Was treibt meinen Helden um?

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Kennt Ihr diese Momente, in denen Ihr nicht wisst, was Ihr im Rollenspiel machen sollt? Wenn Euer Charakter nicht in die Handlung passt oder sich fragt „Was geht mich das an?“. Stattdessen wartet Ihr auf den Moment, wo es für Euch plausibel wird, in Aktion zu treten. Oder seid Ihr als Spielleiter am verzweifeln, weil sich Eure Mitspieler nicht für das Abenteuer zu interessieren scheinen?

Wer sind die Hauptfiguren?

Mir ist aufgefallen, dass sich meine Charaktere nicht wie Hauptfiguren in unseren Kampagnen anfühlen. Eigentlich möchte ich die Geschichte tragen, aus eigenen Impulsen handeln und die Handlung mit meinem Charakter aufgrund seiner eigenen Beweggründe vorantreiben. Im großen und ganzen sind es jedoch äußere Umstände, auf die ich nur reagiere. Es ist legitim, eine Geschichte so zu beginnen, aber wie kann ich zum Held meiner eigenen Saga werden?

Anspruch Realismus

Zum einen will ich meine Figuren glaubwürdig darstellen. Sie sollen im Rahmen ihrer Interessen und Möglichkeiten handeln und natürlich wirken. Sie verfügen über kein Spielerwissen und teilen nicht die Erwartung des Spielers, dass ein Abenteuer bevorsteht. Wenn ich zusätzlich davon ausgehe, dass der Spielleiter die Szene nur etwas ausschmücken will, und es noch nichts zu tun gibt, würde ich nur Spielzeit verbrauchen, wenn ich in wilden Aktionismus verfiele. Geduldig harre ich der Dinge, während der Spielleiter möglicherweise schon die ersten Optionen vom Abenteuer abhakt und fortfährt.

Rollenspiel mauschelt sich so durch

In einen Film / Roman hat die Hauptfigur entweder von Anfang an eine starke Motivation oder, wenn sie sich zuerst der Aufgabe verweigert, und ihre Haltung nur nach einer Verschlechterung der Situation ändert, entwickelt sie sie im Laufe der Handlung. Und wir Zuschauer / Leser bleiben bei der Stange. Im Rollenspiel wird vorausgesetzt, dass man sich ins Abenteuer stürzt, so dass man sich die Motivation spart – oder man ist sich nicht im Klaren darüber, dass sie fehlt. Und ich wundere mich dann, warum mein Charakter nicht so viel Spaß macht, wie ich mir das vorgestellt habe.

Mehr als nur der selbstlose Held

Und zum anderen habe ich es die ganze Zeit nicht geschafft, meine Figur in der Welt zu etablieren. Mir genügt es nicht, nur die Bösewichte zu besiegen. Meine Figur soll in die Handlung verstrickt sein. Was auch immer am Ende unserer Kampagne herauskommt, ich will nicht nur zum Ausgang beigetragen haben, sondern auch daran beteiligt und darin verwickelt sein. Und dass eine Kampagne etwas in Gang setzt und die Welt (oder den Teil, in dem wir spielen) dauerhaft ändern wird, ist die Prämisse, für die ich spiele.

Was ist unser Thema?

Wenn wir eine neue Runde aus dem Boden stampfen, dann weiß ich oft gar nichts von der Welt, in der wir spielen werden. Neues System mit eigener Welt oder ein Franchise, das mir nur teilweise bis gar nicht vertraut ist. Mir fehlt das große Ganze, und ich würde gerne wissen, was das Thema sein wird. Welche Idee soll ergründet werden, welcher Konflikt beherrscht die Welt, welche Frage steht über allem, was ist das besondere, das dieses Szenario von anderen unterscheidet, wo gibt es eine Dynamik, die für Veränderung sorgt?

