Ein Spiegelbild für den Winter der Seele – Kapitel 3: Wolfsrache

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Rotes Blut von Mensch und Wolf auf weißem Schnee. Schwarze Schatten, die um Symaël tanzen. Dämonische Fratzen, die sich immer wieder neu bilden, um sogleich miteinander zu verschmelzen. Es braucht keinen Blick auf Allthrymnirs glühende Runen, um das Unheil zu erkennen, dass wie ein Pesthauch über dem kleinen Steinbruch hängt. Mit zittriger Stimme erklärt der Zauberwirker, dass sich dringen ausruhen muss, bevor er auf die Burg zurückkehren kann. Um den Angriff der Wölfe abzuwehren, musste er zu viel Magie kanalisieren. Die Auswirkungen sind klar erkennbar und brandmarken ihn als Hexer. Ein Verbrechen, für das die Trisantische Kirche den Tod fordert … Der Händler Joswyn fällt beinahe erneut in Ohnmacht, als er Symaël ins gealterte Antlitz blickt. Und warum sind die anderen Eidgänger nicht ebenfalls entsetzt? Für die Gefährten ist klar, dass sie den Gecken zum Schweigen bringen müssen, sonst können sie sich nicht wieder auf der Burg blicken lassen. Und sie müssen dringend zurück. Zwar konnte Symaël den verwundeten Arm von Cato abbinden, doch damit gewinnen sie nur etwas Zeit. Die Verletzung muss schnellst-möglich behandelt werden, sonst wir der Arm nicht zu retten sein. Der bleiche Joswyn stammelt, dass Pater Lystric sich auf die Heilkunst versteht. Nicht nur die Wolfskrankheit vermag er zu behandeln – Joswyn schlägt sich die Hand vor den Mund. Das hätte er nicht sagen dürfen. Asgrim setzt ihn unter Druck: was weiß der Händler aus Ankomar? Jammernd erzählt der Verängstigte die ganze Geschichte:

Henderin soll im Frühjahr in der freien Stadt Ankomar den Sohn eines Geschäftspartners des Barons von Carassahl übel zugerichtet und getötet haben. Der Baron hat deshalb die Stadt fürs Erste verlassen, damit Gras über die Sache wachsen kann. Pater Lystric gilt als Experte für die Wolfskrankheit, unter der Henderin zu leiden scheint. Allerdings können sich der Baron und der Geistliche sich nicht besonders gut leiden. Troylin von Carassahl musste viel Geld bezahlen, damit sich Lystric seinem Sohn annimmt. Vor drei Wochen sind sie aus Ankomar hier angekommen. Joswyn berichtet auch von dem Stalljungen Eric, der auf der Burg grausam erschlagen worden ist. Die Schneestürme haben einen Tag vor dem Tod des Burschen eingesetzt.

Symaël hat sich schon etwas von den arkanen Strapazen erholt: die Falten sind aus seinem Gesicht, die grauen Strähnen aus seinem Haar verschwunden. Aber noch immer ist er von teuflischen Schatten umgeben. Der Zauberer erklärt Joswyn, dass er nichts von dem, was er hier gesehen hat, auf der Burg erzählen darf. Dann soll auch der Baron nicht erfahren, dass Joswyn den Eidgaengern diese prekäre Geschichte verraten hat. Joswyn verspricht zwar, Stillschweigen zu wahren. Aber seine Blicke huschen immer wieder unsicher zu Cato herüber und er flüstert ihm weitere Fragen zu… Da Cato wirklich dringen Hilfe braucht, wird folgender Plan gefasst: Rastem reitet voraus, um einen sicheren Weg zur Burg zurück zu finden. Joswyn, Symaël und Cato nehmen die verbliebenen Pferde. Asgrim sichert die Gruppe nach hinten ab. Symaël und er lassen sich ein Stück zurückfallen und sprechen leise über den Angriff der Wölfe und Allthrymnirs glühende Runen. Bis jetzt steht nur fest, dass das Rudel durch Hexerei zu dem Angriff gebracht worden ist. Aber wer ist für diesen Zauber verantwortlich? Ist wirklich Henderin allein die Quelle des Übels, oder jemand anderes, der sich im Verborgenen hält? Nach einer Weile kommen ihnen die Hundeführer entgegen, die sie bei der Hatz auf den Hirschen hinter sich gelassen haben. Symaël nimmt Cato zur Seite und nutzt seine Kräfte, um den Arm etwas zu heilen. Es gelingt ihm, die Blutungen zu stoppen. Die Abbindung kann gelöst werden und kribbelnd erwacht der Arm wieder zum Leben. Dennoch muss sich der Pater auf der Burg die Wunden ansehen. Da Symaël noch immer von der dämonischen Aura eingehüllt ist, bleiben er und der Choár im Wald zurück. Die restliche Gruppe reitet den Hundeführern entgegen. Die Nachricht, dass alle Hunde tot sind, ist ein Schock für die Männer. Rastem erklärt, dass sie schnell Herrn Joswyn und Cato zur Burg bringen müssen. Mit seinem Jagdmesser hinterlässt er Markierungen an den Bäumen, denen der Schneider und der Choár im Notfall folgen können.

