Als Rollenspieler will ich selber Geschichten erschaffen, wie wir sie aus Büchern oder Filmen kennen. Wenn ich aber das Resultat einer Spielsitzung, eines Abenteuers oder einer Kampagne anschaue, dann gibt es erhebliche Unterschiede im Verlauf der Handlung und wie sich die Szenen gestalten.
Zum Ziel scheitern
Ein gute Geschichte besteht aus einer Abfolge von Rückschlägen, die auf den Höhepunkt hinarbeiten – schönes Beispiel dafür ist Das Imperium schlägt zurück. Das soll nicht heißen, dass die Hauptfiguren nicht auch Erfolge verbuchen können, aber die Handlung schreitet mit den Fehlschlägen voran. Autoren und Ratgeber für angehende Schreiberlinge reden vom try/fail cycle, also wiederholten Anläufen etwas zu bewirken, und dass man immer wieder versagt. Das kulminiert darin, dass die Figur entweder die Gründe dafür beseitigt und triumphiert oder final scheitert.
Idealerweise ist die Geschichte direkt vor dem Höhepunkt an ihrem Tiefpunkt – alles was man getan hat, hat nur dazu beigetragen, es schlimmer zu machen. Hierbei geht es um die Struktur der Geschichte, nicht um jeden einzelnen Moment darin. Autoren erschaffen Spannung und Dramatik, indem sie ihre Figuren mit Schwächen ausstatten und sie damit konfrontieren.
Erfolgsverwöhnte Helden
Beim Rollenspiel dagegen wollen wir mit unseren Spielercharakteren Erfolg haben. Wir wollen einen kompetenten Helden verkörpern, der das Abenteuer löst. (Das wollen wir auch von den Hauptfiguren in einem Buch / Film – also zumindest, wenn es sich um Figuren handelt, mit den wir uns identifizieren möchten.) Die Handlung gliedert sich dabei in eine Abfolge von gelösten Problemen, in denen wir unsere Fähigkeiten einsetzen (Kompetenz beweisen). Rückschläge (fehlgeschlagene Proben, ergebnislose Nachforschungen, nicht die benötigten Fähigkeiten zu haben) sind zum einen ein taktischer Nachteil, und zum anderen senken sie von Mal zu Mal die Laune der Spieler.
Das ist nicht nur der andere Blickwinkel, sondern es ist die andere Herangehensweise an die Geschichte: es gilt ein Abenteuer zu lösen. Dramaturgisch ist das kontraproduktiv, da man mit jeder gelösten Aufgabe auf dem Weg zum Ziel die Bedrohung reduziert. Und macht man die Aufgaben zu schwer, sind die Spieler frustriert, weil sie nicht ihr Erfolgserlebnis bekommen.
Nichtsdestotrotz können die Ereignisse beim Rollenspiel auch eskalieren, aber das ist dann eher ein Unfall, geschieht eventuell gegen den Wunsch der betreffenden Spieler, und / oder stellt den Spielleiter vor Probleme bei der Fortführung des Abenteuers. Doch selbst wenn es zur Zufriedenheit aller Beteiligten führt, bleibt es ein Zufall und ist nicht reproduzierbar.
Spielerverhalten, das der Dramatik entgegensteht
Die Dynamik in einzelnen Szenen ist davon geprägt, dass wir als Spieler einen taktischen Vorteil erlangen bzw. keinen Nachteil in Kauf nehmen wollen. Aber dadurch entfallen Möglichkeiten, sich in Szene zu setzen, und der Handlung einen anderen, vermutlich interessanteren Verlauf zu geben.
Wir sind jederzeit kampfbereit und bewegen uns in einem zivilen Umfeld mit unserem Arsenal an Kriegsgerät. Wir sind immer mutig und spielen jede Bedrohung herunter – das ist etwas anderes, als einen Draufgänger zu verkörpern, der sich leichtsinnig in Gefahr bringt. Auch anderweitig wollen wir die Kontrolle behalten, indem wir wachsam, heimlich, ausgeruht oder gut ausgerüstet sind, die beste Deckung nutzen, niemand hinter uns steht, sofort reagieren, wenn wir in einem Hinterhalt geraten, etc.
Schon gar nicht lassen wir uns verhaften, und sollten wir in Gefangenschaft geraten, würden wir sofort ausbrechen und fliehen. Das kann sich auch reizvoll entwickeln, aber wir schließen damit Szenen im Gefängnis oder Ereignisse während einer länger dauernden Gefangenschaft aus.