Bisher habe ich diese Fragen nicht gestellt, oder erst im Nachhinein, wenn sich nach dutzenden von Spielsitzungen allmählich ein Bild abgezeichnet hat. Auch waren meine Vorgeschichten oft nutzlos, weil ich darauf geachtet habe, mit der Vergangenheit meines Charakters abgeschlossen zu haben, um möglichst keinen Ballast in die Kampagne zu bringen.

Man kann mir noch so viele Details über die Welt mitgeben, das sind erst einmal statische Dinge, aus denen ich nichts ableiten kann. Aber sobald ich Antworten auf die oben genannten Fragen habe, kann ich diese Informationen in einen Kontext setzen und mir ein Bild davon machen, in welcher Beziehung sie zueinander stehen und wie sie sich beeinflussen. Und darin kann ich meine Figur einbinden.

Rollenspielpublikationen scheinen sich damit schwer zu tun, diese Aspekte auf den Punkt zu bringen. Jetzt halte ich mich als Nichtspielleiter zurück, Quellenbände zu durchforsten, aber wenn ich mal recherchiert habe, dann habe ich nie etwas gefunden. Entweder fehlen diese Informationen, oder man muss sie zwischen den Zeilen lesen. Sie sollten einen anspringen! Vielleicht will uns der Verlag keine Vorgaben machen, aber das scheint mir ungeschickt zu sein, denn hier könnte man Interesse für weitere Produkte generieren, indem man in Aussicht stellt, wohin die Reise gehen soll.

Beispiele was passiert, wenn man anfängt, ohne diesen Kontext zu spielen:

Das Schwarze Auge
Im Lande Andergast haben Druiden ihre Hochburg und stehen in Konkurrenz zu Kirchen und der Akademie der Magier. Die von uns gespielten Kaufabenteuer bevorzugten die Seite der Druiden, was auch Sinn macht, um geneigten Spielern einen Platz für diese Art Geschichten zu bieten. Schade nur, dass wir keine Druiden sondern einen Magier und einen Priester in der Runde hatten, die dann gegen ihre Vereine agieren durften.
Mutant Jahr Null
Man befindet sich in einer postapokalyptischen Welt, muss seine Gemeinschaft von ein paar dutzend Mutanten aus der Umgebung mit Nahrung und Gegenständen der alten Welt versorgen und sich gegen Plünderer und mutierte Tiere verteidigen. Nachdem wir nach ein paar Sitzungen abgebrochen hatten, hatte der Spielleiter durchgesteckt, dass man im weiteren Verlauf herausfinden kann, warum man in einer Gruppe gleichaltriger Mutanten aufgewachsen ist, und dass sich dahinter eine größere Geschichte verbirgt. Da hat mich das Spiel zum ersten Mal interessiert. Das hätte ich lieber gespielt.
City of Mist
In einem Kurzabenteuer drohte die Freisetzung eines alten Wesens, das Unheil über die Welt bringen würde. Da wir nicht beabsichtigten, länger zu spielen, wollte ich mal auf die Kacke hauen, und habe es selber freigelassen. So richtig befriedigend war das dennoch nicht, da meiner Figur die Motivation dazu fehlte.

Zusagen und Einsätze

Autoren haben zwei Werkzeuge, damit umzugehen: Zusagen (promises) und Einsätze (stakes). Ersteres ist ein Versprechen an das Publikum, was im weiteren Verlauf geboten wird. Das kann der Aufmacher sein, durch den wir uns zum Kauf entscheiden, oder etwas, das anfangs eingeführt wird, damit wir gespannt bei der Stange bleiben und das Buch weiterlesen oder eine Serie nach der ersten Folge weiter gucken. Einsätze sind all die Dinge, die für die Hauptfiguren auf dem Spiel stehen. Dinge, für die sie kämpfen, die sie erreichen wollen, und worüber sie womöglich alles riskieren. Wichtig ist, dass diese Einsätze persönlich sind. Da kann noch so viel Weltuntergang bevorstehen – es wird erst interessant, wenn die Hauptfiguren ihre eigene Agenda haben. Das beliebte Fantasyepos von der Rettung der Welt kann nur das Szenario sein. Das Abwenden des Weltuntergangs ist nicht der Einsatz. Nicht weil es nicht gewaltig genug wäre, sondern weil es zu unpersönlich ist.