Während die anderen zur Burg reiten, suchen sich Asgrim und Symaël einen geschützten Winkel im Wald und entzünden ein gedecktes Feuer. Plötzlich klingt ein Hilferuf leise aus der Tiefe des Waldes an Asgrims Ohr. Die beiden versuchen vorsichtig, die Quelle des Hilferufes zu finden. Sie erreichen eine Gruppe von Birken, deren Herbstlaub überfroren ist. Mitten in den Birken erhebt sich eine Ulme und in deren unterem Astwerk entdecken sie niemand anderen als – Brenaîn! Die Tochter des Barons klammert sich verzweifelt mit der einen Hand am Geäst des Baumes fest. Mit der anderen hält sie einen silbernen Zierdolch. Ängstlich starrt sie auf die vier Wölfe, die knurrend um dem Stamm der Ulme streichen. Was, bei allen Göttern, macht die behütete Tochter hier im Wald, zwei Stunden von der Burg entfernt? Ein Pferd ist nirgends zu sehen. Asgrim schiebt diese Gedanken zur Seite und wirft sich laut brüllend den Wölfen entgegen. Die Tiere huschen mit gebleckten Zähnen auf ihn zu und greifen an. Allthrymnir kreist, einer der Wölfe wird erschlagen. Der Rest des kleinen Rudels flieht in den Wald. Symaël setzt sein magisches Gespür ein: er nimmt Allthrynir war, ein leichter Zauber haftet noch an den fliehenden Wölfen und der Lichtung. Brenaîn hingegen scheint keine magische Aura zu umgeben. Asgrim steckt die Axt weg und breitet die Arme aus. Brenaîn lässt sich vom Baum herunterfallen und von ihm auffangen. Sie schmiegt sich an ihren Retter, eng umschlungen halten sie aneinander fest. Die junge Adelige schenkt dem Nordmann einen leidenschaftlichen Kuss. Ihr Vater hatte ihr verboten, an der Jagd teilgenommen, aber der Tag war so schön und sie wollte nicht die ganze Zeit auf der Burg eingesperrt sein. Also hat sie sich ihr Pferd genommen und ist davon geschlichen. Dann haben sie die Wölfe überrascht. Wäre Asgrim nicht gekommen … Symaël betritt mit den Pferden die Lichtung und beim Anblick der Finsternis, die ihm folgt, erschrickt Brenaîn. Steht der Gefährte ihres Retters etwas mit den Mächten der Hölle in Verbindung? Asgrim versucht, das Mädchen zu beruhigen. Er erzählt von den Schamanen seiner verschneiten Heimat. Weise Frauen und Männer, die die Geister des Windes und Eises anrufen und den Stamm mit seinen Ahnen im Jenseits verbinden. Brenaîn aber hält dagegen: jede Macht, die nicht von drei Göttern kommt, kann nur verdorben und böse sein, so lehrt es die Trisantische Kirche. Asgrim räumt ein, dass etwas Unheimliches im Tal geschieht und die Bären und Wölfe durch Magie in reißende Bestien verwandelt. Aber Symaël ist nicht die Quelle dieses Bösen, versichert er und bittet sie, nichts auf der Burg zu erzählen. Asgrim schlägt vor, mit Brenaîn nach deren Pferd zu suchen und sie bis zur Burg zu begleiten. Dann wird er zu Symaël zurückkehren, da