Ser Marcon Freas

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In der Nacht nach seinem Tod erschien Corwin Freas von Tyr seiner Gemahlin Faila und zeugte ihr einen Sohn.

„Und also sprach der gerechte Gott: dieses Kind ist mein Geschenk an dich, auf dass dem Land kein Übel wiederfährt. Es soll mein Schwert sein und den Menschen dienen, denn ihm werden Schwerter dienen. Folgt meinem Wort und seid gerecht, so wird auch euch Gerechtigkeit wiederfahren auf immer da.“

Mit diesen Worten verließ Corwin Freas sein Weib am nächsten Morgen und fuhr auf in die Hallen Tyrs.

Faila wurde ein Sohn geboren, und sie nannte ihn Salazar. Er wuchs auf und lernte das Wort. Männer von überall her sammelten sich um ihn und folgten ihm nach. Sie errichteten eine Burg im Herzen des Landes und weihten sie dem Angedenken Corwins und nannten sie Freas Fels.

(Innschrift im Torstein des Klosters zum Heiligen Corwin von Tyr)

Am 20. Uktar, dem elften Monat im Jahr der Krone, 1351 TZ wurde Marcon Freas als zweiter Sohn des Großmeisters vom Orden des Heiligen Corwin, Guilermo Freas, und seiner Gemahlin Jalana geboren. Sein Bruder Diero kam zwei Jahre früher zur Welt.

Guilermo Freas war in direkter Nachfolge Salazars Führer der Paladine des Klosters und damit Führer einer der Schutzmächte Tarmischs. Der Orden des Heiligen Corwin von Tyr gründete sich auf der Legende, die im Torstein des Klosters wiedergegeben war. Im Jahr 1247 TZ erschlug der Paladin Corwin Freas den Drachen Anaglathos, der sich fünf Jahre zuvor auf den Thron von Alaghôn geschlichen und großes Leid über Tarmisch gebracht hatte. Corwin wurde für seine Taten zum Regenten des Landes erhoben, obwohl er nie gefallen daran fand. Dennoch beendete er lange Jahre der Unruhen in Tarmisch indem er das Feudalsystem abschaffte und die Republik ausrief. Nach acht Jahren Regentschaft, im Jahr 1254 TZ, kam es zu einem Staatsstreich, angeführt von Adeligen, die ihren Besitz zurück forderten. In den Wirren dieses Angriffs, wurde Corwin Freas ermordet. Das Volk allerdings verhinderte den Putsch, und die Republik konnte weiter bestehen.

Dieser gerechte Kampf der Leute Tarmischs erfreute Tyr und so schickte er seinen Paladin ein letztes mal zurück in diese Welt, dass er einen Nachkommen zeugen konnte, damit aus diesem Sohn der heutige Paladinorden erwuchs. 1276 TZ wurde mit dem Bau des Klosters begonnen. Zu dieser Zeit hatte Salazar Freas schon Paladine um sich geschart, um seiner Bestimmung zu entsprechen. Nach Fertigstellung der Burg im Jahr 1288 TZ war Freas Fels sitz der Paladine Tyrs. Neben Verteidigungsanlagen beherbergte die Anlage auch eine kleine Kirche und war somit sowohl Festung als auch Kloster. Die Anlage lag im Herzen Tarmischs an der Handelsstraße nach Hlondeth, an der Stelle, an der sich der Weg nach Gildenglade (Goldhain) gabelte. Zu dem Kloster gehörten auch einige Ländereien, die von Bauern für die Burg bewirtschaftet wurden, so dass die Paladine recht autark waren. Zwar war der Orden keinem weltlichen Herren verpflichtet, erkannte aber die Stellung des ersten Sprechers des Rates von Alaghôn an, dessen Aufgabe es war, die Söldnereinheiten, die Tarmisch unterhielt zu koordinieren. Auf den Ländereien des Klosters lebten etwa 300 Männer und Frauen, davon waren 23 Paladine Tyrs, hinzu kamen etwa 100 Soldaten und drei Priester der Kirche der Ankunft aus Alaghôn (dem Ort, an dem Tyr vor mehr als 1600 Jahren auf Toril erschien), der Rest waren Bauern und angestellte Diener sowie Familienmitglieder. Nur der Großmeister des Ordens wohnte ausschließlich auf Freas Fels, die anderen Paladine unterhielten neben her das gute Dutzend Gehöfte auf den Ländereien und hatten sich dort mit ihren Familien eingerichtet. Denen den kein Hof zugefallen war, hatten sich abseits der Burg Landsitze errichtet.