Spiele ich einen Priester und suche mir aus, einen göttlichen Auftrag zu erhalten, ist das noch nicht persönlich aus Sicht meines Helden. Mein Gott könnte diesen Auftrag auch jedem anderen geben. Persönlich wird es durch die Konflikte, die sich dadurch ergeben, was dadurch auf dem Spiel steht, und wie meine Figur damit umgeht. Hält der Auftrag mich von Pflichten ab? Erfordert er, gegen die Vorschriften meines Ordens zu handeln? Oder steht er im Widerspruch zu anderen Zielen, die ich verfolge? Hier bietet es sich an, sich bei den Zusagen zu bedienen, und auf die eine oder andere Art und Weise eine Katastrophe herbeizuführen (d.h. seinen Einsatz zu verlieren – zumindest zeitweise), bevor man vielleicht doch noch (teilweise) siegreich hervortritt.

Je früher im Rollenspiel diese Zusagen gemacht werden, desto eher bekomme ich eine Idee, worauf das ganze für meinen Charakter hinauslaufen könnte. Wenn das Thema anfangs noch nicht festgelegt ist, dann sollte das die Aufgabe der ersten Spielsitzungen sein. Sobald ich eine Vorstellung davon habe, was vor sich geht, kann ich meiner Figur (hoffentlich) eine Motivation geben und den Einsatz bestimmen. Spielleiter und Mitspieler können sicherlich Anregungen liefern, aber ich muss mir selber mein Paket zusammenstellen.

Bessere Dialoge

Ganz nebenbei löst man damit noch ein Problem. So ein drohender Weltuntergang ist oft geheim, denn wäre er allgemein bekannt, würde dann nicht bereits vorher der Teufel los sein? Wenn unsere tapfere Heldentruppe nur die Rettung der Welt im Kopf hat, kann sie sich darüber nur mit eingeweihten Personen austauschen. Mit etwas kleineren, persönlichen Anliegen kann man sich auch mit Normalsterblichen unterhalten, was den Spielern mehr Optionen gibt. Und auch wenn in einer Kampagne kleinere Brötchen gebacken werden, möchte ich weg von der Auftragsmentalität, die so oft die fehlende Motivation meiner Figuren ersetzt.

Wenn sich nun wenigstens zwei, drei Spieler pro Runde finden, die ihre Charaktere so unterfüttern, dann könnte es auch häufiger Gespräche untereinander geben, als immer nur mit den NSCs. Interessant sollte es werden, wenn die Motivationen nicht völlig gegensätzlich sind, aber miteinander konkurrieren.

Fazit

Ich war schon immer etwas unzufrieden mit meinen Charakteren und meiner zurückhaltenden Spielweise. Die Konzepte von Zusagen und Einsätzen sind mir seit einiger Zeit bekannt. Meine Kritik am Quellenmaterial ist nicht neu (für mich). Meine Fragen nach dem Thema einer Kampagne waren vielleicht zu vage formuliert, oder der Spielleiter wollte nicht vorgreifen. Aber bisher konnte ich diese Punkte auch nicht unter einen Hut bringen.

Es erfordert sicherlich Geschick vom Spielleiter, den Spielern nicht zuviel zu verraten (insbesondere wenn man eine konkrete Handlung im Sinn hat), ihnen aber genug mit an die Hand zu geben, damit sie ihre Charaktere besser ausgestalten können. Gerade für eine Kampagne, in der die Spieler freier agieren sollen, und deren Ausgang nicht feststeht, scheint es mir lohnenswert, die Figuren mit eigenen Zielen auszustatten. Jetzt gilt es nur noch, die fünf Charaktere, die ich derzeit spiele, zu überarbeiten.