er Gefährte noch Ruhe braucht. Widerwillig stimmt Brenaîn zu, nichts von Symaëls Schatten zu erzählen, doch sie bleibt misstrauisch. Das Pferd entdecken sie schließlich unweit der Lichtung und dann begleitet Asgrim sie zurück zur Burg. Symaël muss wohl oder übel allein im Wald abwarten. Asgrim versucht Brenaîn auf dem Weg einzureden, dass die düsteren Schemen nicht durch Symaëls eigene Zauberei entstanden sind, sondern durch den Fluch entstanden sind, der den Wald unsicher macht. Aber die Schöne durchschaut die Lüge sofort und fühlt sich durch den Täuschungsversuch ihres Helden verletzt. Ihr Blick macht deutlich, dass Brenaîn dem Nordmann nicht mehr vertraut… Als die beiden das Burgtor erreichen, sind Cato, Rastem, Joswyn und die Hundeführer ebenfalls gerade eingetroffen. Cato und Rastem werden kurz informiert. In der Zeit sucht Joswyn Pater Lystric wegen Catos Armwunde auf. Der Krieger und der Jäger reiten in den Wald zurück, um nach Symaël zu sehen.

Cato geht in den Bergfried, in dessen Erdgeschoss Pater Lystrik ein kleines Hospital eingerichtet hat: auf dem Tisch stehen Stößel und Mörser und dickwandige Glasflaschen mit geheimnisvollen Substanzen um Heilmittel zumischen. In der Mitte des Raumes steht ein wuchtiger Holztisch mit Lederfesseln für Arme und Beine. Im Kamin brennt ein Feuerchen, in der Ecke steht ein kleine Reisekiste und Cato entdeckt ein Alter mit einem Gebetslicht. Pater Lystrik besieht sich Catos Verletzung und behandelt die Wunde fachmännisch. Während dessen erzählt er, dass der Baron noch nicht zurückgekehrt ist. Allerdings wird auch erwartet, dass der begeisterte Jäger erst kurz vor Sonnenuntergang wieder auf der Burg ist. Cato verwickelt den Priester in eine Plauderei über Ankomahr: in der großen Stadt leben ungefähr 70.000 Menschen. Die freie Stadt wird regiert von einem Rat der wohlhabenden Bürger. Joswyn ist einer der reichsten Männer der Stadt. Es gelingt Cato auch, das Gespräch auf den Sohn des Barons zu lenken. Lystric erklärt, dass er hier ist, um Henderin zu helfen: der Junge leidet an einer atypisch verlaufenden Lykantrophie. Hierbei handelt es sich um eine geistige, krankhafte Verbindung zum Wolf. Möglicherweise wird sie durch üble Säfte oder dunkle Flüche übertragen. Das sich Menschen aber wirklich in Wölfe verwandeln oder Wölfe eine Menschengestalt annehmen, verbannt der Pater klar ins Reich des Aberglaubens. Bei der Lykantrophie handelt es sich um ein rein geistiges Leiden: Henderin denkt, dass er sich langsam in einen Wolf verwandelt und wird daher in seinem Verhalten immer tierhafter. Über weitere Einzelheiten der Krankheit und Henderins Behandlung will Lystric nichts erzählen. Cato dankt Pater Lystrik für die Behandlung seiner Wunden und denkt über das Geöhrte nach.

