Aus Geschichten die ich gehört hatte, wusste ich, es musste der Sagenumwobene Rabenspeer sein. Aber was machte er im Tal der Dame des Eis? Das wollten wir auf dem Schiff besprechen und so gingen wir weiter zurück zum Boot. Dort wartete Ostwif immer noch auf uns und war sehr erstaunt uns so früh schon zurück zu sehen. Er war sich sicher, wir waren gerade einmal einen Tag fort und in der Zwischenzeit war nichts, rein gar nichts passiert. Nicht einmal Fische konnten sie fangen um die Vorräte auf zu füllen.
In kurzen Worten teilten wir Ostwif mit was passiert war und einigten uns darauf die Bucht und damit das Tal der Dame des Eis schnell hinter uns zu lassen und so dauerte es auch nicht lange und wir machten gute Fahrt hinaus aus der Bucht. Schnell zog wieder leichter Nebel auf, umschloss die Felsen um uns herum und verdeckte bald gänzlich die Sicht auf die Bucht und das umgebende Land. Doch uns war klar, dass die Bucht schon längst nicht mehr da war. Selbst wenn wir gewendet und zurückgefahren wären, vermutlich hätten wir nichts als kahle Felsen gefunden. Die Götter wollten das wir hier herfinden und wieder hinaus, aber dass wir zwei Mal diesen Ort besuchen, dass wollten sie sicher nicht.
Wir machten weiterhin gute Fahrt und soweit ich mich erinnern kann, konnten wir in der Nacht sogar am Himmel das Leuchten erkennen das die Nornen hinterlassen wenn sie auf dem Weg zu einem Schlachtfeld sind um dort die gefallenen Krieger zu suchen die sich für Odins Hallen als würdig im Kampf erwiesen haben. Es musste eine große Schlacht gewesen sein, denn der Himmel war über und über in grün blaues Licht gehüllt welches in langen Fäden sich von Ost nach West über das Dach Midgards zog. Hin und wieder kam sogar ein rot oder orange zum Vorschein.
Niemand sagte etwas und alle starrten wie gebannt zum Himmel. Nun und wenn Ostwif nicht gewesen wäre der uns zurückrief, wer weiß wann uns aufgefallen wäre das, dass Wetter sich langsam aber stetig veränderten. Wir machten zwar nach wie vor gute Fahrt und der Wind blies das Segel voll, aber er sorgte auch dafür, dass die Wellen immer höherschlugen. Zu allem Überfluss gelangten wir in ein Gebiet an der Norwegischen Küste, welches immer wieder von kleinen und großen Inseln durchzogen war. Manche dieser Inseln oder Felsen lagen sogar nur knapp unter der Wasseroberfläche und es erforderte alle Augen die wir hatten um bei dem stärker werdenden Seegang nicht auf zu laufen.
Doch von alle dem bekam ich wenig mit, den seit verlassen der Bucht wurde mir immer unwohler. Mich fror soweit ich mich erinnern kann, so stark als wäre der Fenris Wolf erschienen und hätte die Welt mit seinem frostigen Atem überzogen. Auch drehte sich mir der Magen und ich musste mich immer wieder übergeben. Am Ende bin ich wohl in einen über Tage dauernden unruhigen Schlaf gefallen. Aber wie ich schon sagte, der Ritt mit der Dame vom Eis sollte mich noch länger beschäftigen und so ist das, was ich euch nun weiter berichte nur vom lauschen der Erzählungen von Björn, Magnus und Ubbo. Wobei Ubbo wohl auch nicht ganz zugegen gewesen sein soll, aber wann in aller Götter Namen ist er das schon? Nun Ubbo soll wohl einige Zeit versunken in das Studium um die gefunden Lanze gewesen sein und ließ sich nur mit größter Mühe davon abbringen. So waren es am Ende nur Björn und Magnus die mir von dem folgenden berichteten.
