Der Weiler Borjag hatte vierundvierzig Einwohner. Nach dem Frühstück mit dem Bronnjaren wollten die Gefährten die Bewohner befragen, um Hinweise auf den ermordeten schwarzen Mann oder dem Brabaker Magier Immanuel zu erhalten. Darüber hinaus waren alle neugierig auf Informationen über den greisen Elfen, den Balthasar am Morgen im Dorf beobachtet hatte. Der Baron sagte, dass der Mann seit etwa zehn Jahren Borjag bereiste und vielleicht zwei Mal im Jahr einige Einkäufe tätigte. Mehr wusste er über ihn nicht.
Zunächst getrennt, später gemeinsam, gingen die Gefährten von Haus zu Haus. Die Schulzin Nastassja Filjenko, deren Töchter dem Baron als Mägde dienten, war zurückhaltend aber kooperativ. Sie erzählte, dass es seit etwa zehn Jahren keine Probleme mehr mit Goblins oder Wölfen in der Region gab und bestätigte, dass das zeitlich etwa mit dem Eintreffen des greisen Elfen zusammenfiel. Seltsame Vorkommnisse oder gar einen Fremden hatte sie in der letzten Zeit nicht beobachtet. Über den Elfen wusste sie ansonsten nichts. Weder wo er im Wald lebte, noch wie er hieß. Der Schmied Gregor Turjeleff, fast sechzig Jahre alt, und seine achtundzwanzigjährige Tochter Ludmilla, die ihm als Gesellin zur Hand ging, bestätigten die Aussagen der Schulzin. Ebenso taten dies der Schreiner Ifirnof Karenkis und seine Frau Gudwinja, welche die Travia-Geweihte des Dorfes war. Die Handwerker handelten zwar regelmäßig mit dem Elf, wussten aber noch nicht mal seinen Namen. Auch die Befragung der Leibeigenen brachte keine weiteren Hinweise.
So machten sich die Gefährten auf zum Holzumschlagsplatz, um dort mit den Holzfällern, drei tobrischen Flüchtlingen, zu sprechen. Firnjan, Legoslav und Alrik lebten seit sieben Jahren in Borjag. Aber auch ihre Befragung ergab nichts. Der Boronanger beim Umschlagsplatz wurde noch schnell untersucht, dann beschloss die Gruppe, der Spur des greisen Elfen zu folgen. Neben dem Fehlen der Wölfe und Goblins und der auffallenden Wohlgestalt der Dorfbewohnerinnen war er bisher noch der beste Hinweis gewesen. Im Schnee waren die Fußabdrücke deutlich zu sehen. Sie führten den Weg herab und dann einige Zeit in den Wald, wo sie unverhofft verschwanden. Ein Odem Arcanum von Balthasar offenbarte, dass hier vor nicht all zu langer Zeit ein Zauber mit der Ausprägung „Limbus“ gewirkt worden war, also wahrscheinlich ein Transversalis.
Plötzlich schrie Tsaekal eine Warnung. Aus dem Dunkel des Waldes näherten sich zwei Monstrositäten. Auf Spinnenbeinen waren Bärenleiber zu erkennen, deren Schnauzen vor Gift troffen. Vorne heraus wuchsen zwei kräftige Pranken, nach hinten der Schwanz eines riesigen Skorpions. Die Chimären griffen sofort an. Ein heftiger Kampf entbrannte, doch es gelang, ein Monster niederzustrecken und das andere in die Flucht zu treiben. Direkt nach dem Dahinscheiden verrottete der Leib des Ungetüms und zerfiel in seine verwesenden Einzelteile. Eine Zeit lang verfolgten die Gefährten noch die Spur der Chimären in die Richtung, aus der sie kamen. Aber die drohende Dunkelheit und einsetzender Schneefall zwangen sie zur Umkehr. Auf dem Rückweg sahen sie noch eine weitere Chimäre in Gestalt eines geflügelten Mantikors mit Menschengesicht über den Wipfeln kreisen.
Reichte das schon als Information für die Boron-Geweihte? Würde ein längeres Verweilen in Borjag nicht die Bewohner des Weilers unnötig in Gefahr bringen? Was wusste der Bronnjar und seine Untertanen? War der greise Elf der Schwarzmagier Immanuel oder einer seiner Gehilfen? All diese Fragen trieben die Gefährten um. Rowin beabsichtigte in jedem Fall den Baron über die Monster in seinem Wald unterrichten. Doch zuvor wollte man noch mit der Jagdaufseherin sprechen, die man am Morgen nicht angetroffen hatte und gegebenenfalls noch einmal mit der Travia-Geweihten.
Firunja Karenkis war die Schwester des Schreiners und die Wildhüterin des Barons. Über den greisen Elfen wusste sie auch nicht mehr als alle anderen im Dorf. Sie hatte aber das Gefühl, dass die Wölfe nicht etwa dem Dorf fern blieben, sondern eher einigen Hügeln im Westen. Dass damit auch Borjag in Ruhe gelassen wurde, war eher eine glückliche Fügung. Zu den Goblins wollte sie sich zunächst nicht äußern. Erst als man ihr versicherte, dass der Bronnjar nichts erfahren würde, rückte sie mit der Sprache heraus. Firunja hatte vor einigen Jahren mit den Goblins ein Abkommen getroffen. Dafür, dass sie im Wald wildern durften, ließen sie das Dorf in Ruhe und opferten einen Teil ihrer Jagdbeute Firun. Eigentlich wollte die Jägerin sich tagsüber mit ihnen am Firun-Schrein getroffen haben, doch die Goblins waren nicht aufgetaucht. Die Wildhüterin war besorgt, weil das noch nie vorgekommen war, und außerdem der Stamm seit gestern einen ihrer Jäger vermisste. Von der Schamanin der Goblins wusste sie, dass sie einen Ort in den westlichen Hügeln, in denen der Stamm lebte, fürchteten. Sie nannten ihn die „Gnomentunnel“.