In chaotischen Momenten versuchen wir, den Überblick zu behalten, um dann optimal zu reagieren. Spielleiter versuchen, dem entgegenzuwirken, indem sie spontanes Handeln fordern. Mir wäre es lieber, wir würden uns zehn Minuten Zeit nehmen, die Szene zu besprechen, damit sich unsere Charaktere danach im größtmöglichen Schlamassel wiederfinden.
Für unsere Widersacher kennen wir kein Pardon, und wir versuchen sie möglichst schnell auszuschalten. Aus Sicht unserer Figuren macht das Sinn, aber Gegner werden interessanter, wenn ihr Anteil an der Geschichte wächst. Aus dramaturgischer Sicht wäre es besser, gewisse Feinde im Rennen zu halten, und ihnen einen Handlungsbogen zu geben, weil dadurch die Geschichte unserer Helden profitiert. Ich will jetzt nicht anfangen, unglaubwürdige Fehler zu machen, aber Antagonisten sollen auch gewinnen oder zumindest entkommen können.
Dass wir dennoch einige Höhepunkte erleben, liegt entweder am Geschick des Spielleiters, oder weil das Abenteuer es so vorsieht, aber nicht, weil wir darauf hin gespielt haben. Primär richten wir das Verhalten unserer Charaktere so aus, dass wir unser unmittelbares Spielerlebnis optimieren und gut dastehen. Einige von uns durchbrechen das ab und an, aber der Einfluss scheint mir marginal zu sein.
Fazit
Als Spieler stehe ich vor der Herausforderung, die Interessen meines Charakters mit denen meines inneren Geschichtenerzählers abzuwägen. Beim Spielen fehlen die Anreize, etwas nachteiliges zu unternehmen, um dadurch die Geschichte spannender zu machen. Unser Vorgehen unterscheidet sich fundamental von dem, was sich bei Schriftstellern und Drehbuchautoren bewährt hat, so dass wir auf diese Art nie Geschichten erschaffen, die sich mit deren messen können.
Das kann meiner Meinung nach gar nicht richtig funktionieren, da die Herangehensweisen, Funktionalitäten gänzlich unterschiedlich sind.
Wie fastfox und thd schon erwähnt haben, sind die Erwartungshaltungen nicht vergleichbar. Auf der einen Seite verfolgt man eine Figur im Film oder Buch, die eine Geschichte erlebt und man hofft, dass sie in spannende Probleme gerät, die sie dann wieder kreativ lösen kann. Die für diese Problemlösung nötigen Informationen sind aber oft nur der Figur bekannt, nicht dem Zuschauer. Dadurch entsteht Spannung. Bringt man nun im Rollenspiel die Figuren in ähnliche Situationen, sei es auch durch freiwillige Mechanismen, müsste man ihnen eine Informationsdichte präsentieren oder Kreativität voraussetzen, die eine Hobbygeschichte bei weitem übersteigt. Und insbesondere langes erfolgloses Rätselraten trägt zum Frust bei.
Damit sind wir beim Erfolg. Auch das wurde eigentlich schon erwähnt. Schaut man von außen zu, ist Scheitern, auch häufiges Scheitern, durchaus spannend. Ist man selbst involviert, bezieht man seinen Spaß aber eben nicht aus dem Scheitern, das erzeugt nur Frust, sondern aus den Erfolgen und dem Lösen von Problemen.
Das nächste Problem besteht imo darin, dass die Geschichten von Filmen und Büchern oft auf einem Kompetenzgrad aufbauen, den man nach offiziellen RPG-Regeln kaum abbilden kann oder braucht, denn selbst die filmischen Versagerhauptfiguren haben innewohnende Talente, die ihnen letztlich zur Lösung verhelfen. Das halte ich nicht für sinnvoll darstell- und umsetzbar, sofern man nicht auf gänzliches freies Erzählspielen zurückgreift. So sehr man es auch versucht, die Dynamik von Filmen wird man nicht wirklich erreichen, das verhindern die Regeln.
Die Dramaturgie von Filmen und Büchern konzentriert sich außerdem meist auf eine Hauptfigur, die das Geschehen allein durchlebt oder ein paar Sidekicks dabei hat. Im Rollenspiel hat man üblicherweise aber eine Gruppe, deren Mitglieder alle gleichermaßen Spotlight verdienen.