Die Tore des Klosters standen jedem ehrbaren Reisenden offen, er würde dort im Rahmen der Möglichkeiten jederzeit Hilfe und Obdach finden. Jedes Jahr zu Mittsommer, empfing der Rat der Paladine Menschen, die ihre Kinder in die Obhut des Ordens geben möchten. Aus diesen Kindern wählte der Orden diejenigen aus, die er für geeignet hielt. Keiner der Kinder durfte zu diesem Zeitpunkt älter als sieben Jahre sein. Sie wurden dann in den Jahren der Knappschaft in den Lehren Tyrs unterwiesen und im Kampf ausgebildet. Die besten unter ihnen wurden im Alter von 16 Jahren in den Orden der Paladine aufgenommen. Der Rest wurde Soldat oder entschied sich zu einem klösterlichen Leben im Dienst des Ordens. Nur sehr selten wurden im laufe dieser Ausbildung Kinder als ungeeignet angesehen und verstoßen.

Die neun Jahre dauernde Ausbildung umfasste mehrere Teile. Neben dem Umgang mit Waffen und Rüstungen, Reiten und körperlicher Fitness, wurden die Knappen auch im Lesen und Schreiben, Rechnen und Etikette unterrichtet. Außerdem sollte ihr Geist geformt werden durch Gebet und religiöser Unterweisung. Zu den Lehren des Klosters gehörten die Glaubenssätze Tyrs:

Sei Tyr der einzige Gott dem du nachfolgst.
Tyr soll der einzige Gott sein, den du verehrst. Achten sollst du Torm und Ilmater, die Tyr dienen, denn zusammen bilden sie die Triade. Sei respektvoll vor Lathander, denn er ist ein guter Freund. Sei höflich den anderen Göttern gegenüber, denn es sind Götter. Verfolge und zerschlage die Kirchen und Anhänger Banes, Cyrics, Masks, Talonas und Talos’, denn sie sind der Feind und böse von Jugend auf.
Sei gerecht und wahrhaftig in deinem Handeln.
Richte die Schuldigen, führe die Verblendeten zurück auf den rechten Pfad und diene der Wahrheit. Du sollst nicht lügen und maßvoll sein in deinem Urteil. Übe keine Milde aus, wo sie nicht angemessen ist und sei nicht grausam.
Achte das Gesetz wo immer du gehst, und bestrafe jene, die das Recht missachten.
Das Gesetz ist uns von Tyr gegeben, und es ist gut. Recht soll gesprochen werden ohne Ansicht auf Person und Herkunft, einzig die Tat soll gerichtet werden. Das Urteil sei eine angemessene Strafe für die Tat und soll dem Täter und dem Opfer zu besseren gereichen.
Führe buch über das Recht, das du sprichst und den Entscheidungen die du triffst, auf dass dein Verhalten überprüfbar und korrigierbar ist.
Nur der gerechte Gott ist unfehlbar in seinem Urteil. Weisheit ist die Weisheit der anderen anzuerkennen, sich Rat zu suchen und für seine Fehler einzustehen.
Sei weise und wachsam und erkenne Vergehen gegen das Recht bevor dieses gebrochen ist.
Führe andere auf den rechten Pfad und leite sie zu besserem handeln. Sei ihnen Vorbild. Erkenne dein Gegenüber und schaue auf sein dichten und trachten. Erkenne die Schuld des Anderen bevor dieser schuldig ist und leite ihn zu gerechtem handeln.
Übe Vergeltung an den Schuldigen für die, die dieses nicht können.
Sei Schwert für die Armen, Kranken und Schwachen und bringe ihnen Gerechtigkeit.