Die See wurde immer unruhiger und schnell war der Nachthimmel über Midgard vergessen. Es bedurfte alle Kraft die sie hatten um das Schiff immer und immer wieder im letzten Augenblick um einen dieser Felsen zu lenken oder mit den Rudern sich von diesen abzustoßen. Aber am Ende gewann Njörd und das Boot schlug hart auf einen dieser unter Wasser liegenden Steine. Zum Glück rollte das Schiff gerade so das, dass entstanden Loch nicht unter der Wasseroberfläche lag und sofort volllief. Aber bei dem Wellengang war es nur eine Frage der Zeit bis dies geschehen sollte. Vom rettenden Festland war nichts zu sehen und die Inseln die im Dunkeln auftauchten waren entweder nicht groß genug oder boten überhaupt keine Möglichkeit an zu landen. So verging kostbare Zeit und es war nur eine Frage der selbigen bis eine der Wellen so hochschlug und das Schiff in Njords Reich hinab glitt.
Doch wieder einmal war es Magnus der im Zwielicht des Mondes und der Lichtstreifen der Nornen eine große Insel ausmachen konnte die an einer kleinen Stelle einen Strand zu haben schien. Schnell wurde Ostwif in Kenntnis gesetzt und diesem gelang es mit etwas Seemannsglück das Schiff um die vor dem Strand gelagerten Felsen zu manövrieren und es danach mit lautem knirschen auf den Sandstrand laufen zu lassen.
Für das erst waren wir sicher, auch wenn man in der Nacht den vollen Schaden nicht genau betrachten konnte, so waren wir zumindest vor der rauen See geschützt. Schnell wurde ein Lager am Strand aufgebaut und das untersuchen der Umgebung auf den nächsten Morgen verschoben.
Nun und so entdeckten sie auch erst am kommenden Tag, dass abseits der Strandes im leichten Unterholz von einigen Krüppelkiefern und Birkenbäumen, ein alter Lastkahn lag der noch fahrtüchtig schien. Kein Schiff um damit auf Wiking zu gehen, aber um Holz, Nahrung oder Vieh zu transportieren. Also musste es jemanden auf der Insel geben, dem dieses Schiff gehörte. Denn immerhin waren Segel und Ruder ordentlich verstaut und alles ein wenig mit Zweigen versteckt, damit es nicht sofort von See aus auffiel.
Björn, Magnus und einer der Männer von Ostwif der auf den Namen Thorgrim hörte, fingen an die Insel zu untersuchen. Ich war wie gesagt, fest am schlafen und Ubbo immer noch mit seiner Lanze beschäftigt, also mit der gefundenen Lanze aus der Bucht der Dame aus dem Eis versteht sich.
Schnell wurde klar, dass dies keine ganz kleine Insel war. Sie erstreckte sich bestimmt drei bis vier Kilometer in die Länge und zwei bis drei Kilometer in die Breite und war geformt wie eine Bohne oder eine Muschel. Zu allen Seiten viel sie wohl glatt ins Meer ab und war an der Seekanten gut zwei bis vier Schritt hoch. Bis auf die kleine Bucht mit dem Sandstrand war es nicht möglich an ihr anzulegen geschweige denn zu sehen, dass sie hinter der Steinkante mit Grün überzogen war. Björn entdeckte wenig später einen kleinen Pfad, der vom Strand durch hohes Gras in innere der Insel zu führen schien. Die drei folgten diesen und erblickten wenig später zwei kleine Häuser. Eines mehr eine Scheune und das andere ein Bäuerliches Wohnhaus, ganz im nordischen Stil errichtet. Sie waren auf einem Sockel aus Steinen mit Holz gebaut und mit Holz und Gras bedeckt. An den Dachfirsten thronten jeweils zwei Drachenköpfe die in beide Richtungen blickten, wie man es bei Schiffen macht. Hinter dem Haus gab es einen kleinen Acker, auf dem versucht wurde der Erde ein wenig Getreide abzuringen und daneben ein Gatter mit zwei Kühen oder Ochsen. Natürlich gab es ein zwei Schweine und etliche Hühner. Nun und das Ganze wurde von einem kleinen Birkenwald umringt, der aber mehr als Schutz vor den Winterstürmen diente als den zum Holzschlag. Kurz es war ein kleines abgeschiedenes Gehöft, auf einer geschützten, einsamen Insel inmitten des Nordmeeres. Nur seine Anwohner waren nicht zu sehen, auch wenn sie nicht weit weg sein konnten, den aus dem Dach des Wohnhauses stieg stetig eine leichte Rauchwolke auf.