Letztlich ist es auch nicht wichtig, dass man die Dynamik oder Dramarturgie von Filmen oder Büchern erreicht, im Gegenteil, das sollte imo nicht mal das Ziel sein. Im Fokus sollte immer der Spaß aller Beteiligten stehen. Wie man den erreicht, muss jede Gruppe für sich klären. Das kann die Aneinanderreihung cinematisch angelegter Kämpfe sein, die Erforschung von Mysterien oder Dungeons oder einfach abwechselnd Blumen pflücken und Tavernenbesuche, solange alle Spaß haben, passt das. Ganz unabhängig von jeder Dramaturgie. Was hilft es denn, wenn die Spielleitung den Spielern tolle Geschichten mit ausgefeilten Problemen, dramaturgischem Scheitern und einem grandiosen Finale vorsetzt, wenn die Spieler hinterher nicht mit einem positiven Gefühl vom Tisch aufstehen.
Filme und Bücher sind für mich hervorragende Inspirationsquellen. Dramaturgische Möglichkeiten liefern sie eher nicht.
Zustimmung! Hier auch nochmal die Frage, die ich unten schon @fastfox gestellt hatte: Wie finde ich heraus, was bei einer Gruppe funktioniert, bzw. gibt es Mechanismen, die idR für alle für Unterhaltung sorgen?
Nun, zum einen gibt es inzwischen ja dieses Konzept der Session Zero. Gestern habe ich das zum ersten mal als solches erlebt und das funktioniert bei Gruppen, die sich nicht kennen ganz hervorragend. Eingespielte Gruppen brauchen das freilich nicht oder in geringerem Maße.
Eine Themenabfrage ist hilfreich, sowohl was gewünscht wird, als auch was ausgespart werden soll.
Ganz wichtig ist auch Feedback nach einer Session. Das kann den SL eventuell frustrieren, hilft aber wirklich.
Letztlich kann das aber auf genau einen Punkt zusammengefasst werden: miteinander reden und hinhören. Das ist das A und O.
Dann klappt das auch mit dem Spaß.
Die Themenabfrage nennt sich übrigens Lines and Veils bzw. Stars and Wishes und ist eine der Sicherheitstechniken von denen ich sprach 🙂
Danke für den ausführlichen Kommentar. Ich kann mir ein freies Erzählspiel ohne die üblichen Regeln durchaus vorstellen. Und vermutlich spricht meine Idee auch nur einen bestimmten Spielertyp an. Ich will das mal überschlafen, bevor ich mehr dazu sage.
Fate… – ich hätte da nochmal Bock drauf. Aber wie haben damals ja gemerkt, dass das nun wirklich nicht für jeden ist und auch nicht mit jedem funktioniert.
Fate hat sich für mich auch nur als alter Wein in neuen Schläuchen dargestellt. Wir haben genauso gespielt, wie bei jedem anderen System. 😕
Fate ist sicher vieles, aber auf keinen Fall freies Erzählspiel wie @jhb sich vorstellen könnte. Dazu braucht es imho bei Fate viel zu sehr den Sprung auf die Metaebene.
Was wäre denn ein Beispiel?
Du meinst für ein Erzählspiel?
Da würde mir als erstes Ein ruhiges Jahr / A Quiet Year von Avery Alder einfallen (auf Deutsch bei System Matters)
Das schaue ich mir mal an.
Ich kenne grad freie oder ansatzweise Systeme kaum, aber eines, bei dem ich mir vorstellen könnte, dass es so funktionieren könnte, ist InSpectres. Wenn ich mich recht entsinne, es ist ewig her, dass wir es mal ausprobiert haben, konnte jeder Spieler Szenen beschreiben. Je nach Spielertyp kam es da zu cineastischen Beschreibungen inklusive coolem Scheitern. Und das kann dann durchaus Spaß machen.
Bei InSpectres ist es ein wenig anders als du dich erinnerst, die gelungenen Szenen beschreiben die Spielenden, die misslungenen die Spielleitung 😉
Okay, aber es geht zumindest in die Richtung und bietet Möglichkeiten, so dass vielleicht ein paar Dinge aus dem Artikel umsetzbar sind. Müsste man ausprobieren.