Zwischenzeitlich haben Asgrim und Rastem im Wald die kleine Lichtung erreicht, auf der der Choár Symaël zurückgelassen hat. Sie finden auch sein Pferd, nur der Gefährte selbst ist nicht zu sehen. Das Tier steht angebunden an der Ulme, in mitten eines Kreises, der in den Schnee um den Baum gezeichnet worden ist. Es ist unruhig, sein Fell glänzt vor Schweiß. Fußspuren führen von dem Kreis nordwestlich in den Wald hinein. Aus dem Wald heraus auf den Kreis zu verläuft eine Spurt aus riesigen Pfotenabdrücken. Ein Wolf, der solche Fähren hinterlässt, müsste ein Stockmaß von 1,80m und gewaltige Klauen haben … Es sieht aus, als wäre das Wolfswesen aus dem Forst auf den Kreis zugelaufen, hätte dann aber gestoppt, um wieder in dieselbe Richtung in den Wald zurück zu laufen. Asgrim sieht zwischen den Bäumen eine Gestalt, die sich schnell auf allen Vieren in östlicher Richtung davon macht. Er gibt Rastem ein kurzes Zeichen, dann folgt er der Kreatur in die Schonung. Rastem hingegen versucht dem Flüchtenden den Weg abzuschneiden, in dem er seitlich auf ihn zuläuft. Doch sie verpassen ihn und treffen sich zwischen den Bäumen. Da hören sie von rechts ein Rascheln und Knacken. Allthrymnirs Runen flammen rot auf. Asgrim und Rastem folgen den Geräuschen und finden die Fährte wieder. Sie jagen das Wesen durch den finsteren Wald, doch es ist schnell. Die Spur führt auf die Straße zur Burg zurück, auf die vom Pass abgewandte Seite. Der Wald bricht vor ihnen auf und die Nordmänner kommen gerade noch rechtzeitig, um eine in Fellen gehüllte Gestalt über die Zinnen der Burg verschwinden zu sehen. Die Steilwand ist an dieser Stelle zwei Meter, die Burgmauer selbst vier Meter hoch. Asgrim nutzt die Kräfte der Geister von Wind und Eis, um Felswand und Wehrmauer zu überwinden. Er sieht eine flüchtende Gestalt, die über den Burghof hetzt und im Haupthaus verschwindet. Der Choár erkennt … Henderin! Asgrim klettert zu Rastem zurück und berichtet ihm, was er gesehen hat. Die beiden beschließen, jetzt schnell in den Wald zurück zukehren und nach Symaël zu suchen.

Thrum und das Pferd des Zauberers stehen noch dort. Hier glühen Allthrymnirs Runen nicht. Rastem sieht sich die Spur von Symaël genauer an: er hat sich schnell vom Baum wegbewegt, die Abdrücke sind zu tief für die schlanke Gestalt des Schneiders. Er muss etwas Schweres getragen haben. Oder Jemanden? Sie folgen der Fährte, die einen Bogen schlägt und schließlich wieder in der Originalspur auf der Lichtung mündet. Symaël selbst ist nicht zu sehen. Sie suchen nach ihm, finden ihn aber nicht im Baum und auch keine anderen Fußspuren. Wo steckt der Gefährte nur? Warum zeigt er sich nicht? Das ganze ergibt keinen erkennbaren Sinn. Symaël bleibt verschwunden. Da sie hier nichts mehr ausrichten können, kehren sie mit den Pferden zur Burg zurück.

***

Indes betritt Cato die Küche der Burg. Für einen Augenblick erstarren alle Bediensteten in ihren Bewegungen, die Gespräche verstummen. Cato fragt nach einer Kleinigkeit zu essen und wo die Magd Lisa sich aufhält. Die Köchin bietet an, ihm eine Brühe auf sein Zimmer bringen zu lassen, Lisa deckt in der großen Halle ein. Cato unterhält sich kurz mit Lisa, dass Abendessen ist für die achte Stunde geplant. Als Cato auf seinem Zimmer ist, serviert ihm ein Kammerdiener die bestellte Suppe. Cato bittet um Meldung, sobald die anderen Eidgaenger eintreffen.

