachts
Wir vermuten, dass es eine kalte aber sternklare Nacht geben wird. Der Mond steht schon fast in voller Pracht am Himmel. Wir verfolgen weiter die Spur von Bran, die uns in wechselnden Himmelsrichtungen immer weiter in den Steineichenwald hineinführt. Manche Bäume sind so dick, dass Sie von vier Männern nicht umschlossen werden können. Diese mächtigen Bäume müssen tausende von Jahren alt sein.
Inzwischen etwa 300 Schritt hinter der Hauptgruppe: Einskaldir zu Xargrosch: “Mein Rucksack ist schwer. Ich schleppe viel zu viel Zeug mit mir herum. Magst Du mir helfen, diesem Schlauch mit Premer F… äh WASSER auszutrinken, damit ich nicht mehr so schwer tragen muss?“ Xargrosch zu Einskaldir: “Aber klar doch mein Freund! Geteilte Lasten sind halbe Lasten. Auch meine Kehle dürste es nach kristallklarem Wasser…“
Wir folgen der Spur bis zu einem Bachlauf, der etwa vier Schritt breit ist und recht schnell fließt. Ich gehe als erstes hinüber und als ich am anderen Ufer angekommen bin, ruft Latu, dass er ein Grunzen gehört hat. Auch ich höre nun ein Grunzen und sehe ein großes Wildschwein direkt auf uns zukommen. Schnell klettere ich auf einen Baum, um mich in Sicherheit zu bringen. Xandros, der ebenfalls schon im Bauchlauf war, bleibt beim Verlassen des kleinen Gewässers an einer Wurzel hängen. Der ihm zu Hilfe kommende Karakal stolpert ebenfalls uns klatscht neben Xandros ins Wasser. Inzwischen ist die Wildsau bedrohlich nahe gekommen, doch Latu kann sie mit einem gut gezielten Schuss verscheuchen; das war knapp!
Ich kehre zum andren Ufer zurück und wir bereiten ein Nachtlager vor, da es schon recht dunkel geworden ist und wir alle sehr erschöpft sind. Endlich kommen auch Einskaldir und Xargrosch am Lager an, aber den beiden scheint es gar nicht gut zu gehen! Sie riechen fürchterlich und wir betten Sie in einiger Entfernung auf dem Waldboden, wo Sie sofort einschlafen. Eine Untersuchung Ihres Gepäckes fördert einen leeren Schlauch mit strengem Alkoholgeruch zu Tage, während ein voller Schlauch mit Wasser nicht angerührt wurde. In Zweiergruppen gehen wir Feuerholz sammeln. Latu findet sogar einige Vierblättrige Einbeeren und sieht ein Irrlicht, dem er einige Zeit folgt, sich dann aber von seinem Bann losreißen kann.
Wieder am Lager entfachen wir ein Grubenfeuer, um nicht die Aufmerksamkeit unliebsamer Gäste auf uns zu ziehen. Immer wieder hören wir Wolfsgeheul. Es soll in diesen Wäldern sogar Höhlenbären und Waldlöwen geben! Schließlich gehen wir schlafen, halten aber einzeln Wache. Während Karakals Wache erwacht Xandros plötzlich durch einen stechenden Schmerz im Gesicht. Ein Nachtwind greift ihn an. Er wird mehrfach im Gesicht und an der Schulter getroffen, bis es Karakal gelingt, den Vogel zu verletzen und so zu vertreiben. Xandros blutet stark und wird von uns versorgt. Latu gibt ihm eine Einbeere zur Unterstützung der Heilung.
Am nächsten Morgen fühlen wir uns ausgeruht und gut, nur Xargrosch und Einskaldir leiden noch unter den Folgen des Premer Feuers. Am anderen Ufer finde ich die Spuren vom Schwarzen Bran wieder, denen wir weiter folgen, bis das Gelände ansteigt. An mehreren Stellen können wir außerdem die alten Spuren von mindestens drei Orks erkennen. Wir nähern uns dem Orkland! Schließlich finden wir nach mehrstündigem Suchen das Lager, welches Bran in der Nacht benutzt haben muss. Auch hier sind Orkspuren zu sehen. Offensichtlich ist Bran vor den Orks geflohen. Auch wir müssen uns vor diesen abscheulichen Kreaturen in Acht nehmen!