Björn begann langsam das Gehöft zu umrunden, während Thorgrim sich mitten auf dem kleinen Platz zwischen Wohnhaus und Scheune aufbaute und Magnus sich zum Wohnhaus begab. Die Tür war verschlossen, ließ sich aber ohne weiters öffnen. Als er eintrat merkte Magnus wie sich kalter Stahl unter sein Kinn und an seinen Hals schob. „Wer seid ihr? Wie viele sind mit dir auf dem Boot gewesen und was wollt ihr hier? Und sag deinem Freund da draußen an der Scheune, dass mein Sohn Björg schon lange auf ihn angelegt hat. Glaub mir, Björg kann einem Eichhörnchen auf 100 Schritt den Schwanz abschießen und dein Freund wäre nicht glücklich ohne ihn.“
Magnus bedeutet den beiden anderen ruhig zu bleiben und zurück zum Haus zu kommen. Er selbst wurde unsanft von dem Besitzer der Stahlklinge an seinem Hals in das Haus gezogen. In der Hütte war es dunkel, aber gemütlich eingerichtet und auf dem großen Tisch, der in der Mitte des einzigen Raumes stand, war für fünf Personen gedeckt.
„Ich bin Gunnar Bondvasson und lebe mit meiner Familie hier auf der Insel. Also noch einmal, was macht ihr hier?“ Magnus erzählte von dem Seegang in der vergangenen Nacht und dem dadurch entstandenen Schaden an dem Schiff und das sie dringend Holz für die Reparaturen benötigen würden. Das sie aus Dänemark stammten und dorthin wieder zurück unterwegs wären und so weiter. Gunnar hörte ihm aufmerksam zu und klopfte irgendwann mit seinem Stiefel auf den Dielenboden. Kurz darauf wurde ein Stuhl zur Seite geschoben und eine Bodenluke öffnete sich. Heraus kamen eine Frau, ein junges Mädchen und ein noch jüngerer Knabe. „Das sind Inga meine Frau, Liv meine Tochter und Ole der Jüngste meiner Familie und Björg ist wie gesagt draußen und passt auf deine Freunde auf. Ich denke ich kann dir trauen, sofern deine Freunde die sind von denen du mir erzählt hast“.
Um es kurz zu machen, alles blieb friedlich, die drei anderen kamen ebenfalls ins Haus und Gunnar erzählte bei einem Horn Bier von einer der Nachbarinseln gut einen Tag mit dem Lastkahn entfernt, sofern das Wetter stimmte. Dort gab es Bäume und damit genügend Holz für die nötige Reparatur, den auf seiner Insel waren schon lange keine richtigen Bäume mehr vorhanden.
Deshalb musste Gunnar regelmäßig mit seinem ältesten zur Nachbarinsel um dort Feuerholz für sich zu schlagen. Sehr aufwändig und nicht ganz ungefährlich. Er schlug also vor, dass er zusammen mit Björg und allen Männern aus Rohald hinüberfahren würde. Dafür musste diese ihm helfen soviel Feuerholz zu schlagen wie auf den Kahn passte. Lediglich Ubbo und ich konnten bleiben, da wir ohnehin nur stören und aufhalten würden. Dies wiederum wollten Magnus und Björn nicht und so wurde entschieden, dass die beiden und Thorgrim zusammen mit Ubbo und mir auf der Insel bleiben durften. Die drei konnten aufpassen, dass es mir besser ging und zur Not Inga beim bewirtschaften des Hofes helfen. Es sollte noch am gleichen Tag los gehen, da Wind und Wellen günstig standen. Schnell war alles Nötige mit Ostwif geklärt und die Männer stachen in See, Ubbo und ich wurden in die Scheune gebracht, wo auch die anderen nächtigen sollten. Nun und glaubt mir, ich bekam von all dem nichts mit. In mir brannten zugleich die Feuer Muspelheims und stürmten die eisigen Winde Jotunheims und fesselten mich an einen Traumlosen Schlaf. Ja, es war schlimm und ich glaube niemand von euch hätte dies überstanden. Doch die Götter waren mit mir und so kann ich heute hier sitzen und euch die Geschichte weitererzählen.