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Asgrim und Rastem treffen auf der Burg ein und erfahren von der Torwache Helfest, dass der Baron noch nicht zurückgekehrt ist. Asgrim verlangt, dass das Tor der Burg fest verschlossen werden, ein Mörder treibt sich hier herum. Der Wächter stammelt, er dürfe die Tür nicht verriegeln. Knurrend wenden sich die Nordmänner im Wachhaus an Hauptmann Tallin. Auch Cato, wunschgemäß über das Eintreffen des Choár und des Traskiten informiert, taucht dort auf. Asgrim sagt, dass Henderin aus dem Wald in die Burg geflohen ist und stellt klar, sofort mit ihm sprechen zu wollen. Hauptmann Tallin weist dieses Ansinnen kategorisch ab: niemand darf mit Henderin ohne Einverständnis des Barons sprechen. Bis dahin können sie nur prüfen, ob der Junge noch in seiner Kammer ist. Während sich die anderen auf den Weg zum Bergfried machen, sucht Cato erneut die Küche auf. Er verlangt zu wissen, ob vor kurzem jemand von außen in die Küche gekommen ist. Die Köchin erklärt, dass außer den Bediensteten niemand sonst hier war. Aber Cato erkennt, dass es sich bei dieser Behauptung um Ausflüchte handelt. Er appelliert an die Sorgen der Köchin und erklärt, dass wohlmöglich der Baron in Gefahr ist. Die Frau zieht Cato auf den Flur und flüstert ihm zu, dass Henderin durch die Küche gerannt ist, verdreckt und verschwitzt, mit irrem Blick. Der Junge soll schon öfter durch das Fenster seiner Kammer aus der Burg entkommen sein. Im Bergfried sprechen Asgrim, Rastem und Hauptmann Tallin derweil mit Pater Lystric. Der Geistliche versichert nervös, dass der Junge streng bewacht wird und sein Zimmer nicht verlassen hat. Die Leibwächter Knut und Randolf haben vor seiner Tür Position bezogen. Da kommt Cato hinzu und berichtet, dass Henderin seine Kammer verlassen hat. Er wurde von der Dienerschaft gesehen, als er durch die Küche rannte. Hauptmann Tallin ist aufgebracht, Pater Lystric hingegen versichert, dass der Junge sein Zimmer nicht verlassen haben kann. Tallin fragt, ob er durch das Fenster im Turm geflohen sein kann. Betreten gibt der Pater zu, dass er dies natürlich nicht völlig ausschließen kann. Hauptmann Tallin verlangt, sofort mit Henderin zu sprechen, sobald der Baron wieder auf der Burg ist. Asgrim möchte jetzt mit erst mit Brenaîn sprechen, er macht sich Sorgen um sie. Dies ist möglich und eine Zofe namens Adari öffnet ihm die Tür. Asgrim versucht der jungen Adeligen verständlich zu machen, dass sich ihre Familie in Gefahr befindet. Adari reagiert entsetzt bis sprachlos über die mangelhaften Umgangsformen des „Wilden“. Und Branîn ist nicht gewillt, dem Nordmann Gehör zu schenken sondern schmeißt ihn aus ihren Gemächern.