Neben diesem Dogma wurden auch noch andere Verpflichtungen gelehrt, die aus der Verheißung des heiligen Corwin von Tyr abgeleitet wurden:

Der Orden dient dem Land und den Leuten von Tarmisch.
Unterwerfe dich nur dem gerechten Gesetz deines Gottes, und diene dem Land und den Leuten darin. Unterwerfe dich keinem anderen Herren als deinem Gott.
Der Orden schütze das Land vor Feinden von außen und von innen.
Sei wachsam gegenüber dem Freund und stark gegen den Feind.

Als Sohn des Großmeisters war der Lebensweg Marcons seit seiner Geburt vorgezeichnet, denn in ihm war, wie bei seinen Vorfahren, das Blut Salazars, welcher gezeugt wurde vom heiligen Corwin, der nicht mehr unter den Sterblichen weilte. Dadurch war Marcon nur zur hälfte Mensch, denn in ihm ruhte eine göttlicher Funke. Er war von Tyr berührt. Aufgrund seines Blutes würde Marcon nach dem Tod seines Vaters und nach dem Ableben seines Bruders zum Großmeister des Ordens werden.

Bis zu seinem siebten Lebensjahr wuchs er als behütetes Kind in den Mauren der Burg auf. Schon damals ahnte er, dass er etwas besonderes war, denn man behandelte ihn mit Respekt und einer gewissen Zurückhaltung, die vielleicht auf Furcht beruhte. Seine Mutter liebte und umsorgte ihn, sein Vater war wegen seiner Aufgaben als Großmeister nur selten für ihn da. Er war ein Fremder, den es galt zu achten und zu fürchten.

Mit sieben trat Marcon in die Ausbildung zum Ritter Tyrs, wie die Paladine sich selber nannten, ein. Zu dieser Zeit konnte der Junge es kaum erwarten, mit der Knappschaft zu beginnen. Er träumte von einem heldenhaften Leben als geachteter Ritter in einer strahlenden Rüstung. Keine drei Tage des Drills brauchte es, um dieses Bild zu brechen. So wurde mit den Jahren aus dem unbeschwerten Jungen, ein ernsthafter junger Mann. Er schaute auf zu seinem großen Bruder, der ihm oftmals Halt gab. Freunde fand er hingegen nicht. Die anderen Knappen wussten, wer er war, und manchmal schien es so, als hassten sie ihn dafür. Es kam des öfteren vor, dass er Opfer von Streichen wurde, vor denen ihn auch sein Bruder nicht bewahren konnte. Neben der Ausbildung blieb nur wenig Freizeit. Am faszinierernsten waren für Marcon die Ausflüge nach Goldhain, ein Ort der von Elfen geführt wurde und in dem Zwerge Gold gossen und Kunstwerke daraus fertigten. Vielleicht liebte er diesen Ort so, weil er dort nichts besonderes war. Dort traf er auch auf Amra, einem elfischen Mädchen, dass er sofort liebte. Sie war die Tochter eines Waldläufers (die Menschen würden vielleicht ‚eines Jägers’ sagen) und wunderschön. Ihr blondes Haar glänzte golden in der Sonne und ihre Augen strahlten. Aber am meisten faszinierte ihn ihr Lachen, das so rein und unschuldig war. Lange Zeit traute er sich nicht, sie anzusprechen, doch dann fasste er sich ein Herz und lud sie zu einem Ausritt am nächsten Tag ein. Er war erstaunt, als sie mit einem Lächeln einwilligte. Marcon war zu diesem Zeitpunkt 14, bald 15, und es war der schönste Sommer seines Lebens. Wann immer es seine Zeit erlaubte, verließ er Freas Fels und traf sich mit Amra, und immer wenn er mit ihr zusammen war, machte sein Herz Freudensprünge. Sie war so zauberhaft und doch so weit entfernt. Denn obwohl sie Freunde waren, konnte daraus nie mehr werden, denn hinter all ihrem Anmut verbarg sich eine unsterbliche Seele. Für sie war er nur ein Augenschlag im Leben, sicher ein Freund aber nie ein Liebhaber. Vielleicht wünschte sie manchmal, es wäre mehr, zumindest kam es Marcon so vor, doch wenn dies der Fall war, sprach sie es nie aus. Marcon erkannte den Schmerz, den er ihr zufügen würde, würden sie sich verbinden, denn sein Leben war in den Augen einer Elfe nur ein Augenblick. Er würde sterben und sie mit ihrem Kummer zurück lassen. Nach diesem Sommer kehrte er nie wieder nach Goldhain zurück. Nur schwer kam er über diesen Verlust hinweg, denn sie hatte auf immer sein Herz angerührt.