An diesem Tag passierte nicht viel mehr, Björn half Ole mit dem Ochsen auf dem Acker und Magnus untersuchte mit Thorgrim noch ein wenig die kleine Insel. Nach dem Abendessen, welche Inga für alle zubereitete, wollten beide noch zum kleinen Weiher den sie nachmittags gefunden hatten. Björn blieb derweil bei uns in der Scheune und beobachtete wie Liv am Abend noch eine einzige kleine Schale mit Hirsebrei in die Scheune brachte und auf einen der Schemel stellte und ihm dabei freudig zulächelte.
Nach Einbruch der Nacht erreichten Magnus und Thorgrim den Weiher, doch der Mond war hell genug, so dass sie sich ohne Probleme zurecht fanden. Nun und Thorgrim war es wohl als erstes, der an diesem Abend zwei Gold gelbe Lichter entdeckte, die wie Augenpaare inmitten des Weihers lagen. Zu erst sah es aus wie der sich spiegelnde Mond, doch wie bei allen Göttern soll er sich zwei Mal spiegeln? Thorgrim ging einige Schritte in das kalte Wasser und ab dann wusste er nur noch zu berichten, dass er wieder in Rohald stand. Es war warm und es schien Sommer an der Dänischen Küste zu sein. Seine Mutter backte frisches Brot welches er so gerne aß und sein Vater saß vor dem Haus um die Netzte zu reparieren.
Magnus sah derweil nur, wie Thorgrim immer weiter in den Weiher ging und auch nicht auf seine Rufe reagierte. Erst als er auch ins Wasser rannte um seinen Begleiter mit größter Mühe aus dem Wasser zu ziehen, kam dieser wieder zu sich. Komplett nass, leicht durch gefroren und ziemlich erschöpft erzählte er von seinem Traum von Rohal und der vergangenen Zeit. Eilig kamen die beiden wieder zurück zur Scheune, in der wir anderen bereits schliefen. Schnell war Björn geweckt, der kurz darauf aufmerksam der Geschichte lauschte. Aber sie beschlossen in dieser Nacht nicht noch einmal zum Weiher zu gehen, sondern das Ganze am nächsten Tag zu untersuchen.
Was allerdings noch merkwürdig war an diesem Abend, die Schale mit dem Hirsebrei war vollständig leer gegessen und jeder der drei beteuerte diesen nicht angerührt zu haben. Aber wer war es dann? Vermutlich eines der Hof Tiere, das vermuteten die drei zumindest. Nun und als sie gerade die Augen schließen wollten, da meinte Magnus noch ein leises Kichern vom Dachboden der Scheune gehört zu haben. Aber als er aufsah, war nichts Ungewöhnliches zu erkennen, lediglich eines der Hühner stolzierte noch vor dem Scheunentor auf und ab. So zumindest haben es die drei mir erzählt.
Am nächsten Morgen lachte die Sonne wieder, zwar war es noch recht kühl, aber wir hatten Frühjahr und immerhin waren wir im Norden Midgards, wo Jotunheimen näher liegt als bei uns in Dänemark.
Nach dem Frühstück machten sich alle drei noch einmal auf zu dem Weiher, aber dort war nichts ungewöhnliches zu finden. So sehr sie auch sucht, sie fanden weder die Lichtspiegelungen im Wasser wieder noch sonst etwas. Sie beschlossen am Abend vielleicht noch einmal zu schauen. Nun und so verbrachten sie den zweiten Tag auf der Insel so wie den ersten.