Den Eidgaengern bleibt nichts anderes übrig, als vor der Burg auf den Baron zu warten. Als dieser mit seiner Jagdgesellschaft auftaucht, ist er außerordentlich gut gelaunt. Er hat einen kapitalen Hirsch erlegt und ist noch berauscht von seinem Jagdglück. Asgrim erklärt ihm, dass sie ihn sofort an einem ruhigen Ort sprechen müssen. So finden sich der Baron, sein Hauptmann und die Eidgaenger im Tabernakel der Burg ein. Asgrim berichtet von den beherrschten Wölfen, die sie auf der Jagd angegriffen haben. Verunsichert fragt der Baron, ob sie nicht besser Pater Lystric zu diesem Gespräch hinzuholen sollen. Asgrim erklärt, dass dies nicht geht: ihr Gefährte Symaël ist in den Wäldern verschwunden. Rastem und er haben Henderin dort gesehen, sie berichten von seiner Flucht über die Burgmauer. Hauptmann Tallin erklärt, dass der Sohn des Barons wohlmöglich durch ein Fenster aus der Burg in den Wald entkommen ist. Cato unterbreitet dem Baron seine Theorie, dass der Pater für Henderins geistige Verfassung verantwortlich ist. Der Baron ist von all diesen Neuigkeiten deutlich überrumpelt. Er denkt über Catos Worte nach und fragt, wie er zu dieser Behauptung kommt. Cato räumt ein, dass er keine Beweise für seinen Verdacht hat und nur seinem Gespür vertrauen kann. Allerdings hat alles in Ankomahr begonnen, woher auch Lystric stammt. Er kennt sich mit der Wolfskrankheit aus, er und der Baron früher sind keine Freunde gewesen. Und niemand kann sagen, wie er genau Henderin behandelt … Im Gesicht des Barons arbeitet es. Dann verdunkelt sich seine Miene und er verlangt nach seinem Schwert. Zusammen stürmen sie zum Bergfried. Troylin von Carassahl packt den alten Priester und presst ihn an die Wand. Wütend brüllt er Lystric an, was der mit seinem Sohn angestellt habe, soll das eine Rache für “damals“ sein? Lystric ist verwirrt und stammelt, dass er doch nur versuche, Henderin von seinem Wahn zu befreien. Aber der Baron glaubt seinen Worten nicht länger. Er gibt dem Pater eine Stunde, um seine Sachen zu packen und aus der Burg zu verschwinden. Dann wendet er sich zornbebend ab und stapft davon. Cato und Rasten untersuchen den Keller unter dem Bergfried. Symaël ist nicht hier, sie finden aber einen Zugang in einen Fluchttunnel, der unter einer Lehmschicht verborgen war. Der Einstieg ist jedoch durch ein schweres Schloss gesichert. Den Schlüssel wird der Vogt haben. Aber der Tunnel ist eindeutig seit langer Zeit nicht mehr benutzt worden. Der Gefährte bleibt verschwunden. Asgrim versucht, beim Baron vorstellig zu werden, denn er will noch immer mit Henderin sprechen. Nachdem er etwas mit Wächtern und Dienern herum diskutiert und zugestimmt hat, seine Waffe abzulegen, wird er zu dem Baron vorgelassen. Der Baron von Carassahl ist immer noch aufgebracht, stimmt aber zu, dass der Choár mit seinem Sohn sprechen darf. Gemeinsam suchen sie mit Rastem und Cato Henderin auf. Die Kammer des Jungen ist spartanisch eingerichtet: eine Bettstatt, ein Nachttopf, die Kleidung des Jungen liegen verstreut auf dem Boden herum. Henderin selbst steht nackt da, wendet ihnen den Rücken zu und starrt gebannt durch das Fenster in den Nachthimmel. Sein Leib ist von Kratzern übersät, er beachtet seinen Vater und die anderen zunächst nicht. Cato versucht zu Henderin durchzudringen und ihn nach Symaëls Verbleib zu befragen. Widerstrebend wendet sich der junge Mann halb den Eidgaengern zu. Er flüstert, dass sich der Schneider in einen Dämon aus den Niederhöllen verwandelt hat und dann fortgeflogen ist. Henderin knurrt, dass er Hunger hat, er will zu seinen Brüdern, den Wölfen. Er legt den Kopf in den Nacken und heult, seine Männlichkeit regt sich leicht. Cato erzählt, dass seine Schwester Brenaîn im Wald von Wölfen angegriffen worden ist. Doch Henderin zuckt teilnahmslos mit den Achseln. Wenn sie so dumm ist, die Tiere zu stören, ist sie selbst schuld … Auf die Frage nach seiner Medizin reagiert Henderin aggressiv: sein Körper spannt sich an, ein grollendes Knurren dringt zwischen den gefletschten Zähnen hindurch, in seinem Blick flackert Wahnsinn. Der Baron versucht, seinen Sohn zu beruhigen. Plötzlich stürzt Henderin nach vorn und schnappt nach ihm. Im letzten Moment reißt Asgrim Troylin von Carassahl zurück. Der tobende Henderin wird von Knut und Randolf überwältigt und an sein Bett gefesselt. Cato lässt sich die Flaschen mit der Medizin zeigen, die Henderin von Pater Lystric bekommen hat. Es handelt sich um eine milchige Flüssigkeit. Neugierig schluckt Cato den Inhalt eines der Fläschchen herunter. Die Substanz schmeckt nach Minze und kribbelt auf seiner Zunge. Schnell spürt er, wie sich von seinem Magen her Wärme in seinem Leib ausbreitet. Die Knie werden ihm weich und eine bleierne Müdigkeit befällt ihn. Rastem muss den Gefährten in dessen Kammer bringen, wo Cato in einen tiefen Schlaf fällt. Was auch immer Henderin in seinen blutrünstigen Wahn treibt, dieses Elixier aus Pater Lytrics Laboratorium ist es sicher nicht.