Am Mittsommer seines 16. Lebensjahres fand ihn der Rat der Paladine für würdig, und er wurde in den Stand eines Ritters Tyrs erhoben. Von nun an durfte er den Titel Ser (sir) tragen und empfing die Segnungen seines Gottes. In einigen Jahren würde er dann, wenn er Erfahrungen gesammelt hatte, durch seinen Gott erhoben werden in den Stand eines Wächters Tyrs, eine Segnung die jeden Paladin des Klosters ereilte, wenn er in den Augen des Gottes für würdig erachtet wurde.

Marcon war schön. Der göttliche Funke, der in ihm wohnte, berührte auch sein Äußeres. Seine Gesichtszüge waren ebenmäßig, sein Körper war wohlgestaltet. Sein schwarzes, gelocktes Haar umrahmte ein mahagonifarbenes Gesicht, seinen Bart trug er lang und wie in Tarmisch üblich, säuberlich zu einem Rechteck geschnitten. Seine Augen waren blau. Sie waren von einer so intensiven Farbe, dass manche behaupteten, sie würden aus sich selbst heraus leuchten.

Das erste Jahr im Dienst des Ordens verging wie im Flug und Marcon verliebte sich erneut. Ihr Name war Selis, die Tochter eines der Bauern auf den Ländereien Ser Indolfos, dem Waffenmeister der Burg. Sie war nicht von dieser außerweltlichen Schönheit, wie es Amra war, dennoch war sie hübsch, und sie war die erste, die ihm ohne Vorbehalte begegnete. Es geschah auf dem Maifest, als Marcon mit ihr ausgelassen tanzte und sie sich danach regelmäßig trafen. Sie liebten sich und waren von da an ein Paar. Diese Beziehung ging weiter als die zu Amra – viel weiter.

So zogen die Jahre ins Land, Schlachten wurden gefochten und Ernten eingefahren. Marcons Bruder heiratete die Tochter eines reichen Tuchhändlers aus Alaghôn. Ihr Name war Dirdra.

Auch Marcon wollte seine Selis zur Frau nehmen, es war eh schon ein Wunder, dass sie in all den Jahren nicht schwanger geworden war. Er liebte sie und eine Ehe gäbe ihnen auch den Segen und den Schutz der Götter. Aber Marcon war klar, dass es schwierig werden würde, seinen Vater davon zu überzeugen, ihn den Bund mit einer Bäuerin eingehen zu lassen. Deswegen hatte er Selis auch nie seiner Familie vorgestellt. Sicher war seine Verbindung zu ihr kein gut gehütetes Geheimnis, aber sie war auch nie offiziell. Als er seinem Vater den Wunsch vortrug, Selis zur Frau zu nehmen, lachte dieser zunächst, doch schon bald verfinsterte sich seine Miene, als ihm bewusst wurde, dass sein Sohn es ernst damit meinte. Für Ser Guilermo Freas kam eine solche Hochzeit nicht in Frage. Es entbrannte ein bitterer Streit darüber, und ein Wort gab das andere. Schließlich blieb Marcon nur übrig, sich mit seiner Familie zu überwerfen oder zurück zu stecken. Resigniert verzichtete er auf die Hochzeit. Einen Monat später war Selis schwanger.

Marcon wandte sich um Rat an seinen Bruder. Das Dilemma war offensichtlich. Marcon konnte und wollte das Kind nicht verleugnen, aber die unsterbliche Seele des Kindes war in Gefahr, würde es nach der Geburt nicht getauft werden. Würde es aber getauft werden, würde sein Vater und all die Anderen davon erfahren. Diero versprach, mit Guilermo zu sprechen, um ihn davon zu überzeugen, der Hochzeit zuzustimmen. Bangend saß Marcon an dem Abend in seiner Kammer und wartete darauf, was dieses Gespräch ergeben würde – doch nichts geschah. Irgendwann übermannte ihn die Müdigkeit, und er schlief ein. Ein Klopfen riss ihn aus dem Schlaf. Einer der Soldaten hatte Marcon geweckt, sein Name war Joffo, mit ihm war Marcon schon oft auf Patrouille geritten, sie kannten sich gut und schätzten einander. Joffo führte ihn zum Tor, wo einer der Knechte von Ser Indolfos Hof völlig aufgelöst wartete. Der Knecht sprach abgehackt mit zitternder Stimme, augenscheinlich war er den Weg zur Burg gerannt. Es sei etwas schreckliches Passiert, Selis ginge es schlecht, er müsse sofort mitkommen.