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Benny

Über Benny

Rollenspieler seit Mitte der 80er (vorwiegend Fantasy und gerne als Magier), Ausgleichssportarten: Gesellschaftsspiele, Grim Dawn und Lesen

33 Kommentare zu “Was treibt meinen Helden um?

    1. BennyBenny Beitragsautor

      Eine Session Zero eignet sich dafür bestimmt. Aber man muss dann auch in der Lage sein, diese Aspekte zu thematisieren. Die Rollenspiele, die ich kenne (DSA, Splittermond und vor langer Zeit D&D), präsentieren sich vorwiegend als eierlegende Wollmilchsäue, was sie aber nicht sind. Ich denke in diesen Fällen sogar, dass den Autoren ihr eigenes Konzept nicht klar ist. Oder sie hoffen mehr Kunden zu gewinnen, indem sie ihr Produkt irreführenderweise möglichst universell anpreisen.

      Neuere Rollenspiele (zB Blades in the Dark, Invisible Sun oder Hexxen) scheinen daraus gelernt zu haben und sind spezifischer in dem, was sie bieten.

      Man sollte sich auch nicht auf eine Session Zero beschränken. Ich denke, dass eine Gruppe zwischen den Abenteuern evaluieren muss, ob sich das Spiel wie gewünscht entwickelt hat, und wie man das bisherige fortführen kann.

      Antworten
      1. fastfoxfastfox

        Auch für “zwischendrin” gibt es ja Möglichkeiten. Stars and Wishes würde mir einfallen (hatte ich das nicht letztes Mal schon erwähnt?).

        Und gerade wenn man Systeme spielt, die vieles sein wollen/können, ist eine Kommunikation darüber was man möchte noch viel wichtiger. Ich behaupte allerdings, es ist nicht nur an den Schreibenden hier spezifischer zu sein, sondern gerade auch an den Spielenden und der Spielleitung.

      2. BennyBenny Beitragsautor

        Ja, hattest Du in #2060 und #2078 erwähnt  😉 

        Gerade bei den Wollmilchsäuen wäre es um so wichtiger, dass Planung und Rückmeldung fester Bestandteil sind. Es ist eine Sache, ob und wie Spieler das nutzen, aber eine andere, wenn man den Spielern diese Werkzeuge nicht mitgibt, und sie sie selber erarbeiten müssen… oder sie zufällig im Internet finden.

      3. fastfoxfastfox

        Ich denke nicht, dass fehlende Werkzeuge das Problem sind, sondern eher der fehlende Willen vieler Menschen sich bewusst mit so etwas auseinander zu setzen. Denn sagen zu können was Mensch möchte bzw. nicht möchte, erfordert einen gewissen Grad an (Selbst)Reflexion.

      4. BennyBenny Beitragsautor

        Das kommt natürlich hinzu. Aber ich glaube, diese Fähigkeit fehlt auch einigen Spieleentwicklern. Oder sie setzen diese voraus, ohne zu ahnen, auf welche Abwege sie ihre Kunden führen, indem sie dieses Wissen nicht mitgeben.

        Ich sehe das nicht nur als allgemeine Reflexionsfähigkeit, sondern als notwendigen Bestandteil vom Rollenspiel.

      5. BennyBenny Beitragsautor

        Gut zu wissen, dass Du meine Einschätzung über die Entwickler teilst  😏 

        Ich möchte wenigstens einmal bis zum Finale einer Kampagne spielen – vorzugsweise noch öfter. Die meisten wurden aus organisatorischen Gründen beendet. Der Rest ist versandet, und ich befürchte, das wäre mit den anderen auch passiert.

        Darum denke ich, dass man zusätzliche Werkzeuge braucht, und sie nicht nur optional sind.

      6. BennyBenny Beitragsautor

        Ich denke, das würde auch anderen Spielern helfen – und zusammen der Gruppe insgesamt.