Am Abend, nach dem Essen gingen Björn und Thorgrim noch einmal zum See und Magnus blieb bei Ubbo und mir in der Scheune. Wieder brachte Liv eine Schale mit Hirsebrei und verschwand wieder im Haus bei Inga und Ole.
Der Weiher lag da, wie am Abend zuvor, es war ruhig und der Mond schien ein wenig auf die Gräser, Birken und das Wasser. Wieder war die doppelte Spiegelung des Mondes auf der Wasseroberfläche zu sehen und wieder funkelte sie in einem Gold gelb wie es die Ähren auf dem Feld im Sommer tun, wenn sie leicht vom Wind hin und her bewegt werden.
Thorgrim war wieder der erst der ins Wasser ging um an die Spiegelung zu gelangen und wie am Abend zuvor ging er ein zwei Schritt ins kalte Nass und fand sich in Rohald mitten im Sommer wieder. Es war so wie er es als kleiner Junge kannte und alles roch und schmeckte so vertraut.
Als Björn sah, dass Thorgrim schon bis zur Hüfte im Wasser stand und weder auf Rufe oder ähnliches reagierte, ging auch er ins Wasser um seinen Begleiter hinaus zu holen. Doch wie Thorgrim erging es auch Björn, nach wenigen Schritt fand er sich in der Höhle unweit von Rohald wieder, wo er als Junge oft mit den jungen Wölfen gespielt hatte. Alles war so real und wirklich.
Magnus lag noch einige Zeit wach in der Scheune und wartet auf die beiden. Nur schwach viel das Mondlicht in die Scheune und Magnus meinte später, dass mich nach wie vor unruhige Träume plagten. Doch irgendwann als die beiden immer noch nicht zurück waren, hielt er es nicht mehr aus. Der Mond hatte schon lange seinen höchsten Stand überschritten und Magnus lief hinunter zum Weiher. Wohl gerade noch rechtzeitig, den Thorgrim stand schon bis zur Brust im Wasser und Björn stand es bis zum Bauch. Wer weiß was passiert wäre, wenn Magnus eingeschlafen wäre. Freya musste ein Auge auf uns gehabt haben, ansonsten würde ich vermutlich hier nicht sitzen und euch die Geschichte erzählen können. Denn wer bei allen, hätte sie mir erzählen sollen?
Nun ja, Magnus gelang es gerade noch rechtzeitig die beiden aus dem Wasser zu ziehen. Damit bedurfte es all seiner Kraft und sein Geschick, denn erst als sie neben dem Weiher standen, waren sie wieder auf Midgard. Ihr Blick wurde klar und sie erkannten wo sie waren. Beide waren komplett durchgefroren und fühlten sich so erschöpft als wären sie sie Tage und sieben Nächte gelaufen und eine Pause zu machen.
In dieser Nacht war an weitere Untersuchungen des Weihers nicht mehr zu denken und Magnus brachte beide zurück in die Scheune, wo sie sich aufwärmen und ausruhen konnten.
Am nächsten Morgen wurde Inga noch vor dem Frühstück auf dieses Hexenwerk auf der Insel befragt. Welches Wesen im Weiher hausen würde und wie es unbemerkt in die Scheune gelangen kann um den Hirsebrei zu stehlen. Zum Glück ging es mir an diesem Tag ein wenig besser und ich erwachte aus meinem dunklen Traum. Als ich hörte was die drei mir über die letzten Tage erzählten und über das was Inga ihnen berichtet hatte und wie erstaunt sie war, dass wir aus dem Süden Midgards nichts darüber wissen würden. Na ja, nicht alle, ich hatte sehr wohl schon einmal etwas von einem Nöck oder einem Nisse gehört. Nur das er bei uns in Dänemark nicht so bekannt ist, aber dennoch soll es sie auch bei uns geben und ihr seid gut beraten, wenn ihr euch in fahlen Mondnächsten fern jeden Weihers haltet.
Was, ihr wollt wissen was ein Nöck und was ein Nisse ist? Nun dann will ich euch gleichermaßen schlau machen, so wie ich es damals mit Thorgrim, Björn und Magnus tat.