@larsg – zu #2057 : Mit scheitern meinte ich nicht, dass Spieleraktionen standardmäßig fehlschlagen sollen. Ich wollte das als Ausgangspunkt nehmen, wie sich Geschichten gliedern. Ich versuche mal, das aufzudröseln. Wenn Aktionen nur auf funktiert oder klappt nicht hinauslaufen, dann bringt das eine Geschichte nicht weiter. Autoren haben Ja, aber… / Nein, und… als Methode entwickelt. Ja, Du schaffst es, aber jetzt ergibt sich ein weiteres Problem. Oder, nein, das klappt nicht und obendrein verschlimmern sich die Umstände. Und das lässt sich auf einzelne Szenen oder längerfristige Handlungsstränge anwenden. Die Spieler können also durchaus ihre Erfolgserlebnisse haben, die Konflikte in der Geschichte sollen aber länger bestehen bleiben.
Zum Spielspaß: ich fand immer, dass die schwache Dramatik unserer Abenteuer und das unnatürlich perfekte Verhalten von Spielercharakteren meinen Spaß dämpfte. Wichtig finde ich, dass jeder Spieler handlungsfähig bleibt, und weiter zur Geschichte beitragen kann. Das muss aber nicht jederzeit auf seine Figur zutreffen. Das erfordert vermutlich, dass sich die Spieler nicht immer mit ihren Figuren identifizieren, aber das kann uns auch in anderen Momenten entgegenkommen. Wenn Spieler unterschiedlicher Meinung über einen Plan oder eine wichtige Entscheidung sind, dann dreht sich die Diskussion gerne lange im Kreis. Sobald aber die schlechte Option aus Sicht der Dramaturgie genauso gut oder besser ist, sollte es einfacher fallen, eine Entscheidung zu treffen, oder dem Vorschlag des anderen Spielers den Vorzug zu geben.
Ich möchte mich aber mit meiner Figur identifizieren, denn daraus ziehe ich einen Teil meines Spielspaßes. Übrigens einer der Gründe warum ich echte Erzählspiele eher weniger mag.
Ich finde beide Perspektiven reizvoll. In einem Gespräch oder beim Einsatz meiner Fähigkeiten identiziere ich mich mit meiner Figur. Aber zwischendrin schaue ich auch gerne auf das Gesamtbild und wo ich stehe. Hat meine Figur einen Anlass sich zu ändern, oder muss ich einen solchen Anlass noch herbeiführen?
Ich bin da bei @fastfox .
Ich würde tatsächlich der Grundprämisse widersprechen wollen: Die Geschichte, welche ich beim Rollenspiel erleben will, unterscheiden sich von denen, die ich gerne lese.
Es geht schon damit los, dass ich die Geschichte beim Rollenspiel aus der Sicht meines Charakters erleben will und nicht aus der Sicht eines dritten Beobachters der womöglich noch mehreren unterschiedlichen Strängen und Charakteren folgt.
Welche Unterschiede meinst Du? Worin siehst Du die Unvereinbarkeit? Vielleicht sollte ich klarstellen, dass ich nicht anfangen will, Bücher oder Filme nachzuspielen. Aber ich würde gerne deren dramaturgische Stärken für uns adaptieren.
Ich sehe nicht, dass die Erzählperspektive andere Geschichten erfordert. Und haben wir nicht bereits je einen Blickwinkel pro Spieler? Wobei der sich meistens mit denen der anderen deckt.
Die Harry Potter Bücher kommen fast ausschließlich mit seinem Blickwinkel aus. Nur die Bände 1, 4, 6 und 7 haben am Anfang ein oder zwei Kapitel ohne ihn. Entspricht also unserem Modus – wobei sie in der dritten Person geschrieben sind.
Bleiben wir beim Beispiel Harry Potter. Im Buch werden Dinge (Schulstunden beispielsweise) die ich durchaus interessant fände zu spielen (um den Alltag des Charakters zu erleben) nicht weiter thematisiert, es sei denn sie sind für den Plot relevant. Im Rollenspiel habe ich die Freiheit auch Dinge zu erleben die gerade vielleicht nicht Plot-relevant sind.
Hast du mal ein Beispiel für eine dramaturgische Stärke die du gerne adaptieren würdest? Mir persönlich ist es tatsächlich wichtiger, dass ich mit meinen Entscheidungen die Geschichte beeinflussen kann, und nicht, dass daraus etwas wird, das man auch verfilmen könnte.