        Oder meinst Du, dass man sich durch die spezifischere Ausgangssituation auf ein Abenteuer beschränken sollte?

      7. fastfox

        Klar wäre das wünschenswert und würde sicherlich bei anderen Problemen helfen, aber nicht bei deinem Problem der fehlenden Motivation.

      8. BennyBenny Beitragsautor

        Die Idee ist, dass meine Figur durch eine definierte Motivation einen Handlungsbogen erhält (muss in der Kampagne mit Leben gefüllt werden). Ich vermute, dass man sich dem Problem von beiden Enden nähern muss, und man das Szenario besser beschreiben kann, sobald klarer ist, welche Motivationen die Spielerfiguren haben, und umgekehrt. Oder willst Du auf etwas anderes hinaus?

      9. fastfoxfastfox

        Klar hilft eine definierte Motivation, aber dein Problem ist es doch, diese zu definieren. Zumindest hatte ich das bisher so verstanden. Und dabei hilft dir ein planbares Ende jetzt irgendwie nicht. Oder?

      10. BennyBenny Beitragsautor

        Ich will nicht das Ende planen, sondern dass wir bis zum Ende bei der Stange bleiben. Bei allem, was sich länger gehalten hat, traten irgendwann Ermüdungserscheinungen auf. Anfangs war es schwierig das Problem zu benennen. Nun stellt sich die Frage, wie man es löst.

        Es hat sich übrigens als schwierig erwiesen, meinen Figuren im Nachhinein eine Motivation zu geben. In einem Fall war ich zu spät, und wir wickeln noch eine Runde ab. Ich alleine hätte das Ruder aber nicht rumreißen können.

      11. BennyBenny Beitragsautor

        Ich vermute, wir haben ab #2108 nicht mehr ganz über dasselbe gesprochen.

        Im Nachhinein ist das mein Gedankengang:

        • Die Spielerfiguren haben eine starke Eigenmotivation und sind gut in das Szenario eingebunden, bzw. das Szenario ist auf sie zugeschnitten.
        • Regelmäßig (zB nach jedem Abenteuer), guckt man wie sich die Figuren und das Szenario weiterentwickeln können, so dass die Gruppe das Ganze immer wieder neu erfindet und damit frisch bleibt.
        • Die Spieler bleiben motiviert, und die Kampagne kann bis zum Höhepunkt durchgespielt werden.

        Damit die Motivation nicht zur platten Wunscherfüllung verkommt, benötigt man vielleicht diesen Autorenansatz: eine Figur will A, benötigt B und bekommt C. Beispiele:

        • Arya Stark will Rache, benötigt Freundschaft / Familie und bekommt Einsamkeit.
        • Du willst einen Sportwagen, bräuchtest eigentlich einen Geländewagen und bekommst nur ein Muli.
      12. fastfoxfastfox

        Überprüfung und Anpassung wären perfekt, aber dafür brauchst du doch erstmal eben jene starke Eigenmotivation, die dir nach eigener Aussage “immer” fehlt.

        Hinzu kommt, dass dein ABC Model so gar nichts für mich wäre. Rückschläge und Hindernisse sind okay, aber wenn die Motivation meines Charakters quasi nie auch nur teilweise erfüllt wird, bin ich als Spielender schnell raus was meine Motivation angeht. Selbst beim nihilistischen Cthulhu gibt es ja durchaus Erfolge. Für einen Buchautoren mag das Model funktionieren, für Spielende in einer Runde hingegen nicht.

      13. BennyBenny Beitragsautor

        Ich stelle gerade fest, dass ich im Text nie das Wort Erschaffung verwende. Vielleicht weil damals meine Charaktere zwischen 1,5 und 10 Jahre alt waren, nichts neues anstand, und ich rückwirkend für sie Motivationen finden durfte.