Während Galeon krank und Cato schlafend in ihren Kammern liegen und Symaël weiterhin verschollen ist, nehmen Asgrim und Rastem am Abendessen mit dem Baron teil. Der Platz des Paters bleibt leer. Die Stimmung ist äußert schlecht und schon bald löst sich die Gesellschaft auf. Die Nacht und der Winterstrum senken sich über die Burg herab. Asgrim und Rastem sind nach wie vor besorgt: ihr Instinkt sagt ihnen, dass es nicht ratsam ist, sich einfach schlafen zu legen. So beschließen sie, abwechselnd Wache zu halten. Gegen halb eins bemerkt Asgrim, wie die Magd Lisa leise in Catos Kammer huscht. Als sie ihn jedoch nicht zu wecken vermag, schleicht sie unverrichteter Dinge wieder fort. Die Stunden schleppen sich zäh dahin. Um die Zinnen der Burg heult der Wind. Irgendwo in dem nächtlichen Tal zittert der verstoßende Pater Lystrik um sein Leben, falls er bis jetzt durchgehalten hat.

Mitten in der schwarzen Nacht dringt das Grauen, das sich bisher im Tal verborgen hat, in die Burg hinein. Plötzlich erfüllt das panische Kläffen der Hofhunde die Gänge und Hallen der alten Festung. Asgrim schreckt auf seinem Wachposten auf und weckt Rastem. Die Nordmänner greifen ihre Waffen und rennen die Stufen hinab. Im Burghof bietet sich ihnen ein Bild des Schreckens: die Wache liegt mit zerbissener Kehle tot auf der Erde. Das Tor ist weit geöffnet und überall sind Wölfe. Die Raubtiere rennen mit gebleckten Zähnen und gesträubten Fell über den Hof. Selbst über die Wehrgänge der Burg hetzen die Wölfe. Überall liegen Menschen in ihrem Blut, getötet von den Wölfen. Aus dem Haupthaus dringen gellende Schreie. Die Tiere machen Jagd auf die Menschen und bringen sie gnadenlos zur Strecke. Asgrim und Rastem hetzen in Sorge zu Brenaîns Schlafgemach. Die Zofe ist bereits tot als sie eintreffen. Und es war kein gewöhnliches Tier, das ihr das Leben genommen hat. Ein riesiges, knochenweißes Monstrum steht in der Kammer. Sein gewaltiger, muskulöser, haariger Leib ist der eines Menschen. Sein Schädel jedoch ist der eines Wolfsdämons: spitze Ohren, glühende Augen, messerscharfe Zähe in einer blutbedeckten Schnauzte. Brenaîn lebt tatsächlich noch, mit zitternden Händen hält sie den lächerlich kleinen silbernen Zierdolch vor sich. Asgrim stößt einen Kriegsschrei der Choár aus und schwingt Allthrymnir. Mit rotstrahlenden Runen kracht die Axt auf den Werwolf ein. Doch diesmal versagt die Schärfe der Koruleumschneiden und die Magie der Axt: sie vermag das Untier nicht zu verwunden! Stattdessen sticht aber Brenaîn mit dem Dolch zu. Und tatsächlich: die schmale Silberklinge dringt durch das weiße Fell in das Fleisch der Bestie und ein dünner Strom roten Blutes sickert hervor. Das Monstrum brüllt vor Zorn und Schmerz auf. Dann springt es aus dem Fenster. Asgrim nimmt Brenaîn den Dolch ab, dann laufen sie gemeinsam zur Gemach des Barons. Sie kommen zu spät. Troylin von Carassahl, der große Jägersmann, liegt zerrissen in einer großen Blutlache. Beim Anblick des grausam