Marcon sattelte sein Pferd und ritt zum Hof. Er fand Selis in der Kammer des Bauern vor. Bei ihr waren ihr Vater und eine ältere Frau, ein Kräuterweib, dass von den Armen als Heilerin gerufen wurde. Selis war bei Bewusstsein, reagierte aber nicht. Ihr Gesicht war aschfahl, und sie hatte aus dem Unterleib geblutet. Von der Heilerin erfuhr Marcon, dass sie vergewaltigt worden sei und dadurch das Kind verloren hätte. Einer der Knechte hatte sie mit zerrissenen Kleidern hinter der Scheune gefunden.

Marcon verbrachte die Nacht und die folgenden drei Tage auf dem Hof und wich nicht von Selis Seite. Langsam erholte sie sich, und Marcon erfuhr was vorgefallen war. Es waren zwei Stallknechte der Burg, die ihr das angetan hatten.

Mit der Abenddämmerung durchritt Marcon das Tor von Freas Fels. Er fand die beiden im Heuschober oberhalb der Stallungen und erschlug sie für den Mord an seinem Kind. Doch vorher erfuhr er noch ungeheuerliches. Beide Stallknechte schworen (und angesichts der Lage in der sie sich befanden war dieser Schwur mehr als glaubhaft), dass es Dirdra war, die Frau seines Bruders, die ihnen den Auftrag dazu gab, dieses Verbrechen zu begehen.

Marcon eilte in die Gemächer seines Bruders und stellte ihn zur Rede. Diero war sichtlich entsetzt und berichtete ihm, was an dem Abend vor drei Tagen geschehen war. Er hatte mit Vater gesprochen, doch dieser war außer sich vor Wut und tobte. Daraufhin hatte sich Diero zurückgezogen und wollte es am nächsten Tag noch einmal versuchen. Er hatte noch an dem Abend seiner Frau davon berichtet und Dirdra versprach ihm, sich darum zu kümmern. Diero glaubte, dass sie versuchen würde, ihren Vater umzustimmen und war sehr verwundert darüber, dass Marcon am nächsten Tag verschwunden war.

Nachdem sein Bruder geendet hatte, betrat Dirdra die Kammer. Beide stellten sie zur Rede, doch sie bestritt alle Vorwürfe. Marcon war nur schwer davon abzuhalten, ihr den Hals umzudrehen.

Lange lag er wach in seiner Kammer, und es war schon weit nach Mitternacht, als es an der Tür klopfte. Es war Dirdra. Marcon zitterte vor Zorn, doch sie begann, auf ihn einzureden. Erst verstand er nicht, was sie sagte, doch dann drangen ihre Worte immer deutlicher zu ihm vor. Er solle doch froh sein, dass es so gekommen sei. Das würde allen die Schande ersparen, die er ihnen bereitet hatte. Jetzt wo die Sache vorüber sei, würde sich alles zum Guten wenden…

Die Sache vorüber sei! Marcon entfuhr ein heiserer Schrei, Tränen vernebelten seinen Blick. Seine Hand tastete hinter sich. Mit einem kurzen ratschen fuhr das Schwert aus der Scheide am Wehrgehänge neben dem Bett. Marcon bohrte die Klinge bis zum Schaft in Dirdras Leib. Kein Schrei entfuhr ihr, als sie von dem Blatt des Schwertes zu Boden glitt. Das einzige was Marcon sah, war der ungläubige Blick in den Augen der Frau.