Also in Alltagsszenen die Möglichkeit zu haben, weiter in Deine Figur einzutauchen, ggf. eine andere Seite darzustellen, die Charakterisierung voranzutreiben und das so, dass die Mitspieler und deren Figuren das mitbekommen und sich beteiligen können. Bin ich dabei. Und dadurch, dass man selber der Akteur ist, können solche Szenen im Rollenspiel auch zufriedenstellend sein, während man sich bei einem Film schnell fragt Wann geht es endlich weiter?
Die Plot-Relevanz von Szenen dient mMn diesen Zwecken:
Alles auch Punkte, die im Rollenspiel Relevanz haben. Außer uns selber sitzt uns niemand im Nacken, aber ich möchte weg von Szenen, die sich wie Kaugummi ziehen – zB Tavernenszenen. Wobei neulich hatte ich die vermutlich erste Tavernenszene in meinem Rollenspielerleben, die richtig gut war. Und im Nachhinein hatte ich dadurch sogar einen Ansprechpartner für das Abenteuer.
Beispiele für dramaturgische Stärken:
Aber widersprichst du dir nicht selbst, wenn du auf der einen Seite Alltagsszenen interessant findest, auf der anderen Seite sich aber Tavernenszenen (die ja nichts anderes sind) wie Kaugummi ziehen?
Die Frage ist wohl, warum funktionieren manche Szenen (dh machen Spaß) und andere nicht, und was kann man tun, um letztere unterhaltsam zu machen? Ersetzt man sie durch etwas anderes, oder lässt sie einfach weg?
Oder anders formuliert: Wie sieht der Alltag unserer phantastischen Figuren aus, und welche Alltagsszenen möchten wir erleben?
Meine Präferenz wäre dennoch eine abenteuerliche Geschichte, die über diesen Alltag hinausgeht, aber damit angereichert ist. Wo siehst Du Dich in diesem Spektrum?
Die Antwort darauf ist denkbar einfach: Jeder hat andere Präferenzen und damit auch andere Ansichten was Spaß macht und was langweilig ist.
Meine Präferenz ist nicht ganz unähnlich denke ich, vermutlich mit etwas mehr Interesse am Alltag um den Charakter zu definieren. Allerdings würde ich Geschichten mit Mysterien/Geheimnissen vor denen bevorzugen welche “nur” abenteuerlich sind.
Es gibt keinen Weg der für alle der richtige ist. Nur jenen, der für diese eine Gruppe der ist, welcher die Präferenzen am besten abbildet.
Ok, dass das gruppenabhängig ist, da stimme ich zu. Wie findet man denn raus, wie “eine Gruppe tickt”? Und gibt es Spielinhalte, die i.d.R. überall funktionieren?
Dafür eignen sich diverse Sicherheitstechniken (http://bit.ly/ttrpgsafetytoolkit), Lines and Veils würde mir als erstes einfallen um kritischere Punkte abzufangen, Consent in Gaming um herauszufinden was gewünscht wird.
Ich habe ja zu diesen “Sicherheitstechniken” ein zwiegespaltenes Verhältnis. Das mg für Cons oder Fremdgruppen bedingt taugen, privat sollte man rasch eine andere Form der Kommunikation finden. Darauf wollte ich aber mit der Frage nicht abzielen. Eher auf ein QM. Der letzte Teil des Textes (“After the game”) bildet das ein wenig ab. Hast Du da gute QM- / Evaluationsmethoden?
Und welche Form ist deiner Meinung nach da “besser”? Vor allem was bedeutet besser in diesem Falle?
QM steht und fällt mit dem Aufwand den Spielende damit haben imho. Wenn es nicht gerade Menschen sind, welche sich (wie hier) gerne Gedanken dazu machen wie unser Hobby noch mehr Spaß machen kann, verliert man mit mehr Aufwand auch die Leute. Mit wenig Aufwand lassen sich Stars and Wishes umsetzen denke ich. Aber selbst das erfordert die Bereitschaft sich damit auseinandersetzen zu wollen.
Ich persönlich nutze (zumindest für Charaktere die ich länger in Kampagnen spiele) sehr gerne Player Feedback (https://www.roleplayingtips.com/readissue.php?number=305#tips) um der Spielleitung aufzuzeigen was ich gerne spielen würde und auch womit ich mich vielleicht nicht auseinandersetzen möchte (Boundaries).
👍 Guter Link. Muss ich mich mal eingehender mit beschäftigen.