getöteten Vaters fällt Brenaîn in Ohnmacht. Asgrim fängt sie auf und trägt sie. Die letzten Schreie verstummen. Alle anderen Bewohner sind den Wolfsrudeln zum Opfer gefallen. Blutgeruch breitet sich aus. Und dann hören sie die Musik aus der großen Halle. Als Asgrim, Rastem und Brenaîn dort ankommen, finden sie einige Wölfe, die nun ruhig umhergehen. Im Lehnstuhl des Barons aber sitzt der Barde Evingolis, der an seiner Laute herum zupft. Der weißhaarige Mann hört auf zu spielen, als die Eidgaenger die Halle betreten. Er ist die Verkörperung der feindseeligen Macht, die hinter dem Sturm, Henderins Wahn und der Aggressivität der Wölfe steckt. Ein Wolfsdämon, der Menschenform annehmen kann und Jagd auf die Eindringlinge macht. Er lächelt böse, als er Asgrim erblickt. „Darauf habe ich gewartet, seit dem ihr hier eingetroffen seid“, knurrt er. „Ich werde euch töten!“ Mit diesen Worten stürzt er sich auf Asgrim, wieder seine Werwolfsgestalt annehmend. Rastem versucht dem Freund zu helfen. Doch die Wölfe stellen sich ihm in den Weg. Asgrim greift mit dem Silberdolch das riesige Monstrum an. Der Choár gegen den Werwof, der Thraskit gegen das Wolfsrudel. Ein Kampf auf Leben und Tod, ohne Gnade. Asgrim hat nur die schmale Silberklinge, um sich gegen das Ungeheuer zur Wehr zu setzen. Auch wenn die Waffe ihn verwunden kann, so ist Schaden, den er der Bestie damit zufügt, nicht ausreichend. Die Kämpfe wogen eine Weile hin und her, dann zeichnet sich nach und nach das unweigerliche Ende ab: Asgrim und Rastem werden unterliegen. Plötzlich wird das Tor der Halle aufgestoßen und ein weiteres, teuflisches Ungeheuer betritt den Saal: spitze Hörner, schwarze, schuppige Haut und eine gespaltene Zunge, hinter dem Rücken der Kreatur erheben sich Schwingen wie die Flügel einer Fledermaus. Aber die Gesichtszüge des Teufels sind die von Symaël! Der vermisste Gefährte ist im Wald von dem Werwolf angegriffen worden. Und als er sich mit seinen Zauberkräften zu retten versuchte, verformten die magischen Gewalten seinen Körper zu dieser Schreckensgestalt. Darum musste er sich vor den anderen Eidgaengern und den Burgbewohnern verstecken. Doch nun ist er zurückgegehrt, um seinen Gefährten beizustehen. Auch wenn der Werwolf durch Eisen und Stahl nicht zu verletzen ist, gegen die rohe Gewalt von Symaël Zauber ist er nicht gewappnet. Schließlich flieht er zusammen mit den letzten seiner Wölfe. Der Kampf ist vorbei und irgendwann geht die auch diese Nacht zu Ende. Als die Sonne aufgeht, verlassen nur Asgrim, Rastem, Cato, Symaël, Brenaîn von Carassahl und Joswyn die Burg. Alle anderen, auch Henderin, der bloß ein Opfer in dem Spiel des Wolfswesens war, haben hier den Tod gefunden. Die Überlebenden, die sich sicherlich nicht als Gewinner einer Schlacht fühlen, machen sich so schnell wie möglich auf den Weg, das Tal zu verlassen. Ihr Ziel ist noch immer Ankomar, weit jenseits der Berge von Evingolis, dem Wolfsdämon.

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