        Tja, das steht nur im Textauszug (wird auf der Hauptseite angezeigt):

        Der Schritt, der in der Charaktererschaffung fehlt: die Motivation meines Helden

        Die Wahl der (ursprünglichen) Motivation sollte Teil der Erschaffung werden. Wie in Was ist unser Thema? und Zusagen und Einsätze geschrieben, stelle ich mir vor, dass vorab gewisse Informationen bereit stehen – muss sich die Gruppe ggf. erarbeiten – damit man daraus etwas entwickeln kann. Gerade wenn das mehrere Spieler machen, will man sicherstellen, dass es einen gemeinsamen Rahmen gibt. Ich halte es eh für sinnvoll, wenn es weniger Geheimnisse zwischen den Spielern und dem Spielleiter und ihnen gibt, damit man sich gegenseitig Vorlagen liefern kann.

        ———

        Das ist aber schade, dass Dir mein ABC-Modell nicht zusagt.  😟  Nein, ich finde, dass beim Evaluieren der Spieler mit dem Spielleiter (oder der Gruppe?) entscheiden soll, wie er seine Figur weiterentwickeln möchte. Man kann bewusst mit einem unerreichbarem Ziel anfangen, um es später zu ändern – statt A König wird man C Räuberhauptmann. Oder man macht es andersherum und übererfüllt.

        Und die Diskrepanz zwischen B und C spiegelt die Diskrepanz zwischen einem Ideal und einer Notlösung wider und wie sich dadurch die taktische Lage ändert – ideal wäre das Heilige Schwert, aber Du bekommst nur eine Dämonenklinge.

        Mein Wunsch ist, dass die Spieler mehr Gestaltungsmöglichkeiten haben und wahrnehmen können.

      14. fastfoxfastfox

        In einem Dialog wäre dein Model eine mögliche Variante, die aber immer noch nicht für alle Figuren und vor allem Spielende funktionieren würde. Und dazu kommt ein weiterer Faktor: Die wenigsten Spielenden haben die Motivation, das Interesse und/oder die Notwendigkeit sich so detailliert mit ihrer Figur auseinander zu setzen. Vieles ist ein interessantes Gedankenspiel, aber wenig davon wird in der Praxis in Gänze umsetzbar sein.

        Du hast aber meine Frage aus #2115 immer noch nicht beantwortet 😉

      15. BennyBenny Beitragsautor

        Primär habe ich versucht, auf Deine Einwände einzugehen. Das ist mir wohl eher schlecht als recht gelungen. Wir sind in dieser Diskussion auch ein wenig vom Hölzchen aufs Stöckchen gekommen.

        In dem Artikel stelle ich erst einmal fest, dass meine Rollenspielfiguren nicht ausreichend in die Handlung der Abenteuer eingebunden sind. Weil sie keine starke Eigenmotivation haben. Das ziehe ich später als Erklärung heran, weswegen wir Kampagnen nicht zuende spielen. Damit impliziere ich, dass ein Teil der Figuren der Mitspieler auch dieses Defizit hat. Und die Abenteuer hätten sich an den Motivationen unserer Figuren orientieren müssen.

        Es käme auf einen Versuch an, aber für eine erzählerisch ausgerichtete Gruppe scheint mir das ein vielversprechender Ansatz zu sein. Es fragt sich, ob dabei alle mitziehen müssen, oder ob es genügt, wenn das nur zwei, drei Spieler machen. Vermutlich werde ich das in einigen Wochen testen können.

        Vorausgesetzt es besteht Interesse, muss geklärt werden, ob eine Figur nur eine Motivation haben soll. Und wie man sie aus dem Szenario entwickelt, und andersherum wie man das Szenario aufgrund der Motivationen verfeinert. Und zwischen den Abenteuern schaut man, welchen Einfluss die Ereignisse auf die Motivationen haben. Gab es eine überraschende Wendung? Oder spitzt sich ein Konflikt zu?