Geht es Dir speziell um die Frage (s. #2055 ), was für Alltagsszenen vorkommen sollen und wieviel Raum sie in Anspruch nehmen sollen? Ich denke, dass muss man ausprobieren – vor allem, wenn das für einen Teil der Mitspieler neu ist.
Wenn es um die generellen Spielinhalte geht, dann fände ich es gut, das beim Zusammenstellen der Runde zu klären (zB Kämpfen und würfeln, Detektivabenteuer, Politik und Intrige, etc.). Der Spielleiter, der vermutlich eine Grundidee hat, macht ein paar Vorgaben und Vorschläge, und dann kann jeder entscheiden, ob ihm das zusagt, oder auch eigene Ideen einbringen. Und dann schaut man ab und zu, ob das klappt, oder wo noch etwas Feinjustierung erforderlich ist.
Also von Trivialszenen halte ich ja nichts 😏 – aber lassen wir das.
So grundsätzlich gibt das Setting, auf das man sich einigt ja schon vieles vor. Aber gibt es Sachen, die eigentlich immer gehn? Z.B. ein Bosskampf, oder Knobelrätsel, oder Verfolgungsjagden? Es macht da sicher die Mischung. Aber was ist (mit welchen Zutaten) eine gute Mischung?
Auch das hängt von den Menschen ab. Ich persönlich mag Rätsel, kenne aber ganz viele Spielende bei denen das nicht so ist. Genauso verhält es sich bei Kämpfen, ich persönlich mag einen gewissen Grad von Balancing und Taktik, aber gerade letzteres ist vielen zu komplex.
Das Thema ist viel zu interessant, dass nur Benny und ich darüber Diskutieren. Mich würden auch andere Meinungen interessieren. Was macht gute Rollenspielgeschichten aus?
Sehr interessanter Artikel, zu dem es einiges zu sagen gibt. Ich möchte starten mit zwei Dingen, die mir aufgefallen sind.
Ich glaube nicht, dass man die Medien Film, Buch und Rollenspiel (ich weiß, dass “Medien” nicht ganz passt) direkt miteinander vergleichen kann. Neben den Methoden der Darstellung gibt es auch beim Empfänger unterschiedliche Erwartungen. Bücher sind sehr gut darin, Innenansichten von Charakteren zu vermitteln, während die Stärke von Filmen in der Visualisierung liegt. Rollenspieler machen dagegen aus den passiven Empfängern aktive Teile der Geschichte. Im Rollenspiel leidet man nicht mit dem Protagonisten mit, sondern identifiziert sich mit einer Rolle viel direkter. Und da ist es nur menschlich, dass man Helden spielen möchte, und nicht den Versager, der vielleicht zum Schluss gewinnt (oder auch nicht).
Ein Schlüssel liegt meiner Meinung nach in der Grundannahme des Artikels, dem Try and Fail Cycle. Ich würde nicht sagen, dass eine gute Geschichte eine Serie von Scheitern ist. Vielmehr geht es um Konflikte, also Herausforderungen für den Protagonisten, die ihn vor Probleme stellen, die er lösen muss. Die Heldenreise, bzw. der Epos, ist dann eine Serie von Konflikten, die zum Sieg / Erfolg führen. Wenn der Protagonist am Ende scheitert, wäre es eher eine Tragödie. Wahrend man bei Filmen und Büchern passiv den Protagonisten beobachtet und mit ihm mitfiebern kann, kann auch das Scheitern reizvoll sein, weil man mit dem Helden mitleidet. Im Rollenspiel ist das immer eine Niederlage und deswegen für Spieler erstmal nicht erstrebenswert. Bei moderneren Systemen versucht man das mit Glückspunkten o.Ä. abzufangen. Dort bekommt man oft, wenn man einen Nachteil in Kauf nimmt, z.B. in dem man eine Schwäche seines Charakters ausspielt, eine Belohnung. So liegt auch im Scheitern ein Gewinn. Ich denke, dass solche Systeme das Erzählen in Rollenspielen bereichert und zu vielschichtigeren Geschichten führt. Aber natürlich hängt das auch immer sehr stark an den Spielern der Runde und wie gut sie sich darauf einlassen können.