Ein Nisse ist ein kleines Wichtelmännchen, nicht viel größer als eine Katze oder ein Hase. Sie leben zumeist auf einem Gehöft und helfen den Menschen bei ihrer täglichen Arbeit. Dafür verlangen sie nicht mehr, aber auch nicht weniger als täglich eine Schale mit Hirse oder Haferbrei. Sollte man es sich mit ihnen verderben, dann können sie sehr ungemütliche Geschöpfe werden, denn dann stiften sie viel Unheil auf dem Hof. Sie zerstören kostbare Werkzeuge, vergiften die Tiere oder attackieren unbedachte Menschen. Nun und man sagt, dass sie dabei ungeheuerliche Kräfte entwickeln können und dass man schon einen kräftigen Bauern erschlagen in seiner Scheune gefunden hat.
Aber warum sollte man einem solchen Nisse übel mitspielen und ihm seinen gerechten Lohn verweigern, wen er doch dafür die Tiere füttert, die Eier der Hühner einsammelt oder gar die Kühe melkt. Ein solcher Nisse ist ein Geschenk der Götter für einen jeden Hof und deshalb nichts wovor man sich fürchten muss. Nur wissen muss man es halt.
Bei einem Nöck hingegen sieht die Sache anders aus. Ein Nöck ist ein Wassertroll, der tief unten in einem Weiher oder einem See wohnt und sich von der Freude und dem Glück der Menschen nährt. Er lockt an hellen Mondnächten unbedachte Menschen zu sich in das Wasser und zeigt ihnen Bilder von alten Tagen, wo es den Menschen gut ging. Man sagt, dass er die Menschen dabei förmlich aussaugt und ihnen die Lebenskraft entzieht. Diese armen Wichte erkennen die Gefahr dabei gar nicht und laufen immer weiter in das Reich des Nöck, wo sie schlussendlich ertrinken und nie wiedergesehen werden.
Ich habe bis zum heutigen Tage nicht gehört, dass jemals jemand einen ganzen Nöck gesehen oder gar gegen ihn gekämpft hat, geschweige denn einen erschlagen haben soll. Sie sollen wie bei Trollen üblich unheimlich kräftig sein und dunkle Zauber wirken können. Ein Kampf im Wasser gegen ein solches Ungeheuer wäre wohl glatter Selbstmord und würde in den Augen Odins auch wohl kaum Gefallen finden. Es wäre an Torheit wohl nicht zu überbieten.
Aber zum Glück verlassen diese Trolle ihren einmal gewählten Ort nicht mehr und so kann man damit recht gut leben. Man muss halt aufpassen, dass man sich in der Nacht nicht zu nah an das Wasser begibt, so dass einen der Nöck nicht holen kann.
Für Inga und ihre Familie war dies alles klar und sie lebten damit schon seit Jahren. Sie hatten halt einfach nicht gedacht, dass jemand dies alles nicht wissen konnte.
Natürlich war Björn sehr ungehalten darüber und Thorgrim wollte noch am gleichen Tag zum Weiher und gegen den Nöck kämpfen, aber die anderen konnten ihn zum Glück davon abbringen. Nun und außerdem wären Ubbo und ich immer noch keine große Hilfe gewesen, auch wenn es mir Zusehens besser ging. Aber zum Glück trafen gegen späten Nachmittag die anderen, samt Gunnar und Björg wieder am Strand ein. Der Lastkahn war übervoll mit Holz beladen und alle fassten mit an um dieses hoch zum Gehöft zu bringen.
Nun und es dauerte auch nicht lang, da hatten Ostwifs Männer das Loch in unserem Boot repariert und einer Weiterfahrt stand nichts mehr im Wege.
Wir verabschiedeten uns von Gunnar und Inga und dankten ihnen mit unserem letzten Fass Rohald Met, welches wir ihnen zum Dank überließen und stießen uns beim letzten Strahl der untergehenden Sonne vom Strand ab. Das Wetter war wie gemacht für eine zügige und sichere Fahrt in Richtung Süden und damit zurück nach Hause.