Er verließ noch in der Nacht Freas Fels und ritt nach Norden, fort von diesem verfluchten Ort. Es würde nicht lange dauern, bis man Dirdras Tod bemerkte, und obwohl er gerecht war, würde man ihn jagen. Männer würden ausgeschickt werden, um ihn zu verfolgen und zurück zu bringen. Gerne hätte er Selis mitgenommen, doch sie war noch zu schwach. Er hatte nicht die Zeit, ihr alles zu erklären, doch wenn sie hörte, was geschehen war, würde sie ihn verstehen. Marcon erinnerte sich an eine alte Geschichte, die er von Amra gehört hatte. Sie handelte von einem verschollenen Magier nach dessen Namen der Ort Nonthal benannt wurde. Angeblich sollte sich in den Ruinen des Hauses dieses Zauberers ein Portal zu einem fernen Ort befinden. Marcon wollte versuchen, dieses Portal zu finden, um sich so einen entscheidenden Vorsprung zu verschaffen.

Nach drei Tagen Ritt erreichte er in der Nacht Nonthal. Er schlich sich in das Dorf und fand tatsächlich eine alte Ruine, zugenagelt und verrammelt, mit Moos und Flechtwerk überwachsen. Marcon verschaffte sich Zugang zu dem Gemäuer und fand tatsächlich das Tor, welches aber nicht mehr aktiv war. Eine alte Innschrift befand sich in dem steinernen Bogen, und wieder musste er an Amra denken, die ihm gelehrt hatte, diese Zeichen zu lesen und diese Sprache zu sprechen. Die Innschrift war in Espruar, in der Sprache der Elfen. Drei mal musste er die Worte auf dem Torbogen lesen, bevor er sie richtig betonte, doch dann ergoss sich wie Wasser ein Bild in dem Portal. Marcon konnte nicht genau erkennen, was für ein Ort dort hinter lag, denn es war dunkel, nur ein paar granitene Bodenplatten glänzten matt in einem dämmerigen Licht. Was blieb ihm für eine Wahl? Marcon führte sein Pferd durch den schimmernden Bogen, der sich erstaunlicherweise beim durchqueren auch wie Wasser anfühlte, allerdings wurden seine Kleider dabei nicht durchnässt.
Er befand sich in einer Halle, die nur von dem schwachen Licht seiner Laterne erhellt wurde. Die Decke des Raums war hoch über ihm, und eine alte metallbeschlagene Tür befand sich an der gegenüberliegenden Wand. Hinter ihm leuchtete das Portal im matten Licht Selûnes die über Tarmisch schien. Dann flimmerte das Bild, und die Ruine in Nonthal verschwand. Das Portal hatte sich wieder geschlossen. Doch dieses Tor war nicht das einzige in dem Raum. Mehr als ein Dutzend ähnlicher Bögen befanden sich in der Halle. Zunächst versuchte Marcon aber die Tür zu öffnen, doch diese war verschlossen. Danach untersuchte er die Portale. Manche Innschriften waren durch den Zahn der Zeit schon so beschädigt, dass sie nicht mehr zu erkennen waren, andere Zeichen konnte er nicht lesen, doch einige der Tore wiesen auch Zeichen in elfischer Sprache auf. Marcon wählte zufällig eines der Tore aus und sprach die darauf eingelassenen Worte. Wieder ergoss sich wie Wasser ein Bild in dem Tor. Eine mondbeschienen Landschaft war auf der andere Seite des Portals zu sehen, Marcon konnte einen Fluss sehen und eine Steile Klippe, bei der er oberhalb Bäume auszumachen meinte. Marcon durchschritt das Portal, es war zwei Tage vor Schildtreff im Jahr der wilden Magie 1372 TZ.

thd

Über thd

1984 DSA 1 zum Geburtstag gewünscht und wider Erwarten die Basis-Box bekommen. Nachdem ich Silvana drei mal befreit hatte, merkte ich, dass ich Mitspieler brauchte, um mit der Box weiter etwas anfangen zu können. Glücklicherweise sah ein Freund aus der Nachbarschaft die Bücher bei mir herum liegen und meinte, sie würden in einer Runde etwas ähnliches Spielen, ob ich nicht Lust hätte, mitzumachen. Klar hatte ich das, und so bin ich mit Dungeons & Dragons angefangen. Zahlreiche Runden, Systeme und eine Vereinsgründung später, findet sich auf THORNET ein ziemlich großer Ausschnitt meiner Rollenspielerlaufbahn.

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