Der try/fail cycle thematisiert einen zentralen Konflikt, der sich durch die ganze Geschichte ziehen soll. Daher kann man diesen nicht bei der erstbesten Gelegenheit beseitigen, denn dann wäre nicht nur die Geschichte zuende, sondern es war von Anfang an kein sonderliches Problem. Vermutlich kann man das nicht bei jeder Spielsitzung nutzen, aber einmal pro Abenteuer innerhalb einer Kampagne. Darüberhinaus kann es gerne andere Konflikte geben.
Damit das Scheitern auch Sinn für den Spieler macht, muss es einen Anreiz geben – z.B. als die Voraussetzung für einen Schritt in der Charakterentwicklung. Dazu müsste man eine solche im Sinn haben…
Ich ziele nicht darauf ab, dass wir alle Versager spielen, sondern es soll immer etwas auf dem Spiel stehen. Und damit meine ich nicht das Leben unserer Charaktere. Sie sollen scheitern können – speziell bei ihrem Primärziel – bis der Hauptkonflikt aufgelöst wird.
Natürlich unterscheiden sich die jeweiligen Medien in ihren Möglichkeiten, aber im Rollenspiel muss mehr drin sein.
An was für Anreite denkst Du da? Bzw. hast Du mal ein Beispiel?
Ein Beispiel für einen Anreiz… Ich hätte gedacht, dass Charakterentwicklung Anreiz genug ist – mal sehen. In Krabat begibt sich der Titelheld in die Abhängigkeit eines Schwarzmagiers, aus der er nicht so ohne weiteres mit heiler Haut herauskommt (schönes Beispiel für eine Form der Gefangenschaft).
Im Rollenspiel riskiert der Spielleiter, die Geschichte vor die Wand zu fahren, wenn eine solche Konstellation nicht auf Wunsch oder mit dem Einverständnis des Spielers geschieht. Und im weiteren Verlauf muss sich der Spieler dafür entscheiden, wie es weitergehen soll.
Es bieten sich mehr Gestaltungsmöglichkeiten, wenn sich die Spieler nicht immer mit ihren Figuren identifizieren. Wenn ein Spieler einen Fehler macht, er aber nicht mit den Konsequenzen für seine Figur zufrieden ist, dann kommt Frust auf. Wenn er dagegen seine Figur Fehler machen lässt, dann läuft (hoffentlich) alles nach seinen Wünschen.
Da fallen mir noch weitere Situationen ein, bei denen das Mitwirken der Spieler erforderlich ist. Man wurde bezaubert oder verflucht und handelt vorübergehend anders. Oder man fällt in einem nichtmagischem Szenario auf Lügen herein oder wird manipuliert.
Ob ich dafür einen regeltechnischen Anreiz wie die von Dir erwähnten Glückspunkte brauche?
Ich glaube nicht, dass Dein Ansatz funktioniert. Es ist beim Rollenspiel zumindest nicht meiner.
Als Spieler möchte ich, dass mein Charakter erfolgreich ist. Probleme, mit denen er konfrontiert ist, gilt es zu lösen. Rückschläge sollen dazu da sein, um das nächste Mal es besser zu machen (oder nach einigen Leveln den Mob endlich zu verhauen 😉). Ich habe keinen Gewinn durch einen tragischen Verlauf einer Geschichte, in der ich das Opfer bin. Daran habe ich keine Spielspaß. Und das meine ich auch mit der Abgrenzung zu Film und Literatur. Das ist mein Charakter. Ein Scheitern der Figur ist im übertragenen Sinn auch immer mein Scheitern.
Das bedeutet nicht, dass eine Figur nicht vielschichtig sein kann. Ich persönlich finde es durchaus reizvoll, eine Figut mit Eckken und Kanten zu haben, die auch mal ihren Schwächen erliegt und dann dadurch Nachteile erfährt. Die Motivation dabei ist aber immer, diese Schwächen zu bekämpfen und sie zu überwinden (ob das immer so ist, bin ich mir nicht sicher, behaupte ich jetzt aber erstmal 😏).
Als Spielleiter geht es mir in erster Linie darum, gut zu unterhalten. Vor allem finde ich es spannend, wenn ich nicht weiß, worauf die Geschichte hinaus läuft. Erfahrungsgemäß taugen Pläne immer nur so lange, bis sie auf eine Heldengruppe stoßen. Die Abende, an denen alles nach meinem Plan läuft, sind oft die langweiligen. Wenn unvorhergesehene Dinge durch die Handlungen der SCs oder den Reaktionen der NSCs ausgelöst werden, immer dann wird es spannend für mich und oft auch für die Spielrunde insgesamt.