Wir folgen der Spur zu einem geröllhaltigen Anstieg, der sich etwa 30 Schritt in die Höhe reckt. Wir entdecken einem Höhleneingang aber keine Spuren, die beweisen würden, dass Bran die Höhle betreten hat. Trotzdem müssen wir sicher gehen, dass er sich nicht dort versteckt. Also betreten wir die Höhle werden aber von einem Höhlenbären überrascht und müssen fliehen. Nachdem ich den Bären mit einem Blitz geblendet habe, gelingt es uns in letzter Sekunde, uns auf den steilen Geröllabhang zu retten.
Der Abhang mündet in ein flaches Plateau. Schräg über uns sehen wir plötzlich einen riesigen Schatten über uns huschen und dann verschwinden. Die Kreatur muss mindestens 20 Schritt Spannweite haben. Was war das nur für ein Biest? Während der Schatten über uns huschte, pulsierte Latu´s Splitter in seiner Brust. Ob sich unsere Splitter ähnlich verhalten haben? Als wir uns dem nur mit Sträuchern bewachsenem Plateau nähern, sehe ich ganz am anderen Rand einen winzigen Punkt – der fliehende Verbrecher! Bald haben wir ihn eingeholt!
Wir eilen hinterher, geraten in der Mitte des Plateaus aber in ein Gewirr von sehr gefährlichem Charmelion-Springkraut. Dieses Kraut kann sich perfekt an seine Umgebung anpassen und die Gestalt jeder beliebigen Pflanze annehmen. Bei Annäherung eines Wesen kann das Kraut tausende von mit Säure gefüllten Kapseln abschießen, die schon so manchem Wanderer zu einem frühen Tod oder schweren Verletzungen verholfen haben. Keiner von uns schafft es rechtzeitig, zu entkommen, aber zum Glück treffen uns bei unserem Spurt aus den Büschen heraus nur einige wenige Kapseln, die allerdings schmerzhafte Brandwunden verursachen.
Wir folgen den nun sehr eindeutigen und frischen Spuren weiter bergan, bis wir in der Ferne in Feuer prasseln sehen. Inzwischen ist es Abend geworden und der Vollmond zeigt sein helles Gesicht am Firmament. Wir schleichen uns von verschiedenen Seiten an. Latu hört Orkstimmen, dann einen spitzen Schrei und ein dreckiges, kehliges Lachen. Wir sehen drei Orkkrieger, von denen einer gerade dem gefesselten Bran den tief in die Brust gerammten Ogerfänger aus dem reglosen Körper zieht. Die Orks finden unter den Sachen von Bran das gestohlene Diadem, schenken diesem Gegenstand aber kaum Beachtung. Inzwischen sind Latu und ich in Reichweite.
Es kommt zum Kampf mit Pfeil, Bogen, Schwert, Stab und Magie. Die Orks erweisen sich als sehr harte und geübte Kämpfer, die uns in der einbrechenden Dämmerung zunächst deutlich überlegen sind. Bei diesem Kampf fehlen uns die Kräfte der beiden Trunkenbolde sehr und keiner von uns kommt ohne Blessuren oder Wunden davon. Doch schließlich gelingt es uns mit vereinten Kräften, den ersten Ork zu töten. Danach wendet sich das Blatt und bald blutet der zweite Ork aus zahlreichen Wunden und ist mit unseren Pfeilen gespickt. Nach einem weiteren schweren Treffer zieht er ein Signalhorn aus der Tasche und will fliehen, doch ein gut gezielter Pfeil von meinem Bogen bohrt sich von hinten in seinen Hals und bereitet seinem jämmerlichen Dasein ein Ende. Das Horn fällt aus seinen kraftlosen Klauen zu Boden. Nun hat der letzte Ork keine Chance mehr gegen uns. Karakal spricht ihn an, aber ich kann die Worte nicht verstehen. Hat er den Ork zur Aufgabe aufgefordert? Auch dieses Scheusal versucht zu fliehen, wird von Karakal, Xandros und Latu aber regelrecht zerhackt. Dunkelrotes, widerwärtig stinkendes Orkblut spitzt in hohem Boden durch die Gegend und besudelt unsere Kleidung.
Wir nehmen das wertvolle Diadem an uns und untersuchen den schwarzen Bran. Er wurde gefesselt und heimtückisch ermordet, doch ich kann kein Mitleid für diesen feigen Mörder empfinden. Alles deutet darauf hin, dass er Dora auf dem Gewissen hat. Aber warum ist er Hals über Kopf ins Orkland in sein eigenes Verderber gelaufen? Hatte er keine Helfer? War die Tat nur eine Panikaktion oder steckt doch mehr dahinter? Neben dem Diadem finden wir noch Proviant, Feuerstein und Zunder (nehme ich an mich) sowie 33 Dukaten und 12 Silberstücke.