Oolan Schneebraue stammt aus den Tiefen der dunkeln Taiga, die weit nördlich der Kummerberge und des Nebeltals liegt. Er wurde in das Rudel von Rogar Frostzahn hineingeboren. Das Leben in der Wildnis, verab von Siedlungen und Städten, war hart und entbehrungsreich. Nur der Zusammenhalt des Rudels garantierte das Überleben des Einzelnen. Oolans Verhängnis ereignete sich mit den Ende des letzten Winters.
Die Vorräte des Rudels waren fast erschöpft, als der Schnee zu schmelzen begann. Die Mägen waren vom Hunger erfüllt. Die letzte erfolgreiche Jagd zu lange her. Rogar Frostzahn wählte seine erfahrensten Jäger aus, um auf Pirsch zu gehen. Oolan war begierig darauf, sie zu begleiten. Er war jung und wollte seinen Wert unter Beweis stellen. Rogar aber entschied, dass Oolan einen Wachtposten in der Nähe des Lagerplatzes beziehen sollte.
„Gerade zum Ende des Winters durchstreiften viele ausgehungerte Bestien die Taiga. Beweise mir, dass du das Rudel bewachen kannst. Dann wirst du Teil der nächsten Jagd sein“, trug Frostzahn Oolan auf.
Missmutig, doch pflichtbewusst, bezog Oolan den Wachtposten. Sein Vater und seine älteren Geschwister zogen zusammen mit Rogar und den anderen Jägern fort. Als die Sonne am Ende des zweiten Tages von Oolans Wache zu sinken begann, raschelte es im Unterholz. Kara Rotschweif, eine junge Frau, kam zu ihm. Oolan war schon seit dem letzten Herbst in Kara verliebt. Doch bevor er sich keinen Namen als Jäger gemacht hatte, würde sie ihn niemals als Gefährten anerkennen.
Kara neckte Oolan: „Du bist wohl zu langsam, um mit den Jägern Schritt zu halten. Darum musst du hier Wache halten. Sicher könnest du nicht mal mich fangen!“
Derart angestachelt nahm Oolan die Herausforderung an und versuchte, Kara einzuholen, die lachend vor ihm davonlief. Nach und nach entfernten sie sich von dem Wachtposten. Plötzlich zerrissen ein tiefes Grollen und mehrstimmiges Heulen die Stille der Dämmerung. Erschrocken stellten Kara und Oolan fest, dass aus dem Lager Kampfeslärm herüberdrang. So schnell es sie konnten, eilten sie dorthin. Oolan fand das Rudel in einem Kampf mit einem riesigen Bären verstrickt. Eine dämonisch verzerrte Kreatur, die verflucht und blutrünstig die Taiga durchstreifte. In seiner Abwesenheit und im Windschatten hatte sich der Zornbär in das Lager der Wolfsmenschen gestürzt.
Unter der Führung der Schamanin Skella Mondauge setzten sie sich tapfer zu Wehr. Doch der Zornbär war ein fürchterlicher Gegner. Bald lagen viele verwundet, im schmelzenden Schnee. Im letzten Augenblick kehrten Rogar und seine Jäger zurück und töten den Bären mit Speeren. Ohne sie hätte es in dieser Nacht viele Tote gegeben. Und hätte Oolan seinen Posten nicht verlassen, hätte der Bär das Rudel nicht unvorbereitet attackieren können.
„Ich sagte, du sollst mir deinen Wert unter Beweis stellen, Oolan“, zürnte Rogar Frostzahn. „Und du hast mir bewiesen, dass du für das Rudel wertlos bist. Schlimmer noch: dein Versagen hat unsere Leute in tödliche Gefahr gebracht. Du bist kein Teil des Rudels mehr! Geh und stirb in Einsamkeit!“
Mit dieser Schuld beladen, musste Oolan Heimat und Familie verlassen.
Er floh aus der Taiga und folge ohne feste Absichten den Ausläufern der Kummerberge nach Süden. Wohin sollte er nur gehen? Er wusste, dass er kein anderes Rudel um Aufnahme bitten konnte. Sollte er wie ein Straßenköter in den Städten der Menschen enden? Dann hörte er zufällig in einem Gasthof Reisende darüber sprechen, dass es ein geheimnisvolles Tal jenseits der Berge gab. Es sollte erst vor wenigen Wintern aus tiefen Nebeln aufgetaucht sein. Viele Abenteurer, aber auch Flüchtlinge, waren dorthin unterwegs. In jener unentdeckten Wildnis wollten sie ihr Glück auf die Probe stellen. Oolan zögerte. Konnte das sein? Ein neues Land, in dem kein anderes Rudel von seiner Verbannung gehört haben konnte? Sollte es hier vielleicht auch eine Zukunft für ihn geben? Und würde er sich so etwas überhaupt verdienen können
Gedanken zu Oolan Schneebraue
Oolan ist ein junger Wolfling, der durch eigene Schuld aus seinem Rudel verstoßen wurde. Diese Schicksal wiegt schwer auf seiner Seele. Er ist ein tragischer, entwurzelter Charakter. Aber das bedeutet nicht, dass er den Rest seines Lebens auch noch fortwerfen will. Falls es einen Weg gibt, für seine Schuld eine Form von Wiedergutmachung zu leisten, wird er diesen Strohhalm ergreifen. Sollte es eine neue Heimat für ihn geben, wird er alles tun, um sich ihrer würdig zu erweisen. Es ist nicht die Gier nach Reichtümern, die Oolan ins Nebeltal zieht. Vielleicht nicht mal Hoffnung. Mehr ein grimmiger Trotz sich selbst gegenüber, der ihm am Leben und weiterkämpfen hält. Mir persönlich ist es wichtig, dem Charakter eine gewisse spirituelle Tiefe mitzugeben. Auf eine Blut-und-Boden-Weltanschauung habe ich keinen Bock. Dazu habe ich weiter unten ein paar Ideen zur Spiritualität der Wolfsmenschen ausformuliert.