        Die Dialogsituation scheint mit angebracht für die Planungsphase, so dass für die Spielesitzung hoffentlich alles geklärt ist, und man sich auf das Vorantreiben der Geschichte konzentrieren kann.

        ———

        Mein Kritikpunkt an Rollenspielpublikationen ist, dass einem das nicht mitgegeben wird. Gut möglich, dass sich dadurch ein Publikum entwickelt hat, das einen anderen Fokus hat, Befriedigung aus anderen Dingen zieht und hier kein Bedarf ist.

        Andererseits haben die Rollenspiele, die ich kenne, ihre Schwerpunkte auf Kampfregeln und Aufstiege gesetzt, sie aber spielerisch oft unbefriedigend umgesetzt. Gut, jetzt mache ich ein neues Fass auf, aber ich frage mich, was bleibt denn noch, wenn weder die Geschichte noch die Spielmechanik Spaß machen?

      16. fastfoxfastfox

        Zusammengefasst hast du also die falschen Spiele mit den falschen Leuten gespielt und das richtige Spiel, welches auch die richtigen Leute anziehen würde, noch nicht gefunden.

        Da du aber (gefühlt) nicht mal genau definieren kannst was du eigentlich erwartest, würde ich sagen dir bleibt nur ein Weg zur Lösung: Neue Spiele mit neuen Leuten ausprobieren.

        Wenn du keine Lösung haben willst, sondern nur meckern willst was dir nicht passt, sag’ kurz Bescheid, dann schlage ich keine weiteren Lösungen vor 😜

      17. BennyBenny Beitragsautor

        Da hab ich gestern beim Rollenspiel glatt vergessen, meinen Mitspielern Deine Zusammenfassung zu präsentieren. Wir hatten aber auch zu viel Spaß.  😁  Das ist die Runde, in der sich die Motivationsfrage am einfachsten lösen lässt.

        Hin und wieder habe ich mich gefragt, will ich in einer Runde mitspielen, auch wenn ich Bedenken ob des Regelsystems habe, oder verzichte ich auf die Ideen, die sich dadurch ergeben können?

        Unter meinen derzeitigen Mitspielern gibt es hoffentlich ausreichend Bedarf (sie wissen es nur noch nicht). Meiner Meinung nach hat sich Rollenspiel einfach nicht (genug) in diese Richtung entwickelt. Etwas anderes (mit neuen Leuten) ausprobieren, klingt aber trotzdem gut.

        Ich dachte, ich hätte das Problem hier ganz gut beschrieben. Meckern war nicht meine Absicht, sondern ich wollte schauen, auf welche Resonanz meinen Gedanken stoßen.

  1. ZahraZahra

    Sehr schön geschriebene Kolumne und an manchen stellen finde ich mich wieder. Ich finde es auch immer einen Drahtseilakt zwischen ‘konsequent meinen Charakter spielen’ und ‘das was ich glaube in welche Richtung eigentlich das Abenteuer gehen soll’. Es ist nicht immer einfach für mich da einen Mittelweg zu finden.

    Antworten
    1. BennyBenny Beitragsautor

      ‘konsequent meinen Charakter spielen’ und ‘das was ich glaube in welche Richtung eigentlich das Abenteuer gehen soll’ sind die beiden Dinge, die ich zusammenführen möchte. Wenn das nicht geht, stimmt was nicht mit meiner Figur und / oder sie ist im falschen Abenteuer. Ich behaupte, dass man dieses Dilemma vermeiden kann, wenn eine Rollenspielgruppe frühzeitig das Kernthema ihres Szenarios ausmachen kann.

      Und ich will damit nicht potentiellen Konflikten in der Geschichte ausweichen. Ich denke damit kann man sie zielgerichtet ansteuern.

      Antworten
      1. fastfoxfastfox

        Aber warum willst du sie zwingend zusammenführen? Kann es nicht vielleicht auch Absicht sein, sich mit dem Charakter als “Schwarzes Schaf” gegen die eigene Organisation zu stellen?

