Aus Styrvakes Journal – 24. Efferd 1023 BF – Die Hexen waren über die Heilung ihrer Schwester anscheinend nicht ausreichend genug erfreut, als dass sie es uns abermals mit einer Orgie gedankt hätten. Sehr, sehr schade! Wir und sie zogen wieder unserer Wege, was für uns die Bernsteinkarawane und ihr letzter uns bekannter Standort Kela bedeutete. Dank unseren herausragenden Fährtenlesern konnten wir dort allerdings feststellen, dass sie etwa 3 Tage Vorsprung hatten.
26. Efferd 1023 BF – abends – Wir erreichten das Kaiser-Gerbald-Fort, von dem wir schon vor dieser ganzen Hexenepisode gehört hatten. Ein ziemlich verlottertes Greifenbanner flatterte im Wind und stand stellvertretend – und für jedermann weithin sichtbar – für den Zustand dieser Festung. Die Ausrüstung der Wachen war schlecht gepflegt und wirkte wie zusammen geklaubt. Auf die Menschen, die sie trugen, passte die gleiche Beschreibung. Uns wurde ein Lagerplatz gewiesen und wir bauten gerade unsere Zelte auf, als sich tatsächlich die Kommandantin dazu herabließ uns zu begrüßen. Wir wechselten ein paar Worte mit Madalieb von Bilsbrück, die von ihren Aufgaben Karawanenschutz und Bewachung der Strafgefangenen hier erzählte. Tatsächlich waren innerhalb des Forts vergitterte Löcher im Boden aus denen es widerwärtig stank und Menschen ihr Dasein fristeten.
Nachdem sie wieder gegangen war, ließ ich kein gutes Haar an ihr. Ein Kapitän einer Otta ist auch immer verantwortlich für den Zustand seiner Mannschaft. Ich hatte mich gerade in Rage geredet, als Tsaekal anfing über die erbärmlichen Bedingungen der Gefangenen zu maulen, was mich wiederum noch mehr auf die Palme brachte. Vermutlich hatte meine Gereiztheit einen ganz anderen Grund: Sex- und Alkoholentzug. Wir gingen kurze Zeit später in den Handelsposten.
Obwohl es eine der schmierigsten Spelunken mit dem miesesten Bier war, das mir bis dahin unter gekommen war, hatte sich mein Gemüt beruhigt. Die Frau von Bilsbrück tauchte zwar nochmal auf, bestätigte die Gerüchte über den inhaftierten Reichsverräter Dermot dem Jüngeren von Paavi und stellte seltsame Fragen, ob wir marordierende Nivesen auf dem Weg hierher gesehen hätten. Beides interessierte mich nicht ungemein. Auf dem Weg zu unseren Zelten allerdings, nahm wirklich einer der Gefangenen Kontakt zu uns auf. Und wie hätte es anders sein können, natürlich war es eben jeder Dermot – und zugegebenermaßen ziemlich zerschunden. Keine Ahnung was die anderen dazu trieb, sich daran zu machen diesem Mann zu helfen, aber plötzlich befand ich mich mitten in einer Befreiungsaktion. Ich wetterte noch dagegen an, dass wir nichts von ihm wussten und wir hier in einem verfluchten Fort mit zwar herunter gekommenen Wachen waren, aber immerhin Wachen. Aber ein Plan war schnell geschmiedet, ziemlich narrensicher und einfach durchzuführen. Und so ergab ich mich in mein Schicksal.
Wir stellten Wachen auf, denn der Plan würde erst in den frühen Morgenstunden in die Tat umgesetzt werden. Gegen Mitternacht verließ ein Trupp Reiter das Fort. Diesmal sahen die Wachen tatsächlich nach einer Räuberbande aus, denn sie hatten nicht mal mehr ihre zerlumpten Wappen angelegt. Tsaekal beschloß ihnen zu folgen. Mit dem Beginn der Dämmerung begann dann die Rettungsaktion. Isblom hatte bei den Hexen anscheinend gut aufgepasst, denn wie gesagt ihr Plan war einfach und narrensicher. Sie ging zum Brunnen, zog ihr Oberteil aus und wusch sich. Niemand sah zu dem Loch aus dem wir Dermot herauszogen. Wir packten ihn in einen Umhang und verließen im Licht der ersten Sonnenstrahlen einfach das Fort durch das Haupttor.
4. Travia 1023 BF – mittags – Wir erreichten an diesem Tag Gerasim und stießen hier wieder auf die Bernsteinkarawane. Dermot hatte uns in den letzten Tagen begleitet und von den Vorgängen in Paavi erzählt und uns seine Absicht unterbreitet, uns bis nach Riva zu folgen. Wir waren auf dem Weg hierher noch durch ein paar Dörfer und Städtchen gekommen, größtenteils ohne große Probleme. In Gordask hörten wir zum ersten Mal Gerüchte über uns selber. Lyoscho, Tsaekal, Balthasar und ich selber wurden anscheinend in Ouvenmas gesucht, weil wir als Mitglieder der Räuberbande der Kleinen Janne galten. Und in Oblarasim verspielten Balthasar und ich ein paar Silbermünzen, ein herrlicher Sündenpfuhl von Stadt. Die anderen wollten doch tatsächlich außerhalb der Stadt lagern.
In Gerasim selber trafen wir dann auf alte Weggefährten, nette und nicht so nette. Da war wieder der hochnäsige Lindion Dunkelhaar, der Hesindegeweihte Damiano Targedion zu Valavet und der berühmte Kailäkinnen in seinem Schwitzzelt. Allesamt berichteten von Veränderungen im Bornland und darüber hinaus.