Eigene Gedanken zu den Wolfsmenschen
Wolfsmenschen / Wolflinge, die noch ihrer traditionellen Lebensweise folgen, beanspruchen weite Reviere in der Wildnis. Wälder, Berge, Taiga und Tundra sind ihre bevorzugten Reiche. Dort errichten sie keine festen, dauerhaften Siedlungen, sondern ziehen als Nomaden umher. Die Wolflinge folgen den Herden ihrer Beutetiere auf uralten Pfaden. Sie pilgern zu heiligen Plätzen, um dort die Nähe ihrer Ahnen und der Naturgeister fühlen. Schamaninnen und Schamanen singen bei Vollmond von den Kämpfen der Drachen und Dämonen, die tiefe Narben im Weltenleib hinterlassen haben. Monstrositäten, die das Mal der Dämonen tragen, verderben die Natur. Sie müssen vernichtet werden. Angeführt werden die Rudel von der erfahrensten Kriegerin oder Krieger. Das Rudel ist dem Wolfling noch mehr Heimat als das Land, dass er durchstreift. Eine Verbannung wiegt als Strafe schwerer als der Tod. Die persönliche Ehre ist wichtig, das Überleben des Rudels wichtiger.
Spiritualität & Glaube
Der Krieg zwischen Drachen und Dämonen formte die Welt, wie wir sie kennen. Ihre Schlachten hinterließen aber auch tiefe Narben, in denen Übles lauert. Es gibt Plätze, die von den Dämonen verseucht wurden. Wer dort wandelt, wird verdorben. Es gibt auch Orte, die von der Macht der Drachen durchdrungen sind. Diese heiligen Plätze sind von großer spiritueller Kraft, aber nicht ungefährlich. Schamanen wirken Magie (Animismus), bewahren das Wissen des Rudels in Liedern. Die Seelen der Toten ziehen weiterhin mit dem Rudel. Diese Ahnen sind still und unsichtbar. Doch manchmal kann ein Nachfahre ihre Nähe spüren. Dies gilt, wenn er selbst dem Tode nahe ist oder an einem Wendepunkt seines Leben steht.
Beziehungen zu anderen Völkern
Das Verhältnis zu den anderen ist durch Pragmatismus geprägt.
Zu Kontakten kommt es hauptsächlich, wenn Wolflinge sich als Eskorten durch ihr Territorium verdingen (damit niemand dorthin geht, wo er nichts zu suchen hat). Es wird auch begrenzt Handel getrieben. Wolflinge tauschen seltene Pelze, Knochenschnitzereien und Lederwaren gegen Waffen und Rüstungsteile aus Metall. Andere Wolflinge dienen in den Reichen der Menschen als Söldner. Manche Schamanen pilgern zu Heiligen Orten, die mittlerweile im Hoheitsgebiet der Menschen liegen.
Ansichten über…
…Menschen: Sie sind viele, mehr als all unsere Rudel zusammen. Sie sind vielfältiger, als wir es je sein könnten. Doch sie haben nie gelernt, sich so sehr aufeinander zu verlassen, wie wir das tun.
…Halblinge: Sie sind kleiner als Menschen. Schwächer und bequemer. Aber listig wie Füchse und flink wie Hasen. Unterschätze sie nicht!
…Zwerge: Wir respektieren ihre Krieger für ihre Stärke. Wir teilen ihre Heimatverbundenheit. Doch wie sie ihr Leben unter Tage, fern von Mond und Weite führen können, ist uns unverständlich.
…Elfen: Sie sind spirituelle Wesen, wie wir. Doch ihre Seelen sind kühl, während unser Blut heiß ist. Den alten Wäldern sind sie ebenso verbunden wie wir. Aber sie lieben die Sterne mehr als die Erde unter ihren Füßen.
…Malade: Wie wir werden sie von den Menschen mit den Tieren gleichgesetzt, denen sie ähneln. Ihnen ist die Wut zu eigen, die auch wir verspüren. Und doch wissen wir wenig mit diesem Volk anzufangen, das aus Seen und Sümpfen zu stammen scheint.