  2. thdthd

    Su solltest Dich davon lösen, Spielrunden, bzw. deren Dramaturgie, mit Büchern und Filmen zu vergleichen. Da hinkt der Vergleich. Und ich denke auch nicht, dass es Aufgabe des SL ist, SCs in den Plot einzuflechten. Verknüpfungen muss der Spieler anbieten. Dann kann man darauf einsteigen und daraus was machen.
     
    Wenn man sich oben das “Andergast-Beispiel” ansieht, dann ist es die Entscheidung der Spieler, dass sie als Magier oder Priester sich gegen ihren Verein stellen. Daraus kann man dann was machen, oder sie entscheiden sich für’s Gegenteil. Auch das dürfte interessant sein (und mit mehr Aufwand für den SL verbunden sein / wobei ich das Abenteuer jetzt nicht kenne, auf das Du anspielst).

    Antworten
    1. BennyBenny Beitragsautor

      Ich beziehe mich wieder auf Autoren, weil auch sie an der Motivation ihrer Figuren arbeiten müssen. Der Unterschied zum Rollenspiel ist, dass das Problem dort bekannt ist und Lösungsansätze existieren.
       
      Bei den anderen Punkten, die Du nennst, scheinen wir gleicher Menung zu sein?

      Antworten
      1. thdthd

        K.A., ich wollte ein wenig die Bringeschuld der Spieler in den Mittelpunkt rücken. Wenn das auch Deine Ansicht ist, ist’s ja gut. Hatte ich im Text anders verstanden.

      2. BennyBenny Beitragsautor

        Das liegt vielleicht daran, weil ich Spielleitern unterstelle, eine Vision davon zu haben, was sie vor haben. Wenn aber beim Start einer neuen Runde der Spielleiter selber noch mit mehr oder weniger leeren Händen dasteht – egal ob er noch auf der Suche oder sich der Frage nicht bewusst ist – dann wüsste ich das gerne (hmm, … schwierig im zweiten Fall). Ich würde das in meinem Spiel einfließen lassen und nicht versuchen, Gedanken zu lesen, wenn sich noch niemand Gedanken dazu gemacht hat. 😉

      3. thdthd

        “Wer Visionen hat, sollte zum Arzt gehen.” 😉
        Aber im Ernst. Du zerdenkst das alles zu sehr. Natürlich hat man eine grobe Idee, aber ich zumindest weiß keinesfalls wohin die Reise geht. Sonst wäre das ja auch gar nicht spannend für mich und viel zu viel Vorbereitung.
         
        Und es ist grundsätzlich ein Fehler, zu antizipieren, was der SL will. Da wir schon so lange zusammen spielen, nutze ich das manchmal sogar. Wenn ich merke, dass ihr denkt, dass ihr wisst, wohin der Hase läuft, lasse ich ihn manchmal absichtlich abbiegen. Und was dann passiert, weiß ich auch nicht und ist Neuland. 🙌

      4. BennyBenny Beitragsautor

        Mir geht es um ein generelles Thema und nicht um eine detailiert ausgearbeitete Geschichte – dann sollte man doch lieber Schriftsteller werden.

        Jetzt kann man sagen, so ein Thema will ich nicht, aber ich glaube, das man aus einem Szenario mehr herausholen kann, wenn man sich was dazu überlegt. Fragen wie: Was zeichnet das Szenario im Wesentlichen aus? Was passiert, wenn ein Konflikt auf die Spitze getrieben wird? Welche Effekte hat das? Und geraten die Helden in ein moralisches Dilemma?

      5. thdthd

        Ok, auf den ganz großen, konzeptionellen Bogen bezogen gehe ich mit. Den habe ich auch, bzw. bearbeite den auch immer wieder. Es kann also gut sein, dass sich im Laufe einer Kampagne vieles ändert, aber einen Plan habe ich natürlich.

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